In Meetings werden oft stundenlang Ziele besprochen, die in einem übergreifenden „Masterplan“ münden. Doch nach ein paar Monaten sind alle Planungen eigentlich wertlos, weil viele vorhergesagte Dinge nicht eintreten. Das muss nicht sein – mit der OKR-Methode geht es deutlich einfacher. Was dahintersteckt, wie Sie sie anwenden und welche Grundprinzipien ihr zugrunde liegen, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist OKR?
- Geschichte: Woher kommt OKR?
- Wie funktioniert die OKR-Methode?
- OKR einführen: So gehen Sie in 8 Schritten vor
- OKR, KPI, MbO: Was sind die Unterschiede zwischen den Methoden?
- OKR Beispiele
- OKR-Tools
- Vor- und Nachteile der OKR-Methode
Was ist OKR?
OKR ist ein Zielsystem, das Unternehmen dabei unterstützt, klare, ambitionierte und messbare Ziele zu definieren und deren Umsetzung zu steuern. Die Abkürzung OKR steht für Objectives and Key Results. Mit der Methode können Sie deutlich effizienter(e) Betriebsentscheidungen treffen.
OKR-Definition: Was bedeutet Objectives and Key Results genau?
Die OKR-Architektur besteht in ihrer theoretischen Definition aus zwei Teilen:
- O – Objectives (Ziele): Die Objectives stellen keine klassischen Jahresziele dar, sondern gelten nur für einen kurzen Zeitraum wie zwei oder drei Monate. Zudem dürfen sich jedes Teammitglied, jeder Fachbereich und die gesamte Organisation für diesen Zeitraum nur drei bis fünf Ziele setzen, die erreicht werden sollen.
- KR – Key Results (messbare Ergebnisse): Diese wichtigsten Ziele verbinden Sie mit den Key Results, also Kernergebnissen. Diese Ergebnisse müssen nach der SMART-Methode (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und termingebunden) funktionieren.
Ziele und Prinzipien der OKR-Methode
Unternehmen verfolgen mit OKR vor allem das Ziel, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und für eine größtmögliche Transparenz zu sorgen. Hierbei werden die Ziele kurzfristigen Sprints und Projektphasen zugeordnet, wodurch sie flexibel und anpassbar bleiben.
Interessant ist dabei, dass die Anwendung der OKR-Prinzipien sich auf vielerlei Ebenen im Unternehmen positiv auswirkt. Prof. Dr. Patrick Müller von der Hochschule für Technik Stuttgart ermittelte in einer seiner Studien, dass Nutzende von OKR viele Aspekte positiver einschätzen als Nicht-Nutzende:
- Nachvollziehbarkeit der Unternehmensstrategie: 65 Prozent (OKR-Nutzende) zu 46,5 Prozent (Nicht-Nutzende)
- Einschätzung der Unternehmenskultur: 66,1 Prozent zu 37,6 Prozent
- Zufriedenheit mit der Arbeit im Team: 89,3 Prozent zu 71,2 Prozent
- Einschätzung der Agilität: 78,1 Prozent zu 58,4 Prozent
Geschichte: Woher kommt OKR?
Andy Grove, Mitgründer von Intel, entwarf die OKR-Methode in den 1970er-Jahren und führte sie in seinem Unternehmen ein. Damit gelang es ihm, den damals angeschlagenen Chip-Hersteller wieder auf Spur zu bringen.
Ende der 1990er-Jahre übernahm Google das Modell der Objectives and Key Results, woraufhin es schnell weitere Start-ups adaptierten. Heutzutage kommt OKR häufig in kleinen und mittelständischen Unternehmen zum Einsatz, aber eben auch im Silicon Valley.
Wer sich mit dem Framework auseinandersetzen möchte, kann sich weiterbilden lassen und verschiedene OKR-Zertifizierungen erhalten. Das hilft dabei, die Methodik in der Praxis anzuwenden.
Der OKR Impact Report zeigt, dass 87 Prozent der befragten Entscheiderinnen und Entscheider mit der OKR-Methode ihre Erwartungen erfüllt oder übertroffen haben. Bevor wir uns allerdings damit beschäftigen, warum diese Methodik in vielen Unternehmen so erfolgversprechend ist, erklären wir Ihnen, was genau hinter dem OKR-Framework steckt.
Wie funktioniert die OKR-Methode?
Bei der OKR-Methode definieren Sie innerhalb eines Teams klare Ziele (Objectives) und die dazu passenden, messbaren Ergebnisse (Key Results) für einen festgelegten Zeitraum. Damit die Methodik funktioniert, sind regelmäßige Check-ins wichtig, mit denen Sie die Fortschritte verfolgen und bei Bedarf Prioritäten anpassen.
Was OKR ebenso besonders macht: Alle Teams tragen ihre Objectives and Key Results in eine Software oder in ein Dokument ein, in die oder das alle Mitarbeitenden aus Ihrem Unternehmen Einsicht haben. Zudem halten alle – ebenso vollkommen transparent – ihre wirklich erreichten Ergebnisse fest.
OKR einführen: So gehen Sie in 8 Schritten vor
Schauen wir uns nun an, wie Sie eine OKR-Architektur erfolgreich in Ihrem Unternehmen etablieren können. Wir empfehlen Ihnen dafür acht aufeinander aufbauende Schritte:
- Definieren Sie eine Unternehmensvision und leiten Sie daraus ein Unternehmensleitbild ab. Indem Sie OKRs formulieren, erreichen Sie eine größtmögliche Transparenz.
- Bestimmen Sie Ihr Unternehmensziel und jede einzelne Zielerreichung. Legen Sie dafür KPIs fest.
- Aus den qualitativen Zielen leiten Sie Objectives und die dazu möglichen Key Results ab. Sie sind quasi der Weg zum Ziel.
- Schaffen Sie flexible, offene Strukturen und Prozesse in Ihrem Unternehmen. Nur so kann ein agiler Prozess entstehen.
- Beziehen Sie stets das komplette Team mit ein. Das klassische Top-down-Modell, bei dem das Upper Management alles bestimmt, wird durch ein Vorgehen abgelöst, bei dem auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Ideen und Konzepte einbringen können.
- Sorgen Sie für Transparenz: Halten Sie alle Ziele und OKR so fest, dass sie jede und jeder einsehen kann.
- Messen Sie die Key Results nach einem „Sprint-Zyklus“ und durchleuchten Sie die Ergebnisse, um daraus zu lernen.
- Lernen Sie aus den Erkenntnissen und passen Sie Ihre Ziele für die kommenden Monate an.
OKR, KPI, MbO: Was sind die Unterschiede zwischen den Methoden und Kennzahlen?
OKR wird oft mit anderen Management- und Zielsetzungsmethoden in Verbindung gebracht. Jede dieser Methoden hat ihren eigenen Ansatz und Zweck, auch wenn alle das Ziel haben, Unternehmen dabei zu unterstützen, Strategien erfolgreich umzusetzen.
- Key Performance Indicator (KPI) steht für die Messung konkreter Leistungen und Arbeitsweisen im Unternehmen. Es geht nicht so sehr darum, konkrete Ziele zu bestimmen, sondern darum, einen Bereich hinsichtlich seines Erfolgs zu bewerten.
- Management by Objectives (MbO) legt den Fokus stärker darauf, spezifische, oft realistisch(er) gesetzte Ziele zu erreichen. Im Vergleich ist OKR flexibler und stärker auf Wachstums- und Innovationsziele ausgerichtet, während MbO eher auf konkrete, kurzfristige Leistungsziele abzielt.
- Balanced Scorecard (BSC) nimmt einen allgemeingültigen Standpunkt ein und betrachtet die Zielerreichung auf das gesamte Jahr. Außerdem werden die zu prüfenden Kennzahlen meist nicht von den Mitarbeitenden, sondern von der Führungsebene bestimmt. Anstatt einzelne Projektphasen zu betrachten und die Effizienz der hierbei gewählten Arbeitsmethoden zu bestimmen, geht es bei BSC um die Unternehmensstrategie als Ganzes.
- Scrum hingegen ist eine Methode zur Organisation und Umsetzung von Projekten, insbesondere in der Softwareentwicklung. In festgelegten, kurzen Arbeitsphasen (Sprints) werden konkrete Aufgaben erledigt. Das Ziel: funktionierende Ergebnisse schnell und kontinuierlich zu liefern.
OKR-Beispiele
Um die Funktionsweise und den Nutzen der OKR-Methode für Sie etwas greifbarer zu machen, schauen wir uns theoretische Anwendungen aus dem Vertrieb und Marketing sowie ein konkretes OKR-Beispiel aus der Praxis an.
OKR-Beispiel aus dem Vertrieb
Bei klassischen Zielvorgaben, wie sie im Rahmen von Management by Objectives (MbO) üblich sind, steht häufig die Erreichung konkreter Zahlen im Mittelpunkt. Ein typisches Beispiel wäre: „Die Conversion Rate im Vertrieb soll im kommenden Geschäftsjahr um 15 Prozent gesteigert werden.“
Die OKR-Methode verfolgt hingegen einen anderen Ansatz. Sie konzentriert sich auf übergeordnete Ziele (Objectives) und die dafür notwendigen, messbaren Ergebnisse (Key Results).
Ein Beispiel für ein Objective könnte lauten: „Unsere Organisation möchte die Bearbeitungszeit von Kundenanfragen deutlich verkürzen.“
Dafür definieren Sie mehrere konkrete Maßnahmen, die als Key Results festgelegt werden. Diese zeigen genau, wie der Fortschritt gemessen wird.
Beispielhafte Key Results:
- Einführung einer neuen, leistungsstärkeren CRM-Software, um Anfragen schneller an die richtigen Ansprechpartner weiterzuleiten.
- Schulung des Hotline-Teams, damit Anfragen kompetenter und effizienter bearbeitet werden.
- Reduzierung der durchschnittlichen Antwortzeit bei Kundenanfragen von 48 auf 24 Stunden.
Während bei klassischen Zielvorgaben vor allem das Ergebnis (z. B. 15 Prozent höhere Conversion Rate) im Fokus steht, legt die OKR-Methode den Schwerpunkt darauf, wie dieses Ergebnis erreicht wird. Sie kombiniert also strategische Visionen mit praktischen Maßnahmen und macht den Fortschritt durch messbare Key Results transparent und nachvollziehbar.
So wird nicht nur ein Ziel gesetzt, sondern auch der Weg dorthin klar strukturiert und verfolgt.
OKR-Beispiel aus dem Marketing
Auch im Marketing ist die OKR-Methode beliebt. Hier kann etwa das Ziel sein, die Markenbekanntheit in einer bestimmten Zielgruppe deutlich zu steigern. Dafür könnte das Objective so formuliert werden: „Die Markenbekanntheit in der DACH-Region stärken.“
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es spezifische Key Results, etwa:
- Erhöhung der Social-Media-Followerinnen und -Follower um 25 Prozent in der DACH-Region.
- Veröffentlichung von zehn neuen Gastartikeln auf relevanten Branchenblogs.
- Durchführung einer Influencer-Kampagne mit drei bis fünf Influencerinnen und Influencern.
Google zeigt, wie es geht: Anwendung von OKR im Unternehmen
Google ist eines der bekanntesten Unternehmen, das die OKR-Methode (Objectives and Key Results) erfolgreich einsetzt. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Entwicklung des Webbrowsers Google Chrome.
Damals dominierte der Internet Explorer von Microsoft den Markt. Google wollte einen Browser entwickeln, der nicht nur konkurrenzfähig, sondern der beste der Welt sein sollte.
Das Objective: „Den besten Browser der Welt entwickeln.“
Key Results:
- Geschwindigkeit optimieren: Ladezeiten schneller machen als die der Konkurrenz.
- Stabilität gewährleisten: Der Browser musste auch bei vielen geöffneten Tabs reibungslos funktionieren.
- Marktanteil ausbauen: Innerhalb eines bestimmten Zeitraums sollte Chrome einen definierten Marktanteil erreichen.
- Sicherheit erhöhen: Schutz vor Malware und Phishing verbessern.
Um die Objectives zu erreichen, musste das gesamte Unternehmen verschiedene Maßnahmen umsetzen. Das Ergebnis war messbar und ein Erfolg: Heute dominiert Google Chrome den Browser-Markt.
Auch heute legt Google noch großen Wert auf OKRs. Dafür wird der Fortschritt bei Objectives and Key Results wöchentlich verfolgt und dokumentiert. Dabei wird ein Ampelsystem verwendet:
- Grün: Ziel ist „abgeschlossen“ oder „auf Kurs“.
- Gelb: Fortschritt benötigt Updates oder „erfordert Aufmerksamkeit“.
- Rot: Fortschritt ist kritisch – das Team hinterfragt, ob das Ziel noch aktuell ist oder fallen gelassen werden sollte.
Am Ende jedes Quartals wird der Fortschritt nicht nur qualitativ, sondern auch prozentual bewertet:
- 70 bis 100 Prozent = Grün (erfolgreich abgeschlossen)
- 0 bis 30 Prozent = Rot (Ziel nicht erreicht)
Zudem können Teams ihre Ergebnisse durch Notizen ergänzen, um den Fortschritt besser einzuordnen.
OKR-Software und -Tools, die Sie kennen sollten
Es gibt eine beachtliche Zahl an OKR-Software und entsprechende Tools, mit denen Sie arbeiten können. Dazu gehören:
- Mooncamp: Intuitives Tool mit flexiblen Anpassungsmöglichkeiten für Teams jeder Größe.
- Profit.co: Bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche und umfassende Berichte zur Erfolgsmessung.
- Workboard: Ideal für größere Unternehmen, die Wert auf strategische Ausrichtung und Transparenz legen.
- Perdoo: Einsteigerfreundliches Tool, das sowohl Planung als auch Fortschrittsüberwachung unterstützt.
Vor- und Nachteile der OKR-Methode
Unternehmen profitieren auf vielfältige Weise von der OKR-Methode, wobei wir vor allem die folgenden Vorteile hervorheben möchten:
- Da es nur wenige OKR-Ziele gibt, auf die sich die Mitarbeitenden fokussieren müssen, gibt es kein Verzetteln zwischen mehreren Aufgaben. Sie gelten außerdem nur für einen überschaubaren Zeitraum. Dementsprechend können Sie agil und schnell auf Veränderungen reagieren.
- Durch den OKR-Prozess werden vor allem agile Arbeitsmethoden unterstützt, sodass der Betrieb als Ganzes ebenfalls von einer hohen Flexibilität profitiert. Somit kann sich die Organisation leicht auf sich verändernde Marktanforderungen anpassen und verschafft sich Wettbewerbsvorteile.
- Abteilungen erhalten bei OKR ihre Budgets nicht für das gesamte Geschäftsjahr, sondern jedes Quartal neu zugeteilt – entsprechend ihren Zielen und Ergebnissen. Und: Entscheidungen erfolgen in Ihrem Unternehmen nicht mehr allein Top-down, sondern zunehmend Bottom-up.
- Durch Transparenz im OKR-Prozess weiß das gesamte Unternehmen, woran die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen arbeiten. So erhalten sie ein Gesamtbild und können besser interdisziplinär arbeiten.
- Die Verantwortlichkeiten sind im Betrieb klar geregelt. Somit werden keine Aufgaben wegen fehlender Zuständigkeiten vernachlässigt oder aufgeschoben.
- Die Methode fördert die Motivation und animiert die Belegschaft dazu, sich engagiert einzubringen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
- Sie sorgen für Messbarkeit und helfen somit dabei, Unternehmensentscheidungen auf eine valide Datenbasis zu stellen.
Allerdings üben Unternehmen auch immer mal wieder Kritik. Zu den Nachteilen von OKR gehören beispielsweise:
- Agilität bedeutet, dass sich die Richtung zur Zielerreichung in nur wenigen Monaten ändern kann. Das erfordert eine hohe Flexibilität und macht mittelfristige oder gar langfristige Planungen fast unmöglich. Das heißt, Sie müssen bei der OKR-Methode eine Leidenschaft für Innovationen sowie schnelle Zyklen haben und zudem ein kommunikationsfreudiger Mensch sein.
- Durch die ambitionierten OKR-Ziele entsteht, unserer Erfahrung nach, ein hoher Druck innerhalb der Teams. Aber: Eine Zielerreichung von 70 oder 80 Prozent gilt bereits als ausreichend. Nichtsdestoweniger hängt die Messlatte sprichwörtlich immer sehr hoch.
- Es besteht die Gefahr, dass sich Unternehmen oder einzelne Abteilungen zu viele oder unrealistische Ziele setzen. Das führt zu einer Überforderung der Belegschaft und senkt die Motivation.
- Durch die Fokussierung auf Sprints oder Projektphasen kann es passieren, dass die einzelnen Teams das große Ganze aus dem Blick verlieren. Das führt im schlimmsten Fall zu Insellösungen und separiertem Arbeiten, ohne dass alle Teilbereiche perfekt ineinandergreifen.
- Es kann passieren, dass im OKR-Prozess der Leistungsgedanke zu stark in den Vordergrund rückt. Das kann eine ungesunde Betriebsatmosphäre erzeugen und dazu führen, dass andere wichtige Bereiche wie Innovationskraft und Kreativität aus dem Blick geraten.
Fazit: OKR-Framework als passendes Mindset für agile Unternehmen
Die OKR-Methode bietet Unternehmen ein flexibles Framework, um ambitionierte Ziele zu setzen, klare Ergebnisse zu messen und Agilität in der Arbeitsweise zu fördern. Mit ihrer klaren Struktur von Objectives (Ziele) und Key Results (messbare Ergebnisse) sorgt sie für Fokus, Transparenz und eine stärkere Zusammenarbeit im Team. Besonders wertvoll ist die Fähigkeit, dynamisch auf Veränderungen im Marktumfeld zu reagieren und zugleich die Belegschaft zu motivieren.
Unternehmen profitieren von der Verbindung strategischer Visionen mit operativer Umsetzung und schaffen so Wettbewerbsvorteile. Ob in Start-ups oder etablierten Organisationen: OKR ermöglicht es, starre Strukturen durch agile Prozesse zu ersetzen, Ressourcen gezielt einzusetzen und nachhaltig erfolgreich zu bleiben.
Titelbild: HubSpot