Was ist UX Writing? Definition, Merkmale und Tools

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Janina Jechorek
Janina Jechorek

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Was macht einen guten Webtext aus? Dass Sie beim Lesen über den Inhalt nachdenken, nicht über die äußere Form. Das Stichwort lautet UX Writing: Nutzerfreundliches Texten gehört zu einem der wichtigsten Faktoren für Websites und Apps. Wie Sie Texte schreiben, die eine gute Nutzererfahrung bieten, und warum es mit dem reinen Text nicht getan ist, lesen Sie in diesem Beitrag.

Frau fertigt Wireframes an und betreibt UX Writing am Computer

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Was gehört alles zur UX?

UX bezieht sich auf die gesamte Nutzererfahrung beim Interagieren mit einem Produkt oder einer Dienstleistung. Dazu gehören Aspekte wie Nutzerfreundlichkeit, Zugänglichkeit und ästhetische Gestaltung (UX Design) des Nutzerinterfaces (UI). Immer mit dem Ziel eine möglichst positive und effiziente Nutzererfahrung zu kreieren.

UX Writing vs. UI

User Experience Writing und User Interface werden gerne verwechselt. Die Abkürzungen UX und UI liegen nun mal sehr nah beieinander. Es gibt aber klare Unterschiede. Zwar betrachten beide die Gestaltung einer Benutzeroberfläche, jedoch aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Während UX Writing den Fokus auf die textlichen Elemente einer digitalen Oberfläche legt, um den Usern und Userinnen durch eine verständliche und klare Sprache eine intuitive und angenehme Nutzungserfahrung zu bieten, konzentriert sich UI auf das gesamte visuelle Nutzererlebnis.

Es geht dabei zum Beispiel um das Design von Bedienelementen wie Buttons, Menüs oder Farbschemata, welche in Kombination mit effektivem UX Writing ein harmonisches und benutzerfreundliches Gesamtbild ergeben.

UX Writing vs. Copywriting

Und wie sieht es mit UX Writing vs. Copywriting aus? Hier sind die Unterschiede weniger klar. Beide haben mit der Erstellung von Texten zu tun, unterscheiden sich aber in ihrem Ansatz und ihren Zielen. UX Writing hat das Ziel, Nutzenden bei ihrer Reise (Customer Journey) durch eine App oder Website eine intuitive und positive User Experience zu bieten.

Im Gegensatz dazu zielen Copywriter darauf ab, durch überzeugende und emotionale Sprache Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, Leads zu generieren oder Markenbotschaften zu vermitteln. Hier steht vor allem die Marketingkomponente im Vordergrund, während sich UX Writing vorrangig auf die Nutzerführung bezieht.

Nutzerfreundliche Texte: Warum ist UX Writing wichtig?

Im Grunde ist jedes Wort auf einer Website (oder in einer App) UX Writing im Sinne eines guten Content Designs. Alle UX-Texte, und sind sie noch so kurz, verfolgen das gleiche Ziel: Menschen intuitiv dorthin zu bringen, wo sie hinwollen.

UX Copy ist also nicht gleichzusetzen mit klassischen Marketingtexten – hier passt der Begriff Copywriting besser. Diese sind darauf ausgerichtet, ein Produkt oder eine Dienstleistung im E-Commerce zu bewerben. UX-Texte hingegen begleiten uns vom ersten bis zum letzten Klick auf einer Website. Ihr Zweck ist es nicht primär zu überzeugen, sondern zu helfen – gewissermaßen als Wegweiser.

Hier kommt die Microcopy ins Spiel: Textschnipsel, die die Navigation durch die Seite oder Anwendung natürlich erscheinen lassen (sofern richtig eingesetzt). Ein Beispiel:

Screenshot von Hello Fresh

Quelle: Screenshot Hello Fresh

Theoretisch könnte diese Microcopy (der Call-to-Action) auch lauten: „Klicke hier, um mehr zu erfahren“ oder „Noch mehr dazu lesen“. Das wäre allerdings nicht sinnvoll, denn mit „Mehr erfahren“ ist bereits alles gesagt. Die Leser und Leserinnen werden so durch Websites geführt und wie in diesem Beispiel mit klaren Handlungsaufforderungen angesprochen. Die Psychologie im UX Writing spielt also ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Das ist wichtig, andernfalls funktioniert eine Navigation nicht und User und Userinnen sind mehr damit beschäftigt, sich darüber aufzuregen, als sich mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen, dass digitale Produkte, Dienstleistungen oder Services anbietet.

UX Writing: Guidelines, Tipps und Beispiele

UX Writing will gelernt sein: Denn sich mit vielen Worten auszudrücken, ist zwar leicht – doch die stehen oft nicht zur Verfügung. Besonders knifflig wird es, wenn für die Copy gerade einmal ein paar Worte oder wenige Zeilen verfügbar sind.

Eine durchdachte UX-Writing-Strategie ist also gar nicht so einfach. Damit Sie für längere und kürzere Texte gleichermaßen gerüstet sind, geben wir Ihnen hier sechs Tipps für UX Writing inklusive Beispielen an die Hand.

1. Text und grafische Gestaltung gehören zusammen

Die Form folgt der Funktion“ lässt sich als Leitsatz nicht nur in der Architektur anwenden, sondern genauso beim UX-Texten. Zuerst kommt stets die Frage, was der Text bezwecken soll und erst danach die grafische Aufbereitung.

Sofern möglich, sollte die Textarbeit also immer der erste Arbeitsschritt sein. Allzu feste Layout-Vorgaben lassen wenig Spielraum für den Text, und das kann in Sachen Nutzerfreundlichkeit zum Nachteil werden.

Das soll nicht heißen, dass mit dem „perfekten Text“ schon alles erledigt ist. Im Gegenteil, optische Auflockerung ist gefragt, zum Beispiel durch:

  • genügend Weißraum
  • Infografiken
  • Tabellen
  • Aufzählungen
  • Tools

Achten Sie bei der Gestaltung auch auf die Blickführung, denn auch dabei sind Text und Design keine separaten Einheiten. Der simpelste Text kann kompliziert werden, wenn es an der visuellen Aufbereitung hapert und andersherum. Text, Anordnung, Farbkonzept, Unterbrechungen – all das spielt in UX Writing mit hinein.

Das Beispiel von Zalando zeigt, wie (inklusive eines Pop-ups) Text und Designelemente sinnvoll angeordnet sind und Nutzer und Nutzerinnen sich auf der Seite direkt zurechtfinden.

Screenshot Zalando

Quelle: Screenshot Zalando

2. Verständlichkeit muss Priorität haben

Sobald beim Lesen eine „Ja, aber“-Frage aufkommt, hat der UX-Text ein Verständnisproblem. Diese Faustregel sollten Sie im Hinterkopf behalten, ebenso wie die Tatsache, dass die wenigsten Menschen einen Webtext vollständig lesen. Wie eine Studie der Nielsen Norman Group ergab, werden Inhalte meist gescannt, wobei der Blick einem bestimmten Muster folgt.

Leser und Leserinnen haben vermutlich wenig Zeit und noch weniger Geduld. Sie müssen also dafür sorgen, dass der Text leicht zu scannen ist. Dabei spielt einerseits die optische Gestaltung eine Rolle und andererseits die verwendete Sprache. Leichter zugänglich wird ein Text durch die Anwendung von folgenden Tipps:

  • Aktiv statt Passiv
  • direkte Anrede statt unpersönlichen Formulierungen mit beispielsweise „man“
  • weniger Fachjargon
  • kurze Sätze (10 bis 13 Wörter) anstatt langer Fließtext
  • kurze Absätze
  • korrekt angepasste Keywords in SEO-Texten, zum Beispiel „Doppelbett aus Zirbe“ statt „Doppelbett Zirbe“ oder „Karriere-Website“ statt „Karriere Website“
  • kürzen von doppelten Aussagen
  • weniger Wortwiederholungen
  • Ziffern statt Zahlwörtern („5 Tipps“ statt „Fünf Tipps“)
  • Fetten von wichtigen Begriffen oder Passagen

Selbstverständlich hängt es ganz von der Zielgruppe ab, welcher Stil angebracht ist. Komplexe Formulierungen sind nicht automatisch ein No-Go. Apple hat sich beispielsweise auf eine sehr reduzierte und einfache Sprache im UX Writing verständigt.

Screenshot von Apple

Quelle: Screenshot Apple

3. Tonfall muss zur Zielgruppe passen

Die Zielgruppe entscheidet maßgeblich darüber, wann ein Text nutzerfreundlich ist. Die Kunst beim UX-Texten ist es, exakt die Tonalität und Ausdrucksweise zu finden, die das Publikum erwartet.

Das muss gar nicht zwingend kompliziert sein. Bei der Ticketbuchung der Deutschen Bahn findet sich zum Beispiel folgende Formulierung:

Screenshot von der Deutschen Bahn

Quelle: Screenshot Deutsche Bahn

Ist mein Zug pünktlich?“ ist eine Frage, die sich wohl so ziemlich alle Bahnreisenden schon gestellt haben und in dieser Form automatisch ansprechender als „Pünktlichkeit“.

Grundsätzlich lohnt es sich in solchen Fällen, mit A/B-Tests mehrere Varianten auszuprobieren. So sehen Sie schwarz auf weiß, welche Formulierung besser ankommt.

4. Microcopy darf nicht zu kurz kommen

Je weniger Text, desto schwieriger ist es, den perfekten Ausdruck zu finden. Vielleicht haben Sie diese Erfahrung selbst schon gemacht, etwa bei:

  • Handlungsaufrufen (CTAs)
  • Navigationsbuttons
  • Fehlermeldungen
  • Bestätigungsnachrichten
  • Privatsphäre-Einstellungen

Fehlermeldungen sind eins von vielen Beispielen dafür, dass UX-Texten gar nicht so einfach ist. Sie kennen bestimmt das klassische „Es ist ein unerwarteter Fehler aufgetreten“ oder die berühmte 404-Fehlerseite. Diese Information allein hilft aber niemandem weiter, sondern wirft nur weitere Fragen auf: Was muss ich jetzt tun? Kann ich überhaupt etwas tun? Und welcher Fehler wäre denn erwartet gewesen?

5. UX Copy ist ein Dialog

Nutzerzentrierte Texte ermöglichen es, sich intuitiv durch eine Website (oder App) zu bewegen. Beim Texten ist es allerdings nicht immer leicht, den Handlungsablauf richtig einzuschätzen. An welcher Stelle gerät die Nutzererfahrung ins Stocken? Wo bleibt vielleicht etwas unklar?

Halten Sie sich im Zweifelsfall an das Frage-Antwort-Prinzip. Denn im Grunde ist ein UX-Text wie ein Dialog: Jemand tritt mit bestimmten Fragen, Bedenken und Wünschen an Ihre Inhalte heran und erwartet Antworten. Wenn Sie diese Antworten liefern und Zweifel ins Gegenteil umkehren können, haben Sie alles richtig gemacht.

6. UX-Writing-Tools nutzen

Wie für beinahe alles im Marketing gibt es auch für UX Writing viele Tools, die Ihnen dabei helfen, die genannten Tipps umzusetzen und Fallstricke zu vermeiden. Eine kleine Auswahl an fünf UX Writing Tools:

  • Miro: Collaboration-Tool, mit dem Sie in Echtzeit kreativ und gemeinsam an Content-Strategien, User Flows und Wireframes arbeiten können.
  • Readable: Tool zur Analyse der Lesbarkeit von Texten.
  • Figma: Kollaboratives Design- und Prototyping-Tool, mit dem Sie als UX Writer direkt, direkt mit Designern und Designerinnen zusammenarbeiten und Textänderungen im Kontext des UI Designs vornehmen können.
  • Grammarly: Textprüfungstool, das nicht nur Grammatik und Rechtschreibung prüft, sondern auch Empfehlungen zum Stil und Ton gibt.
  • Hemingway: Schreibtool, das auf klare und direkte Kommunikation abzielt, indem es komplexe Sätze und überflüssige Wörter hervorhebt.

Was macht ein UX Copywriter?

Ein UX Copywriter setzt UX Writing möglichst perfekt um. Er erstellt Texte für Nutzerschnittstellen mit dem Ziel, die User Experience zu optimieren. Ziel ist es, klare, präzise und nutzerzentrierte Texte zu schreiben – damit Anwendende möglichst reibungslos mit Apps oder Websites interagieren können. Dazu gehören zum Beispiel Buttons, Menüs und Fehlermeldungen.

Wie wird man UX Writer?

Die Reise zum Job als UX Writer können Sie auf verschiedenen Wegen einschlagen. In der Branche gibt es viele, die sich UX Writing autodidaktisch beigebracht haben. Dafür nutzen sie spezielle Studiengänge, Weiterbildungen und Kurse, die Fähigkeiten im UX Writing vermitteln. Die Alternative ist es, sich online, in Büchern und über praktische Erfahrungen alle wichtigen Inhalte und Kenntnisse zusammenzusammeln.

Am Ende ist es meist eine Kombination aus beiden Ansätzen. Anders ist es auch gar nicht möglich, UX Writer zu werden. Zumindest in Deutschland gibt es keine anerkannten Ausbildungen oder Studiengänge für UX Writing im Speziellen.

Merkmale von gutem UX Writing

Auf der einen Seite ist UX Writing eine simple Angelegenheit. Genau die richtigen Inhalte an genau der richtigen Stelle liefern. Das bisschen Texten kann doch nicht so schwer sein, oder? Damit sind wir schon auf der anderen Seite, nämlich der Praxis. Wer sich schon einmal am UX-Texten versucht hat, weiß: Wirklich simpel ist daran nichts.

Denn es geht nicht nur darum, einen einigermaßen informativen Text zu schreiben – das ist nur die Basis. Nutzerfreundlichkeit und damit gutes UX Writing verlangt nach:

  • Harmonie von textlichen und grafischen Inhalten
  • fehlerfreier Sprache
  • unmissverständlichem Vokabular
  • einwandfreiem Lesefluss dank unkomplizierten Satzstellungen, korrekter Interpunktion
  • logischem Aufbau
  • sinnvoller Prioritätensetzung – was ist für Nutzer und Nutzerinnen wichtig, was möchte ein Unternehmen nur selbst gerne anbringen?

Wer all diese Faktoren optimal umsetzen will, braucht ein Auge fürs Detail. Vergessen Sie nicht: Was für Sie als Verfassende ganz logisch erscheinen mag, ist für Außenstehende womöglich schwer nachvollziehbar. Wenn möglich, sollte deshalb immer eine zweite Person den Text korrigieren und bei Bedarf auf Unklarheiten hinweisen.

Fazit: UX Writing ist Feinarbeit

Beim UX Writing geht es darum, die Bedürfnisse echter Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen Inhalte möglichst leicht zugänglich zu machen. Unterschätzen Sie diese Aufgabe nicht, denn wie so oft steckt hinter dem vermeintlich simplen Ergebnis doch einiges an Arbeit. Arbeit, die sich auszahlt – denn eine gute Nutzererfahrung hat nun wirklich noch nie geschadet!

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Titelbild: Perawit Boonchu / iStock / Getty Images Plus

Themen: Webdesign

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