Ihre Kunden und Kundinnen haben die Möglichkeit, Zeit und Arbeit in Ihr Produkt zu investieren? Dann setzen Sie den IKEA-Effekt bereits strategisch für die Individualisierung Ihrer Produkte ein. Damit machen Sie Ihrer Zielgruppe ein wichtiges Geschenk – die Lust am Gestalten. Wir erklären Ihnen, was der IKEA-Effekt ist, wie die Psychologie dahinter funktioniert und wie Sie diesen Effekt optimal für Ihr Marketing nutzen können.

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Definition: Was ist der IKEA-Effekt?

Dieser Effekt beschreibt die gesteigerte Wertschätzung für etwas, das ein Mensch teilweise selbst gemacht hat. Der Wert eines Gegenstands oder eines Produkts steigt für Personen, wenn sie ihn durch eigene Leistung fertigstellen können. Besonders prägnant spüren Nutzende diesen Effekt, wenn sie ihre gekauften IKEA-Möbel selbst zusammenbauen.

Der Effekt, der auch in der Verhaltensökonomie bekannt ist, wirkt nicht nur bei den Produkten des namensgebenden schwedischen Möbelhauses. Eine ähnliche Wirkung ist bei der Individualisierung eines Tablets oder Smartphones zu beobachten, denn personalisierte Hüllen zum Schutz des Geräts sowie das Herunterladen und Installieren bevorzugter Applikationen verleihen dem mobilen Endgerät Charakter. Für die Besitzerin steigt dadurch der subjektive Wert des Geräts.

Beim IKEA-Effekt spielt es also keine Rolle, ob es sich um ein selbst montiertes Möbelstück oder ein persönlich angepasstes Massenobjekt handelt: Die Wertschätzung steigt in beiden Fällen. Die Wirkung ist vergleichbar mit dem Kauf eines exklusiven Einzelstücks oder der eigenen Anfertigung. Ein Produkt wird durch die Eigenleistung einzigartig und dadurch wertvoller.

Der IKEA-Effekt: Die Psychologie dahinter erklärt

Warum bezahlen Kunden und Kundinnen für ein ähnliches oder vielleicht sogar minderwertiges Produkt mehr, wenn sie es selbst zusammengebaut oder hergestellt haben? Dahinter steckt das psychologische Prinzip der kognitiven Dissonanz.

Diese Theorie aus der Sozialpsychologie beschreibt einen Gefühlszustand, der als unangenehm empfunden wird und durch die unvereinbaren Kognitionen wie Absichten, Einstellungen und Meinungen eines Menschen entstehen.

Personen passen ihre Überzeugungen unbewusst an, wenn es darum geht, kognitive Konflikte zu überwinden. Dieser Konflikt könnte lauten: Warum sollten Studienteilnehmende selbst eine Kiste zusammenbauen, wenn sie diese auch als fertiges Produkt kaufen könnten?

Die Antwort: Das Produkt wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unbewusst positiver bewertet als standardmäßig. Damit wird die aufwändige Herstellung des Produkts kognitiv kompensiert. Das selbst hergestellte Produkt wurde daher als wertvoller wahrgenommen und damit besser bewertet als ein vergleichbarer, fertig montierter Artikel. Dies sorgt dafür, dass sich die in die Montage investierte Energie, zumindest subjektiv, gelohnt hat.

Gut erforscht: Studien zum IKEA-Effekt

Der Effekt, der den Namen eines bekannten schwedischen Unternehmens trägt, wurde von den US-amerikanischen Forschern Michael Norton, Daniel Mochon und Dan Ariely bereits im Jahr 2012 untersucht. Norton und seine Kollegen führten verschiedene Experimente durch und baten die Testpersonen beispielsweise darum, Figuren aus Legosteinen zu bauen, Kisten zusammenzuschrauben oder Origami zu falten.

Nach Herstellung dieser unterschiedlichen Objekte wurden die Teilnehmenden der Studie gefragt, wie hoch ihre Bereitschaft ist, für diese selbst hergestellten Gegenstände zu bezahlen. Das Ergebnis: Die Bastler und Bastlerinnen waren oft bereit dazu, mehr für die Objekte zu bezahlen, als diese ursprünglich gekostet hätten.

Im Jahr 2016 konnten die Forschenden Marko Sarstedt, Doreen Neubert und Kati Barth in einer deutsch-australischen Zusammenarbeit den IKEA-Effekt erfolgreich replizieren und somit die Studienergebnisse von Norton bestätigen.

Einen vergleichbaren Effekt stellte die deutsche Professorin für Gesundheitspsychologie Theda Radtke im Jahr 2019 fest: Sie beobachtete etwa 900 Eltern-Kinder-Paare und deren Gemüseverzehr. Sie und ihre Kolleginnen fanden heraus, dass sich der Gemüsekonsum von Kindern erhöht, wenn sie bei der Zubereitung von gesunden Mahlzeiten von ihren Eltern eingebunden werden.

Sören Köcher und Keith Wilcox fanden 2021 in US-amerikanisch-deutscher Kooperation heraus, dass die Bewertung eigener Heimwerkerleistungen tiefer geht, als bisher angenommen. Wenn Menschen Gegenstände oder Werkzeuge zusammenbauen, sind sie im Anschluss in der Lage, bessere Leistungen zu erbringen als mit vergleichbaren Produkten, die bereits angefertigt sind. Mit einem selbst zusammengeschraubten Kugelschreiber ließen sich mehr Lösungen in einem Rätsel finden. Bälle wurden mit einem selbst zusammengebauten Golfschläger mit deutlich weniger Schlägen versenkt.

IKEA-Effekt: Beispiel aus dem Marketing

Die Nutzung des IKEA-Effekts für die eigenen Marketingaktivitäten kann einem Drahtseilakt gleichen, sollte die kognitive Dissonanz doch so gering sein, dass sie im Unterbewusstsein Ihrer Zielgruppe bleibt. Kaufende dürfen nicht das Gefühl haben, dass etwas anstrengender als nötig ist. Bereits der kleinste Gedanken in diese Richtung schwächt die Wirkung des IKEA-Effekts oder hebelt ihn ganz aus.

Die folgenden Beispiele zeigen Ihnen, wie der IKEA-Effekt erfolgreich im Neuromarketing eingesetzt werden kann:

mymuesli lässt Kunden und Kundinnen ihr eigenes Müsli mischen

Mithilfe eines Konfigurators können die Besuchenden des Onlineshops ihr eigenes Müsli zusammenstellen. Die Kundinnen und Kunden schneiden das Produkt so selbst auf ihre eigenen Bedürfnisse zu. Zudem wird ihre Lust am Gestalten geweckt, da sie den Inhalt des Produkts selbst bestimmen können.

Individuelles Schmuckstück mit dem BERING-Ring-Konfigurator

Auch hier können die Onlineshop-Besuchenden kreativ werden und einen Ring individuell zusammenstellen. Der Ringkonfigurator bietet drei verschiedene Komponenten, aus denen dann ein ganzes Schmuckstück entsteht. Bevor die Interessenten den Ring in den Warenkorb ablegen, können sie es sich im Vollbildmodus mithilfe eines 360° Videos im Detail anschauen. Auf Wunsch kann die eigene Kreation im Social Web geteilt werden.

Schwabenhaus: Welche Ausbaustufe darf es sein?

Nicht nur einzelne Möbelstücke können heutzutage individualisiert werden. Auch die Baubranche berücksichtigt mittlerweile die individuellen Bedürfnisse der Interessenten.

So bietet die Schwabenhaus GmbH & Co. KG nicht nur unterschiedliche Fertig- oder Massivhäuser an – zukünftige Bauherren und -frauen entscheiden selbst, wie viel Eigenleistung sie erbringen möchten und welche Ausbaustufe das Bauunternehmen bei der Fertigstellung berücksichtigen soll. Darf es ein schlüsselfertiges Haus sein oder sollen Teile der Handwerksarbeiten selbst übernommen werden?

Wie können Sie den IKEA-Effekt für Ihr Marketing nutzen?

Ein Konfigurator ist für Sie und Ihre Produkte keine Option? Dann haben Sie andere Möglichkeiten, um den IKEA-Effekt in Ihr Marketing zu integrieren. Versuchen Sie, Ihre Customer Journey so zu gestalten, dass jeder einzelne Schritt ein bestimmtes Erlebnis für die Nutzenden bereithält.

Statt Ihrer Zielgruppe alle Informationen und Angebote sofort vollumfänglich bereitzustellen, sollten Sie diese dazu motivieren, selbst aktiv zu werden. Einfache interaktive Elemente, die beispielsweise durch einen Klick Zusatzinformationen zugänglich machen, können Ihre Zielgruppe aktivieren und Neugier wecken. Filter oder Fragebögen können weitere Möglichkeiten für Ihre Kunden schaffen, sich beispielsweise das individuell passende Angebot selbst zu erstellen.

Fazit: IKEA-Effekt einsetzen und Kaufende überzeugen

Der IKEA-Effekt ist so einleuchtend wie verlockend. Sie können Ihr Produktsortiment um eine höherpreisige DIY-Variante, deren Fertigstellung das Engagement des Kaufenden benötigt, erweitern. Da die Wertsteigerung erst durch die selbstständige Montage eintritt, ist es wichtig, Ihre Zielgruppe schon beim Kauf von den Vorzügen zu überzeugen.

Sie können dafür auch Vorteile wie beispielsweise umfassende Individualisierungsmöglichkeiten, kürzere Lieferzeiten und klar verständliche Anleitungen mit Erfolgsgarantie bei der Montage nutzen. Entscheidend ist, dass Ihre Kundinnen und Kunden mit vertretbarem Aufwand Energie und Zeit in Ihr Angebot investieren und es so zu ihrem ganz individuellen, einzigartigen Produkt machen können. IKEA macht es vor!

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Titelbild: Oscar Wong / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 25. Januar 2023, aktualisiert am Januar 25 2023

Themen:

Neuromarketing