Wie das „Paradox of Choice“-Phänomen Ihre Conversions beeinflusst

Zukunft des Marketings in EMEA
Daniele Delle Donne
Daniele Delle Donne

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Wer Interessenten vom eigenen Produkt überzeugen will, tendiert schnell dazu, möglichst viele Auswahlmöglichkeiten anzubieten. Schließlich soll jeder potenzielle Kunde für sein individuelles Problem eine maßgeschneiderte Lösung finden können. Außerdem spricht uns viel Auswahl in der Regel an. Allerdings hat die Sache einen Haken: Wir glauben zwar, dass wir eine Fülle von Auswahlmöglichkeiten wollen, aber unser Gehirn sieht das anders. Denn das ist schnell von der Informationsflut überfordert. Lesen Sie deshalb hier, wie Sie dieses Paradoxon berücksichtigen und so Conversions steigern können.

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Das Auswahl-Paradoxon: Mit Marmelade fing alles an

Zum ersten Mal klar zu Tage gefördert hat das Paradox of Choice“ eine Studie von Iyen und Lepper aus dem Jahr 2000. In einem Konfitüre-Geschäft bauten sie Verkaufstische mit kostenlosen Marmeladenproben auf, deren Anzahl variierte. So standen den Kunden bei einem Mal 6 verschiedene Sorten zur Verfügung, ein anderes Mal 24.

Das Ergebnis: Wurden 24 Sorten angeboten, blieben 60 Prozent der Vorbeigehenden stehen und nutzten die kostenlosen Proben. Allerdings entschieden sich nur zwei Prozent von ihnen dazu, tatsächlich ein Glas zu kaufen. Die kleinere Auswahl von sechs verschiedenen Sorten lockte nur 40 Prozent der potenziellen Interessenten an, von denen kauften allerdings ganze zwölf Prozent letztendlich auch ein Glas Marmelade.

Entgegen aller Intuition reduziert eine zu große Auswahl also die Kaufbereitschaft. Woran das liegt, ist nicht abschließend geklärt. Psychologen vermuten aber, dass wir mit den zahllosen Möglichkeiten schlicht überfordert sind und die konkreten Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten gar nicht mehr verarbeiten können. Also verzichten wir lieber auf einen Kauf, als ihn später zu bereuen, weil wir uns für eine vermeintlich minderwertige Option entschieden haben.

Das wirklich Paradoxe daran ist aber, dass eine große Auswahl zunächst offensichtlich mehr Menschen anzieht, denn sie suggeriert Wahlfreiheit und Kontrolle. Diesen Widerspruch thematisierte der US-amerikanische Psychologe Barry Schwartz in seinem Buch The Paradox of Choice” und prägte so den Begriff.

Konsequenzen für das Marketing: So umgehen Sie das Auswahl-Paradoxon

Marketer stellt dieses Phänomen vor ein Problem. Schließlich können sie nicht einfach die Auswahl reduzieren, denn so würden sie weniger Menschen ansprechen. Eine große Masse von Interessenten nützt aber wiederum am Ende nichts, wenn nur wenige von ihnen tatsächlich einen Kauf tätigen.

Die Lösung: Unsicherheit und Überforderung der Kunden müssen reduziert werden, ohne das tatsächliche Produktangebot einzuschränken. Hierzu können verschiedene Herangehensweisen genutzt werden:

1) Den „Social Proof“ hervorheben

Die Erfahrungen anderer Menschen mit einem Produkt, die zum Beispiel in Form von Bewertungen präsentiert werden können, schaffen eine Rangordnung zwischen mehreren Produktvarianten. Gleichzeitig geben sie den Kunden die Möglichkeit, ihre eigenen Ansprüche mit den Erfahrungen anderer abzugleichen.

Wer beispielsweise besonderen Wert auf die angenehme Haptik eines Werkzeugs legt, wird sich besonders an Kommentaren orientieren, die diese thematisieren. So werden automatisch bestimmte Produkte in den Vordergrund gerückt, während die anderen ausgeblendet werden – ohne, dass die Auswahl für die Interessenten wirklich eingeschränkt wird.

2) Targeting/Individualisierung

Diese Methode folgt im Grunde dem gleichen Prinzip: Anhand der Informationen, die über individuelle Nutzer vorliegen, können für sie besonders relevante Produkte oder ihre Ausführungen betont und entsprechend priorisiert werden. Die Aufgabe, die die Interessenten sonst proaktiv durch das Lesen von Kommentaren selbst übernehmen, nimmt ihnen hier ein Algorithmus ab.

3) Filterfunktionen

In diesem Szenario werden die Interessenten selbst aktiv. Statt aber unsystematisch Kommentare zu durchforsten, können sie einfach mit wenigen Klicks einstellen, dass ihnen nur diejenigen Produkte mit für sie relevanten Eigenschaften angezeigt werden.

Auch hier liegt der Vorteil darin, dass problemlos mit einem diversen Produktportfolio geworben werden kann, um Interessenten anzulocken, diese aber trotzdem nicht überfordert werden.

4) Übersichtliche Produktvergleiche

Diese Methode wird beispielsweise bei Amazon häufig eingesetzt. Die Eigenschaften ähnlicher Produkte eines Herstellers werden in einer Tabelle anschaulich verglichen, um den Interessenten eine klar strukturierte Übersicht zu ermöglichen.

Das reduziert Unklarheiten und vereinfacht den Vergleich ähnlicher Produkte. Bei einer sehr großen Vielfalt komplexer Produkte ist die Informationsschwemme hier allerdings immer noch sehr groß.

5) Betonung eines speziellen Produkts

Werden Testsieger, meistverkaufte Produkte oder „Kundenlieblinge“ prominent in den Vordergrund gerückt, kann auch das den Interessenten die Wahl erleichtern. In diesem Fall wird eine Pseudovielfalt hergestellt: Die Produktauswahl ist groß, aber im Prinzip werden alle Kunden gleichermaßen zum Kauf der einen konkreten Produktversion verleitet.

Der Vorteil liegt darin, dass die Auswahl hier erheblich reduziert wird. Nachteilig dagegen ist, dass individuelle Bedürfnisse so nicht berücksichtigt werden können, was die Passung zwischen Produkt und Kunde fraglich macht.

6) Beratung

Gerade bei teuren Produkten bleibt die persönliche Beratung der effektivste Weg, um Kunden die Unsicherheit zu nehmen. Berater können konkrete Fragen beantworten und durch ihre Expertise ein maßgeschneidertes Produkt finden. Allerdings ist diese Option sehr ressourcenintensiv und nicht immer umsetzbar.

Alternativ kann aber auf automatisierte beziehungsweise allgemeine Angebote zurückgegriffen werden, die ebenfalls einen Beratungscharakter haben. Das können Chatbots und FAQ-Seiten sein, aber auch ein Forum oder Online-Tests.

7) Markenbildung

Diese Methode greift vor allem, wenn es nicht um die Auswahl innerhalb der eigenen Produktpalette geht, sondern um die Entscheidung zwischen dem eigenen und einem Konkurrenzprodukt. Hier ist eine gut etablierte Marke Gold wert. Denn ist diese fest im Kopf der Interessenten verankert und eng mit dem Produkt verknüpft, greifen Konsumenten im Zweifelsfall insbesondere zu eben dieser Marke.

Fazit: Den Kunden zeigen, was sie wollen sollen

Eine reine Reduzierung des Angebots ist meist keine Lösung für das Paradox of Choice, da damit deutlich weniger Interessenten angesprochen werden, die in absoluten Zahlen auch weniger kaufen. Stattdessen sollten beide Bedürfnisse befriedigt werden: die Bereitstellung eines großen Angebots bei gleichzeitig klaren Entscheidungshilfen, die einer Überforderung entgegenwirken. Nicht umsonst werden viele der genannten Mechanismen schon völlig selbstverständlich im E-Commerce angewandt und haben sich in der Praxis vielfach bewährt. 

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Titelbild: JOSHUA COLEMAN / Unsplash

Themen: Neuromarketing

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