HubSpot Vertriebsblog

Ein umfassender Leitfaden für die Erstellung eines Vertriebsprozesses

Geschrieben von Tim Stuke | 14. Mai 2018

Es ist nicht gerade einfach, einen wiederholbaren skalierbaren Vertriebsprozess auszuarbeiten. Es gibt jede Menge Diagramme, Methoden oder Experten, die alle eine ganz bestimmte Vorstellung davon haben, wie genau Sie vorgehen sollten. Wo also anfangen? Genau hier. Wir haben Ihnen eine Einführung in die Anforderungen eines effizienten Vertriebsprozesses zusammengestellt, die Ihnen beim Aufbau Ihres eigenen Prozesses helfen soll.

Im Folgenden werden wir uns die typischen Phasen eines Vertriebsprozesses etwas genauer ansehen.

1. Potenzielle Kunden finden

Ein jeder Vertriebsprozess beginnt damit, neue Leads zu finden, die sich noch am Anfang des Kaufprozesses befinden. Dazu werden Sie meist online recherchieren oder Ihre Kontaktdatenbank(en) durchforsten, um neue Interessenten zu finden.

2. Kontakt aufnehmen

Die erste Kontaktaufnahme mit den Leads wird genutzt, um Informationen zu sammeln und zu bewerten, ob die Leads weiter verfolgt werden sollten.

3. Recherchieren

In diesem Schritt werden mehr Daten über die Interessenten und deren Unternehmen gesammelt, während sie im Kaufprozess voranschreiten. So können Vertriebsmitarbeiter ein persönlicheres Erlebnis bieten und die Wahrscheinlichkeit eines Geschäftsabschlusses erhöhen.

4. Präsentieren

In vielen Vertriebsprozessen werden Produkte oder Dienstleistungen präsentiert bzw. demonstriert. Dieser Schritt ist meist recht zeitintensiv und wird daher erst später im Vertriebsprozess und nur für gut qualifizierte Interessenten durchgeführt.

5. Abschließen

In diesem Schritt werden die ausbleibenden Punkte geklärt, die vor einem Geschäftsabschluss notwendig sind. Hierbei gibt es von Unternehmen zu Unternehmen große Unterschiede, in den meisten Fällen werden hier jedoch zumindest die folgenden Aspekte behandelt: Abgabe eines Angebots, Verhandlung, Zustimmung der Entscheidungsträger einholen.

Vertriebsprozess im Vergleich zum Vertriebsansatz

Wenn Ihnen der Begriff „Vertriebsprozess“ geläufig ist, kennen Sie sehr wahrscheinlich auch den Begriff „Vertriebsansatz“ (oder auch „Vertriebsmethodik“).Dabei gibt es jedoch einen wesentlichen Unterschied, auf den Sie achten sollten.

  • Der „Vertriebsprozess“ bezeichnet spezifische Schritte, die der Vertrieb durchläuft, um einen Geschäftsabschluss mit einem Neukunden zu erzielen.
  • Der „Vertriebsansatz“ beschreibt das Konzept, in dessen Rahmen die verschiedenen Schritte des Vertriebsprozesses tatsächlich ausgeführt werden.

Da stellt sich die Frage, ob Sie beides brauchen. Die Antwort ist sehr wahrscheinlich: „Ja“. Im Vertriebsprozess werden die Schritte aufgeführt, die das Vertriebsteam bei seiner Arbeit durchläuft. Es ist daher wichtig, dass Sie im Bilde sind, welche Methoden die Mitarbeiter Ihres Teams anwenden können, um die Schritte des Vertriebsprozesses anzugehen.

Beliebte Vertriebsansätze

Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen, wie Ihr Team seine tagtäglichen Vertriebsaufgaben angeht. Indem Sie einen Vertriebsansatz auswählen, legen Sie den Grundstein für den Arbeitsansatz Ihres Vertriebsteams.

Challenger Selling (herausfordernder Vertrieb)

Das Buch „The Challenger Sale: Kunden herausfordern und erfolgreich überzeugen“ von Matthew Dixon (CEB) erschien 2011 und erfreut sich seitdem großer Beliebtheit. Im Buch werden fünf verschiedene Typen an Vertriebsmitarbeitern beschrieben. Der „Challenger“ – also Herausforderer – zeigte hierbei die beste Performance. Diese Vertriebsmitarbeiter sind darauf bedacht, mehr über die Unternehmen der Interessenten zu erfahren, und versuchen dann während des Vertriebsprozesses die Positionen/Überzeugungen der Kunden zu hinterfragen.

Solution Selling (lösungsorientierter Vertrieb)

Beim lösungsorientierten Vertrieb wird mehr auf die Probleme der Kunden eingegangen, statt auf die zu verkaufenden Produkte oder Dienstleistungen. Diese Vertriebsform wurde seit Ende der 1970er immer beliebter. Produkte werden stattdessen als mögliche Lösungen präsentiert. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass die Kunden den präsentierten Lösungsansätzen zustimmen.

Consultative Selling (beratender Vertrieb)

Aus dem lösungsorientierten Vertrieb entwickelte sich in den 1980er Jahren dann der beratende Vertrieb weiter. Beim beratenden Vertrieb präsentieren sich Vertriebsmitarbeiter „vertrauenswürdige Berater“ für die Kunden und gewinnen im Laufe der Zeit an Autorität und Vertrauen. 

Als HubSpot 2007 seine Marketing-Software entwickelte, definierten wir das Konzept des Inbound-Marketing. Dabei geht es darum, Käufer „anzuziehen“, statt einem veralteten System zu folgen, bei dem potenzielle Kunden mit irrelevanten Botschaften und Werbung gestört werden. Inbound-Sales ist das Pendant im Vertrieb, angepasst an das moderne Kaufverhalten.

Es ist nun wichtiger als je zuvor, dass Vertriebsteams die Bedürfnisse ihrer Käufer in den Vordergrund stellen, statt ihre eigenen. Denken Sie einmal daran, wie sich Ihre eigenen Vorlieben beim Einkauf von Gütern und Dienstleistungen verändert haben.

  • Käufer können nun die meisten Informationen, die sie über Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens benötigen, selbst finden, bevor sie überhaupt mit einem Vertriebsmitarbeiter in Kontakt kommen.
  • Außerdem können Käufer störende oder aufdringliche Vertriebstechniken (z. B. Kaltakquise-Anrufe und irrelevante Werbe-E-Mails) einfacher und effizienter blockieren.
  • Käufer haben zudem deutlich höhere Erwartungen an das Kauferlebnis. Sie haben die Kontrolle über dieses Erlebnis und durchlaufen den Kaufprozess in ihrem eigenen Tempo.

Die genannten Veränderungen sind Beispiele, wie Käufer die Kontrolle über den Verkaufsprozess aus den Händen der Vertriebsmitarbeiter genommen haben, die früher meist am längeren Hebel saßen, da sie die volle Kontrolle über den Informationsfluss hatten. In Anbetracht dieser Veränderungen ist es besonders wichtig, dass Vertriebsteams einen hilfreicheren und freundlicheren Verkaufsansatz wählen. Wir bezeichnen das als Inbound-Sales. Dabei folgt der Vertrieb einigen grundsätzlichen Prinzipien:

Inbound-Sales ist personalisiert.

Ihre Interessenten möchten, dass Inhalte zu ihren Zielen und Herausforderungen passen. Auch sollten sie erkennen können, wie Ihr Produkt ihnen dabei hilft, die Ziele zu erreichen und die Herausforderungen zu meistern. Während des Vertriebsprozesses sammeln Sie aus den Interaktionen mit den Interessenten Daten, anhand derer Sie Ihre Botschaften personalisieren können.

Inbound-Sales ist auf den Käufer ausgerichtet.

Es steht mittlerweile außer Frage, wer in der Beziehung zwischen Kunde und Vertriebsmitarbeiter das Zepter in der Hand hält: Der Kunde. Wenn Vertriebsfachleute am Kaufprozess teilhaben wollen, müssen sie zeigen, wie sie als Partner und vertrauenswürdiger Berater Mehrwert bieten können.

Inbound-Sales ist beratend.

Früher war es vor allem Hartnäckigkeit bei der Bearbeitung (oder salopp gesagt „Verfolgung“) von Leads, die letztendlich zu einem Geschäftsabschluss führte. Heute ist es für Käufer einfacher denn je, nervige und störende Kontaktaufnahmen seitens Vertriebsmitarbeitern abzublocken. Jeder hat einen Spam-Ordner und bei Telefonen wird die Rufnummer des Anrufers angezeigt. Vertriebsmitarbeiter müssen also eine Vertrauensbasis und Beziehung mit potenziellen Kunden aufbauen, um weiterhin mit ihnen kommunizieren zu können.

So entwickeln Sie Ihren Vertriebsprozess

1. Beobachten Sie Ihre Mitarbeiter

Sehen Sie sich die letzten fünf oder zehn Deals an, die Sie abgeschlossen haben. Welche Schritte waren in diesem Prozess ausschlaggebend? Welche Kontakte mit den Kunden waren wichtig? Wie lang hat der gesamte Prozess ungefähr gedauert und wie viel Zeit verging zwischen den einzelnen Schritten? Je mehr Beispiele Sie haben (und je mehr Mitarbeiter dazu beisteuern), desto besser.

2. Entwickeln Sie ein Standardbeispiel aus Ihren Beobachtungen

Zwar ist jeder Vertriebsprozess anders, aber die Chancen stehen gut, dass die oben aufgezählten Schritte zumindest teilweise in ihrem Prozess einfließen werden. Möglicherweise ist Ihre Liste kürzer oder sie enthält Schritte, die oben nicht aufgelistet sind. Jedoch ist ein Standardbeispiel oft ein guter Anfangspunkt.

3. Definieren Sie, wie sich Interessenten verhalten müssen, um in die nächste Phase voranzuschreiten

Sie sollten für jeden Schritt in Ihrem Prozess Kriterien definieren, anhand derer Sie Ihre potenziellen Kunden und ihren Fortschritt im Prozess einstufen können. Idealerweise basieren diese auf dem Verhalten der Interessenten und nicht auf der Wahrnehmung der Vertriebsmitarbeiter. Dazu sind geschlossene Fragen oder Fragen, die auf quantifizierbare Antworten abzielen, am besten geeignet.

4. Verbessern Sie den Prozess fortlaufend

Die Ausarbeitung des Vertriebsprozesses Ihres Teams ist eine Dauerbaustelle. Insbesondere in den ersten Wochen und Monaten nach Ihrer ersten Recherche sollten Sie den Prozess basierend auf Feedback aus dem Team erneut analysieren und verbessern. Langfristig gesehen wird sich Ihr Vertriebsprozess weiterentwickeln (müssen), da Ihre Teammitglieder effizientere Arbeitsabläufe finden werden, mit denen Ihre Interessenten schneller durch die Pipeline geleitet werden können.

Ihren Vertriebsprozess messen

Im Rahmen der Weiterentwicklung Ihres Vertriebsprozesses sollten Sie auch die wichtigsten Kennzahlen definieren, anhand derer Sie die Performance Ihres Prozesses beurteilen können. Hier ein paar Beispiele:

  • Wie viele potenzielle Kunden sind über einen bestimmten Zeitraum von Phase zu Phase weitergeleitet worden? Es ist notwendig, einfache Schlussfolgerungen aus den Daten ziehen zu können, wie „im Juli hatten wir 75 Interessenten in der Phase ‚Demo geplant‘. Am Ende des Monats konnten wir mit 28 Interessenten zum nächsten Schritt übergehen. Außerdem kamen 19 weitere Leads hinzu, wodurch sich jetzt 66 Interessenten in der Phase ‚Demo geplant‘ befinden.“
  • Wie lange bleiben Ihre Interessenten im Durchschnitt in bestimmten Phasen? Gibt es Stellen, an denen Sie die Verweildauer der Interessenten verkürzen können?

Diese grundsätzlichen Kennzahlen sind für die meisten Teams sinnvoll. Überlegen Sie aber auch, welche anderen Kennzahlen abhängig von Ihrem Geschäftsmodell helfen könnten, festzustellen, ob in einer bestimmten Phase Ihres Vertriebsprozesses Verbesserungsbedarf besteht. 

Typische Fehler und Tipps

Lassen Sie keine Interpretationsfreiräume in den Schritten Ihres Vertriebsprozesses.

Es ist wichtig, spezifische, konkrete Verhaltenswesen seitens der Interessenten zu definieren, anhand derer sie einer bestimmten Phase des Prozesses zugeordnet werden können. Wenn Sie es Ihrem Vertriebsteam überlassen, diese Kriterien zu interpretieren, erhalten Sie ein weniger präzises Verständnis davon, wo es hakt bzw. wo es gut läuft.

Kein Vertriebsansatz ist das Nonplusultra.

Manche Teams wählen sich einen Ansatz aus, an den sie sich dann in allen Fällen halten, während andere mehrere beliebte Ansätze untersuchen und sich dann das Nützliche aus allen herauspicken. Ganz gleich, welchen Ansatz Sie wählen, es ist immer eine gute Idee, sich diesbezüglich auf dem neuesten Stand zu halten. Die Bedürfnisse und Wünsche von Kunden verändern sich und das Gleiche gilt auch für Vertriebsansätze und -methoden.

Die Ausarbeitung Ihres Vertriebsprozesses wird nie völlig abgeschlossen sein.

Es empfiehlt sich also, sich anzugewöhnen, den Vertriebsprozess alle vier bis sechs Monate unter die Lupe zu nehmen, indem Sie mit Ihren Mitarbeitern darüber sprechen. (Gleichzeitig sollten Sie die Performance-Kennzahlen täglich überprüfen.)