In der Geschäftswelt gelten klare Regeln. Wenn Sie sich an diese halten, führt üblicherweise kein Weg am Unternehmenserfolg vorbei. Ein praxisnahes Beispiel ist die Goldene Bilanzregel. Diese hilft Ihnen dabei, Ihre kurz- und langfristigen Ausgaben sinnvoll und nachhaltig zu finanzieren. So vermeiden Sie eine Überschuldung und stellen sicher, dass Sie sich alle für Ihre Geschäftsziele notwendigen Hilfsmittel und Investitionen leisten können.

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Das Umlaufvermögen wie Rohstoffe und Waren wird zeitnah verarbeitet beziehungsweise verkauft und führt zu einem raschen Rückfluss von Kapital ins Unternehmen. Es kann somit kurzfristig finanziert werden. Anlagevermögen wie Fließbänder oder Roboter werden für eine effiziente Produktion benötigt, erzeugen aber selbst kein Kapital. Entsprechend müssen Sie diese langfristig finanzieren.

Einordnung der Goldenen Bilanzregel in die Finanzierungslehre

In der geschäftlichen Praxis spielen verschiedene Facetten der Finanzierungslehre eine wichtige Rolle. Diese lernen Sie im Folgenden kennen:

Goldene Bilanzregel vs. Silberne Bilanzregel

Die Goldene Bilanzregel besagt, dass sämtliche Investitionen in Anlagevermögen über das Eigenkapital finanzierbar sein müssen. In der Goldenen Bilanzregel entspricht das dem Deckungsgrad I. Das ist in der Praxis absolut unüblich.

In der Regel finanzieren Unternehmen Anschaffungen über eine Kombination aus eigenem Vermögen und langfristigem Fremdkapital wie beispielsweise Darlehen. Dieses Vorgehen wird als Deckungsgrad II oder als Silberne Bilanzregel bezeichnet.

Was ist die Goldene Finanzierungsregel?

Die Goldene Finanzierungsregel wird auch als Goldene Bankregel bezeichnet. Sie besagt lediglich, dass eine Fristenkongruenz zwischen Aktiva und Passiva in der Bilanz bestehen muss.

Im Unterschied zur Goldenen Bilanzregel ist es bei dieser Betrachtungsweise allerdings unerheblich, woher das Kapital zur Finanzierung stammt.

Das besagen die Liquiditätsregeln

Die Liquiditätsregeln sind eine Gruppe von drei großen Finanzierungsregeln. Ihnen ist die Goldene Bilanzregel zuzuordnen. Sie sollen sicherstellen, dass ein Unternehmen immer zahlungsfähig bleibt. Das wird in der Regel über eine Optimierung des Cashflows erreicht.

Vertikale Proportionalitätsregeln

Diese Regeln untersuchen das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital und orientieren sich somit an der Passivseite der Bilanz.

Horizontale Proportionalitätsregeln

Die horizontalen Proportionalitätsregeln bilden das Verhältnis von Aktiva zu Passiva in der Bilanz ab.

Goldene Bilanzregel: Ein Beispiel

Für alle Deckungsgrade gilt: Wenn das Ergebnis der Rechnung ≥ 1 ist, macht ein Unternehmen alles richtig. Die folgenden Beispiele zeigen, wie bei der Berechnung vorzugehen ist.

1. Deckungsgrad I

Um den Deckungsgrad I zu erreichen, muss ein Unternehmen Anschaffungen über das Eigenkapital stemmen können. Die hierzu gehörige Rechnung lautet: 

Eigenkapital / Anlagevermögen = Deckungsgrad

Wenn ein Unternehmen für die Fertigung einen Roboter anschafft, der die digitale Transformation vorantreiben und die Automatisierung einzelner Prozesse ermöglichen soll, muss Geld zur Finanzierung davon bereitstehen.

Wenn der Betrieb über ein Eigenkapital von 300.000 € verfügt und der entsprechende Roboter 700.000 € kostet, ergibt sich daraus folgende Rechnung: 

300.000 / 700.000 = 0,45

Der Deckungsgrad ist < 1, sodass die Goldene Bilanzregel nicht erfüllt wäre. Das würde bedeuten, dass ein Betrieb sich die Anschaffung des Roboters nicht leisten könnte, ohne die Fristenkongruenz in der Bilanz zu gefährden.

In der Praxis sind Anschaffungen, die rein über das Eigenkapital finanziert werden, aber äußerst selten. Stattdessen kommt der sogenannte Deckungsgrad II zum Einsatz.

2. Deckungsgrad II

Wenn Sie den Deckungsgrad II berechnen möchten, konzentrieren Sie sich nicht auf Ihr Eigenkapital allein, sondern auch auf das langfristige Fremdkapital. Die obige Formel verändert sich dann entsprechend:

(Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen = Deckungsgrad

Bei dem vorliegenden Fall müsste das Unternehmen Bankkredite und Bankdarlehen aufnehmen, um sich den Roboter leisten zu können. Bei einem Bankkredit von 350.000 € über 15 Jahre und einem Bankdarlehen von 150.000 € über 5 Jahre ergäbe sich nach dem Einsetzen der Werte folgende Rechnung:

(300.000 + 350.000 + 150.000) / 700.000 = 1,14

Der Deckungsgrad ist in diesem Fall > 1 und somit wird die Bilanzregel erfüllt.

Vor- und Nachteile der Goldenen Bilanzregel

Die Goldene Bilanzregel geht mit zahlreichen Vor- und Nachteilen für die Buchhaltung einher. Diese lernen Sie im Folgenden kennen.

Vorteile der goldenen Bilanzregel

Wer im Rahmen der Goldenen Bilanzregel Fremdkapital aufnimmt, senkt das zu versteuernde Einkommen. Somit spart eine Finanzierung mit Fremdkapital Kosten und kann ein Unternehmen liquide halten. Außerdem gibt es den sogenannten Leverage-Effekt. (Hebeleffekt). Dieser greift immer, wenn die Gesamtkapitalrendite den Fremdkapitaleinsatz übersteigt.

Verdient ein Betrieb zum Beispiel mit jedem investierten Euro 18 Cent und muss 8 Cent als Zinsen bezahlen, bleibt immer noch eine Rendite von 10 Cent. Trotz der Aufnahme von Eigenkapital erhöht sich in diesem Beispiel die Liquidität des Unternehmens. Somit ist es nicht zwingend erforderlich, den Deckungsgrad I zu erreichen, um erfolgreich zu wirtschaften und finanzielle Engpässe zu vermeiden.

Nachteile der goldenen Bilanzregel

Finanzierungen über reines Eigenkapital sind extrem selten. In der Regel finanzieren Unternehmen ihre Anschaffungen über eine Mischung aus Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital. Der Deckungsgrad I wird folglich so gut wie nie erreicht. Entsprechend begrenzt ist die Aussagekraft der Goldenen Bilanzregel, die vor allem als Orientierungshilfe dient.

Hinzu kommt, dass sich der Betrieb die Anschaffung im obigen Beispiel zwar leisten kann, dass den Verbindlichkeiten von 800.000 € allerdings nur liquide Mittel von 300.000 € gegenüberstehen.

Obwohl die Silberne Bilanzregel und die Goldene Finanzierungsregel erfüllt werden, kann es durch die Finanzierung also zu Zahlungsschwierigkeiten oder sogar einer Insolvenz kommen.New call-to-action

Titelbild: Tippapatt / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 5. Januar 2022, aktualisiert am März 13 2023

Themen:

Buchhaltung