Die Investitionsentscheidung ist gefallen: Sie setzen Marketing Automation ein. Oftmals liegen zwischen Vertragsunterzeichnung und dem ersten Nutzungstag jedoch einige Wochen oder Monate. Was jetzt getan werden muss, um die neue Technologie von Anfang an zur Erfolgsstory zu machen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Gute Planung fängt mit drei Fragen an
Endlich ist es so weit: Nach monatelanger Vorbereitung, Recherche, internen Abstimmungen und Verhandlungen mit potenziellen Technologieanbietern sind alle offenen Fragen beantwortet und die vertraglichen Punkte unterschriftsreif geregelt. Nach Abschluss des Vertrages kommen allerdings drei wichtige Fragen auf:
1. Was müssen wir bis zum Go Live erledigen?
2. Wo fangen wir konkret an?
3. Welche Abteilung und wer soll zu welchem Zeitpunkt in die Einführung eingebunden werden?
Als Antwort auf die ersten beiden Fragen hat sich in der Praxis ein Stufenplan bewährt, der alle relevanten Schritte abdeckt. Auch wenn viele Punkte vielleicht schon in der Vergangenheit erarbeitet wurden, empfiehlt es sich, alles noch einmal durchzugehen, bei Bedarf zu aktualisieren und im richtigen Format zur Nutzung für die ausgewählte Technologielösung vorzubereiten.
Abbildung 1: Flankierender Stufenplan zur Einführung von Marketing Automation (marketing-roi.eu)
In diesem Blogbeitrag wollen wir uns mit der dritten Frage genauer beschäftigen. Sie ist zentral, da in vielen Unternehmen kein Mangel an Tools, sondern an der Nutzung durch die Mitarbeitenden besteht. Nur wenn von Anfang an eine breite Adoption aller relevanten Beteiligten sichergestellt wird, stellen sich nachhaltig auch die erwarteten Ergebnisse ein.
Dies gilt insbesondere für Technologien wie Marketing Automation, die Auswirkungen auf mehrere Abteilungen haben. Hier bietet sich mit der richtigen Vorgehensweise eine große Chance, die interne Integration zu fördern und (Daten-)Silos abzubauen.
Jederzeit offene Kommunikation und klare Verantwortlichkeiten steigern den Erfolg
Gute Kommunikation während des gesamten Implementierungsprozesses ist geboten – mit klaren Verantwortlichkeiten und einem professionellen Projektmanagement. Im Projektteam sollten Marketing und Vertrieb von Anfang an vertreten sein.
Marketing verantwortet in der Regel den Implementierungsprozess mit Unterstützung aus der IT und bei Bedarf auch aus anderen Abteilungen. Marketing Operations bietet sich als erster Ansprechpartner für die Übernahme der Projektverantwortung an, da diese Funktion interne Prozesse sowie Ansprechpersonen gut kennt.
Die Rolle von Marketing und das organisatorische Set-up im Rahmen der Bestandsaufnahme können marketingintern ohne andere Beteiligte behandelt werden. Alle weiteren in Abbildung 1 genannten Arbeitspakete sind in Abbildung 2 aufgeführt mit einer Empfehlung, welche Abteilung wann einbezogen werden sollte.
Abbildung 2: Einbindung relevanter Abteilungen im Implementierungsprozess (marketing-roi.eu)
Prinzipiell werden Punkte von oben nach unten besprochen und abgearbeitet. Dabei geht es nicht um ein Vorgehen nach der Wasserfall-Methode, sondern angelehnt an den Design-Thinking-Ansatz, der zu jeder Zeit das Zurückgehen und die Nachschärfung bereits abgehandelter Punkte ermöglicht. Zudem finden einige Phasen nicht seriell statt, sondern je nach Priorisierung und Verfügbarkeit von Ressourcen, parallel.
Im Folgenden gehen wir genauer auf die einzelnen Phasen ein:
Schritt 1: Gute Daten sind die Voraussetzung für gute Ergebnisse
Das Daten-Audit am Anfang beantwortet die Frage, welche Daten in welcher Qualität in welchen Systemen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird geklärt, ob Kundendaten genutzt werden können und ob sie noch aktuell sind. Die Kenntnis aller relevanten Touchpoints wird ebenso geprüft wie das Vorhandensein bestehender (und funktionierender) Prozesse zur Erfassung neuer Kontakte einschließlich Klärung der Verantwortlichkeiten.
Aktive Kundenprofile sind die Währung der Zukunft. Sie sind auch das Fundament für effektives Marketing und stehen daher bewusst am Anfang des Prozesses mit allen Abteilungen bis auf die Geschäftsleitung.
Schritt 2: Die Einigung auf einen ersten Use Case kombiniert Methodik mit praktischer Anwendung
Im Anschluss an den Daten-Audit wird die Roadmap für die Einführung abgestimmt einschließlich Go-Live-Termin und erstem Use Case. Arbeiten Sie auf die Umsetzung in Form einer Kampagne hin, auf ein Event oder einfach nur E-Mail-Marketing. Die Einbindung aller Abteilungen ist wichtig, um Erwartungen zu steuern und Ressourcen in den nächsten Monaten zu sichern.
Die Abstimmung der gemeinsamen Ziele, Identifikation geeigneter Marktsegmente sowie weiterer Use Cases kann zusammen mit dem Aufzeigen von Möglichkeiten für ein gemeinsames Funnel-Management in einem zweitägigen Workshop erfolgen.
Von diesem Zeitpunkt an werden die technischen Möglichkeiten sowie Anforderungen der ausgewählten Lösung für Marketing Automation vollumfänglich in allen Arbeitspaketen berücksichtigt. Ziel ist es, alle notwendigen Informationen im gewünschten Format zu erarbeiten, um sie schnellstmöglich im System zu nutzen.
Schritt 3: Bereits entwickelte Personas und Customer Journeys beschleunigen den Prozess
Im dritten Schritt geht es schon konkret in Richtung Umsetzung in Form einer ersten Kampagne. Im Mittelpunkt steht dabei der Kunde bzw. die Kundin verbunden mit einem grundlegenden gemeinsamen Verständnis des Kaufprozesses.
Nach Definition der Zielgruppe (Makro-Segmentierung) werden die Zielpersonen, auch bekannt als Personas, ermittelt (Mikro-Segmentierung) sowie deren relativer Einfluss in den einzelnen Phasen des Kaufprozesses im Rahmen des Buying Centers. Wer versteht, wann welche Persona relevant ist, kann seine Maßnahmen gezielter umsetzen.
Die Entwicklung der Customer Journey pro Persona erleichtert die Auswahl von den passenden und geeigneten Inhalten und Kanälen sowie den richtigen Keywords. Dies alles erfolgt in enger Abstimmung mit Vertrieb, Kundendienst und dem CRM-Team, da sich Auswirkungen auch auf das CRM-System ergeben – einschließlich der notwendigen Integration mit der Marketing Automation.
An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass auch wenn in der Vergangenheit das eine oder andere Arbeitspaket bereits erledigt wurde, es sich lohnt, jetzt genau hinzuschauen, ob die Informationen noch aktuell sind. In der Praxis existieren häufig bereits Fragmente, die irgendwann ausgearbeitet, aber nicht wirklich validiert wurden, und nur bedingt genutzt werden. Insofern bietet sich hier eine hervorragende Möglichkeit zur Auffrischung.
Schritt 4: Entwickeln Sie gute Prozesse, folgen Sie ihnen und sehen Sie die Ergebnisse
Mit dem Wissen aus Schritt 3 wird die nächste Phase eingeläutet: Das Aufsetzen der notwendigen Prozesse und Steuerungsmaßnahmen. Im Rahmen des Arbeitspakets Lead Management wird der aktuelle Prozess beleuchtet und bei Bedarf geschärft.
Integraler Bestandteil aus Sicht von Marketing Automation ist die Abstimmung des Lead-Scorings zusammen mit dem Vertrieb und dem CRM-Team. Hier gilt es, digitale Körpersprache in Kaufinteresse zu übersetzen und skalierbar aus Hunderten oder Tausenden von Kontakten Leads zu identifizieren.
Fortschrittliche Lösungen bieten die Möglichkeit, sowohl über Profildaten (z. B. Stellenbezeichnung, Funktion) als auch über Engagement (z. B. Klicks, Downloads, Seitenaufrufe) zu scoren. Kennzahlen und KPIs messen den Erfolg bei der Ansprache und die Fortschritte bei der Weiterentwicklung (Lead Nurturing) von anonymen Besuchern bzw. Besucherinnen zu qualifizierten Kontakten sowie schlussendlich Leads.
Neben quantitativen Daten wie erreichten Kontakten, Engagement, Leads und Opportunities zählen dazu qualitative Daten wie Konversionsraten. Letztere zeigen, wie effektiv das Funnel-Management funktioniert, oder, mit anderen Worten, wie gut Marketing und Vertrieb zusammenarbeiten, um gemeinsam Umsatz zu generieren.
Alle relevanten Daten werden in Dashboards dargestellt, die, analog zu einem Cockpit im Auto, jederzeit erzielte Ergebnisse zeigen. Über sie erfolgt das Monitoring und bei Bedarf das aktive Eingreifen, um das Erreichen der gewünschten Resultate sicherzustellen.
Schritt 5: Die beste Kampagne nutzt nichts bei einer schlechten Datenbank
Schritt 5 beschreibt das Vorgehen im Rahmen eines konkreten Anwendungsfalls. Die frühzeitige Einigung auf den Anwendungsfall, sei es wie im vorliegenden Fall eine erste Kampagne oder aber ein Event oder ein Webinar, ist wichtig, um schnell in die Umsetzung zu kommen. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf den Kreis der Beteiligten.
Hier lautet die Empfehlung, eine bestehende Maßnahme aus dem Marketing-Mix auszuwählen und eher klein anzufangen. Eine komplett neue Maßnahme mit einem komplett neuen Tool umzusetzen, führt zu unnötiger Komplexität.
Während der Datenaufbereitung wird eine Datenbank selektiert. Hier zeigen sich die Auswirkungen der Arbeit aus Schritt 1 sowie die Ergebnisse vereinbarter Optimierungsmaßnahmen.
Hier ein konkretes Beispiel: Bei Unternehmen gibt es häufig nur eine oder zwei Ansprechpersonen pro Kunde bzw. Kundin im CRM-System, was die Reichweite für Outbound-Maßnahmen beschränkt. Das durchschnittliche Buying Center besteht jedoch aus 5 bis 7 Beteiligten.
Im Lead Nurturing einigen sich Marketing, Vertrieb und CRM auf die Kontaktstrategie, die in der Marketing Automation hinterlegt werden soll. Hierzu gehören Fragen wie Häufigkeit und Rhythmus von E-Mails pro Empfänger bzw. Empfängerin, Nutzung von Assets wie Whitepaper oder auch die Integration von Einladungen zu Webinaren sowie Messen.
Im Content Mapping wird festgestellt, ob vorhandene Inhalte wie Texte, Bilder und Videos ausreichen oder ob neue Inhalte produziert werden müssen. Alle Abteilungen sollten im Anschluss über die Details der anstehenden Kampagne informiert werden. Das sichert Transparenz und gleichzeitig die Nutzung der verfügbaren Inhalte.
Schritt 6: Die Kampagne wird gestartet
Am Anfang von Schritt 6 erfolgt der Launch der Kampagne zusammen mit dem Vertrieb gefolgt von gemeinsamer Ergebniskontrolle, Analyse und bei Bedarf Optimierung, wenn die Ergebnisse nicht den Vorstellungen entsprechen.
Hier gilt es, alle Kampagnenelemente im Blick zu haben, um bestehende Maßnahmen bei Bedarf zu optimieren oder zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise die Hinzunahme weiterer Kanäle wie Social Media oder SEA, wenn der Traffic nicht ausreicht. Durch holistisches Monitoring des Funnels von Leads über Opportunities bis hin zum Auftragseingang können Engpässe identifiziert und behoben werden.
Ein Erfolgsrezept aus dem Qualitätsmanagement: Machen Sie es von Anfang an richtig
Der beschriebene Prozess verbunden mit den notwendigen Abstimmungen mag umfangreich erscheinen, ist jedoch in der Praxis hilfreich zur Steigerung von Akzeptanz und Adoption. Marketing Automation als Software ist so gut wie ihre Anwender und Anwenderinnen. Allen Beteiligten sollte von Anfang an klar sein, dass es sich bei der Einführung nicht um ein zeitlich begrenztes Projekt handelt, sondern um eine neue Ausrichtung des Unternehmens.
Zudem ersetzt Marketing Automation in der Regel andere, oftmals als Insellösung eingesetzte Tools. Sie ist eine integrierende Lösung mit dem unschätzbaren Vorteil, mit Kunden und Kundinnen über verschiedene Kanäle zu interagieren und gleichzeitig den Überblick zu behalten.
Zusammen mit CRM bildet Marketing Automation die Go-to-Market-Maschine der Zukunft. Durch eine gezielte Einbindung der Beteiligten stellen Sie sicher, dass diese Maschine am Anfang nicht stottert und schnell auf Touren kommt.
Titelbild: nd3000 / iStock / Getty Images Plus
Hinweis: Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag von Lutz Klaus, Experte für Marketing Automation, Lead Management und datengetriebene Ansätze bei marketing-roi.eu.