Warum kaufen wir manche Produkte spontan, während andere uns tagelang grübeln lassen? Was macht eine Marke unwiderstehlich und eine andere fast unsichtbar? Die Antworten liegen tief in unserer Psyche verborgen – und genau hier setzt Marketing-Psychologie an. Wer versteht, wie Menschen denken, fühlen und entscheiden, kann gezielt Taktiken einsetzen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und sie zu überzeugen.
In diesem Artikel zeige ich Ihnen, welche psychologischen Prinzipien das Marketing prägen und wie Sie diese für Ihren Erfolg nutzen können.
Was ist Marketing-Psychologie?
Marketing-Psychologie ist ein Teilbereich der Wirtschaftspsychologie und nutzt Erkenntnisse der allgemeinen Psychologie, um das Konsumentenverhalten zu verstehen. Ziel ist es, zu erkennen, was Menschen zu bestimmten Kaufentscheidungen bewegt, und diese gezielt zu beeinflussen. Dadurch können Unternehmen ihre Angebote optimal an die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen anpassen.
Bei einer Kaufentscheidung spielen psychologische Faktoren eine große Rolle
Ob Psychologie im Influencer-Marketing, Werbepsychologie bei TV-Spots oder bewusst eingesetzte Farben im Online-Marketing: Marketing-Psychologie spielt in jeder Alltagssituation eine Rolle, in der wir mit Werbebotschaften von Unternehmen konfrontiert werden.
Das bedeutet auch: Bei jeder Ihrer und meiner bewussten Kaufentscheidungen greifen diverse psychologische Faktoren wie Motivation, Wahrnehmung und persönliche Einstellungen. Insgesamt treffen wir laut der Universität Potsdam sogar 35.000 (!) Entscheidungen am Tag.
Kaufentscheidungen von Menschen beeinflussen Sie dann besonders erfolgreich, wenn Sie darauf achten, was Ihre Zielgruppe anspricht. Bevor Sie sich also im Detail mit den verschiedenen Marketingtaktiken auseinandersetzen, sollten Sie sich erst einmal mit den Grundlagen der Psychologie beschäftigen:
- Wie denken die Menschen?
- Was bewegt sie zum Handeln?
- Was macht sie neugierig?
Wenn Sie diese Dinge in Ihren Marketingkampagnen berücksichtigen, wird aus guter Werbung schnell geniales Marketing – weil dann die richtigen Zielpersonen Ihre Inhalte konsumieren, sich damit identifizieren, letztendlich in Käuferinnen und Käufer konvertiert werden und tiefe Kundenbeziehungen entstehen.
Erfahren Sie, wie Sie psychologische Prinzipien auf Ihr Marketing anwenden können.
Füllen Sie das Formular aus, um das kostenlose E-Book Einführung in die Marketing-Psychologie herunterzuladen.
- Grundprinzipien Psychologie
- Psychologische Effekte
- Psychologie im Marketing
- Beispiele aus der Praxis
Psychologie und Marketing: 12 wichtige Grundsätze für erfolgreiche Werbung
Ausnahmsweise heißt es jetzt „genug der Praxis, ab zur Theorie“ und nicht umgekehrt: Im Folgenden zeige ich Ihnen, wie Sie die wichtigsten psychologischen Prinzipien im Marketing gezielt nutzen können.
1) Priming oder Bahnung
Kennen Sie das Spiel, bei dem eine Person ein Wort sagen muss und der Nächste antwortet spontan mit einem neuen Begriff?
So in etwa funktioniert Priming. Sie werden einem Reiz ausgesetzt und dieser bestimmt, wie Sie auf einen anderen Reiz reagieren. Als Beispiel nennt Psychology Today einen Test mit zwei Gruppen. Beiden wurde das Wort „gelb“ zum Lesen gegeben. Bei der einen Gruppe folgte das Wort „Himmel“, bei der anderen Gruppe das Wort „Banane“. Da der Mensch eine semantische Verknüpfung zwischen Obst und seiner Farbe herstellt, erkennt die „gelbe Banane“-Gruppe das Wort „Banane“ schneller als die „gelber Himmel“-Gruppe das Wort „Himmel“.
Doch was hat das mit Marketing zu tun? Ziemlich viel! Mit subtilen Priming-Techniken erreichen Sie, dass Website-Besuchende Schlüsselinformationen Ihrer Marke wiedererkennen. Dadurch lässt sich sogar das menschliche Verhalten beim Kauf beeinflussen.
Auch das wurde bereits getestet. In einer Naomi Mandel und Eric J. Johnson durchgeführten Studie haben Forschende das Hintergrund-Design einer Website verändert, um zu sehen, inwiefern es die Entscheidung der Verbrauchenden beeinflusst. Die Teilnehmer wurden gebeten, eine Auswahl aus zwei Produkten einer Kategorie zu treffen – etwa Toyota vs. Lexus.
Laut Psychology Today haben sich Besucherinnen und Besucher mit dem Reiz „Geld“ (der Website-Hintergrund war grün wie Dollar-Noten und mit Münzen versehen) länger mit den Preisinformationen beschäftigt als die Gruppe mit dem Reiz „Sicherheit“. Ganz ähnlich war es bei der Gruppe „Komfort“. Diese Probandinnen und Probanden haben den Informationen zum Komfort mehr Zeit gewidmet als die Gruppe mit dem Reiz „Geld“.
Quelle: Screenshot Journal of Consumer Research
Wenn Sie Priming in Ihren Marketingaktivitäten einsetzen möchten, achten Sie vor allem auf die kleinen Details. Diese können beeinflussen, ob jemand sich für das teuerste Produkt auf Ihrer Website interessiert oder Ihren Onlineshop wieder verlässt, ohne überhaupt etwas zu kaufen.
2) Das Prinzip der Gegenseitigkeit
Kommen wir zum zweiten Prinzip der Marketing-Psychologie, einem meiner Favoriten – das Konzept der Gegenseitigkeit. Dr. Robert Cialdini erklärt dieses in seinem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ wie folgt: Wenn jemand etwas für Sie macht, möchten Sie sich gerne bei dieser Person revanchieren.
Haben Sie schon mal im Restaurant zusammen mit der Rechnung ein Bonbon bekommen? Dann wurde bei Ihnen das Prinzip der Gegenseitigkeit – auch als Reziprozität bekannt – angewendet. Dr. Cialdini beschreibt in dieser Konstellation, die Sie wie ich schon hundertfach erlebt haben, drei Optionen:
- Verzichten Kellnerinnen und Kellner auf die kleine Beigabe, bemisst sich das Trinkgeld einzig und allein am Service.
- Mit einem Bonbon fällt das Trinkgeld 3,3 Prozent höher aus.
- Und mit zwei Bonbons? Dann sind es sogar 20 Prozent mehr.
Auch im Alltag funktioniert diese Masche. Haben Sie schon einmal ein Kompliment erhalten, etwa für Ihr Outfit, und daraufhin erwidert, dass Ihnen der Stil Ihres Gegenübers ebenfalls gefällt? Und sobald Sie ein Geschenk zum Geburtstag von einem Freund erhalten, sind Sie eher dazu geneigt, ihm ebenfalls eines zu seinem Geburtstag zu geben.
Auch in Ihren Marketingaktivitäten können Sie das Prinzip der Gegenseitigkeit geschickt für sich nutzen. Dafür müssen Sie gar nicht viel Geld ausgeben. Liefern Sie kostenfreien Mehrwert, im Content-Marketing sind das etwa Whitepapers oder Webinare. Dadurch schaffen Sie ein Gefühl der Verpflichtung bei Ihrer Zielgruppe – und steigern die Bereitschaft, auf Ihr Angebot einzugehen.
3) Sozialer Beweis oder Social Proof
Haben Sie schon einmal etwas vom Konzept „Social Proof“ gehört? Falls nicht, hier noch einmal eine Auffrischung: Hintergrund beim Konzept des sozialen Beweises ist es, dass Menschen die Meinungen und Handlungen anderer Leute übernehmen oder kopieren, wenn sie diese Personen mögen oder ihnen vertrauen. Bestes Beispiel: Die Hälfte, genauer gesagt 56 Prozent aller Online-Shoppenden, liest laut Bitkom Bewertungen anderer vor der Kaufentscheidung und vertritt diesen.
Eine andere Bezeichnung dafür ist der „Ich auch“-Effekt. Denken Sie mal an die Zeit zurück, als Sie in der Pubertät auf die ersten Schülerpartys gegangen sind. Wollten Sie damals die oder der Erste auf der Tanzfläche sein? Ich nicht – sobald aber jemand den Anfang gemacht hat, war die Tanzfläche schnell voll.
Ihr Blog ist das beste Instrument für dieses Marketingkonzept. Falls Sie es nicht sowieso schon machen, verwenden Sie solche Social-Sharing- und Follow-Buttons, die anzeigen, wie viele Followerinnen und Follower Sie in den sozialen Netzwerken haben oder wie oft Ihre Inhalte geteilt wurden. Bei cleverer Platzierung dieser Informationen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Website-Besuchende Ihre Inhalte teilen, wenn das bereits vorher jemand gemacht hat.
4) Der Lockvogel-Effekt
Dieser Trick wird vor allem bei Preismodellen eingesetzt: Ein Preis wird ganz bewusst nur angezeigt, damit sich die Käuferin oder der Käufer für die teuerste Variante entscheidet. Wie kann das funktionieren?
Inzwischen wurden zahlreiche Studien zu diesem Effekt durchgeführt. Auch die Universität Basel nahm sich dessen an und ließ in einer Online-Umfrage 1.500 Personen zwischen einer großen, teuren und einer kleinen, günstigeren Flasche Olivenöl wählen, die beide voll befüllt waren. Anschließend wurde eine dritte Flasche als „Lockvogel“ hinzugefügt, die entweder der großen oder kleinen Flasche ähnelte, jedoch weniger Öl enthielt. Das Ergebnis zeigte, dass die vollere Flasche im direkten Vergleich bevorzugt wurde, unabhängig von der Anordnung und Größe der Flaschen.
Verrückt, oder? Der Unterschied liegt in der Wahrnehmung: Quantitative Merkmale wie Volumen und Preis lassen sich leicht auf einer inneren Größenskala vergleichen, was Unterschiede klarer macht. Gibt es allerdings qualitative Merkmale, beispielsweise bei der Farbe eines Autos oder dem Muster eines Schals, fehlt eine solche Skala, was den Vergleich erschwert – der Lockvogel-Effekt zeigt dann weniger Wirkung.
Warum Lockvögel unterschiedlich wirken, ist noch unklar. Die Ergebnisse sind nur begrenzt übertragbar, da die Tests online mit vereinfachten Abbildungen durchgeführt wurden. In der Realität spielen zusätzliche Aspekte wie Form, Marke oder Etikett eine Rolle. „Unsere Studien zeigen, wie stark unsere Entscheidungen vom Kontext beeinflusst werden – sie sind selten rein rational“, erklärt der Forschende C. Miguel Brendl.
5) Scarcity-Effekt und Knappheit
Sie haben bestimmt schon einmal auf der Website einer Fluggesellschaft beim Kauf von Flugtickets folgende Meldung gesehen: „Nur noch 3 Plätze zu diesem Preis!“ Genau das ist das Prinzip der Knappheit, auch Scarcity-Effekt genannt.
Dieses psychologische Prinzip lässt sich auf das Modell von Angebot und Nachfrage zurückführen: Je seltener oder knapper ein Angebot, desto wertvoller wird es.
Auch die Angst, etwas zu verpassen, spielt Ihnen hier in die Karten. An der Universität St. Gallen nahm man sich diesem Effekt an und erstellte eine künstliche Hotelbuchungsseite. Dabei betrachtete man nicht nur den Scarcity-Effekt, sondern auch das Nudging – jenes Phänomen, bei dem Menschen durch kleine Hinweise oder Änderungen in ihrer Umgebung sanft zu einer bestimmten Entscheidung gelenkt werden.
In dem Experiment mit 180 Teilnehmenden auf einer fiktiven Hotelbuchungsseite wurde getestet, wie zwei Arten von Scarcity-Nudges wirken:
- Demand-Side-Nudge: Zeigt, dass viele andere Leute das gleiche Zimmer gerade anschauen.
- Supply-Side-Nudge: Betont, dass nur noch wenige Zimmer verfügbar sind.
Das Ergebnis: Wenn ein Supply-Side-Nudge eingesetzt wurde, fühlten sich manche Teilnehmer manipuliert (Reaktanz) und kauften weniger. Beim Demand-Side-Nudge zeigte sich dieser Effekt nicht.
Quelle: Screenshot Babor
Falls Sie den Scarcity-Effekt selbst im Marketing anwenden möchten, hier die aus meiner Sicht wichtigsten Grundregeln:
- Sie sollten die Knappheit immer im Wording so betonen, dass das Produkt oder der Service früher in hoher Zahl verfügbar war.
- Dahinter sollte folgen, dass aufgrund der gestiegenen Nachfrage nur noch wenige Angebote erhältlich sind.
- Bleiben Sie dabei allerdings realistisch, ansonsten wird Ihr Gedanke schnell entlarvt.
6) Anker setzen
Haben Sie sich schon mal gefragt, warum es so schwer ist, den Sale-Angeboten auf Zalando & Co. zu widerstehen?
Das hat häufig etwas mit der Anker-Methode zu tun. Der Mensch trifft seine Entscheidung auf Basis der ersten erfassten Information. Verkauft mein Lieblingsshop zum Beispiel normalerweise Jeans für 50 Euro und ich sehe, dass diese Jeans auf 35 Euro heruntergesetzt ist, empfinde ich das als tolles Angebot und kaufe vermutlich. Meine Freundin jedoch, die normalerweise Jeans für 20 Euro kauft, wird von dem Angebot wenig beeindruckt sein.
Aus meiner Sicht ist der Ankereffekt in der Marketing-Psychologie eines der wichtigsten Mittel, um erfolgreich Werbung zu machen – vor allem, wenn Sales-Angebote eine Rolle spielen. Weisen Sie deutlich auf den früheren Preis des Produkts hin (das ist in diesem Fall der Anker) und zeigen Sie den Sales-Preis direkt daneben. Sie können sogar die Rabatte in Prozent angeben.
Quelle: Screenshot Zalando
7) Das Baader-Meinhof-Phänomen
Haben Sie schon mal von einem völlig neuen Produkt gehört und plötzlich ist es Ihnen überall begegnet? Dann bedanken Sie sich beim Baader-Meinhof-Phänomen. Es kommt zum Zug, sobald Sie etwas zum ersten Mal bemerken und dann andauernd im Alltag damit konfrontiert werden. Danach sehen Sie plötzlich ständig Werbung für dieses Produkt auf TikTok. Im Supermarkt fällt es Ihnen im Gang auf. Und alle Ihre Freunde haben das Produkt natürlich schon.
Die Deutsche Welle erklärt, dass zwei Prozesse für dieses Phänomen verantwortlich sind, das manchmal auch als „Illusion der Häufigkeit“ oder „Frequenzillusion“ bezeichnet wird:
- Selektive Aufmerksamkeit sorgt dafür, dass ein Produkt Ihnen auffällt – ab diesem Zeitpunkt halten Sie unbewusst danach Ausschau. Das Ergebnis? Sie begegnen dieser Sache nun überraschend oft.
- Der zweite Prozess ist der Bestätigungsfehler. Bedeutet: Immer, wenn Sie das Produkt sehen, ist das wie ein Beweis für Sie, dass es plötzlich bekannt wurde.
Ich finde, als Marketerin und Marketer sehen Sie an diesem Phänomen recht gut, weshalb die Pflege von Leads und Kontakten so wichtig ist. Sobald jemand auf Ihre Marke aufmerksam wird (also zum Beispiel auf Ihrer Website herumklickt), müssen Sie darauf aufbauen und dafür sorgen, dass diese Person quasi überall damit konfrontiert wird. Verschicken Sie gezielte E-Mails zur Lead-Pflege und stellen Sie Anzeigen anhand des Nutzungsverhaltens bereit. Kreieren Sie diese zusätzlichen Touchpoints, erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit der Konversion.
8) Der Barnum-Effekt
Der Barnum-Effekt beschreibt die Tendenz von Menschen, allgemeine Aussagen über ihre Persönlichkeit oder Situation als individuell zutreffend zu empfinden, obwohl diese Feststellungen auf viele Menschen zutreffen könnten. Ein typisches Beispiel sind Horoskope oder Persönlichkeitsbeschreibungen wie „Sie sind kreativ, aber manchmal zweifeln Sie an sich selbst.“ Solche Aussagen klingen persönlich, sind aber so formuliert, dass sie universell wirken.
Im Marketing können Sie den Barnum-Effekt nutzen, um Kundinnen und Kunden ein Gefühl von Individualität und persönlicher Ansprache zu vermitteln. Das geht zum Beispiel mithilfe personalisierter Werbung: Claims wie „Dieses Produkt passt perfekt zu Ihrem Lifestyle“ vermitteln den Eindruck, Produkte seien speziell auf sie zugeschnitten. Durch generell allgemeine sowie positive Formulierungen wie „Unsere Kunden sind anspruchsvoll und schätzen Qualität“ fühlt sich die Zielgruppe angesprochen.
Eine Untersuchung der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt zeigt, wie leicht Menschen dazu neigen, vage oder allgemeine Aussagen über ihre Persönlichkeit als zutreffend zu empfinden. In einem Experiment wurden vermeintlich individuelle Persönlichkeitsprofile erstellt, die jedoch in Wahrheit standardisierte Texte waren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hielten die Aussagen dennoch für treffend und schrieben ihnen hohe Genauigkeit zu.
9) Clustering
Im Kurzzeitgedächtnis ist nur für eine begrenzte Menge an Informationen Platz.
Daher clustern (engl. „to cluster“ = bündeln) die meisten Menschen Informationen mit ähnlichem Inhalt. Wenn Sie beispielsweise jemanden darum bitten, sich einen Einkaufszettel mit verschiedenen Produkten zu merken, würde ein Großteil der Befragten die Produkte im Kopf verschiedenen Kategorien zuordnen – so lässt sich nämlich besser merken, was auf der Liste steht.
Achten Sie daher bei der Content-Erstellung auf das Clustering. Im Content-Bereich und SEO ist das Pillar/Cluster-Modell nichts anderes als die sehr konsequente Anwendung dieses Elements der Psychologie.
10) Verlustaversion
Verlustaversion bedeutet eigentlich genau das, was in dem Wort steckt: Jemand besitzt etwas und möchte es auf gar keinen Fall wieder verlieren.
Eine bekannte Studie des Wirtschaftspsychologen Daniel Kahneman teilte Teilnehmende in drei Gruppen ein:
- Die erste Gruppe erhielt eine Tasse,
- die zweite Gruppe erhielt Schokolade und
- die dritte Gruppe erhielt gar nichts.
Alle drei Gruppen wurden dann gebeten, anhand von zwei Möglichkeiten eine Entscheidung zu treffen: Die Teilnehmenden mit einem Gegenstand durften ihre Gegenstände tauschen. Die Teilnehmenden ohne Gegenstand konnten sich eines der beiden Dinge aussuchen.
Das Ergebnis? Nur knapp die Hälfte der Teilnehmenden ohne Gegenstand entschied sich für die Tasse, aber 86 Prozent der Leute, die zu Beginn eine Tasse erhalten hatten, blieben bei ihren Tassen und wollten keine Schokolade.
Welche Moral lehrt uns diese Geschichte? Wer etwas hat, verliert es nicht gern und misst diesem Produkt unter Umständen mehr Wert zu, als es eigentlich hat – das wird auch Endowment-Effekt genannt.
Schwarze Schafe könnten dieses Konzept natürlich ausnutzen – doch um die geht es hier nicht. Die Verlustaversion ist vor allem bei Freemium-Produkten und der Steigerung der Produktakzeptanz wichtig.
Sie können beispielsweise eine kostenpflichtige Funktion Ihres Produktes für einen bestimmten Zeitraum gratis zugänglich machen, wie es viele SaaS-Unternehmen tun. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird die Funktion deaktiviert, es sei denn, die Nutzerin oder der Nutzer nimmt ein Upgrade vor und wird zu zahlender Kundschaft. Obwohl Sie mit diesem psychologischen Bedürfnis vorsichtig umgehen sollten, ist die Verlustaversion eines der wichtigsten Marketingkonzepte.
11) Farbpsychologie
Dieser Zweig der Verkaufspsychologie ist umstritten – unter anderem deshalb, weil die Wahrnehmung von Farben nicht universell gleich funktioniert, sondern durch kulturelle Faktoren beeinflusst wird. Während in China beispielsweise die Farbe Weiß für den Tod steht, ist es in Brasilien Lila. Blau wird oft mit Exklusivität und Ruhe in Verbindung gebracht, Gelb mit Lebensfreude, Rot mit Leidenschaft und Dynamik.
Überlegen Sie sich genau, wen Sie erreichen möchten, und probieren Sie aus, welche Farben für diese Zielgruppe am besten funktionieren.
12) Verwendung von Duft, Licht und Musik
Ähnlich wie Farben, können auch Düfte, bestimmte Lichtinstallationen oder Töne eine gewisse Wirkung auf Kaufende haben. Prof. Marko Sarstedt von der Universität Magdeburg ist Marketingexperte und hat sich in seiner Forschung mit diesen Phänomenen auseinandergesetzt.
In einer Studie mit der Deutschen Bahn wurde untersucht, wie Düfte das Reiseerlebnis beeinflussen. Ein Duft aus Melone und Veilchen wurde in Zügen versprüht, was die Wahrnehmung der Reisenden positiv beeinflusste, obwohl die meisten Teilnehmer den Duft nicht bewusst wahrnahmen.
Düfte können auch Kaufverhalten steuern, indem sie den Aufenthalt in Geschäften verlängern und zu mehr Käufen führen. Beispielsweise führte der Duft von Melone im Supermarkt dazu, dass Kunden 30 Prozent länger blieben und 23 Prozent mehr kauften. Verschiedene Düfte wirken jedoch unterschiedlich je nach Kontext, etwa Zitrone in Modegeschäften. Düfte können auch Erinnerungen und Assoziationen auslösen, die den Konsum anregen.
Und noch eine Erkenntnis: Haben Sie schon einmal einen Supermarkt gesehen, der viele Fenster im Verkaufsbereich hat? Wohl eher selten. Der Grund: Unterschiedliche Lichtverhältnisse können die Produktwahrnehmung beeinträchtigen. Diese Veränderungen könnten das Erkennen von Produkten erschweren, da Farben und Logos bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen nicht gleich wirken.
Was macht ein Marketing-Psychologe bzw. eine Marketing-Psychologin?
Ein Marketing-Psychologe bzw. eine Marketing-Psychologin forscht an den genannten Konzepten beziehungsweise wendet sie in der Praxis an. Arbeitgebende sind in diesem Fall entweder private Unternehmen oder oft auch Forschungseinrichtungen, zum Beispiel Universitäten.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Ihre Zielgruppe denkt, welche ethischen Aspekte in der Marketing-Psychologie wichtig sind und wie Sie im Content- und Social-Media-Marketing positiv punkten können? Dann habe ich einen Tipp für Sie: Werfen Sie einen Blick in unseren kostenlosen Leitfaden „Einführung in die Marketing-Psychologie“ und tauchen Sie noch tiefer ins Thema ein.
Fazit: Marketing-Psychologie im Unternehmen hat einen hohen Stellenwert
Mich hat das Thema auf alle Fälle gepackt, wie Sie sicherlich gemerkt haben. Für Unternehmen ist Marketing-Psychologe ein mächtiges Instrument. Sie sorgt dafür, dass Streuverluste geringer, Budgets effizienter eingesetzt und grundsätzlich die Zielgruppe besser verstanden wird. So ist sie nicht nur bloße Theorie, sondern trägt aus meiner Sicht einen wesentlichen Teil zum Unternehmenserfolg bei. Dabei können psychologische Effekte online sowie offline eingesetzt werden – je nachdem, welches Produkt Sie vertreiben und welche Zielgruppe Sie ansprechen möchten.
Titelbild: HubSpot