Verwenden Sie Schriftarten auf privaten und gewerblichen Medien − insbesondere auf frei zugänglichen Social-Media-Plattformen und Websites − ohne eine entsprechende Lizenz zu besitzen, drohen Abmahnungen durch spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien. Die anwaltlichen Schriftstücke zu ignorieren, kann teuer werden.
In vielen Fällen ist es besser − nach einer präzisen Prüfung auf Rechtmäßigkeit der Forderung − den festgesetzten Betrag zu bezahlen und die Schriftart umgehend zu ersetzen. Vor allem im Marketing ist es noch smarter von Anfang an lediglich selbst erstellte Fonts zu verwenden. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie das geht.
Wie kann ich meine Handschrift digitalisieren?
Wer selbst eine schöne Handschrift besitzt oder schon immer die Handschrift einer anderen Person bewundert hat, kann aus dieser einen eigenen Font erstellen. Kenntnisse in Kalligrafie und Grafikdesign sind von Vorteil für ein einheitliches Erscheinungsbild der einzelnen Groß- und Kleinbuchstaben, jedoch keine Voraussetzung.
Ein Tablet mit einem Zeichenstift bzw. ein an einen Laptop oder Desktop-Computer angeschlossenes Zeichentablet − z. B. von Wacom − erhöhen die Präzision der erstellten Zeichen und die Arbeitsgeschwindigkeit.
So erstellen Sie Ihre eigene Handschrift als Schriftart
Es gibt unterschiedliche Programme, mit denen Sie nach einer kurzen Einarbeitungszeit eigene Schriftarten erstellen können. Zu den bekanntesten Vertretern zählen Birdfont, Calligraphr und FontForge.
Eigene Schriftart erstellen mit Birdfont
Um mit dem kostenlos oder als umfangreichere Bezahlversionen erhältlichen Editor Birdfont eine professionell aussehende Schriftart zu erstellen, ist eine gewisse Praxis im Umgang mit Vektoren von Vorteil. Durch das Setzen von Ankerpunkten und deren Verbindung mit Linien können Sie Schritt für Schritt sämtliche Buchstaben des Alphabets zuzüglich gängiger Satz- und Sonderzeichen gestalten.
Nach einem Export − z. B. als OpenType SVG, OpenType CFF bzw. OFT und Single Stroke CNC-Fonts – können Sie die eigene Schrift installieren sowie auf Webseiten und in Schreib- und Grafikprogrammen verwenden.
Quelle: Screenshot Birdfont
Eigene Schriftart erstellen mit Calligraphr
Der Schrifteditor Calligraphr eignet sich hervorragend für den schnellen Einstieg. Vorlagen in der gewünschten Sprache − z. B. Deutsch oder Englisch − ermöglichen es, sämtliche Buchstaben des Alphabets in digitaler und analoger Form nachzuzeichnen und entsprechend der eigenen Handschrift individuell anzupassen.
Mit Ihrer Computermaus, einem Zeichentablet oder per Hand mit dem Pinsel und einem Stift können Sie Buchstaben und Zeichen entwerfen. Nachdem Sie diese mit dem Smartphone abfotografiert oder gescannt haben, erstellt die Schriftdesign-Software automatisch die eigene Schriftart. Um einen kompletten Font inklusive aller Sonderzeichen zu erhalten, ist eine Lizenzierung der Software nach einem Pro-Bezahlplan notwendig.
Quelle: Screenshot Calligraphr
Eigene Schriftart erstellen mit FrontForge
Das komplexe Schriftdesign-Programm FrontForge gehört zu den Lieblingen von Schriftdesignern. Die für alle gängigen Betriebssysteme erhältliche desktopbasierte Open-Source-Software basiert auf Vektoren und erlaubt den Import von SVG- und EPS-Dateien von Inkscape und Adobe Illustrator.
Praktisch sind die Möglichkeiten, Schriften aus PDFs auszulesen und im Designprozess mit Ebenen zu arbeiten. Eine eigene Prozedur ermöglicht es, vor dem Export eines Fonts in unterschiedlichen Formaten Inkonsistenzen und Fehler ausfindig zu machen.
Quelle: Screenshot Fontforge
Weitere Schriftdesign-Programme sind die kostenlosen Windows 10 App Font Maker von Microsoft sowie die Editoren FontCreator, FontStruct, TTF-Edit und FontLab. Eine Besonderheit für Schriftarten im Retro-Atari-Stil ist das Tool BitFontMaker. Praktisch für alle, die unterwegs arbeiten, ist z. B. die webbasierte, funktionsstarke App Glyphr Studio.
Eigene Schriftart auf einer Website einrichten
Um eine eigene Schriftart auf einer Webseite sowie einem Schreib- und Grafikdesign-Programm verwenden zu können, ist es wichtig, diese vorab zu installieren. Automatische Installationsroutinen sorgen dafür, dass ein Doppelklick auf die gewünschte selbst erstellte Schriftart im SVG-, TTF-, OFT oder CNC-Format sowie ein Klick auf den Button „Installieren” ausreicht, um die Schrift dauerhaft zur Verfügung zu haben.
Um den Font in einem CMS-System zur Individualisierung einer Website verwenden zu können, ist ein FTP-Upload der Datei in den Ordner „Schriftarten” Voraussetzung.
Vorteile einer eigenen Schriftart
Die Vorteile eigener Fonts liegen auf der Hand. Ohne lizenzrechtliche Einschränkungen können Sie Schriften auf allen digitalen und analogen Medien sowie auf Merchandising-Artikeln und Verkaufsprodukten verwenden. Unternehmen mischen frei zugängliche und selbst erstellte Schriftarten, um ein einzigartiges Corporate Design zu realisieren.
Die Schriftart ist ein Alleinstellungsmerkmal, das für ein individuelles Erscheinungsbild sorgt und bei entsprechender Gestaltung einen hohen Wiedererkennungswert bietet. Großer Beliebtheit erfreuen sich Handschriften in markanten Slogans, die das Leitbild einer Marke widerspiegeln.
In Zeiten digitaler Reizüberflutung und der Forderung nach kontinuierlich neuem Content ist Individualität ein wichtiges Kriterium, um sich von der Konkurrenz abzuheben und das eigene Branding zu stärken. Eine Anforderung, mit der sich sowohl Freiberufler und Freiberuflerinnen als auch Unternehmen jeder Größenordnung konfrontiert sehen. Stilbewusste Social-Media-Nutzer und -Nutzerinnen heben sich durch in eigenen Fonts gestaltete Nicknames und Headlines von der breiten Masse ab.
Eigene Schriftart kreieren: Einfach bis aufwendig
Abhängig vom Verwendungszweck und individuellen Anspruch an die Qualität des Fonts, kann es einfach bis aufwendig sein, eine eigene Schriftart zu erstellen. Am schnellsten geht es, die eigene Handschrift zu digitalisieren.
Möchten Sie einen Font für kommerzielle Zwecke verwenden, sollten Sie Faktoren wie aktuelle Schrifttrends, gute Lesbarkeit in jeder Größe und die beabsichtigten Einsatzbereiche berücksichtigen. Kostenlose Open-Source-Software bietet einen sinnvollen Einstieg, um erste Erfahrungen zu sammeln oder bereits vollständige Fonts zu kreieren.
Titelbild: SDI Productions / iStock / Getty Images Plus