Sagen wir es, wie es ist: In einigen Unternehmen werden eigentlich dringende Veränderungen nur sehr zögerlich angegangen, weil die Verantwortlichen Angst vor den Herausforderungen haben. Diese Herausforderungen sind meist mit menschlicher Gegenwehr verbunden, die viel Energie, Kraft und Zeit frisst.

Damit Sie den Wandel in Ihrem Unternehmen reibungsloser hinbekommen, sollten Sie ein professionelles Change Management aufsetzen. Dabei können Sie sich an dem 8-Stufen-Modell der Organisationsänderung orientieren.

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Das steckt hinter dem 8-Stufen-Modell nach Kotter

In den letzten Jahrzehnten entstanden verschiedene Methoden und Frameworks, um Change Management in Unternehmen umzusetzen. Sie basieren zum Beispiel auf Analysen wie der Veränderungskurve, um geeignete Gegenmaßnahmen einzuläuten.

Auch John Paul Kotter treibt es bereits seit vielen Jahren um, wie Unternehmen besser geführt werden können – unter anderem in Zeiten, in denen Veränderungsprozesse nötig sind. Der Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School (USA) erkannte, dass bei einem Change-Prozess meist acht essentielle Fehler gemacht werden. Diese beschrieb er in seinem Artikel „Leading Change: Why Transformation Efforts Fail” (zu Deutsch: „Führungswechsel: Warum Transformationsbemühungen scheitern”), der 1995 im „Harvard Business Review” erschien.

Um diese Fehler zu vermeiden, entwickelte Kotter eine Lösung, die er in seinem 1996 erschienenen Buch „Leading Change”, das im Deutschen 1998 unter Namen „Chaos, Wandel, Führung” herauskam. Seine Vorgehensweise besteht aus acht Phasen, die wie die Stufen einer Treppe nacheinander gegangen werden müssen. Sie wurden bekannt als das 8-Stufen-Modell nach Kotter.

Der „8-Step Process for Leading Change”, so die englische Bezeichnung, gehört heute zu den beliebtesten Vorgehensweisen, um einen Change-Management-Prozess aufzusetzen.

Die acht Stufen des Modells im Überblick

Möchten Sie Change Management nach Kotter realisieren, sollten Sie die folgenden Schritte gehen:

Stufe 1: Schaffung eines Gefühls der Dringlichkeit

Wie Kotter herausfand, scheitern die meisten Change-Management-Projekte bereits am Anfang. Denn die Mitarbeitenden eines Unternehmens verstehen nicht, wie wichtig eine Veränderung des Status Quo ist. Deshalb müssen Sie ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen, indem Sie die Marktsituation genau analysieren und schonungslos aufzeigen. Machen Sie klar, warum gehandelt werden muss, um eine große Krise abzuwenden.

Stufe 2: Zusammenstellung einer Führungskoalition

Um die Transformation des Unternehmens durchzuführen, benötigen Sie starke Partner und Partnerinnen – die sogenannte Führungskoalition. Suchen Sie sich Kollegeninnen und Kollegen, die Sie beim Change Management unterstützen und mit denen Sie gemeinsam den Wandel umsetzen.

Stufe 3: Entwicklung von Visionen und Strategien

Eine Veränderung benötigt einen Plan. Dieser basiert auf einer Strategie, die wiederum auf einer Vision und gesteckten Zielen beruht. Wenn Sie wissen, wohin Sie möchten und warum, können Sie die passenden Maßnahmen ableiten. Die Ziele und Maßnahmen sollten nach Kotter unter anderem für alle Mitarbeitenden nachvollziehbar, realistisch und spezifisch sein. Zudem haben Sie darauf zu achten, dass Ihr Plan auch genügend Flexibilität besitzt.

Stufe 4: Kommunikation der Veränderungsvision

Eine dauerhafte und transparente Kommunikation ist das A und O für eine Veränderung im Management-Prozess. Alle Beteiligten der Führungskoalition wie auch die betroffenen Angestellten müssen stets verstehen, was die angestrebte Veränderung bringen soll und wie der Wandel vonstattengeht. Damit ist es möglich, langfristig Unterstützung zu erhalten.

Stufe 5: Befähigen der Mitarbeitenden auf breiter Basis

In dieser Phase geht es darum, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die den Prozess der Veränderungen hemmen. Führen Sie beispielsweise eine Prozessanalyse durch und holen Sie sich eine Organisationsberatung ins Haus. Brechen Sie alte Strukturen auf und ermöglichen Sie, dass Ihre Mitarbeitenden die Möglichkeiten erhalten, den Wandel umzusetzen – zum Beispiel durch entsprechende Fortbildungen.

Stufe 6: Schaffen schneller Erfolge

Ein Change-Management-Prozess kann sehr lange dauern, in großen Unternehmen gar mehrere Jahre. Damit die Führungskoalition wie auch die Mitarbeitenden nicht den Glauben an das Vorhaben verlieren, benötigen Sie schnelle Erfolge. Setzen Sie dafür beispielsweise auf mehrere kleine Ziele, die gut schaffbar sind – das hebt die Motivation.

Stufe 7: Auf dem Wandel weiter aufbauen

Trotz der schnellen Erfolge dürfen Sie Ihr Projekt der Veränderung nicht zu schnell beenden. Nutzen Sie das bereits Geschaffte, um darauf aufzubauen: Stoßen Sie weitere Prozesse an, um den Wandel voranzubringen. Machen Sie dabei die Dringlichkeit der Veränderung immer wieder deutlich.

Stufe 8: Veränderung vollständig durchsetzen

Die Veränderungsprozesse sind nur erfolgreich, wenn sie fest in der Unternehmenskultur verankert werden, sodass es keine Workarounds oder einen Schritt zurück gibt. Eine Maßnahme in dieser Phase ist erneut die Kommunikation: Machen Sie deutlich, was der Wandel Ihrem Unternehmen gebracht hat, welche Erfolge erzielt wurden und wie wichtig es ist, daran festzuhalten.

8-Stufen-Modell nach Kotter für Change-Management-Prozesse

Quelle: Screenshot Digitale Neuordnung

Ein Beispiel für Kotters 8-Stufen-Modell

Dass Kotters Modell in der Praxis funktioniert, zeigte beispielsweise 2018 der Assoz.-Prof. PD Dr. Philipp Bernhard Stiegler in seiner Masterarbeit „Restrukturierung einer Klinischen Abteilung” auf. In einer Abteilung der Transplantationschirurgie sollten die Abläufe verbessert werden, um die Patienten besser zu betreuen. Um das zu erreichen, ging man erfolgreich nach den acht Phasen von Kotter vor.

Eine wichtige Erkenntnis des ganzen Prozesses beschreibt Dr. Stiegler auf Seite 82 seiner Arbeit folgendermaßen: „Durch ein gezieltes Personalmanagement, das Mitarbeiterführung, Gespräche aber auch die Neueinstellung beinhaltet, gelingt eine nachhaltige, stringente und sowohl inhaltliche als auch strukturelle Neuausrichtung.”

Das Ergebnis war: „Durch die Prozessoptimierung konnten Wartezeiten und Leerläufe reduziert werden, was im Sinne des Lean Management einer Steigerung der Produktivität entspricht.”

Ist Kotters Modell für den Wandel besonders gut geeignet?

Wie erwähnt, gibt es verschiedene Konzepte, um einen Change-Management-Prozess umzusetzen. Neben Kotters 8-Stufen-Modell ist auch das 3-Phasen-Modell von Lewin sehr populär. Das dampft den Veränderungsprozess auf weniger Schritte ein, was zu oberflächlich sein könnte. Dagegen steht Kotters Modell in der Kritik, dass es zu starr ausfalle, da Sie und Ihre Führungskoalition keine Stufe überspringen oder zurückgehen dürfen.

Welchen Ansatz Sie am Ende verfolgen, müssen Sie ganz individuell entscheiden – denn jedes Unternehmen und seine Mitarbeitenden sind anders. Eine One-Size-Fits-All-Lösung führt deshalb nicht unbedingt zum erhofften Ziel.

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Titelbild: Nora Carol Photography / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 21. April 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Change Management