Produkte verbessern und gleichzeitig die Kosten senken. Geht das? Ja, dank der Wertanalyse. Mit diesem systematischen Verfahren steigern Sie den Wert Ihrer Produkte und Prozesse. Darüber hinaus vermeiden oder verringern Sie möglicherweise unnötige Kosten. Wir erklären Ihnen hier, wie genau das geht.
Was ist eine Wertanalyse?
Die Wertanalyse ist ein systematisches Verfahren zur Verbesserung von Prozessen und Produkten. Unterschiedliche Methoden und Tools aus der Produktplanung und -entwicklung sowie dem Marketing und dem Kostenmanagement werden organisiert und kreativ dazu eingesetzt, den Wert der Prozesse oder Produkte zu steigern.
Eine Wertanalyse hat zwei Ausrichtungen: Einerseits sollen beispielsweise die Qualität, die Lebensdauer, die Verkaufskraft oder auch der Nimbus des Produktes oder Services verbessert werden. Andererseits geht es darum, überflüssige Kosten zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Die Analyse stammt ursprünglich aus den USA, genauer gesagt vom Konzern General Electric.
Wertanalyse: Verschiedene Funktionen eines Produkts
Mittels einer Wertanalyse decken Sie Kosten auf, die für den Funktionswert Ihres Produktes von großer oder weniger großer Bedeutung sind. Das Gewicht der verschiedenen Funktionen variiert dabei. Je nach Wichtigkeit für die Kaufenden werden bei der Wertanalyse Haupt- und Nebenfunktionen unterschieden. Zudem gibt es unerwünschte und unnötige Funktionen. Wir schauen uns die verschiedenen Funktionen am Beispiel einer Armbanduhr an.
- Hauptfunktionen sind die für den User beziehungsweise die Userin unverzichtbaren Faktoren, beispielsweise die Anzeige der Zeit bei einer Armbanduhr.
- Nebenfunktionen sind Extras, wie zum Beispiel die Anzeige von Mondphasen oder eine Stoppuhrfunktion. Auch der Schmuckcharakter einer Uhr, wie durch den Besatz mit Edelsteinen oder die Beschriftung mit einem Luxuslabel, können je nach Kundenbedürfnissen wichtige Nebenfunktionen darstellen.
- Unerwünschte Funktionen sind Nachteile für die Kaufenden, wie etwa deutliche Laufgeräusche oder sogar allergieauslösende Inhaltsstoffe einer Armbanduhr.
- Unnötige Funktionen sind solche, die keinen positiven Beitrag zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse leisten und damit auch keinen Beitrag zum Wert des Objekts der Wertanalyse. Denken Sie zum Beispiel an ein auswechselbares Zifferblatt bei einer Armbanduhr. Selbstverständlich definieren sich unnötige Funktionen immer mit Blick auf die Bedürfnisse der Zielgruppe.
In vielen Fällen kann eine Wertanalyse für Ihr Unternehmen ein Gewinn sein. Wenn beispielsweise Veränderungen am Markt sichtbar werden, wie eine Verschiebung der Kundenanforderungen hin zu nachhaltigen Produkten, ist es wichtig für Unternehmen, dafür gute Lösungen zu finden, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Eine Wertanalyse kann auch die Unternehmensorganisation betreffen: Stellen Sie sich vor, die Verwaltungskosten im Unternehmen sind zu hoch. Eine Wertanalyse kann Abhilfe schaffen, indem die Frage nach der Notwendigkeit bestimmter Aufgaben und Stellen beantwortet wird.
Wertanalyse: Ziele des systematischen Verfahrens
Das übergeordnete Ziel einer Wertanalyse liegt in der Wertsteigerung. Dabei kann es sich um den Wert eines Produktes, definiert als Beitrag zur Kundenzufriedenheit, handeln. In einem anderen Schritt kann es außerdem um seine Funktionen gehen, die gemäß ihrer Wichtigkeit für die Kundschaft klassifiziert werden. Eine dritte Richtung der Wertanalyse hat das Ziel, auch Prozesse auf eine Wertsteigerung hin auszurichten.
Warum ist die Wertanalyse wichtig?
Die Wertanalyse ist wichtig, weil sie ein bedeutendes Werkzeug für Unternehmen ist, mit dem Sie Effizienz und Effektivität von Produkten, Produktstrategien, Prozessen oder Dienstleistungen optimieren. Durch die systematische Untersuchung und Bewertung von Funktionen (Funktionsanalyse) und Kosten können so nicht nur Einsparpotenziale identifiziert, sondern auch eine höhere Kundenzufriedenheit erreicht werden.
Wertanalyse: Schritte und Phasen
Die Wertanalyse folgt einem systematischen Arbeitsplan, der die einzelnen Schritte exakt darstellt. So stellen Sie sicher, dass der Input der Mitarbeitenden, der Kundschaft und der Führung kanalisiert und produktiv verarbeitet wird. Nach der Analyse erstellen Sie Vorschläge zum weiteren Vorgehen und setzen diese um.
Wertanalyse: Arbeitsschritte des Prozesses
Der Arbeitsplan einer Wertanalyse schreibt eine Folge von Arbeitsschritten vor, die ein möglichst multidisziplinäres Team erarbeiten sollte. Der Input aus verschiedenen Abteilungen oder sogar Branchen sorgt dafür, dass ein kreativer Prozess in Gang kommt – von der Entwicklung bis zur Produkteinführung. Out-of-the-Box-Denken erleichtert dabei neue, unkonventionelle Lösungsansätze.
Bei Bedarf können Sie den Arbeitsplan bei der Wertanalyse erweitern oder besser an Ihre Schwerpunkte anpassen. Folgende zehn Schritte sind beim Value Engineering, der englische Begriff für Wertanalyse, laut VDI und DIN-Norm in Deutschland aber mindestens nötig:
- Vorbereitung des gesamten Projekts während der Orientierungsphase
- Definition des Projekts
- Planung
- Sammeln umfassender Daten über die Studie
- Funktionsanalyse, Kostenanalyse, Detailziele
- Sammeln und Finden von Lösungsideen
- Bewertung der Lösungsideen
- Entwicklung umfassender Vorschläge
- Präsentation der Vorschläge
- Realisierung
Beachten Sie dabei, dass Sie Ihr Ziel, sprich die Maximierung des Werts Ihres Produkts, Ihrer Dienstleistung oder Ihrer Organisation nicht aus dem Blick verlieren. Schließlich fallen Ihnen bei der Analyse sicherlich viele Stellschrauben in der Produktstrategie auf, die Veränderung bringen können. In jedem Fall sollte allerdings der Wert im Fokus stehen. Sie können die Wertanalyse in regelmäßigen Abständen wiederholen, um den Value kontinuierlich zu steigern.
Konkretes Beispiel einer Wertanalyse
Ein Wertanalyse-Arbeitsplan orientiert sich immer am oben genannten, aus zehn Schritten bestehenden Ablaufplan. Anhand des folgenden Beispiels sehen Sie, wie ein Wertanalyse-Ablauf Schritt für Schritt in der Praxis aussehen kann.
1. Vorbereitung des gesamten Projekts
Sie sind in der ABC-Haushaltsgeräte GmbH verantwortlich für die Produktentwicklung. Seit zehn Jahren produzieren Sie Wasserkocher und möchten die Produktionskosten des aktuellen Bestsellers, des Modells „AquaClear 3000“, überprüfen.
2. Definition des Projekts
Das Hauptziel ist eine Kostensenkung des „AquaClear 3000“ um mindestens zehn Prozent, ohne Kompromisse bei Qualität oder Funktionalität. Sie verkaufen jährlich rund 50.000 Einheiten dieses Modells bei Produktionskosten von 30 Euro pro Stück.
3. Planung
Ein interdisziplinäres Team aus fünf Experten und Expertinnen mit entsprechendem Know-how wird für zwei Monate für dieses Projekt abgestellt. Das Team besteht aus zwei Designern, einer Ingenieurin, einem Marketingspezialist und einer Finanzexpertin. Als Projektleiterin legen Sie Meilensteine und wöchentliche Meetings fest.
4. Sammeln umfassender Daten über die Studie
Ihr Team untersucht die komplette Produktionskette des „AquaClear 3000“: von Materialkosten (15 Euro pro Stück) über Arbeitskosten (zehn Euro pro Stück) bis hin zu Energiekosten (fünf Euro pro Stück). Auch Kundenbewertungen werden einbezogen, um festzustellen, welche Features besonders geschätzt werden.
5. Funktionenanalyse, Kostenanalyse, Detailziele
Die Hauptfunktion, nämlich Wasserkochen in weniger als drei Minuten, darf nicht beeinträchtigt werden. Hier ist die Funktionserfüllung besonders wichtig. Die Nebenfunktionen, beispielsweise Temperaturanzeige und automatische Abschaltung, erachten Sie ebenfalls als kritisch. Sie setzen sich mit Ihrem Team das Ziel, die Materialkosten um zwei und die Arbeitskosten um einen Euro zu reduzieren.
6. Sammeln und Finden von Lösungsideen
Ideen wie der Einsatz von alternativen, kosteneffizienten Materialien oder eine vereinfachte Montage werden in einer kreativen Phase gesammelt. Sie haben die Idee, einen neuen Lieferanten zu finden, der ein ähnliches Qualitätsthermostat zu einem zehn Prozent günstigeren Preis anbietet.
7. Bewertung der Ideen
Nach Analyse der Ideen entscheiden Sie sich von den konkreten Lösungsvorschlägen für einen, der die Materialbeschaffung betrifft. Sie beauftragen einen neuen Thermostat-Lieferanten und automatisieren Teile des Montageprozesses. Der Überlegung nach soll das die Arbeitskosten reduzieren.
8. Entwicklung umfassender Vorschläge
Das Design bleibt weitestgehend erhalten, aber mit dem neuen Thermostat und einem optimierten Montageverfahren wird ein neues Produktionsmodell entwickelt. Das soll zur Wertgestaltung und Wertverbesserung beitragen.
9. Präsentation der Vorschläge
Mit Ihrem Team präsentieren Sie der Geschäftsführung das optimierte Modell. Die erwartete Kosteneinsparung haben Sie berechnet, sie liegt bei jährlich 150.000 Euro bei gleichbleibenden Verkaufszahlen.
10. Realisierung
Nach Zustimmung der Geschäftsleitung wird das neue Produktionsmodell eingeführt. Nach sechs Monaten führen Sie eine erneute Überprüfung durch, um die tatsächliche Kosteneinsparung und das Kundenfeedback zu analysieren.
Wertanalyse: Die wichtigsten Normen und Richtlinien
Um sicherzustellen, dass jeder und jede eine effektive Wertanalyse durchführt, folgt sie bestimmten Normen und Richtlinien. Eine der wichtigsten Normen in diesem Bereich ist die deutsche Norm DIN EN 12973. Sie legt Grundlagen, Begriffe und den Ablauf einer Wertanalyse fest.
Zusätzlich dazu gibt es die Richtlinie VDI 2800, die sich ebenfalls mit der Wertanalyse befasst. Sie liefert detaillierte Methoden und Tools, um die auch Value Analysis, Value Management oder Value Engineering genannte Wertanalyse in verschiedenen Anwendungsbereichen umzusetzen.
Was ist der Unterschied zwischen der Kosten- und Wertanalyse?
In der Praxis werden Kosten- und Wertanalysen oft verwechselt. Beide zielen darauf ab, wirtschaftlicher zu arbeiten. Allerdings unterscheiden sich der Ansatz und die Perspektive. Die Kostenanalyse konzentriert sich primär darauf, die Kosten für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu minimieren.
Die Wertanalyse ist umfassender, sie betrachtet neben den Kosten vor allem ganzheitlich den Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung für die Kunden und Kundinnen.
Fazit: Mittels Wertanalyse zur Wertsteigerung und mehr Nutzen
Die Wertanalyse ist ein Instrument des produktorientierten Kostenmanagements und lässt den Value von Produkten, Produktfaktoren und Prozessen durch passgenaues Produktmanagement wachsen. Ihr Ablauf ist normiert und zielt auf einen erhöhten Wert. Auch der reduzierte Einsatz von Ressourcen steht dabei im Fokus.
Mit der Wertanalyse haben Sie ein systematisches Analyseverfahren zur Hand, mit dem Sie sowohl die Wirtschaftlichkeit von Produkten und Abläufen als auch den Kundennutzen optimieren können. So arbeiten Sie zielorientiert und wertebewusst.
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