Am 30. November 2022 veröffentlichte OpenAI einen dialogbasierten KI-Dienst namens ChatGPT. Das Tool wurde über Nacht ein Erfolg. Innerhalb von nur fünf Tagen hatten sich bereits eine Million Nutzerinnen und Nutzer angemeldet. Zum Vergleich: Facebook brauchte ungefähr 10 Monate, um diese Nutzerzahlen zu erreichen.

Es sieht also ganz danach aus, dass es einen großen Bedarf an dialogischen KI-Diensten gibt. Deshalb wurden auch Google und Microsoft aktiv.

Beide Unternehmen investieren und arbeiten schon seit Jahren im Bereich KI, aber durch ChatGPT waren sie mehr oder weniger gezwungen, ihre eigenen Chatbots schneller zu veröffentlichen. Am 6. Februar 2023 kündigte Google seinen eigenen dialogbasierten KI-Dienst „Bard“ an. Und nur einen Tag später startete Microsoft seine neue, KI-gestützte Version von Bing.

Mit diesen Tools gibt es für Marketingteams ganz neue Möglichkeiten, nach relevanten Informationen zu suchen und aus diesen dann Content für ihre Zielgruppen zu entwickeln.

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit den Unterschieden zwischen Bard von Google, dem KI-gestützten Bing-Chatbot und ChatGPT sowie den Vor- und Nachteilen dieser Anwendungen.

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Was ist ChatGPT eigentlich?

Als Vorreiter auf diesem Gebiet wurde ChatGPT im November 2022 von OpenAI veröffentlicht. Das Tool ist kostenlos und öffentlich zugänglich. Seit dem 1. Februar 2023 gibt es aber auch eine kostenpflichtige Abo-Version, ChatGPT Plus.

ChatGPT nutzt die Verarbeitung natürlicher Sprache, um Informationen aus dem Web abzurufen. Damit werden Suchanfragen beantwortet, aber auch komplexere Anfragen nach vollständigen Texten, zum Beispiel: „Bitte schreibe eine Abwesenheitsnachricht für mich.“

chatgpt-abwesenheitsnachricht

Quelle: Screenshot ChatGPT

Anders als bei Suchmaschinen sind die Antworten von ChatGPT Originale – Informationen werden also nicht einfach von einer anderen Seite im Internet kopiert, sondern kombiniert und in der eigenen Sprache des Tools wie in einem Gespräch formuliert. Deshalb bekommen Nutzer und Nutzerinnen auch nie eine gleiche Antwort ausgespielt.

Einer der größten Nachteile von ChatGPT ist jedoch, dass das Tool nicht zwischen richtigen und falschen Informationen unterscheiden kann. Die Antworten sind möglicherweise also nicht korrekt oder sogar komplett falsch. Das gibt OpenAI auch zu und weist darauf hin, dass „ChatGPT manchmal plausibel klingende, aber falsche oder unsinnige Antworten gibt.“

Dazu kommt noch, dass die Antworten bzw. Informationen nicht immer aktuell sind, denn ChatGPT ist derzeit auf Daten beschränkt, die im Jahr 2021 verfügbar waren.

Trotz dieser Einschränkungen können Marketingteams durchaus von ChatGPT profitieren: als Inspirationsquelle oder für erste Entwürfe von Content.

So könnten Sie zum Beispiel nach „Vorteilen und Nachteilen von KI“ suchen und in den Antworten von ChatGPT Ideen für einen Blogbeitrag finden. Sie könnten auch „Schreib einen Blogartikel zu den Vor- und Nachteilen von KI“ eingeben und die Antwort als ersten Entwurf eines Blogbeitrags nutzen.

Die Betonung liegt dabei auf „erster Entwurf“, denn natürlich sollten Sie den kompletten Inhalt aufmerksam durchlesen und überarbeiten – nicht nur, um den richtigen Tonfall zu treffen, sondern auch, um sicherzugehen, dass die Informationen stimmen und für Ihre Zielgruppe relevant sind.

Vor- und Nachteile von ChatGPT

Vorteile:

  • Kann Marketingteams helfen, E-Mails, Blogartikel, Essays, Produktbeschreibungen oder sogar Programmcode zu schreiben
  • Kann als Inspiration dienen, wenn Marketingmitarbeitende unsicher sind, wie sie einen Blogbeitrag zu einem Thema anfangen können oder welche Perspektive sie dabei einnehmen sollten
  • Kann Quellen aus dem Internet abrufen, die ein guter Ausgangspunkt für eigene Recherchen sind (die Informationen sollten jedoch immer auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden)

Nachteile:

  • Kann Daten aus ungenauen Quellen abrufen und unzutreffende Informationen zurückgegeben
  • Versucht, die Nutzerabsicht zu erkennen, kann jedoch keine klärenden Fragen stellen, um die richtigen Antworten zu finden – wer eine Frage hat, muss sie also so formulieren, dass die richtigen Ergebnisse geliefert werden.
  • ChatGPT nutzt keine Daten, die erst nach 2021 verfügbar wurden, je nach Thema sind die Antworten möglicherweise veraltet.
  • Antworten sind nicht unbedingt komplex oder nuanciert.

Und was ist mit Bard von Google?

Der experimentelle dialogische KI-Dienst von Google wird von LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) gestützt und heißt Bard. Zurzeit steht der Dienst in einer Betaversion nur ausgewählten Partnern zur Verfügung, aber Google hat angekündigt, dass das Tool schon bald öffentlich verfügbar ist.

Bard könnte den Einsatz von Suchmaschinen im Marketing grundlegend ändern. Das Tool ähnelt einer Suchmaschine, weil es ebenfalls Informationen aus dem Internet abruft und zu neuen, hochwertigen Antworten kombiniert – es soll jedoch differenziertere Antworten auf Suchanfragen liefern.

Das könnte die Arbeit von Marketerinnen und Marketern deutlich erleichtern, denn statt sich stundenlang durch unterschiedliche Artikel zu einem bestimmten Thema zu klicken, könnten sie gleich Informationen aus unterschiedlichen Perspektiven durchsehen.

Eines der faszinierendsten Merkmale von Bard ist, dass das Tool Muster in Sätzen erkennen und so ein nahezu natürliches Gespräch mit Ihnen führen kann, statt lediglich Informationen aus dem Internet zu kopieren und aneinanderzureihen.

In der Ankündigung von Bard wies Google auch auf neue KI-gestützte Suchfunktionen hin, die demnächst verfügbar sein sollen. KI-gestützte Suchergebnisse könnten vor allem bei Fragen hilfreich sein, auf die es keine eindeutig richtige oder falsche Antwort gibt.

Als Beispiel führte Google folgende Frage an: „Ist Klavier oder Gitarre leichter zu erlernen, und wie viel Übung braucht man dafür?“

Wenn Sie eine herkömmliche Suche mit dieser Frage durchführen, erhalten Sie eine Antwort wie diese:

Google Suche nach Frage, ob Klavier oder Gitarre leichter zu erlernen ist und wie viel Übung braucht man dafür?

Quelle: Screenshot Google Suche

Die hervorgehobene Antwort (wie die oben gezeigte) wird einer komplexen Frage aber nicht immer gerecht und ist nicht umfassend genug.

Mit KI-Unterstützung bekommen Sie vielleicht eine Antwort wie „Manche finden, dass Klavierspielen leichter zu lernen ist, weil die Finger- und Handbewegungen natürlicher sind … Andere sind der Meinung, dass es einfacher ist, Akkorde auf der Gitarre zu lernen, und schon nach wenigen Stunden eine Melodie gespielt werden kann.“

Google Bard Frage, ob Klavier oder Gitarre leichter zu erlernen ist und wie viel Übung braucht man dafür?

Quelle: Screenshot Google Blog

Vor- und Nachteile von Bard

Vorteile:

  • Lässt in einem Dialog Nachfragen oder Folgefragen zu, sodass Marketingteams ausführlichere Informationen zu einem bestimmten Thema erhalten
  • Statt einer direkten Antwort werden differenzierte Antworten geliefert – so ist es einfacher, alle Facetten eines Themas zu betrachten.
  • Die Informationen, die Bard aus dem Internet abruft, sind aktueller als bei ChatGPT.

Nachteile:

  • So wie andere KI-gestützte Dialogdienste ist auch Bard nicht perfekt und kann ungenaue, falsche oder einseitige Informationen liefern. Tatsächlich stürzte Google an der Börse um 100 Millionen Dollar ab, nachdem der Chatbot bei der Vorstellung patzte.

Hat die KI-gestützte Bing-Suche von Microsoft die Nase vorn?

Die neuen KI-gestützten Suchfunktionen von Microsoft sind bereits mit Bing verfügbar – was mich genau wie viele andere dazu gebracht hat, schnell einen Account anzulegen, um auf die Warteliste zu kommen.

Anders als ChatGPT und Bard ist der Bing-Chatbot von Microsoft kein dialogischer KI-Dienst, sondern eine Suchmaschine mit KI-Unterstützung. So kann Bing komplexere, chatähnliche Antworten auf Suchanfragen bieten.

Außerdem lassen sich Nachfragen zu den Antworten stellen – es kann sich also ein vergleichsweise natürliches Gespräch über ein bestimmtes Thema entwickeln. Microsoft nennt das Tool einen „KI-gestützten Copiloten für das Internet“.

Auch wenn Microsoft Milliarden Dollar in OpenAI investiert hat, beteuert das Unternehmen, dass seine Version viel leistungsstärker als ChatGPT ist.

In der Ankündigung der KI-Suchfunktionen in Bing heißt es: „Wir geben mit Stolz bekannt, dass die neue Bing-Suche auf einem neuen Large-Language-Modell der nächsten Generation von OpenAI basiert. Es ist leistungsstärker als ChatGPT und speziell für die Suche optimiert. Es greift auf wichtige Erkenntnisse und Fortschritte von ChatGPT und GPT-3.5 zurück – und ist noch schneller, genauer und fähiger.“

Sehen Sie sich zum Beispiel die Antwort an, die Sie vom KI-gestützten Bing bekommen, wenn Sie Folgendes eingeben: „Ich plane eine Reise für unseren Jahrestag im September. Welche Ziele sind innerhalb von 3 Stunden Flugzeit ab Heathrow zu erreichen?“

KI-gestütztes Bing Frage nach Reisezielen von HeathrowKI-gestütztes Bing Frage nach Reisezielen von Heathrow

Quelle: Screenshots Bing

Sie sehen, dass Bing ein ziemlich überzeugendes Ergebnis liefert – die Antworten sind nach Interessen wie Strand oder Nachtleben in Kategorien eingeteilt und am Ende können Sie sogar noch auf mehrere Folgefragen klicken, zum Beispiel „Wie buche ich einen Flug nach Malaga?“ Wenn Sie auf „Let’s chat“ klicken, können Sie auch eigene Folgefragen formulieren.

Im Vergleich dazu die Antwort auf dieselbe Frage von ChatGPT:

ChatGPT Frage nach Reisezielen von Heathrow aus

Quelle: Screenshot ChatGPT

Auch diese Antwort ist hilfreich, wirkt aber weniger natürlich und „menschlich“, weil bei ChatGPT zum Beispiel Ausdrücke wie „köstliche Tapas“ und „atemberaubende Landschaft“ fehlen, die wir im KI-Chatbot von Bing finden. ChatGPT bietet zurzeit auch keine Funktion, um wie in Bing einen Dialog zu führen.

Vor- und Nachteile vom KI-gestützten Bing

Vorteile:

  • Kann Marketingteams ausführliche, differenzierte Antworten auf Suchanfragen bieten, sodass sie schneller recherchieren können, nuancierte Informationen zu einem bestimmten Thema und Inspirationen für Artikel finden
  • Kann als „Assistent“ des Marketingteams fungieren und mithilfe eines Dialogs genau passende Informationen liefern
  • Kann Inhalte so generieren, dass Marketingteams schneller Entwürfe für Blogbeiträge, E-Books, Produktbeschreibungen, E-Mails und andere Texte erstellen können
  • Kann auf schädliche Aspekte einer Frage eingehen; auf die Eingabe „Erstelle einen Fitness- und Ernährungsplan für die nächsten drei Monate für mich. Ich bin männlich, 180 cm groß, wiege 70 kg und will 12 Kilo Muskeln aufbauen“ kann der KI-gestützte Bing-Chatbot dem Fragesteller antworten, dass es nicht gesund ist, innerhalb von 3 Monaten 12 kg zuzunehmen.

Nachteile:

  • Wie bei anderen Chatbots sind die angebotenen Informationen möglicherweise ungenau, falsch oder einseitig. So warnt Microsoft: „Bing stellt die gefundenen Informationen manchmal falsch dar, und Sie sehen möglicherweise Antworten, die überzeugend klingen, aber unvollständig, ungenau oder unangemessen sind. Nutzen Sie Ihr eigenes Urteilsvermögen und überprüfen Sie die Fakten, bevor Sie auf Grundlage der Antworten von Bing Entscheidungen treffen oder Maßnahmen ergreifen.“
  • Erfordert zurzeit die Installation des Edge-Browsers für MacOS oder Windows.

Fazit

Letztendlich bieten alle drei dieser neuen KI-Dienste einen spannenden Vorgeschmack auf die mögliche Zukunft der KI: eine Zukunft, in der Marketingteams weniger Zeit mit lästigen Fleißarbeiten verbringen müssen und sich darauf konzentrieren können, strategisch zu agieren, effektive Inhalte zu erstellen und direkt mit Interessierten sowie Kundinnen und Kunden zu interagieren.

Zum jetzigen Zeitpunkt haben diese Tools jedoch noch schwerwiegende Nachteile. Wenn Marketingteams sie einsetzen, ohne die zurückgegebenen Informationen gründlich zu prüfen, veröffentlichen sie womöglich falsche, einseitige oder ungenaue Inhalte für ihre Zielgruppen – und das könnte für die Marke einen dramatischen Vertrauensverlust zur Folge haben.

Zwar bietet jedes dieser Tools auch deutliche Vorteile, es ist aber unerlässlich, dass Marketingteams ihren gesunden Menschenverstand einsetzen und die Informationen gründlich prüfen. Außerdem müssen sie nach wie vor ihre eigene Perspektive und ihren eigenen Tonfall in ihren Content einbringen, um bei ihren Zielgruppen Anklang zu finden sowie ihren Ruf und ihre Autorität zu untermauern.

Kostenloser Download: ChatGPT-Playbook

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Titelbild: HubSpot

Ursprünglich veröffentlicht am 15. März 2023, aktualisiert am November 09 2023

Themen:

Künstliche Intelligenz