Vesting: Was Gründende beim Einsatz bedenken sollten

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Jan Simon
Jan Simon

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Ein Start-up ins Leben zu rufen, das ist ein bisschen, wie eine Familie zu gründen: Es tun sich oft zwei Personen zusammen, sie tauschen tolle Ideen und Konzepte aus, und eines Tages ist das „Baby” da – das eigene, gemeinsame Unternehmen.

Gründerin unterschreibt Vesting-Vertrag mit Füller

Das Start-up wächst, es gibt viel zu tun, Investoren und Investorinnen wirken mit auf die Ideen der Gründenden und deren Umsetzung ein. Doch nicht immer läuft alles wie geschmiert und manchmal fängt es im Laufe des Prozesses an, zu kriseln, und Spannungen entstehen. Das kann so weit gehen, dass ein Gründer oder eine Gründerin aussteigen will, was das Aus für das Start-up bedeuten kann. Um dieses Risiko zu minimieren, gibt es das sogenannte Vesting.

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Was ist eine Vesting-Klausel?

Der englische Begriff „Vesting” bedeutet übersetzt so viel wie „Anspruch”, „Garantie” und „Leistungsübertragung”. Die Übersetzungen beschreiben den Vorgang des Vesting sehr gut: Mit einem Vertrag wird festgehalten, dass beispielsweise ein Start-up-Gründer bzw. eine Gründerin seine oder ihre Leistung für einen gewissen Zeitraum garantiert.

Wird dies nicht eingehalten, kommt mit dem Vesting eine Art Strafe zum Einsatz: Dem Gründer oder der Gründerin werden die Anteile am Geschäft entzogen.

Im Deutschen spricht man oft von einer „Vesting-Klausel”, da es sich bei den Vereinbarungen um standardisierte Textbestandteile von Verträgen (die „Klauseln”) handelt. Die kommen unter anderen bei Term Sheets und anderen schriftlichen Abmachungen mit Investoren und Investorinnen vor.

Ist Vesting ein Muss für Gründerinnen und Investoren?

Setzen zwei oder mehr Gründer und Gründerinnen ihre Geschäftsidee um, geschieht das meist mit Eifer und voller Leidenschaft. Das Verhältnis zwischen den Gründenden ist oft freundschaftlich und vertrauensvoll. Gründen sie zusammen ein Unternehmen, könnten sie ein Vesting von Beginn an schriftlich festhalten – müssen es aber nicht. Denn an Streit oder gar ein Ende des Start-ups und die Folgen für die Anteile wird selten gedacht. Es geht mehr um das „Doing” als um den „Schriftkram”.

Kommen Investoren bzw. Investorinnen wie Business Angels oder Venture Capital ins Spiel, weicht die „Gründerromantik” oft dem harten Geschäftsleben. Die Investoren und Investorinnen möchten ihr Kapital absichern und vermehren. Und in der Regel investieren sie nicht nur in eine tolle Idee oder in ein innovatives Produkt, sondern in das Start-up-Team.

Das Team muss die Leidenschaft und das Know-how haben, eine Erfolgsgeschichte zu schreiben. Jedes Ausscheiden – besonders im Bereich des Gründerteams – kann das junge Unternehmen ins Wanken bringen.

Um die Gründer bzw. Gründerinnen wie auch einzelne Mitarbeitenden an das Start-up zu binden, wird eine Vesting-Klausel bzw. -Regelung aufgesetzt.

Founder-Vesting, Reverse-Vesting, Accelerated-Vesting: Was ist was?

Das Wort „Vesting” stellt einen Oberbegriff dar, der verschiedene Vesting-Arten zusammenfasst.

Im Start-up-Bereich ist das Founder-Vesting üblich. Das bedeutet, die Gründer und Gründerinnen (auf Englisch „founder”) halten mit Verträgen fest, dass sie sich für eine vereinbarte Zeit an ihr Unternehmen binden. Diese Periode beträgt meist zwei bis fünf Jahre. Kommt es vor dem Ende der festgelegten Periode zu einem Ausscheiden der Gründer und Gründerinnen, treten die schriftlich vereinbarten Regelungen in Kraft und die Geschäftsanteile werden abgegeben.

Bei US-amerikanischen Start-ups ist es üblich, dass die Gründenden sich pro Jahr Geschäftsanteile an ihrem Unternehmen „verdienen”. Da deutsche Start-ups meist in der Rechtsform GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) organisiert sind, lässt sich diese Regelung nur mit viel Aufwand und Kosten realisieren. Deshalb kommt hierzulande meist das Reverse-Vesting – das „umgedrehte” Vesting – zum Einsatz.

Reverse-Vesting bedeutet, dass die Gründer und Gründerinnen am Anfang ihre jeweiligen Geschäftsanteile erhalten. Kommt es jedoch zu einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen, verlieren sie die Anteile an der Gesellschaft beziehungsweise müssen diese wieder abgeben.

Investoren und Investorinnen pochen gerne auf eine Cliff-Periode. Dieses Cliff ist ein Zeitraum, den die Gründer und Gründerinnen überstehen müssen, bis das Vesting – das Verdienen der Geschäftsanteile – beginnt. Zum Beispiel: Es wird eine Klausel festgehalten, dass erst nach einem Jahr (dem Cliff) den Gründenden ein monatlich wachsender Anteil an ihrem Unternehmen gehört.

Eine weitere Klausel kann das Accelerated-Vesting sein. Das tritt ein, wenn einem Start-up schneller als geplant ein Exit – ein lukrativer Verkauf – gelingt. In diesem Fall können die Gesellschafter und Gesellschafterinnen bzw. Gründer und Gründerinnen vor Ablauf der Vesting-Frist ihre gesamten Geschäftsanteile erhalten.

Good Leaver vs. Bad Leaver: Was ist damit gemeint?

Wenn ein Gründer oder eine Gründerin frühzeitig aus dem eigenen Unternehmen ausscheidet, unterscheidet man zwischen Bad und Good Leaver.

Ein Bad Leaver wird aus dem eigenen Start-up geworfen bzw. der Vertrag gekündigt, weil er oder sie etwas signifikant „Schlechtes” (engl. „bad”) begangen hat. Das kann zum Beispiel die Veruntreuung von Geldern sein. Ist ein Gründer bzw. eine Gründerin lange Zeit krank, wird berufsunfähig oder verstirbt sie oder er, handelt es sich um einen Good Leaver.

In beiden Fällen löst man den Vertrag auf und es gilt zu schauen, wie mit den Geschäftsanteilen zu verfahren ist. Bei einem Bad Leaver verhängen Investoren und Investorinnen meist Sanktionen, bei einem Good Leaver wird nach einer fairen Lösung gesucht.

Der Vesting-Fall tritt ein: Und nun?

Was, wann und wie geschieht, das lässt sich nicht pauschal beantworten. Das Team aus Gründern und Gründerinnen muss untereinander und mit den Investoren bzw. Investorinnen genau in den Klauseln festhalten, was bei einem Ausscheiden geschieht. Oft wird ein Stufenplan vereinbart, bei dem jeder Gründer bzw. jede Gründerin monatlich einen Anteil an seinem oder ihrem Unternehmen erhält.

Läuft ein Vesting beispielsweise über eine Periode von zwei Jahren, erhält jeder Gründer und jede Gründerin pro Monat 1/24 seiner bzw. ihrer Geschäftsanteile „gutgeschrieben”. Nach Ablauf der Regelung können diese Anteile nicht mehr weggenommen werden.

Unter Umständen endet dann die gemeinsame „Familie” und das „Baby” wird von anderen Personen groß und stark gemacht.

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Titelbild: Sitthiphong / iStock / Getty Images Plus

Themen: Finanzierung

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