Im Konsumgütermarkt werden immer mehr Produkte und Produktvarianten eingeführt und gleichzeitig verkürzen sich die Produktlebenszyklen kontinuierlich. Die Hersteller stehen vor der Herausforderung, in immer kürzeren Zeiten hochwertige und ansprechende Marketingmaterialien für die unterschiedlichsten Kanälen zur Verfügung zu stellen, um die Markteinführung neuer Produkte zu begleiten. Gleichzeitig stehen die Hersteller unter enormem Kostendruck und sind gezwungen, die Kosten stetig zu senken. Wie kann man also in immer kürzerer Zeit immer mehr Marketingmaterial zu geringeren Kosten produzieren?
Durch die Verwendung digitaler Kopien realer Produkte, also 3D-Modellen, ist eine effiziente Generierung von Marketingmaterialien möglich und die produzierten Materialien sind obendrein noch nachhaltig nutzbar.
Aller Anfang ist ein Produktbild
Für jedes Produkt, das jemals verkauft wurde, wurde mindestens ein Produktbild erstellt. Entweder werden die Bilder in einem Fotostudio aufgenommen oder 3D-Modelle am Computer bzw. mit einem 3D-Scanner erstellt und in einem CGI-Programm (Computer Generated Imagery) daraus entsprechende Bilder „herausgerendert“. Der Begriff „rendern“ bezeichnet die Erstellung einer Grafik am Computer basierend auf 3D-Modellen.
Fotostudio
Wenn Produkte zum Zeitpunkt des Fotografierens existieren, werden Fotostudios beauftragt, Produktbilder zu erstellen oder mit geeigneten Systemen 360-Grad-Produktaufnahmen zu generieren, wie wir sie alle aus Online-Shops kennen. Jedes Produkt wird dabei individuell platziert und beleuchtet, um die gewünschte Perspektive und Wirkung zu erzielen. Doch die klassischen Fotostudios stoßen mit den zunehmenden Anforderungen immer öfter an ihre Grenzen.
Manuelles Modellieren
Für noch nicht vorhandene Produkte wird die Erstellung der Prdouktbilder am Computer von CGI-Experten vorgenommen, die speziell dafür ausgebildet wurden. Das Modellieren in CGI-Programmen kann man sich als dreidimensionales Modell eines von einem Architekten oder Konstrukteur gezeichneten Raums vorstellen. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass noch zusätzlich die Oberflächenfarbe und Textur hinzugefügt werden. In einem nachgelagerten Rendering-Arbeitsschritt wird mit speziellen Rendering-Programmen ein Bildabzug aus einem 3D-Modell erstellt.
3D-Scan
Es existieren diverse Scanmethoden sowie Software- und Hardwarelösungen, um aus realen Produkten 3D-Modelle zu erstellen. Diese bestehen aus einer Beschreibung der Geometrie (also der Form des Produktes) und der Farbe bzw. Textur der Produktoberfläche. Im Vergleich zum manuellen Modellieren werden ja nach Produkt bis zu 75 % Zeitersparnis erreicht und somit Kosten drastisch reduziert. Wie beim manuellen Modellieren werden in einem nachgelagerten Rendering-Arbeitsschritt die diversen Bildabzüge aus einem 3D-Modell generiert.
Bild: ZEISS
Multichannel-Marketing ist der Schlüssel zum Erfolg
Angesichts des ständig stärker werdenden weltweiten Wettbewerbs werden die Gewinnmargen für die Hersteller und Händler immer kleiner und sie sind gezwungen, Kosten in allen Bereichen zu reduzieren. Somit sind auch Marketingabteilungen aufgefordert, attraktive Marketingmaterialien mit weniger Kosten zu produzieren.
Mit 3D-Modellen sind Produktionsprozesse von Marketingmaterialien möglich, die unterschiedliche Produktbilder für Online-Shops, Social Media, Verpackungen, Kataloge, Broschüren usw. teils automatisch generieren und somit eigentlich keine Kapazitätsgrenzen wie bei der klassischen Fotografie kennen. Diese Industrialisierung ermöglicht eine wesentlich effizientere Generierung von Marketingmaterialien und ist mit den stetig steigenden Anforderungen der Märkte skalierbar.
Bild: ZEISS
Skalierbarkeit
In der klassischen Produktfotografie wird vor dem Shooting jedes einzelnen Produktes genau definiert, wie viele Bilder, aus welchen Perspektiven und vor welchem Hintergrund sie aufgenommen werden sollen. Diese einmal erzeugten Bilder werden in geläufigen Nachbearbeitungsschritten mit z. B. Photoshop abschließend bearbeitet. Dies ist zeitaufwendig und muss für jedes einzelne der aufgenommenen Bilder durchgeführt werden. Je mehr Bilder benötigt werden, desto mehr Zeit und Kosten sind also dafür einzuplanen.
Bild: ZEISS
Genau an diesem Punkt kann ein 3D-Modell seine Stärken ausspielen. Einmal vorhanden, kann es beliebig oft verwendet werden. Es können unendlich viele Produktansichten manuell oder teils automatisch gerendert werden und diese Bilder müssen nicht einzeln nachgearbeitet werden, da die Bearbeitung nur einmal bei der Erstellung des 3D-Modells stattfindet und dadurch enorm Zeit und Kosten eingespart werden.
Dreidimensionale Kulisse
Wer kennt nicht den IKEA-Katalog, in dem komplett inszenierte Wohnkonzepte zu sehen sind? Diese dreidimensional wirkenden Kulissen bieten ein schönes Kundenerlebnis und werden als wesentlich attraktiver wahrgenommen als reine freigestellte Produkte – was letztlich mehr Kunden zum Kauf animiert. Interessant ist allerdings die Tatsache, dass diese schönen Kulissen mit all den Details nicht mehr fotografiert, sondern sehr akribisch am Computer erstellt werden. Küchen und Zimmer werden mit bereits vorhandenen Möbeln und Accessoires aller Art aus einer riesigen Datenbank digitaler Produkte zusammengestellt. Die so generierten Katalogbilder werden durch die Nutzung von 3D-Modellen merklich schneller und kostengünstiger produziert als bei der manuellen Einrichtung in Fotostudios.
Bild: IKEA
Produktanimationen und Social Media
Wie aus der Automobilwerbung bestens bekannt ist, sind mit 3D-Modellen attraktive Produktvideos möglich. Dazu werden in CGI-Programmen für virtuelle Produkte definierte Rotations- oder Flugbahn bestimmt und daraus ein Video berechnet. Statischen Produkten können in der digitalen Welt kinematische Funktionen integriert werden, so dass sich z. B. ein Dinosaurierspielzeug plötzlich bewegt.
Facebook unterstützt seit Herbst 2018 die Anzeige von 3D-Modellen im Newsfeed. Unternehmen können jetzt die Schlagkraft ihrer Social-Media-Marketingstrategie mit interaktiven 3D-Modellen deutlich steigern und um „Share“-Funktionen ergänzen, die das Teilen von 3D-Food-Modellen über Facebook erleichtern und dadurch enorm Reichweite generieren.
3D Fotorealismus macht den Unterschied
Damit hochqualitatives Marketingmaterial basierend auf 3D-Modellen generiert werden kann, ist die Herausforderung, diese möglichst real aussehen zu lassen. Die objektive Bewertung, ob ein virtuelles Produkt real oder eher künstlich anmutet, hängt mit der Verfügbarkeit von präzisen Oberflächeninformationen ab, welche für eine physikalisch korrekte Darstellung notwendig sind. Hierzu zählen die Textur, Abstrahlcharakteristik, Reflektionseigenschaften, Metall oder Nichtmetall und die Rauheit der Oberfläche. Diese Informationen werden bei der manuellen Modellierung in CG-Programmen in aufwendiger und zeitintensiver Handarbeit dem Original möglichst angeglichen.
Bild: ZEISS
Alternativ können Produkte mit Scannern digitalisiert werden, die bereits während des Scanprozesses nicht nur die geometrische Form erfassen, sondern auch die präzise Oberflächenmaterialität messen. Durch diese Informationen können 3D-Modelle in dreidimensionale Szenen eingesetzt, wie von einem Fotografen professionell beleuchtet und daraus ein hochwertiges Bild oder Video gerendert werden.
Dadurch steht eine Tür zu einem neuen Content-Universum offen, in dem eine Vielzahl an neuen digitalen Formaten und Effekten für den Konsumgütermarkt möglich sind.
Dies ist ein Gastbeitrag von Franz Troppenhagen, Senior Produkt Marketing Manager bei ZEISS.