Ich liebe minimalistisches Webdesign. Meine besondere Vorliebe für minimalistische Websites hat sich schon vor vielen Jahren entwickelt. Solche Seiten vermitteln aus meiner Sicht etwas unglaublich Elegantes, eine tolle Klarheit sowie Einfachheit. In einer Welt, die oft vom Überfluss dominiert wird, ist das eine schöne Abwechslung. In diesem Artikel erkläre ich Ihnen, was minimalistisches Webdesign ausmacht und zeige Ihnen meine Lieblingsseiten.
Was ist ein minimalistisches Webdesign?
Ein minimalistisches Webdesign ist die Art der Websitegestaltung, bei der der Fokus auf dem Wesentlichen liegt. Webdesignerinnen und -designer nutzen dafür viel Leerraum, einfache Farben und klare Linien, um so wenig wie möglich vom Hauptinhalt abzulenken. Entstanden ist Minimal Webdesign um die Jahrtausendwende als Antwort auf teils stark überladene Websites.
Daher zeichnet sich minimalistisches Webdesign vor allem durch folgende Hauptmerkmale aus:
- Verwendung weniger Elemente
- Nutzung von Weißraum und leeren Flächen (Whitespace)
- Übersichtliche, simple Schriften
- Struktur durch (farbige) Schaltflächen, meist Verwendung von gedecktem Farbschema, viele Websites verwenden weiße, hellgraue oder schwarze Hintergründe
- Vereinfachung von Icons
- Übersichtliche, kurze Texte
Im Umkehrschluss sollten minimalistische Webdesigns daher folgende Elemente nicht beinhalten:
- zu viele Bilder (ansonsten kleine Dateien, um Ladefluss der Website nicht zu unterbrechen)
- unübersichtliche Dropdown-Menüs
- Verwendung einer Sidebar
Fünf Beispiele für minimalistische Websites zur Inspiration
Bestimmt fällt Ihnen, nachdem Sie nun die wichtigsten Merkmale kennengelernt haben, die ein oder andere Website ein, die minimalistisch gestaltet ist. Ich bin ein großer Fan davon, mich immer wieder neu inspirieren zu lassen – von großen Brands, aber auch von kleinen, unscheinbaren Marken.
Deshalb stelle Ihnen nachfolgend fünf meiner Favoriten vor.
Beispiel 1: Ciavolich
Quelle: Screenshot Ciavolich
Die Homepage des italienischen Weinguts Ciavolich ist sehr simpel gehalten. Above the fold, also in dem Bereich, der zu sehen ist, bevor gescrollt wird, wechseln sich einige schöne und bewusst gewählte Bilder von Fässern, Weinbergen und dem rustikalen Firmensitz ab. Die Elemente wie das Logo, ein kleiner Schriftzug und das Hamburger-Menü sind ganz dezent eingesetzt.
Noch schöner und eleganter wird es meiner Meinung nach, wenn Sie nach unten scrollen. Ebenfalls sehr minimalistisch gehalten, gibt es vier Menüpunkte, die auf weißem Hintergrund Platz finden. Persönliche wirkende Handschriften zieren den Website-Hintergrund.
Wer sich für mehr interessiert, gelangt über die vier Unterpunkte auf die Unterseiten. Diese heben in leichtem Grau vom Hintergrund ab. Alles in allem eine sehr schöne und minimalistische Website, die mir auf Anhieb gefallen hat.
Beispiel 2: Postevand
Quelle: Screenshot Postevand
Sie sehen schon, dass ich großflächige Bilder zum Einstieg in eine Website mag. So viel sei verraten: Es folgen allerdings auch noch andere Homepage-Beispiele, bei denen genau das Gegenteil der Fall ist.
Postevand, ein Verpackungshersteller, hat meiner Meinung nach eine sehr minimalistische und moderne Seite entwickelt. Sie macht neugierig, bleibt sehr reduziert und spielt mit viel Leerraum sowie einer einfachen, schwarzen Schriftart auf der Website.
Die Homepage ist ebenfalls ein guter Beweis dafür, dass minimalistisches Webdesign nicht bedeutet, dass es gar keine Animationen geben darf. So werden Sie beim Scrollen bemerken, dass sich eine Wasserverpackung in ihre Einzelteile zerlegen lässt, wenn Besucherinnen und Besucher sich auf der Website weiter nach unten bewegen.
Nach und nach ploppen zudem Informationen auf, die das nachhaltige Verpackungsdesign untermauern. Das Ganze funktioniert auf weißem Hintergrund. Alles in allem eine Website, die Spaß macht, nicht überladen wirkt und den Kern des dänischen Unternehmens unterstreicht.
Beispiel 3: Caleb Raney
Quelle: Caleb Raney
Es sind nicht immer die großen Unternehmen mit Millionenbudgets, die sich kreatives und trotzdem minimalistisches Webdesign leisten können. Gerade Freiberuflerinnen und Freiberufler in kreativen Branchen können das genauso – mit wenig Budget und ohne großen Aufwand. Die Designerin und Entwicklerin Caleb Raney zeigt, wie es geht.
Mir gefällt, wie sie mit den Schriftarten und Weißräumen spielt. Es gibt auf der ganzen Website keine Bilder, bis auf ein Profilbild, ein paar Kundenlogos und die Projekte, die sie vorstellt. Alles ist in Schwarz und Weiß gehalten, die Schriften wecken die Aufmerksamkeit der Besuchenden und machen neugierig, zu scrollen.
Auch die gewählten Animationen sind meiner Meinung sehr subtil eingesetzt und wirken geschmeidig.
Beispiel 4: Metalab
Quelle: Screenshot Metalab
Jetzt wird es sehr minimalistisch. Metalab präsentiert zunächst einige Zahlen, bevor beim Scrollen Kundenreferenzen und einige Beispielarbeiten folgen. Dabei verzichten sie komplett auf verspielte Animationen, wilde Farben oder großflächige Bilder. Das gefällt mir aber besonders gut an diesem Website-Layout.
Die Seite macht mich neugierig, wenn ich sie öffne. In wenigen Sätzen und ohne viel Schnickschnack wird mir erklärt, was die Agentur macht und für wen sie die Interfaces entwickelt. Dabei werden lediglich vier Farben verwendet: blau-violett, schwarz, weiß sowie ein helles beige. Sehr kompakt und klar, direkt auf den Punkt. Für mich sollte minimalistisches Webdesign genau so sein.
Beispiel 5: Apple
Quelle: Screenshot Apple
Ich denke, dieses Unternehmen muss ich Ihnen nicht vorstellen. Ich habe mich schon vor mehr als fünfzehn Jahren in das Design von Apple verliebt. Die Kalifornier spielen auf der Seite mit viel Leerfläche und wechseln hell sowie dunkel dabei ab. Das Produkt steht im Vordergrund.
Obwohl die Seite natürlich mit dutzenden Unterseiten beladen ist, wirkt sie dennoch sehr aufgeräumt und stilsicher, wobei das neueste Produkt im Vordergrund steht. Die zurückhaltenden Farben werden lediglich von denen der Produktdesigns unterbrochen und auch der Tone of Voice ist wiederkehrend. Denn Apple benutzt auf der Landingpage keine Sätze. Worte, mit denen die Produkte beschrieben werden, werden durch Punkte getrennt.
Apple ist meiner Meinung nach ein absoluter Vorreiter, was minimalistisches Design angeht – ob bei ihren Produkten oder konsequenterweise eben auch auf der eigenen Website.
Zehn Tipps zum Erstellen einer minimalistischen Website
Sie werden bestimmt selbst schon einige Muster in den vorgestellten Websites erkannt haben. Es sind immer die gleichen Aspekte, die sich beobachten lassen. Ich habe Ihnen basierend auf meinen Learnings die zehn wichtigsten Tipps für minimalistisches Webdesign zusammengestellt:
- Der Inhalt sollte im Mittelpunkt stehen. Weniger ist in diesem Fall mehr. Entfernen Sie alles, was nicht unmittelbar zur Botschaft oder zum Ziel der Website beiträgt. Heißt: Weg mit verspielten und nicht zielführenden Grafiken, Animationen oder Buttons.
- Halten Sie sich an ein gutes Inhalt-Element-Verhältnis. Diese Strategie verfolgt das Ziel, einen hohen Anteil aussagekräftiger Elemente zu nutzen, die allerdings im Verhältnis zu allen anderen verwendeten Komponenten stehen sollten. Im Zweifel hilft es, Elemente zu reduzieren.
- Ein asymmetrisches Layout kann Interesse wecken und den Fokus auf bestimmte Elemente lenken. Hier ist der Grad aber sehr schmal, eine Seite wirkt auch schnell überladen, wenn es zu verrückt wird.
- Den eingangs bereits erwähnten Weißraum sollten Sie nicht unterschätzen. Dieser sogenannte „negative Raum“ besticht durch seine Ruhe. Füllen Sie ihn nicht, sondern verwenden Sie im Mittelpunkt einen, maximal zwei Slogans und setzen Sie das Hauptprodukt oder die Dienstleistung in den Mittelpunkt. Das macht die Website insgesamt leichter lesbar und übersichtlicher.
- Der Text sollte auch auf einer minimalistischen Website nicht unterschätzt werden. Er tritt aus dem negativen Raum hervor und soll diesen im Bestfall dominieren. Denken Sie in diesem Zuge auch an Schriften auf Websites, die sich durch Ihr gesamtes Design ziehen sollten. Wählen Sie am besten klare, leicht lesbare Schriftarten und verwenden Sie Schriftgrößen und -stile gezielt zur Hervorhebung.
- In einem minimalistischen Webdesign kann ein einziges, aussagekräftiges Bild eine starke Wirkung haben – oft werden auch gar nicht viel mehr als zwei oder drei Bilder verwendet und gebraucht. Wählen Sie Fotos, die die Botschaft Ihrer Website unterstützen und Emotionen wecken. Denken Sie nicht nur an zweidimensionale Bilder. Vielleicht unterstreichen Schattierungen, dreidimensionale Grafiken oder Illusionen Ihren Auftritt.
- Halten Sie sich an eine Hierarchie, insbesondere visuell. Es hat sich erwiesen, dass Leserinnen und Leser eine Website im F-Modus scannen. Sie beginnen links oben in der Ecke und wandern mit den Augen nach rechts. Auf diese Weise könnten Sie die gesamte Website strukturieren. Verwenden Sie Prinzipien, wie Größe, Farbe und Kontrast, um die Elemente auf Ihrer Seite anzuordnen und Besuchende gezielt zu leiten. Gestalten Sie die Website nach dem Motto: Das Wichtigste kommt zuerst.
- Haben Sie schonmal von „weniger ist schneller“ gehört? Laut dem Hickschen Gesetz können Sie die Reaktionszeit eines Websitebesuchenden verkürzen, indem Sie nur die wichtigsten Optionen anbieten. Ein minimalistisches E-Mail-Formular bietet beispielsweise nur zwei Auswahlmöglichkeiten: Anmelden oder das Formular verlassen. Diesen minimalistischen Ansatz können Sie auch auf andere Website-Elemente anwenden, um die Möglichkeiten auf Ihrer Website grundsätzlich zu begrenzen.
- Sie sollten außerdem schauen, Übersichtlichkeit auf Ihrer Website zu bewahren. Das heißt, blenden Sie alles aus, was für die Mehrheit der Benutzer und Benutzerinnen nicht nützlich bzw. relevant ist. Verwenden Sie beispielsweise ein „Off-Canvas-Menü“, um sekundäre Navigationselemente auszublenden. Somit sind diese zwar erreichbar für diejenigen, die sie benötigen, aber außer Sicht für diejenigen, die nicht zu diesen navigieren müssen.
- Wenn Sie Farben einsetzen, dann dezent. Zwar können Sie kräftige Farben verwenden, um Akzente zu setzen, Emotionen zu vermitteln, Sachen hervorzuheben und um für optimialen Kontrast zu sorgen, Sie sollten aber nicht übertreiben. Die Verwendung von kräftigen Farben bieten sich insbesondere an, wenn Ihre Website sonst eher in schwarz und weiß gehalten ist.
Fazit: Warum weniger (manchmal) mehr ist
Kennen Sie noch die Websites Anfang der 2000er-Jahre, die gefühlt alle Farbpaletten vermischten und es nicht genug Buttons, Animationen und Schriftarten geben konnte? Ich bin ehrlich – endlich sind diese Zeiten vorbei. Zwar gibt es auch Webseiten in diesem Stil, die mir zusagen, doch bin ich eher ein Fan von minimalisischen Websites.
Viele der vorgestellten Websites zeigen sehr gut, warum weniger mehr ist. Klar, nicht immer lassen sich alle Informationen in einem minimalistischen Webdesign verpacken. Doch ich bleibe dabei: Lieber klar und prägnant mit Hang zum Minimalismus, als ausschweifend mit 40 Unterseiten und verrückten Animationen. Denn Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung sollte immerzu im Mittelpunkt stehen.
Titelbild: HubSpot