Das limbische System im menschlichen Gehirn ist das Zentrum aller Emotionen und als solches maßgeblich an jeglichen Entscheidungsprozessen beteiligt. Die Limbic Map beschreibt diesen Emotionsraum und lässt Rückschlüsse auf das Kaufverhalten zu. In diesem Artikel erfahren Sie, auf welcher Systematik die Limbic Map aufgebaut ist und wie Sie das Modell im Marketing anwenden können.
Was sagt die Limbic Map aus?
Die Limbic Map stellt alle menschlichen Werte, Motive und Wünsche in einer Art Koordinatensystem dar und setzt sie zueinander in Relation. Alle Menschen bewegen sich innerhalb dieses Systems, die einzelnen Werte sind aber für jeden Menschen unterschiedlich bedeutend.
Die individuelle Kombination relevanter Werte und Emotionen sind für das Konsum- und Kaufverhalten entscheidend, ebenso für Markenpräferenzen. Die Limbic Map liefert so wichtige Erkenntnisse für das Marketing von Produkten oder Marken.
Die Verortung der einzelnen Werte innerhalb der Limbic Map ist dabei kaum von kulturellen Unterschieden geprägt – die Limbic Map gilt also nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationaler Ebene.
Einführung in die Marketing-Psychologie
Erzählen Sie uns etwas von sich, um in wenigen Klicks auf den Leitfaden zuzugreifen:
- Grundprinzipien Psychologie
- Psychologische Effekte
- Psychologie im Marketing
- Beispiele aus der Praxis
Die Limbic Map nach Hans-Georg Häusel
Bis in die 1990er-Jahre war es vorherrschende wissenschaftliche Meinung, dass Entscheidungen überwiegend rational getroffen werden – Stichwort Homo oeconomicus. Doch dieses Bild hat sich gewandelt, ein Umdenken hat eingesetzt. Heute wird die Bedeutung von Emotionen und Werten in Entscheidungsprozessen immer mehr deutlich.
Der Diplom-Psychologe Dr. Hans-Georg Häusel, Gründer der Marketingberatungsagentur Gruppe Nymphenburg, hat in der Limbic Map Erkenntnisse aus der Evolutionsbiologie, der Hirnforschung und der Psychologie mit Daten aus der empirischen Konsumforschung verknüpft.
In der Limbic Map stellt Häusel drei grundlegende Emotions- und Motivsysteme zueinander in Beziehung: Dominanz, Balance und Stimulanz.
Dominanz beschreibt das Streben nach Unabhängigkeit, Macht, Durchsetzung, Konkurrenzverdrängung und Status. Unter Balance wird der Wunsch nach Sicherheit und Bindung, Geborgenheit und Risikominimierung zusammengefasst. Das Bedürfnis nach Abenteuer und Abwechslung und das Erlernen und Entdecken von Neuem werden mit Stimulanz überschrieben.
Zwischen diesen Systemen gibt es Überschneidungen:
- Disziplin/ Kontrolle als Schnittmenge von Balance und Dominanz
- Abenteuer/ Thrill als Schnittmenge von Dominanz und Stimulanz
- Fantasie/ Genuss als Schnittmenge von Stimulanz und Balance
Innerhalb dieses Koordinatensystems verortet die Limbic Map die menschlichen Motive, Werte und Emotionen, die zum Teil wiederum in sogenannten Submodulen zusammengefasst sind:
- Fürsorge
- Bindung
- Jagd/ Beute
- Appetit/ Ekel
- Spiel
- Weibliche Sexualität
- Männliche Sexualität
- Raufen
Was sind die Limbic Types?
Die in der Limbic Map dargestellten Motiv- und Emotionsdimensionen sind bei allen Menschen vorhanden, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Häusel und die Gruppe Nymphenburg haben in ihren Analysen die komplexen emotionalen Persönlichkeitsstrukturen verdichtet und sieben Gruppen abgeleitet: die Limbic Types.
Diese Limbic-Map-Typen teilen die Gesamtbevölkerung in Traditionalisten, Harmoniser, Offene, Hedonisten, Abenteurer, Performer und Disziplinierte auf, abhängig von der Relevanz der Hauptemotionsfelder:
- Traditionalisten (Balance): eher konservativ, vorsichtig bis pessimistisch, Wunsch nach Sicherheit und Ordnung, vermeiden Risiken und Neues, loyale Kundinnen mit Fokus auf hohe Produktqualität
- Harmoniser (Balance): optimistisch, hoher Stellenwert für Familie, Zuhause und soziale Harmonie, wenig Streben nach Status
- Offene (Stimulanz und Balance): optimistisch, lebensbejahend, offen für Neues, kontaktfreudig, auf sanften Genuss und Wohlfühlen bedacht
- Hedonisten (Stimulanz): Trendsetter mit hohem Grad an Individualität und Spontanität, Impulskäuferinnen, stets auf der Suche nach Neuem
- Abenteurerinnen (Dominanz und Stimulanz): risikobereit, erlebnisorientiert, kämpferisch, statusorientiert, wenig loyale Kundinnen und Kunden mit breitem Interesse an Produkten
- Performerinnen (Dominanz): zielstrebig, kompetitiv, leistungsbereit, ehrgeizig, Affinität für Statusprodukte und Technik
- Disziplinierte (Dominanz und Balance): misstrauisch, selbstkontrolliert, strukturiert, auf Rituale bedacht, vergleichen Preise und kaufen nur Nötiges
Anwendung der Limbic Map: Limbic Map für Zielgruppen mit Beispielen
In regelmäßigen Studien wird die Verteilung der Gesamtbevölkerung auf die einzelnen Limbic Types erhoben. Dabei fließen auch Fragen zur Mediennutzung und zum Kauf- und Entscheidungsverhalten mit ein. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich nützliche Rückschlüsse für das Marketing ziehen, insbesondere für die Analyse des Kaufverhaltens, die Markenpositionierung und die zielgruppengerechte Kommunikation.
Anders als bei einer Zielgruppeneinteilung nach rein demografischen Faktoren bieten die emotionsbasierten Modelle der Limbic Map und der Limbic Types konkrete Motive, die für die Ansprache genutzt werden können.
Dies sind zwei besonders anschauliche Limbic-Map-Beispiele aus der Werbepsychologie:
Beispiel 1: Haustüren
Eine Haustür erfüllt mehrere Funktionen: Sie öffnet sich hin zum Wohnbereich, empfängt Gäste, präsentiert sich der Außenwelt und verhindert, dass Ungebetene hereinkommen. Je nach Zielgruppe könnten Herstellende unterschiedlich kommunizieren:
- Zielgruppe Traditionalisten: „Unsere Haustüren sorgen für Sicherheit. Dank hoher Qualität in Material und Verarbeitung bieten sie ein Höchstmaß an Einbruchschutz.“
- Zielgruppe Performer: „Ihre Haustür ist Ihr Aushängeschild. Wir gestalten Ihre Tür individuell nach Ihren Wünschen. Dabei verbauen wir modernste Technik, die in ihrer Qualität weltweit unerreicht ist.“
Auch für die Positionierung einer Marke ist es entscheidend, ihr ein emotionales Nutzenversprechen beizuordnen, ihr eine gefühlte Heimat zu geben.
Beispiel 2: Sponsoring Audi / FC Bayern München
„Vorsprung durch Technik“ – seit vielen Jahren wirbt Audi mit diesem Markenslogan. Dieser Claim soll insbesondere den Limbic Type der Performer ansprechen. Dominanz ist also das ausschlaggebende Emotionssystem für die Marke Audi mit dem Streben nach Status, Durchsetzung und Leistung.
Daher ist es eine nahezu logische Konsequenz, dass Audi seit 2022 Deutschlands erfolgreichsten Fußballverein FC Bayern sponsert. Audi schreibt dazu selbst auf der Unternehmenswebsite: „Die Triebfeder dieser erfolgreichen Zusammenarbeit ist der unbedingte Siegeswille, das Ziel der Beste seiner Klasse zu sein – Ansprüche, die beide Marken gemeinsam haben.“
Limbic Map: Assoziierte Farben
Auch in der Anwendung von Farben lassen sich die Erkenntnisse des Modells der Limbic Map nutzen. Nach Erkenntnissen der Hirnforschung sendet jede Farbe auch eine emotionale Botschaft. So lassen sich Farben wie folgt in die Koordinaten der Limbic Map einteilen:
Disziplin/ Kontrolle
- Blau: Sympathie, Harmonie, Zuverlässigkeit, Kühle, Genauigkeit, Pünktlichkeit, Ruhe, Sauberkeit
- Grau: Kälte, Ecken, Pünktlichkeit, Trauer, Einsamkeit, Funktionalität
- Weiß: Licht, Glaube, Anfang, Neuheit, Sauberkeit, Genauigkeit
Balance
- Grün: Natürlichkeit, Frühling, Hoffnung, Frische, Gesundheit, Natur
- Braun: Gemütlichkeit, Geborgenheit, Bequemlichkeit, Natur
Offenheit/ Genuss
- Rosa: Zärtlichkeit, anschmiegsam, weich, Milde, Süße, lieblich
- Magenta: Spiritualität, Harmonie
Stimulanz
- Orange: Süße, Aroma, Erfrischung, billig, laut, lustig, Vergnügen, Aktivität, Geselligkeit
- Gelb: Optimismus, Lebensfreude, Verbindung mit Gold, Unsicherheit
Abenteuer/ Thrill
- Violett: Macht, Extravaganz, modisch, Aufdringlichkeit, Magie, Zweideutigkeit
Dominanz
- Rot: Glück, Energie, Liebe, Hass, Krieg, Kraft
- Schwarz: Dunkelheit, Schmutz, Tod, Eleganz, Würde
Je nach Positionierung einer Marke oder eines Produkts empfiehlt es sich folglich, im Kommunikationsdesign auf die entsprechenden Farben zu setzen.
Fazit: Emotionsbasiertes Marketing dank Limbic Map und Limbic Types
Wie viele andere Modelle stellen auch die Limbic Map und die Limbic Types eine vereinfachte Typisierung der Gesamtbevölkerung her. Diese Modelle beschreiben Zielgruppen auf Basis von Emotionen und Werten sowie im Hinblick auf ihr Kaufverhalten. Daraus können wichtige Erkenntnisse für Ihr Neuromarketing gezogen werden.
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