Was ist E-Procurement? Einfach erklärt

Leitfaden für E-Commerce
David Tischlinger
David Tischlinger

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Die Beschaffung von Waren, wie Rohstoffen, Werkzeugen und Dienstleistungen, gehört in vielen Unternehmen zum Tagesgeschäft. Das System hinter E-Procurement ermöglicht mehr Effizienz und Transparenz im gesamten Beschaffungsprozess und unterstützt stabile, vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen. Wie das E-Procurement im Detail funktioniert, erfahren Sie in diesem Artikel.

Mann telefoniert und nutzt E-Procurement

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E-Procurement vs. E-Commerce: Wo ist der Unterschied?

Der Begriff „elektronische Beschaffung“ umfasst den E-Commerce-Bereich sowie den professionellen Einkauf insbesondere für das B2B-Umfeld und dort tätige Unternehmen. Der Fokus liegt dabei auf den geschäftlichen Beziehungen, die Firmen untereinander knüpfen und weniger auf Warenbestellungen, die einzelne Kunden und Kundinnen tätigen.

Für den Einkauf oder die Beschaffungsvorgänge greifen Unternehmen auf elektronische Marktplätze und Beschaffungssysteme zurück, um den Verkaufsprozess möglichst einfach untereinander abwickeln zu können.

Was sind E-Procurement-Plattformen?

E-Procurement-Plattformen sind digitale Handlungsflächen, die häufig eine Cloud-Infrastruktur für ihren Betrieb nutzen. Diese cloudbasierte Lösung ermöglicht die Kommunikation zwischen Lieferanten, Einkaufenden und Anwendenden. Lieferanten stellen die Sortimente zur Verfügung, während die Kundschaft die Prozesse vorgibt. Funktionen wie Freigabe- und Genehmigungsworkflows sowie Userverwaltung vereinfachen die Abläufe.

E-Procurement: Systeme mit offener, halboffener oder geschlossener Architektur

Oft sind E-Procurement-Systeme eng mit anderen Systemen wie Enterprise Resource Planning (ERP), auch E-Commerce-ERP genannt, der Finanzbuchhaltung, Warenwirtschaft und Logistik verzahnt. E-Procurement-Anbieter- und Anbieterinnen achten neben diesen Verknüpfungsmöglichkeiten auch auf den Schutz ihrer Daten. In der Regel findet der Datenaustausch jedoch geschützt über das Intranet oder per VPN statt.

Dabei lassen sich die E-Procurement-Systeme in drei Arten unterteilen:

  • Geschlossene Systeme: Lieferanten und Abnehmende führen ein gemeinsames System. Diese Architektur bietet einen sehr großen Leistungsumfang. Der Aufwand für die Entwicklung und Einführung von geschlossenen Systemen ist hoch und lohnt sich nur, wenn ein umfangreicher Bedarf an zentralen Produkten langfristig über einen Lieferanten gedeckt werden soll.
  • Halboffene Systeme: Halboffene Systeme sind entweder auf der Kundenseite (Buy-Side) oder auf der Lieferantenseite (Sell-Side) vollständig integriert. Während eine Seite vollständig integriert ist, interagiert die andere Seite über eine offene Browser-Schnittstelle. Häufig werden solche Schnittstellen von den Systembetreibenden zur Verfügung gestellt, damit sich die Partnerunternehmen selbständig anschließen können. Diese Art von System ist ideal für große Anbieter und Anbieterinnen, die mit vielen kleinen Partnerfirmen zusammenarbeiten.
  • Offene Systeme: In offenen E-Procurement-Systemen ist die Interaktion asynchron. Unter diesen Typ fallen Kataloge und Marktplätze. Sie kommen vor allem für seltener und unregelmäßig gebrauchte Waren zum Einsatz.

Die Vielfalt von Angeboten und Lösungen ist auch ein Grund, weshalb Unternehmen die Digitalisierung ihrer Beschaffung zögerlich umsetzen. Bemühungen um internationale Standardisierung sollen zukünftig die Hemmnisse durch unterschiedliche Digitalisierungsansätze senken.

Wo wird E-Procurement eingesetzt?

E-Procurement wird in vielen verschiedenen Branchen eingesetzt. Auf diese Weise wird der professionelle Einkauf einfach und elektronisch abgewickelt. Innerhalb der geschlossenen Systeme nutzen vor allem Automobilzulieferer und -zulieferinnen sowie der Lebensmitteleinzelhandel das System.

Ein Beispiel für Branchen, die von halboffenen Systemen profitieren, ist die Buchbranche: Unternehmen, die die Hintergrundlager der Branche verwalten, kümmern sich um die so genannten Barsortimente im Buchhandel.

Operieren Firmen im offenen System, sind es vor allem Serviceleistungen sowie im Maschinenbau tätige Unternehmen, die sich hier wiederfinden.

Nicht zuletzt zählen auch das Gesundheitswesen und der öffentliche sowie der private Sektor zu Nutzenden des E-Procurement. Für viele kommt in diesem Bereich allerdings auch der elektronische Marktplatz sowie die elektronische Auktion für die Abwicklung infrage.

E-Procurement: Vorteile

Mit E-Procurement nutzen Sie die Vorteile digitaler Lösungen für die Optimierung Ihrer Beschaffungsprozesse. E-Procurement-Systeme ermöglichen mehr Effizienz und Transparenz im gesamten Beschaffungsprozess und unterstützen stabile sowie vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen. Die Vorteile des Systems sind vielschichtig.

Dabei verbindet E-Procurement moderne Kommunikationsmethoden mit klassischen Beschaffungsmaßnahmen. Die elektronische Beschaffung ist ein Teilbereich des E-Commerce und fast ausschließlich im B2B-Bereich relevant.

Durch E-Procurement Kosten senken und Effizienz steigern

Bestellprozesse kosten Sie vor allem Zeit. Durch die Digitalisierung werden sie effizienter und schneller. Die Datenübertragung und -verarbeitung in Echtzeit automatisiert viele Schritte.

Mit einem Purchase-to-Pay-Modell digitalisieren Sie den kompletten Bestellvorgang sowie die Auftragsabwicklung. So können Sie die Kosten senken und Ihre Prozesse beschleunigen.

Höhere Zuverlässigkeit und Transparenz

Ein Warenwirtschaftssystem und eine Ressourcenplanung bieten Ihnen einen Überblick über Ihre Ressourcen und Ihren Verbrauch. Mit E-Procurement lassen sich Verfügbarkeiten und Kosten in Echtzeit vergleichen.

Die Integration eines E-Procurement-Systems in ERP und Warenwirtschaft verhindert Engpässe und sorgt für einen transparenten Überblick über Bestellungen und Kosten. Damit machen Sie Ihr Lieferantenmanagement effizienter.

Bessere Verhandlungsbasis durch höhere Flexibilität im Einkauf

Je nach Ausrichtung kann Ihnen ein E-Procurement-System aktuelle Daten zu verschiedenen Anbietern und Anbieterinnen liefern. Das erleichtert Ihnen den globalen Marktvergleich. Außerdem haben Sie so mehr Auswahl und Flexibilität beim Einkauf.

Ein direkter Angebotsvergleich stärkt auch Ihre Verhandlungsposition. Aufeinander abgestimmte E-Procurement-Systeme können auch den Zusammenschluss von mehreren Kaufenden und die Bildung von Einkaufsgemeinschaften erleichtern.

E-Procurement: Nachteile

Die Chancen, die Ihnen die elektronische Beschaffung ermöglicht, scheinen auf den ersten Blick zu überwiegen. Doch wer noch genauer hinsieht, erkennt auch Schwächen, die Ihr E-Procurement negativ beeinflussen. Dazu zählen nicht nur die offensichtlichen Investitionskosten für die Einführung eines passenden Systems.

Im Folgenden lernen Sie weitere Nachteile kennen.

Unsicherheiten in der Qualität von globalen Lieferanten

Öffnen Sie ihr System für Lieferanten weltweit besteht die Gefahr, dass die Produktqualität unbekannt oder schlechter als erwartet ist. Um einen gewissen Qualitätsstandard zu halten, müssen Sie physische Kontrollen einführen. Dieser Zwischenschritt sorgt für (weitere) Verzögerungen.

Beziehungen zu den Lieferanten sind weniger persönlich

Mit dem Wechsel zum E-Procurement kann die Beziehung, die Sie zu Ihrem Lieferanten pflegen, unpersönlicher werden. Dennoch bietet Ihnen der Wegfall von Routinearbeiten die Möglichkeit, mehr Zeit in die Pflege dieser Beziehungen zu investieren.

Gefahr von Dark Purchasing nimmt zu

Der Einkauf außerhalb Ihrer festgelegten Beschaffungsprozesse, auch Dark Purchasing genannt, kann zu unnötigen Ausgaben sowie zu erhöhten finanziellen Risiken führen.

Achten Sie darauf, dass Sie mit der Einführung einer E-Procurement-Lösung auch durchdachte Systeme implementieren, die solche Einkäufe verhindern.

Bedenken bei der Sicherheit von Daten

Bei der Einführung von E-Procurement sollte die Sicherheit der Daten aller Beteiligten eine Ihrer höchsten Prioritäten sein.

Seien Sie sich aber bewusst, dass die Gewährleistung dieser Sicherheit nicht nur besondere Maßnahmen, sondern auch viel Aufmerksamkeit Ihrerseits benötigt.

E-Procurement-Bestellung: Ablauf im Detail

Die folgenden Schritte zeigen Ihnen, wie der gesamte Prozess von der Angebotsanfrage bis zum Reporting in der Regel abläuft:

1. Schritt: Angebote verwalten

In der Beschaffung sind Sie viel mit dem Einholen und Vergleichen von Angeboten beschäftigt. E-Procurement-Systeme ermöglichen die Automatisierung dieses Schritts.

2. Schritt: Genehmigungsprozess beginnt

Eine Bestellung kann erst getätigt werden, wenn dafür eine erforderliche Genehmigung getätigt wurde. Ihr System leitet die Anfrage automatisch an den zuständigen Mitarbeitenden weiter. Dieser schaut sich die Bestellung an und erteilt dann die Auftragsbestätigung.

3. Schritt: Transaktion wird abgewickelt

Statt umständlicher Datentransfers per E-Mail können Sie die Bestelldaten über das E-Procurement-System an den Server des Lieferanten übermitteln.

4. Schritt: Bestellung wird verfolgt

Über das System lässt sich die Lieferung und deren Fortschritt problemlos verfolgen. Der Wareneingang wird elektronisch bestätigt.

5. Schritt: Zahlung wird abgewickelt

Wenn Sie Ihr elektronisches Beschaffungssystem mit Ihrer Buchhaltungssoftware verknüpfen, kann der Zahlungsprozess ebenfalls automatisiert werden. Rechnungen werden vom Lieferanten teilautomatisiert an den jeweiligen zuständigen Mitarbeitenden versandt. Dafür muss die Rechnung mit einer elektronischen Signatur versehen sein.

6. Schritt: Berichte werden erstellt

Der gesamte Beschaffungsprozess wird vom System dokumentiert. Das erspart Ihnen für die Berichterstellung viel Zeit. Außerdem ergibt die Analyse dieser Daten Aufschluss über die Effizienz der Lieferkette.

E-Procurement-Beispiele aus der Praxis

Wie E-Procurement-Systeme in der Praxis zum Einsatz kommen und dabei helfen, Beschaffungsprozesse zu optimieren, verdeutlichen unter anderem die folgenden zwei Beispiele.

Beispiel 1: Ein mittelständischer Industriebetrieb

Ein Mittelständler mit zwölf Angestellten vermietet Kaffeesysteme in Paketen mit Maschine, Bohne und Service. Er kauft jährlich etwa 20 bis 40 Business-Geräte bei Marktführern. Dafür nutzt der Innendienst via VPN den Zugang zu den Sell-Side-Systemen der Hersteller und Herstellerinnen. Die wichtigsten Lieferanten sind mit eigens entwickelten Schnittstellen direkt in die ERP-Software eingebunden.

Die Bestellung neuer Geräte erfolgt nach manueller Bestandsprüfung. Verbrauchsmaterial und Reinigungszubehör werden automatisch zu vertraglich vereinbarten Konditionen nachbestellt, sobald die Warenwirtschaft niedrige Bestände meldet.

Beispiel 2: Eine regionale Supermarktkette

Ein Lebensmitteleinzelhandel mit regionalem Schwerpunkt und mehr als 100 Filialen führt eine eigene Buy-Side-Einkaufsplattform. Regionale Anbieter und Anbieterinnen bewerben sich um Lieferverträge zu den ausgeschriebenen Bedingungen. Voraussetzung ist, dass die Lieferanten das Beschaffungssystem nach den vorgegebenen Spezifikationen einbinden.

Bei Vertragspartnern erfolgen die Bestellung und Abwicklung vollautomatisch im Purchase-to-Pay-Modell.

Gleichzeitig schließt sich der Einzelhandel für das Basissortiment der Milchprodukte über eine zusätzliche Plattform mit zwei anderen Ketten zusammen. Damit erhöhen sie als Einkaufsgemeinschaft ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Großmolkereien.

E-Procurement-Tools für Lieferanten, Einkäufer und Einkäuferinnen

Oft gibt der Teilnehmende mit der größeren Marktmacht die Perspektive des Systems vor. Je nach Perspektive wird die Software für E-Procurement-Systeme als Buy-Side-System vom Käufer oder als Sell-Side-System vom Lieferanten kontrolliert.

In Lieferantensystemen werden Angebot, Konditionen und Preise definiert. Angeschlossene Käufer können auf diese Angebote zugreifen. Dieser Aufbau ist sinnvoll für einflussreiche Lieferanten mit zahlreichen kleineren Abnehmenden, wie zum Beispiel im Baustoffhandel.

Beschaffersysteme werden als Buy-Side-System vom Käufer entwickelt. Darüber definiert der Abnehmer oder Abnehmerin seinen oder ihren Bedarf, Konditionen und Preise. Angebundene Verkaufende können sich auf die Deckung dieses Bedarfs bewerben. Diese Variante eignet sich für einflussreiche Abnehmende mit zahlreichen kleineren Lieferanten, wie zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel.

E-Procurement: Voraussetzungen, die Sie erfüllen müssen

Die erste Voraussetzung: Die Auswahl eines geeigneten Systems. Dafür müssen Sie genau definieren, welche Ziele es erreichen und mit welchen KPIs es den Erfolg bewerten soll. Daher sollten Sie bei der Zieldefinition die Bedürfnisse aller Stakeholder betrachten. Wenn Sie Ihre Ziele klar definieren und anhand geeigneter Kennzahlen regelmäßige Überprüfungen anstellen, haben Sie die größten Vorteile.

Die Investitionen für die Anschaffung der Software sowie die erfolgreiche Einrichtung und Anpassung können sehr umfangreich sein und bilden die zweite Voraussetzung, die von Ihnen zu berücksichtigen ist. Da jedes Unternehmen individuelle Anforderungen hat, verursacht die reibungslose Einbindung in vorhandene Systeme wie ERP, Warenwirtschaft, Finanzbuchhaltung, Projektmanagement und CRM viel Entwicklungsarbeit.

Eine weitere Voraussetzung, damit E-Procurement reibungslos läuft, ist die Etablierung einheitlicher Datenübertragungsstandards. Mit diesen Standards sorgen Sie für eine effiziente und störungsfreie Kommunikation zwischen den Systemen.

Bei der Anbindung Ihres E-Procurement-Systems an ein ERP-System sollten Sie auch auf den Datenschutz achten. Um Bestellprozesse zusätzlich zu schützen, können Sie das Vier-Augen-Prinzip einsetzen. Denn ein weiteres Augenpaar für die Überprüfung der Transaktionen bietet zusätzliche Sicherheit.

Fazit: E-Procurement-Systeme als effiziente und digitale Lösung für die Beschaffung

E-Procurement-Systeme können die Flexibilität und Transparenz im Einkauf steigern und gleichzeitig die Kosten senken. Die Gestaltung als offenes, halboffenes oder geschlossenes System mit Sell Side-, Buy Side- oder Marktplatzausrichtung hängt von den Zielen und der Lieferantenstruktur der Unternehmen ab. Neben den Anfangsinvestitionen sind die klare Definition von Zielen und KPIs sowie die IT-Sicherheit die wichtigsten Herausforderungen des E-Commerce.

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Titelbild: svetikd / iStock / Getty Images Plus

Themen: E-Commerce

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