Viele Agenturen arbeiten ineffizienter, als es eigentlich nötig wäre und lassen Kunden nicht alle abgeleisteten Arbeitsstunden zahlen: Das ist das ernüchternde Ergebnis des Agency Productivity Report 2018. Dieser Status Quo scheint das Resultat davon zu sein, dass sich kreative Köpfe in Marketing-Agenturen vor allem auf die inhaltliche Arbeit an ihren Projekten konzentrieren, statt trockene Zahlen zu jonglieren.
Diese fünf Kennzahlen sollten Ihnen als Agenturinhaber ein Begriff sein
Ein waschechter CFO findet sich gerade in kleinen und mittelgroßen Agenturen nur selten. Dabei gibt es eine Reihe äußerst wichtiger Kennzahlen, die insbesondere Agenturen mit ihrem speziellen Geschäftsmodell im Auge behalten müssen, um langfristig rentabel wirtschaften zu können.
1. Gemeinkosten und Personalkosten
Bei diesen beiden Posten handelt es sich um die grundlegendsten Kostenfaktoren. Die Gemeinkosten sind die Betriebskosten, die in regelmäßigen Zeitabschnitten planbar auftreten. Hierzu gehören beispielsweise die Miete für Büroräume, Versicherungen, Abschreibungen oder Leasingraten für den Firmenwagen. Als Richtlinie gilt, dass die Gemeinkosten nicht mehr als 25 Prozent des Bruttoertrags (Umsatz minus Fremdkosten) ausmachen sollten.
Ein Tipp am Rande: Agenturen sollten generell eher den Bruttoertrag als den Bruttoumsatz beobachten, da ersterer aufschlussreicher ist. Das liegt daran, dass vielerlei Fremdkosten in der Buchhaltung auftauchen, die bei der Agentur selbst aber kaum eine Rolle spielen.
Die Personalkosten fallen im Marketing – zum Beispiel im Vergleich zum produzierenden Gewerbe – besonders stark ins Gewicht. Wichtig ist, dass hier nicht nur die reinen Gehaltskosten berücksichtigt werden, sondern sämtliche Arbeitgeberleistungen: Versicherungsbeiträge, Boni oder Zahlungen an die Künstlersozialkasse gehören genauso dazu. Diese Gesamtkosten sollten nicht mehr als 50 Prozent des Bruttoertrags ausmachen.
2. Profit pro Kunde und Etatkonzentration
Das geläufige Maß, um einen Überblick über den kundenbezogenen Profit zu erreichen, ist der Umsatz pro Kunde als Gesamtumsatz geteilt durch die Anzahl der Kunden. Das Problem: Diese Kennzahl gibt nur einen Durchschnittswert an. Sie verschleiert, dass die verschiedenen Kunden einer Agentur deutlich unterschiedliche Beiträge zum Profit des Unternehmens leisten. Einige Kunden sind extrem profitabel, andere kosten die Agentur sogar Geld - zum Beispiel, weil die reale Arbeitsdauer die ursprünglichen Kalkulationen übersteigt.
Welche Profitmargen angestrebt werden, variiert. Zwischen drei und 20 Prozent ist alles denkbar und der individuellen Agentur überlassen. Sind Kunden identifiziert, die deutlich unter diesen Zielwerten bleiben, gibt es drei Möglichkeiten:
- Sie erhöhen die Preise.
- Sie optimieren den Prozess so, dass die Kosten sinken.
- Sie geben den Kunden auf.
Damit der Verlust eines Kunden kein finanzielles Fiasko bedeutet, müssen Sie die Etatkonzentration im Auge behalten. Kein einzelner Kunde sollte mehr als 50 Prozent des Umsatzes generieren, ideal für Großkunden sind um die 30 Prozent.
3. Kundenengagement
An diesen Stellenwert der individuellen Kunden knüpft die nächste Kennzahl unmittelbar an. Denn nicht nur den direkten Profit, den ein einzelner Kunde einbringt, gilt es zu betrachten. Auch die Auftragsvolumina, die er generiert, sind entscheidend. Die dürfen weder so groß sein, dass sie nicht mehr zuverlässig gehandhabt werden können, noch so klein, dass sich der Arbeitsaufwand nicht lohnt.
Um die perfekte „Größe“ eines Kunden zu bestimmen, müssen sowohl die anfallenden Arbeitsstunden als auch das erwirtschaftete, bereinigte Bruttoeinkommen berücksichtigt werden. Der ideale Kunde generiert dabei genug Einkommen, um rentabel zu sein und ist gleichzeitig klein genug, um effizient betreut werden zu können.
4. Forderungslaufzeit und Liquiditätsreserve
Ein leidiges Thema für Dienstleister jeder Art: missachtete Zahlungsziele und säumige Kunden. Gerade in Agentur-Kreisen ist immer wieder zu hören, dass es um die Zahlungsmoral vieler Kunden nicht besonders gut bestellt sei. Ist eine solche Säumnis nicht eingeplant, müssen die eigenen Liquiditätsreserven schnell durch teure Kredite gefüttert werden.
Die Kennzahl der Forderungslaufzeit zeigt die durchschnittliche Anzahl der Tage, die verstreichen, bis eine Forderung eingeht. Sie berechnet sich als durchschnittlicher Forderungsbestand mal 365 Tage, geteilt durch den Umsatz. Auf dieser Basis lassen sich zum Beispiel die eigenen Zahlungsziele neu verhandeln, um einen größeren finanziellen Puffer zu schaffen.
Aber auch die Liquiditätsreserven einer Agentur müssen an das Ergebnis der Berechnung angepasst werden. Sie sollten mindestens so hoch sein, dass die Gemeinkosten für zwei Monate gezahlt werden können. Je nach Forderungslaufzeit müssen sie aber gegebenenfalls nach oben korrigiert werden.
5. Effektiver Stundensatz
Beim effektiven Stundensatz handelt es sich um die Summe, für die die Arbeitsleistung der Mitarbeiter an Kunden verkauft wird. Viel zu häufig werden hier einfach die branchenüblichen Stundensätze der Mitbewerber übernommen oder die eigenen Sätze an Veränderungen in der Unternehmensstruktur nicht angepasst.
Wichtig: Der effektive Stundensatz gibt nicht einfach den Stundenlohn wieder, sondern bezieht auch die Gemeinkosten mit ein. So wird beispielsweise auch berücksichtigt, dass während der Arbeit an einem Projekt Strom verbraucht wird, die Tastatur verschleißt und die Räumlichkeiten geheizt werden müssen.
Die Formel zur Berechnung der effektiven Stundenkosten pro Mitarbeiter sieht dann folgendermaßen aus:
(Jahresgehalt + (Jahresgehalt x Gemeinkosten in Prozent)) / 2.000 Arbeitsstunden pro Jahr
Je nach tatsächlicher Arbeitsbelastung muss der Satz entsprechend angepasst werden. Ist ein Mitarbeiter beispielsweise zu 90 Prozent ausgelastet, ist der effektive Stundensatz um zehn Prozent nach oben zu korrigieren. Aber Achtung: Das Ergebnis der Berechnung ist lediglich der Satz zur Kostendeckung, mit dem noch keinerlei Gewinn gemacht wird. Deshalb ist noch eine entsprechende Marge von beispielsweise 50 Prozent aufzuschlagen.
Zusätzlich müssen die anteiligen Kosten für diejenigen Mitarbeiter, die nicht direkt an Projekten beteiligt sind und deren Auslastung deshalb nicht direkt berechnet werden kann, auf den Stundensatz der anderen umgelegt werden. Hierzu gehören zum Beispiel Assistenten oder das Management.