Content, Sichtbarkeit und KI: Was sich durch neue Suchsysteme wirklich ändert

Der Beitrag ist Teil des KI-Newsletters KIckstart von HubSpot

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Jenia Chornaya
Jenia Chornaya

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Content, Sichtbarkeit und KI: Was sich durch neue Suchsysteme wirklich ändert
11:38

Person optimiert Content-Strategie fuer KI

📋 Das Wichtigste in Kürze

KI-Suchsysteme verändern fundamental, wie Content funktioniert: Klassisches SEO liefert zwar noch Rankings, aber deutlich weniger direkten Traffic. Stattdessen extrahieren KI-Systeme Inhalte und servieren sie als eigene Antworten – ohne dass Nutzer die ursprüngliche Quelle besuchen.

  • Traffic-Umverteilung: Click-Through-Rates sinken, während Conversion Rates und verweildauer steigen, da nur qualifizierte Nutzer durchkommen
  • Content-Hierarchie neu: Klassischer SEO-Content verliert, während nicht reproduzierbare Inhalte mit über 80% des KI-Traffics profitieren
  • Neue Währung: "Referrability" ersetzt "Findability" – Inhalte müssen zitierfähig und von KI-Systemen weiterempfehlbar sein
  • Strategie-Shift: Erfolgreiche Content-Strategien zielen auf Autoritätsaufbau statt Traffic-Generierung – wer in die "Trainingsdaten der nächsten Generation" will, muss unverwechselbare Perspektiven liefern

⏱️ Lesezeit: 12 Minuten

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Ich habe mich lange auf diese eine Formel verlassen: Schreibe besseren Content, liefere neue Perspektiven, dann kommen die Rankings von allein. In SEO-Gefilden gibt es dafür die schöne Floskel „Great content with unique insights". Aber seit KI-Suche das Spielfeld neu verteilt, stelle ich mir zunehmend die Frage: Reicht das noch? Oder entwerten Zero-Click-Antworten, Bing Copilot und Google SGE genau diesen Anspruch?

Die kurze Antwort: Es kommt darauf an – und zwar mehr, als viele Marketer:innen wahrhaben wollen.

KI und Content-Strategie: Was die Zahlen wirklich offenlegen

Als ich mir den aktuellen Ahrefs-Report „AI Search Traffic by Page Type" angesehen habe, war das für mich weniger eine Überraschung als eine Bestätigung: Wir können uns nicht länger darauf verlassen, dass nur die alten SEO-Erfolgsrezepte wirken. Gleichzeitig zeigt der Report aber auch, dass nicht jedes Content-Format gleichermaßen unter Druck gerät:

  • Glossare und definitorische Seiten verlieren massiv. Alles, was sich in einem Satz beantworten lässt, wird direkt von KI ausgespielt.
  • Listen-Artikel werden zu Snippet-Futter. „Top X"-Formate tauchen zwar häufig in Antworten auf, liefern aber nur dann Traffic, wenn Nutzer:innen wirklich tiefer einsteigen wollen.
  • How-tos performen gemischt. Reine Übersichtsartikel verlieren, während detaillierte Schritt-für-Schritt-Guides von KI öfter referenziert werden.
  • Deep Dives und Thought Leadership schneiden erstaunlich gut ab. Je komplexer, datenreicher und meinungsstärker der Content, desto öfter wird er von KI-Modellen referenziert oder zumindest verlinkt.

    Statistik von Ahrefs, welche Bereiche in KI-Suchen im Vergleich zu organischen Suchen abgeschnitten haben

Quelle: Ahrefs

Das Paradox: Ihr Content kann perfekt optimiert, hoch gerankt und trotzdem unsichtbar sein. Sichtbar nicht mehr für Suchende, sondern nur noch für die Sprachmodelle, die sich daran bedienen.

Wir haben diese Entwicklung natürlich auch in den eigenen Reihen beobachtet. Und ehrlich gesagt: Sie war ein Schock mit Ansage. Jahrelang haben klassische SEO-Formate zuverlässig Traffic geliefert. Doch mit dem Rollout von KI-Suchen und der Search Generative Experience brachen genau diese Inhalte als erste ein. Besonders betroffen: Formate, die rein auf Keywords, FAQs oder oberflächliche Listicles setzen.

Doch es gibt auch gute Nachrichten – zumindest für diejenigen, die echten Mehrwert liefern. Denn laut einer Analyse von Ahrefs performt wirklich hilfreicher und informativer Content in KI-Suchen deutliche besser, als in der organischen Suche.

Für mich ist das keine schlechte Nachricht. Im Gegenteil: Wer weiterhin nur das Minimum liefert, produziert in erster Linie Material für Maschinen, nicht für Menschen. Belohnt werden die, die sich Mühe geben – und ihren Leser:innen mehr liefern als den generischen Einheitsbrei, den KI in fünf Minuten auswirft.

Die Traffic-Umverteilung: Warum klassisches SEO weniger ROI bringt

Was wir derzeit beobachten, ist keine Evolution von SEO – es ist eine grundlegende Neuverteilung des Traffics. KI-Suchsysteme greifen durchaus auf etablierte SEO-Signale zurück, aber sie monetarisieren sie anders. Ihre gut rankende Seite wird zur Datenquelle, nicht zum Ziel.

Viele Analysen zeigen:

  • Click-Through-Rates sinken
  • Verweildauer steigt paradoxerweise – wer klickt, bleibt länger, weil oberflächliche Suchanfragen bereits beantwortet wurden
  • Conversion Rates verbessern sich, da nur noch qualifizierte Nutzer durchkommen

Das bedeutet: Klassisches SEO funktioniert noch, liefert aber weniger direkten ROI. Stattdessen wird es zur Grundvoraussetzung für KI-Visibility. Wer nicht rankt, wird nicht zitiert. Wer rankt, aber nur Standardinhalte liefert, wird zwar zitiert – aber ohne Attribution oder Traffic.

Der Thought Leadership Imperativ: Warum Meinung die neue Währung ist

Hier kommt ein Faktor ins Spiel: KI-Systeme bevorzugen Quellen, die nicht nur Informationen liefern, sondern diese einordnen, bewerten und in einen größeren Kontext stellen. Sie bevorzugen Quellen, die sich nicht nur wie Experten anhören, sondern welche sind.

Thought Leadership wird zur neuen SEO-Währung, weil:

  • Sprachmodelle können Fakten reproduzieren, aber keine originären Perspektiven entwickeln
  • Nutzer:innen fragen zunehmend nach Einordnungen: „Was bedeutet das für...?" statt „Was ist...?"
  • KI-Antworten werden glaubwürdiger, wenn sie auf erkennbare Expertenmeinungen verweisen können

Die Konsequenz: Content ohne klaren Standpunkt, ohne Daten-basierte Argumentation und ohne erkennbare Expertise wird zur Commodity. Er dient als Trainingsmaterial für KI, generiert aber keinen nachhaltigen Wert für den Ersteller.

Was wie ein Widerspruch klingt – dass klassisches SEO gleichzeitig notwendig und ineffektiv sein kann – ist Teil des Wandels: SEO ist nicht tot, sondern hat seine Rolle verändert. Es ist keine Erfolgsformel mehr, sondern die Eintrittskarte in den KI-Content-Kosmos.

Unsere Antwort: Operation Everest

Unsere Reaktion auf den Einbruch der Traffic-Zahlen und Rankings war kein weiteres „SEO-Update" (auch wenn es verführerisch war). Stattdessen haben wir, wie hier beschrieben, unsere Inhalte komplett neu bewertet.

Der erste – und vielleicht härteste – Schritt war das systematische Ausmisten. Wir wollten uns mit weniger Ballast auf den Weg nach oben machen. Also haben wir tausende Blogbeiträge geprüft und uns von rund 60 Prozent unserer Inhalte getrennt. Ein radikaler Schnitt, der sich bereits auszahlt: Die verbleibenden Inhalte performen messbar besser, und Nutzer:innen finden deutlich schneller, was sie suchen. Wie wollten nicht nur Google ein Signal geben, dass wir uns eher fokussieren, sondern auch für die KI-Suche gewappnet sein.

operation-everest-anleitung

Im nächsten Schritt haben wir unseren Fokus verschoben:

  • Wir haben unsere Inhalte mit Daten, Studien und Expert:innenmeinungen gezielt aufgewertet.
  • Wir optimieren datengetrieben, setzen auf Monitoring mit Looker, qualitative KPIs und Multi-Touch-Attribution.
  • Wir teilen unser Wissen regelmäßig zwischen den Teams und verbessern dadurch unsere Strategien.
  • Wir erschließen neue Kanäle und setzen verstärkt auf YouTube und KI-Tools wie den AI Search Grader.

Der entscheidende Unterschied: Wir haben angefangen, für Suchmaschinen zu schreiben, und gleichzeitig, für KI-Systeme zu optimieren, ohne die menschlichen Leser:innen aus den Augen zu verlieren. Das bedeutet: Jeder Inhalt muss so strukturiert sein, dass er sowohl von Menschen verstanden als auch von Algorithmen korrekt interpretiert und weiterempfohlen werden kann.

Die Zukunft gehört den Kuratoren, nicht den Produzenten

Apropos AI Search: Wir stehen hier gerade erst am Anfang. Google SGE, Bing Copilot, Perplexity sind nichts weiter als Prototypen für eine neue Art, wie Wissen verteilt wird. Und ja, die Auswirkungen sind jetzt schon deutlich spürbar: Weniger Klicks auf klassische Treffer, mehr Zero-Click-Antworten, Attribution irgendwo zwischen experimentell und nicht nachvollziehbar. Aber genau das macht es spannend.

Meine These: Erfolgreiche Content-Strategien sind in den nächsten Monaten nicht mehr darauf ausgelegt, Traffic zu generieren, sondern Autorität aufzubauen und in KI-Systemen zitiert und erwähnt zu werden. Wer es schafft, zur Go-to-Quelle für KI-Systeme in seiner Nische zu werden, gewinnt langfristig – auch wenn der direkte Traffic-ROI kurzfristig sinkt.

„Great content with unique insights" – neu definiert

Unsere CEO Yamini Rangan betont immer wieder: In Zeiten von KI ist die neue Währung Mentions, also Erwähnungen. Und wie bekommt man diese? Genau: Great content.

Diese alte SEO-Weisheit stimmt also noch, sie meint nur nicht mehr genau dasselbe wie vorher „Great content" heißt nicht mehr nur „gut lesbar und SEO-konform", sondern „unverwechselbar", „perspektivisch" und im Kontext der KI-Suche vor allem eines: „zitierfähig".

Die Frage ist: Wie schreibe ich, damit KI meinen Content versteht, verarbeitet und weiterempfiehlt? Sicher nicht mit dem alten Rezept. Wer immer noch glaubt, dass „einfach guter Content" reicht, ignoriert die Realität. KI-Suche liest anders. Sie zerlegt Inhalte in semantische Einheiten, bewertet Zusammenhänge und bevorzugt präzise, strukturierte Informationen. Ohne Daten, klare Bezüge und maschinenlesbare Formate landet Content bestenfalls in der zweiten Reihe – egal wie gut er geschrieben ist.

Dafür gibt es auch zwei schlaue englische Ausdrücke, „Findability" (dt. Auffindbarkeit) und „Referrability" (dt. Zitierfähigkeit). Der Unterschied ist:

  • Findability beschreibt die klassische SEO-Schule: Inhalte müssen auffindbar sein. Keywords, Backlinks und saubere Onpage-Optimierung sorgten dafür, dass Suchmaschinen Ihren Content überhaupt listen. KI-Suchen greifen auch auf diese Faktoren zu, nutzen sie aber anders und gehen einen Schritt weiter
  • Referrability, auch ein altes SEO-Konzept, bekommt im KI-Zeitalter aber eine neue Bedeutung: Inhalte müssen so aufgebaut sein, dass Sprachmodelle sie verstehen, einordnen und aktiv in Antworten empfehlen. Egal ob in Chatbots, Sprachassistenten oder kuratierten Feeds.

Was funktioniert: Inhalte mit klarer Suchintention. Wenn Nutzer:innen „Wie funktioniert…?" oder „Was ist…?" fragen, belohnen KI-Systeme Quellen, die in kurzen, klaren Abschnitten Antworten liefern – inklusive Zahlen, markierter Entitäten und zitierbarer Sätze. Deep Dives mit Daten, Studien oder exklusiven Perspektiven werden ebenfalls bevorzugt, weil sie „unique insights" liefern, die kein generischer Content ersetzen kann.

Was nicht funktioniert: Vage Ratgeber ohne Datenbasis, irrelevantes Keyword-Stuffing oder zu lange, verschachtelte Texte. KI ignoriert Content, der keine klaren semantischen Anker bietet, weil er sich nicht eindeutig in den Antwortfluss integrieren lässt.

Begriffe wie „Great Content", „Findability" oder „Refferability" bedeuten also im Zeitalter von KI nicht mehr dasselbe wie früher.

Persönliches Fazit: Content im Zeitalter von AI Search

Ich sage es so deutlich, wie es gesagt werden muss: Mittelmäßiger Content bietet nur bedingt einen Wert. Das mussten auch wir bei HubSpot lernen. Die Wahrheit ist, dass klassisches SEO zwar nicht verschwinden wird, aber es wird zum Hygienefaktor degradiert. Standard-Optimierung und oberflächlicher Content werden langfristig keinen Erfolg mehr bieten.

Meine Handlungsempfehlung: Radikal ausmisten, Daten statt Fülltext liefern und Inhalte so bauen, dass eine KI sie referenzieren kann. Auch wenn KI-Systeme nur einen Bruchteil ausmachen, sollte man seine Content-Strategie nicht unangetastet lassen und sich auf die Zukunft vorbereiten. SEO und AEO gehen teils Hand in Hand.

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Themen: SEO

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