Generative KI und Urheberrecht: Was ist zu beachten?

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Jennifer Lapp
Jennifer Lapp

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Generative KI und Urheberrecht: Was ist zu beachten?
10:13

📋 Das Wichtigste in Kürze

  • Der Hype um KI-Apps wie Sora von OpenAI bringt die ungelöste Frage des Urheberrechts bei generativen KI-Inhalten wieder ans Tageslicht.
  • Das deutsche Recht sagt klar: Nur ein Mensch kann Urheber:in sein. Rein KI-generierte Werke sind daher nicht geschützt und gelten als gemeinfrei.
  • Rechtliche Risiken liegen vor allem bei der Nutzung von Trainingsdaten und in der möglichen Verletzung bestehender Rechte durch den KI-Output.
  • Auf EU-Ebene soll unter anderem der EU AI Act Klarheit verschaffen.
  • Für Unternehmen, die KI-Inhalte kommerziell nutzen, ist das Haftungsrisiko für Urheberrechtsverletzungen am größten. 

⏱️ Lesezeit: 10 Minuten

Bildliche Darstellung von KI im Urheberrecht

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Eine Million App-Downloads in rund fünf Tagenneuer Rekord. Noch vor ChatGPT! Die Rede ist von Sora 2, der neuen KI-Video-App von OpenAI. Beeindruckender Weise kommt hinzu, dass Nutzer:innen die App nur auf Einladung nutzen können und der Zielmarkt sich auf Nordamerika beschränkt.

Nicht nur, aber vor allem durch Sora 2 wird Social Media in diesen Tagen mit KI-Videos geflutet. Das bringt ein wichtiges Thema erneut auf die Bildfläche: Wie steht es eigentlich um das Urheberrecht in Bezug auf generative KI? Viele der generierten Videos sind im Umlauf, erzeugt aus bereits vorhandenem (und möglicherweise geschütztem) Content. Wir blicken auf die Rechtslage.

Robin Williams ist wieder da

KI macht Verstorbene lebendig – virtuell. Viele sehen das auf unterschiedlichen Ebenen kritisch. Zelda Williams etwa, Tochter des verstorbenen Schauspielers Robin Williams, ruft auf Instagram auf: „Please, stop sending me AI Videos of Dad. (…) AI is just badly recycling and regurgitating the past to be reconsumed.“ Auch wenn Williams vor allem auf emotionaler Ebene von den KI-Deepfakes genervt ist, so schlägt gerade der zweite zitierte Teil ihres Instagram-Posts die Brücke zum Urheberrecht.

Gerade wenn Altes wiederverwertet wird – ob nun bei Videos, wo der Ursprung deutlich sichtbar ist, oder auch bei Texten und jeglichem anderen Content: Wer hat die Rechte an den KI-generierten Inhalten?

Urheber:innen vs. KI-Anbieter

Der Sora-Launch hat das schon seit den Anfängen generativer Künstlicher Intelligenz schwelende Thema KI-Urheberrecht regelrecht wieder ans Tageslicht katapultiert. Wenige Tage nach dem App-Start hat etwa die Motion Picture Association, die führende Vereinigung von Filmproduktionsgesellschaften in den USA, in einem Statement auf die gravierenden Urheberrechtsverletzungen aufmerksam gemacht und OpenAI zum Handeln aufgefordert.

Das KI-Superunternehmen reagierte in Form von CEO Sam Altman prompt. Er verspricht den Rechteinhabenden „mehr granulare Kontrolle“. OpenAI will von einem Opt-out-System, bei dem Rechteinhabende die Löschung ihrer Charaktere beantragen mussten, zu einem Opt-in-Modell wechseln, das eine explizite Erlaubnis erfordert. Altman räumt jedoch ein, dass es auf dem Weg dorthin sowohl „gute Entscheidungen als auch einige Fehltritte“ geben werde.

Dass diese Fehltritte teuer werden können, zeigt ein anderer Fall von Urheberrechtsverletzungen in Bezug auf generative KI: Im September 2025 erklärte sich der KI-Entwickler Anthropic bereit, in einem Vergleich 1,5 Milliarden Dollar an Autor:innen und Verlage zu zahlen. Der Vorwurf: Anthropic soll seine KI „Claude“ mit Millionen illegal heruntergeladener Bücher trainiert haben.

Die ersten Konsequenzen aus Urheberrechtsverletzungen werden für die beteiligten Unternehmen zunehmend riskanter und kostspieliger. Doch in welchem Rechtsrahmen bewegen sie sich überhaupt?

Die aktuelle Rechtslage im Überblick: KI und Urheberrecht

Diese Frage war vom ersten KI-Tag an komplex – und ist es auch heute noch. Beim Urheberrecht bei KI-generierten Inhalten greifen verschiedene Ebenen ineinander. Wir blicken auf die aktuelle Rechtslage in Deutschland und der EU.

1. Deutsches Urheberrecht: Mensch bleibt schöpfend 

Nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) §2 ist die Lage eindeutig: Nur eine persönliche geistige Schöpfung eines Menschen kann urheberrechtlich geschützt sein. Eine KI selbst kann das nicht leisten.

So weit, so eindeutig? Jein. Ein Beispiel: Sie erstellen ein Bild mit Midjourney auf Basis eines Van-Gogh-Gemäldes. Bisher liegt das Urheberrecht (vereinfacht formuliert) beim Künstler. Sobald Sie das KI-Bild jetzt kreativ weiterbearbeiten, kann neues, eigenes Urheberrecht entstehen.

Es bleiben zwei zentrale Probleme ungelöst:

  • Trainingsdaten: Das Training von KI-Modellen mit riesigen, oft urheberrechtlich geschützten Datenmengen aus dem Internet bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Das sogenannte „Text und Data Mining“ ist nach § 44b UrhG in Deutschland primär für die wissenschaftliche Forschung klar erlaubt, für kommerzielle KI-Modelle ist die Rechtslage umstritten. Die Klage von Getty Images gegen Stability AI ist hier ein wegweisender Fall.
  • Output: Erstellt eine KI ein Werk, das etwas Existierendem zum Verwechseln ähnelt, kann das Urheberrechtsverletzung sein. Generieren Sie mit Sora ein Video mit Donald Duck, liegt eine Verletzung der Marken- und Urheberrechte von Disney vor. 

2. Der EU AI Act: Transparenz als oberstes Gebot

Der EU AI Act spielt für Deutschland ebenfalls eine Rolle. Mit der Verordnung auf EU-Ebene sollen KI-Inhalte reguliert und das Urheberrecht adressiert werden. Für uns im Marketing sind vor allem die Transparenzpflichten aus Artikel 50 relevant – also die Kennzeichnungspflicht für Deepfakes.

KI-generierte oder manipulierte Audio-, Bild- oder Videoinhalte (sogenannte „Deepfakes“) müssen klar als solche gekennzeichnet werden. Social-Media-Plattformen wie YouTube und Meta (Facebook/Instagram) setzen dies bereits mit eigenen „Made with AI“-Labels um.

3. Kontrolle für Urheber:innen dank Unternehmensinitiativen

Diese staatlichen Regulierungen und Gesetze sind das eine – die Realität das andere. Viele Fälle zeugen von Grauzonen und einem an „Wild West“ anmutenden Umfeld, in dem vieles unklar ist und, siehe Sora-Launch, auch einfach mal gemacht wird.

Dazu kommt: Große Tech-Unternehmen schaffen zunehmend ihre eigenen Standards. Cloudflare etwa, über deren Systeme grob 20 Prozent des weltweiten Internet-Traffics läuft, hat „Content Signals“ eingeführt. Damit gibt Cloudflare Website-Betreiber:innen mehr Kontrolle über ihre Inhalte.

Ein Nachrichtenportal etwa kann über einen einfachen Eintrag in seiner robots.txt-Datei festlegen, dass seine Artikel zwar von Google für die Suche indexiert, aber nicht zum Training von KI-Modellen wie denen von OpenAI oder Google verwendet werden dürfen.

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Was das aktuelle „KI-Urheberrecht“ für Sie als Nutzer:in bedeutet

Für Marketingverantwortliche wie Sie und uns, die generierte KI-Inhalte (kommerziell) nutzen, können sich aus der aktuellen Rechtslage Risiken ergeben:

  • Haftung für den Output: Ihr Unternehmen haftet in der Regel direkt für Urheberrechts- oder Markenrechtsverletzungen, die durch die von Ihnen erstellten KI-Inhalte entstehen.
  • Keine Exklusivität: Da rein KI-generierte Werke als gemeinfrei gelten, gibt’s dafür keine exklusiven Rechte. Theoretisch könnte Ihre Konkurrenz erzeugte Bilder, Videos & Co. für eigene Kampagnen nutzen.
  • Datenschutzrisiko: Sensible Unternehmensdaten oder Geschäftsgeheimnisse sollten niemals als Prompts in öffentliche KI-Tools eingegeben werden, da deren weitere Verwendung oft unklar ist.

Kurzum: Prüfen Sie Ihre KI-Tools vor der Nutzung. Bei HubSpot etwa setzen wir auf ethische und transparente KI – so haben Sie jederzeit die vollständige Kontrolle über Ihre Daten.

Übrigens – für Privatnutzer:innen ist das Risiko deutlich geringer. Solange die erstellten Inhalte privat bleiben, sind Konsequenzen unwahrscheinlich. Natürlich ist hier aber die Grenze schnell überschritten. Sobald Sie das neue Sora-Video Ihres Hamsters, der mit Michael Jackson Thriller singt und von Spongebob Schwammkopf bejubelt wird, auf Instagram teilen, ist eine öffentliche Nutzung erreicht – und das Haftungsrisiko gegeben.

Fazit: Klar ist, dass nichts klar ist

Die KI-Urheberrecht-Debatte zeigt, wie sehr die Technologie – ganz aktuell OpenAI mit Sora – mit Siebenmeilenstiefeln der Gesetzgebung vorauseilt. Klar: Regulierungen wie der EU AI Act setzen erste Leitplanken. Allerdings biegen KI-Unternehmen und ihre Nutzer:innen derart schnell auf neue Straßen ab, dass gar nicht genug Leitplanken gesetzt werden können.

Gerade Marketingverantwortliche bewegen sich so automatisch in einem dynamischen Umfeld mit rechtlichen Grauzonen. Wir sind ehrlich: Es gibt kein Patentrezept, um in Bezug auf das Urheberrecht mit KI alles richtig zu machen. Der entscheidende Faktor ist und bleibt allerdings ein bewusster Umgang mit der Technologie.

Anstatt blind auf den „Generieren“-Button zu klicken, sollten Sie die Herkunft und Ähnlichkeit von KI-Inhalten hinterfragen, Risiken abwägen und auch interne Richtlinien für deren Nutzung schaffen. Nur so lässt sich das enorme kreative Potenzial der generativen KI nutzen, ohne dabei kostspielige rechtliche Konsequenzen zu riskieren.

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Bitte beachten: Dieser Blogbeitrag stellt keine Rechtsberatung für Ihr Unternehmen hinsichtlich der Einhaltung der EU- und deutschen Urheberrechtsgesetze dar. Dieser Artikel bietet lediglich Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis des Urheberrechts. Diese Informationen sind nicht mit einer rechtlichen Beratung gleichzusetzen, bei der ein Rechtsanwalt das geltende Recht auf Ihre spezifischen Umstände anwendet. Wir weisen Sie deshalb darauf hin, dass Sie bei Beratungsbedarf über die Auslegung dieser Informationen oder über deren Richtigkeit und Vollständigkeit einen Rechtsanwalt hinzuziehen sollten. Um es kurz zu machen: Dieses Dokument stellt weder eine Rechtsberatung noch eine Empfehlung für eine bestimmte Auslegung geltenden Rechts dar.

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