Wenn Sie in den vergangenen Jahren eine Facebook-Seite verwaltet haben, dann ist Ihnen vermutlich aufgefallen, dass ihre Beiträge im Laufe der Zeit immer weniger organische Reichweite oder Interaktionen erzielten. Dieser rückwärtige Trend gipfelte 2014, als sich Marketer der Situation bewusst wurden und sich in Scharen beschwerten. Daraufhin gab der Vizepräsident für Werbetechnologie, Brian Boland, eine Erklärung ab.

Im Juni 2014 schrieb Boland: „Über die letzten Monate habe ich viele Artikel gelesen und Fragen zahlreicher Nutzer beantwortet, die wegen der rückläufigen organischen Reichweite ihrer Facebook-Seiten sehr besorgt sind.“

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Boland erklärte weiterhin, dass er und sein Team bei Facebook verstünden, dass dies für viele Unternehmen ein Grund zur Sorge gewesen sei und dass sie sich verpflichtet sähen, den Kunden zu erklären, wie es zu diesem Wandel kam.

Boland nannte zwei wesentliche Gründe für den Rückgang der organischen Reichweite: Zunächst würden einfach zu viele Inhalte auf Facebook veröffentlicht, was die Newsfeeds der Nutzer geradewegs zum Überlaufen bringe. Dazu käme dann der Umstand, dass Facebook Inhalte filtere und an die Interessen der Nutzer anpasse, anstatt aus dem Gesamtpool an Inhalten zu schöpfen und eine willkürliche Auswahl anzuzeigen.

Die gute Nachricht ist aber, dass Sie einige Maßnahmen ergreifen können, um diesem Trend entgegenzuwirken. Sie können zum Beispiel Inhalte ganz gezielt wählen, zu optimalen Zeitpunkten veröffentlichen und die Reichweite von Beiträgen mit bezahlten Anzeigen erhöhen.

Bevor wir näher auf die Frage eingehen, wie Sie die organische Reichweite Ihrer Facebook-Seite verbessern können, werfen wir einen Blick darauf, wie es 2014 zu dem starken Rückgang kam und auf welcher Basis Facebook heute entscheidet, welche Inhalte Nutzer zu sehen bekommen.

Wie (und warum) die Reichweite auf Facebook nachgelassen hat

Facebook beschreibt organische Reichweite als „die Gesamtzahl der Personen, die [Ihre] Beiträge durch unbezahlte Verbreitung gesehen haben.“ Vor 2012 lag diese Gesamtzahl deutlich höher als heute.

Als 2007 die „Fanseiten“ eingeführt wurden, konnte jeder eine Seite für sein Unternehmen oder seine Organisation erstellen, dort seine Follower bzw. Fans versammeln, eine unbegrenzte Anzahl an Beiträgen veröffentlichen und dabei auch davon ausgehen, dass seine Fans diese zu sehen bekamen. Doch 2012 mussten Seitenverwalter feststellen, dass nur ein Bruchteil der Fans, im Schnitt 16 %, ihre Beiträge im Newsfeed angezeigt bekamen. Seither wurde dieser Anteil immer geringer.

In einer Analyse des EdgeRank-Checkers konnte ermittelt werden, dass die organische Reichweite einer durchschnittlichen Fanseite zwischen Februar 2012 und März 2014 von 16 % auf 6,5 % gefallen war. Nachforschungen von Social@Ogilvy zeigten unterdessen auf, dass die Reichweite von Seiten mit über 500.000 „Gefällt mir“-Angaben auf bis zu 2 % gesunken sein könnte.

Wenn man von diesen Zahlen ausgeht, bedeutet das, dass Seiten mit 10.000 Fans mit ihren Beiträgen nur rund 650 ihrer Fans über den Newsfeed erreichen. Bei Seiten mit 1 Millionen Fans sind das nur 20.000 (wenn man streng von den oben genannten 2 % ausgeht).

SocialFlow analysierte über 3.000 Facebook-Beiträge und stellte fest, dass die organische Reichweite zwischen Januar und Mai 2016 um ganze 42 % gesunken ist.

Etwas später im Jahr passte Facebook seinen Newsfeed-Algorithmus erneut an, um Inhalte von Freunden und Familie gegenüber Inhalten von Unternehmen noch stärker zu priorisieren. In einer Ankündigung zur bevorstehenden Änderung warnte der leitende Facebook-Entwickler Lars Backstrom, dass Unternehmensseiten einen Rückgang ihrer organischen Reichweite zu erwarten hätten. In manchen Fällen könnten Unternehmen sogar weniger als die zuvor genannte Abschätzung von 2 % sein.

Nachdem der Algorithmus angepasst wurde, stellte SocialFlow erneut eine Statistik zur organischen Reichweite auf und bestätigte, dass diese weiter gesunken war. Zwischen Januar und Juli 2016 verzeichneten Fanseiten einen Rückgang von 52 %.

Eine geringere organische Reichweite hat selbstverständlich auch weniger Klicks, weniger Kommentare und weniger Shares zur Folge. Weniger Interaktionen bedeuten wiederum geringere Konversion, weniger Leads und weniger Kunden. Verständlicherweise kamen die Änderungen des Facebook-Algorithmus also bei vielen Seitenverwaltern nicht gut an. Warum hatte sich Facebook also überhaupt dafür entscheiden, die organische Reichweite zu verringern?

Wir haben ja bereits die offizielle Erklärung von Facebook dazu gehört: Es gibt einfach zu viele Seiten, die zu viele Inhalte für zu viele Fans erstellen, was bedeutet, dass die Konkurrenz im Newsfeed ausgesprochen hoch ist. Hinzu kommt, dass Facebook versucht, nur die für den Nutzer relevantesten Inhalte einzublenden.

Einige Seitenverwalter haben dennoch den Schlüssel zur Interaktion mit ihren Inhalten gefunden: Videos. (Aber dazu kommen wir etwas später in diesem Beitrag.) Viele Marketer hegen jedoch den Verdacht, dass Facebook letztlich nur die Absicht hat, mehr Nutzer dazu zu bewegen, Geld für bezahlte Werbeanzeigen ausgeben, um die verlorene Reichweite so wieder wett zu machen.

Mehr Geld = Mehr Reichweite

Da sich Facebook mehr zu einer Plattform bezahlter statt organischer Inhalte entwickelt hat, kommen Seitenverwalter immer weniger umhin, für Werbeanzeigen zu zahlen, um neue Fans zu erreichen, selbst wenn diese Fans sich aus freien Zügen dafür entschieden haben, Inhalte der Seite angezeigt zu bekommen (indem sie sie liken).

In einem Interview mit Digiday hat James Del 2014 (damals Leiter des jetzt nicht mehr existierenden Blogs „Gawker“) die damals vorherrschende Stimmung folgendermaßen ausgedrückt:

„Es scheint so, als beginge Facebook einen der lukrativsten Schachzüge aller Zeiten; zuerst überzeugen Sie Unternehmen davon, alle Ihre Fans und „Gefällt mir“-Angaben kaufen zu müssen (obwohl jeder weiß, dass man echte Markenbindung nicht kaufen kann) und dann verlangen sie auch noch Geld dafür, dass man mit den erkauften Fans in Kontakt treten kann.“

Selbstverständlich stritt Facebook dies ab. Brian Boland schrieb 2014 in seinem Update zur organischen Reichweite sogar einen Abschnitt mit dem Titel „Nimmt die organische Reichweite ab, weil Facebook versucht, mehr Geld zu machen?“:

„Nein. Unser Ziel ist es, den Facebook-Kunden stets das beste Nutzererlebnis zu bieten. Wir glauben, dass ein optimales Erlebnis für alle Nutzer auch von Vorteil für Unternehmen auf Facebook ist. Wenn Nutzer aktiver sind und mit Inhalten ihres Newsfeeds interagieren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies auch mit Unternehmensinhalten tun, die dort angezeigt werden.“

Nur weil vielen Nutzern eine bestimmten Seite gefällt und sie viele Beiträge veröffentlicht, ist es aus Facebooks Sicht dennoch kein gutes Nutzererlebnis, den Newsfeed seiner Kunden auf diese Weise zu überfluten.

Facebook ermutigt Marketer, sich ihre Fans genau anzusehen, um effektiv bezahlte Werbeanzeigen zu schalten, anstatt die Plattform einfach nur als kostenfreies (und nicht zielgerichtetes) Sprachrohr zu betrachten. Zusätzlich weist Facebook darauf hin, dass man davon ausgehen sollte, dass die organische Reichweite gänzlich verschwinden wird. Wenn Sie Ihr Zielpublikum also wirklich erreichen möchten, dann werden Sie nicht umhin kommen, Ihre organische Reichweite mit bezahlten Werbeanzeigen zu ergänzen.

Gleichzeitig lässt Facebook aber auch verlautbaren, dass Marketer mit weiteren Änderungen positiver Natur rechnen sollten. Mit Innovation hat sich Facebook nie zurückgehalten, daher sollte man sich als Marketer auch nie auf einer bewährten Formel ausruhen.

Davon abgesehen ist es hilfreich, zu verstehen, wie Facebook festlegt, welche Beiträge im Newsfeed angezeigt werden, bevor man sich mit dem gesamten Ökosystem der Plattform beschäftigt.

So funktioniert Facebooks Newsfeed-Algorithmus

Als Facebook 2006 den Newsfeed einführte, war der Algorithmus relativ simpel. Den verschiedenen Beitragsformaten wurden unterschiedliche Punktwerte zugewiesen. Ein reiner Textbeitrag konnte zum Beispiel einen Punkt erhalten, ein Beitrag mit einem Link zwei, usw. Die Reihenfolge, in der die Beiträge angezeigt wurden, funktionierte über ein Ranking-System, dessen Grundlage sich aus dem Punktwert und der Anzahl an Interaktionen errechnete.

Im Laufe der Jahre hat sich dieser Algorithmus weiterentwickelt und bezieht nun Faktoren wie Aktualität der Beiträge sowie die Beziehung zwischen Beitragsautoren und den damit interagierenden Nutzern ein. Dieser Algorithmus wurde als EdgeRank bekannt. Doch 2011 verabschiedete sich Facebook von EdgeRank, um komplexere, auf maschinellem Lernen basierte Algorithmen zu integrieren.

Dieser Algorithmus ist heute für die Auswahl der Beiträge in unseren Newsfeeds verantwortlich. Ungleich seiner Vorgänger, die generische Punktwerte vergaben, passt sich der heutige Algorithmus den individuellen Nutzerpräferenzen an. Wenn Sie also zum Beispiel nie auf Fotos in Ihrem Newsfeed reagieren, wird sich Facebook das merken und in Zukunft weniger Fotos anzeigen.

Andererseits hat Facebook aber auch die Nutzung von Inhaltsformaten ermöglicht, die für Marketer von großem Nutzen sind: Native und Live-Videos fördern Interaktionen und werden weit häufiger geteilt als andere Formate. Zudem listet Facebook Live-Videos im Newsfeed höher, genauso wie Videos, die öfter (und bis zum Ende) gesehen werden, sowie Videos, an denen Nutzer anderweitig Interesse zeigen– etwa durch Anklicken oder Aufheben der Stummschaltung.

Schlussendlich gibt es unzählige Faktoren, die Facebooks Algorithmus beeinflussen, vom Nutzen bestimmter Trigger-Wörter, die auf wichtige Ereignisse hinweisen (wie etwa „Glückwunsch“,) bis hin zur Tatsache, ob ein Link auch tatsächlich angeklickt wurde, bevor er mit „Gefällt mir“ markiert wird.

Facebooks Ziel ist es, seinen Algorithmus so zu optimieren, dass die Newsfeed-Inhalte genau auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen jedes Nutzers abgestimmt sind. Facebook-Produktchef Chris Cox erklärte 2015 in einem Interview mit dem Time Magazine:

„Könnte man alles, was gerade passiert und irgendwo auf der Welt veröffentlicht wird – egal wo, egal von welchen Freunden, Verwandten, Unternehmen oder Nachrichtenquellen – auflisten und dann die wichtigsten zehn, die man unbedingt sehen muss, herausfiltern, wäre das ein überzeugendes gutes Feature für uns. Unser Ziel ist es, den Newsfeed diesem Ideal immer weiter zu anzunähern.“

Wie Sie mit dem Rückgang der organischen Reichweite umgehen können

Nach diesem Exkurs zu Facebooks Herangehensweise im Hinblick auf den Newsfeed kommen wir nun zur Frage, wie man am besten mit dem Rückgang der Reichweite umgeht.

1) Seien Sie mit Ihren Beiträgen wählerischer

Marketer müssen umdenken und von einer Vielzahl nicht zielgerichteter Beiträge auf gezielte, selektive Veröffentlichungen umsteigen. „Viel hilft viel“ ist der falsche Ansatz. Die besten Chancen hat, wer so viele Interaktionen wie möglich aus einem einzelnen Beitrag herausholen kann. Jede Veröffentlichung auf einer Unternehmensseite kann an ein bestimmtes Zielpublikum gerichtet sein, ganz gleich ob es sich dabei um eine bezahlte Werbeanzeige handelt oder nicht. So können Beiträge mehr Interaktionen zwischen Nutzern mit gleichen Interessen erhalten.

2) Erinnern Sie Ihre Fans daran, dass Sie im Seitenbereich der Navigationsleiste links im Newsfeed die Inhalte der Seiten einsehen können, die sie mit „Gefällt mir“ markiert haben.

Facebook-Seitenfeed

3) Erklären Sie Ihren wichtigsten Fans, dass Sie ihre Benachrichtigungen in den individuellen Einstellungen auf Ihrer Seite anpassen können.

Benachrichtigungs-Einstellungen für Unternehmensseiten

4) Ermutigen Sie Fans dazu, mit Ihren Beiträgen zu interagieren, um zukünftig mehr von Ihnen im Newsfeed zu sehen.

Eine kurze, sympathische Aufforderung am Ende Ihres Beitrages wie „Du willst mehr von uns sehen? Einfach mit „Gefällt mir“ markieren und teilen“ kann da schon ausreichen.

5) Teilen Sie ansprechende Videos auf Facebook

Video-Inhalte sind interaktiv und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sich Nutzer diese ansehen bzw. die Stummschaltung im Newsfeed aufheben. Verwenden Sie Untertitel, Animationen und eindrucksvolle visuelle Effekte, um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu erhaschen.

Laut einer aktuellen Studie von Quintly verzeichnen native Videos eine um 186 % höhere Interaktionsrate und werden mit 1000 % höherer Wahrscheinlichkeit geteilt, als Videos, auf die lediglich verlinkt wird. Machen Sie sich also die Mühe und veröffentlichen Sie Videos auf den Plattformen, auf denen Sie werben. Teilen Sie Ihre Inhalte auf Facebook, YouTube und anderen Kanälen, die Sie nutzen möchten.

Videos auf Facebook Live übertragen

Wenn Sie noch nicht damit begonnen haben, sollten Sie jetzt Live-Übertragungen auf Facebook anvisieren. Nutzer verbringen auf der Plattform 3-mal mehr Zeit damit, Live-Übertragungen anzusehen als traditionelle Video-Beiträge. Probieren Sie es also einfach aus und experimentieren Sie – das kommt auch Ihrer organischen Reichweite zugute. Kündigen Sie Ihre Übertragungen an und werben Sie auf verschiedenen Plattformen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Senden Sie (mindestens) über mehrere Minuten live, damit Ihre Übertragung im Newsfeed der Nutzer erscheint. Achten Sie dabei darauf, authentische Inhalte zu teilen, zum Beispiel was „hinter den Kulissen“ Ihrer Arbeit passiert.

Weitere Informationen zu Live-Übertragungen auf Facebook finden Sie in unserer ausführlichen Anleitung.

7) Widmen Sie Ihre Zeit und Mühe den Kanälen, die Sie am besten kontrollieren können.

Da Veränderung die einzige Konstante bei Facebook (und der digitalen Medienlandschaft allgemein) ist, ist es am sichersten, sich auf die digitalen Kanäle zu konzentrieren, die Sie am besten kontrollieren können: Ihre Website und Ihren Blog. Verbringen Sie den Großteil Ihrer Zeit damit, Inhalte zu erstellen, wie Blog-Beiträge, längere Ratgeber wie E-Books, Fallstudien oder Videos. Diese Inhalte können noch lange Zeit nach Erstellung Traffic und Leads generieren und somit zu neuen Kunden führen. Wenn Sie über die entsprechende Zeit und das Budget verfügen, dann sollten Sie diese Inhalte natürlich auch auf Facebook teilen bzw. promoten, um Ihre Reichweite zu erhöhen.

8) Behandeln Sie Facebook als Plattform für bezahlte Werbeanzeigen.

Wenn Sie schon bezahlen müssen, dann sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, dass Sie nur zielgerichtete Anzeigen schalten. Sobald Sie sich für eine Zielgruppe von Fans entschieden haben, sollten Sie die Werbung für Inhalte wie Blog-Beiträge, E-Books, usw. genau darauf abstimmen und gezielt bezahlte Anzeigen schalten, um deren Reichweite zu erhöhen. Nicht vergessen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die organische Reichweite ganz verschwindet. Es lohnt sich also, schon heute eine gut funktionierende Strategie für kostenpflichtige Werbeanzeigen auszuarbeiten.

9) Werfen Sie einen Blick über den Tellerrand, wenn Sie Werbeanzeigen schalten.

In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten für das Targeting auf Facebook erheblich verbessert. Wenn Sie bezahlte Werbeanzeigen schalten, können Sie diese dank demografischer Angaben, Interessen und Online-Verhalten exakt auf Ihre ideale Buyer-Persona abstimmen. Zusätzlich gibt es jede Menge Tools und Features, die Ihnen helfen können, die Effektivität Ihrer Kampagnen zu maximieren, z. B.:

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Ursprünglich veröffentlicht am 22. August 2017, aktualisiert am Januar 18 2023

Themen:

Facebook-Marketing