Priming: Die elegante Art der Kundenbeeinflussung

Leitfaden Marketing-Psychologie
Kathleen Jaedtke
Kathleen Jaedtke

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Plötzlich bekommen Sie Lust auf eine bestimmte Sorte Schokolade und wissen nicht warum. Dann fällt Ihnen ein, dass vor dem Supermarkt ein Pappaufsteller mit genau diesem Produkt stand. Scheinbar hat die Reklame unbemerkt Ihren Supermarkteinkauf beeinflusst. Genau das bezeichnen Psychologen und Psychologinnen als Priming.

Priming-Effekt veranschaulicht an Gehirn

Was es mit dieser Methode auf sich hat, welche Arten des Priming es gibt und wie sich der Effekt im Marketing gewinnbringend einsetzen lässt, erfahren Sie in diesem Beitrag.→ Handbuch Marketing-Psychologie  [Kostenloser Download]

Das Spiel der Bahnung: Neurolinguistischer Kontext

Zurückzuführen ist der Priming-Effekt auf den amerikanischen Psychologen John Bargh. Dieser führte Experimente durch, bei denen die Probanden und Probandinnen mit Wörtern konfrontiert wurden, die in Verbindung zum Älterwerden stehen (beispielsweise Rente, Gehstock, usw.). Beim Test zeigte sich, dass die Teilnehmenden, die zuvor mit den Worten geprimed wurden, langsamer gingen als die Gruppe von Testpersonen, die ohne vorherige Wortaufgabe losging.

Das Priming entstammt dem neurolinguistischen Programmieren und ist bis heute eine feste These der Psychologie. Der Effekt sorgt durch einen vorhergehenden Reiz dafür, dass unser Gehirn unterbewusst auf ein Ereignis vorbereitet wird. Somit findet das Handeln nicht losgelöst, sondern in Assoziation zum vorausgegangenen Priming-Reiz statt. Das Priming wird heute in verschiedene Arten unterteilt.

Welche Arten von Priming gibt es?

Der Priming-Effekt findet in ganz unterschiedlichen Bereichen Anwendung. Längst wird er nicht mehr nur für psychologische Forschung eingesetzt, sondern hat seinen Weg in die Marketingabteilungen gefunden. Der Hinweisreiz kann dabei aus Wörtern, Bildern oder auch Gerüchen bestehen.

Unterschieden wird beim Priming zwischen vier verschiedenen Arten:

1. Semantisches Priming

Das semantische Priming arbeitet mit der bahnenden Wirkung von Worten oder Wortgruppen. Genau wie John Bargh es in seinem Experiment tat, werden dabei begriffliche Assoziationen genutzt, um das Verhalten der Zielpersonen zu beeinflussen.

Lesen Sie beispielsweise die Worte „Harmonie“, „Einklang“ und „Ruhe“, werden Sie entspannter in ein Gespräch gehen, anstatt bei Begriffen wie „Hektik“ und „Stress“.

2. Affektives Priming

Das affektive Priming zielt ganz konkret auf die Gefühlsebene ab. Emotionale Bilder oder Musik versetzen den Menschen dabei in einen wünschenswerten Gemütszustand. Der primende Reiz führt häufig unbewusst dazu, dass Reaktionen auf eine unabhängige Situation übertragen werden.

3. Medien-Priming

Das Medien-Priming, wozu auch die sogenannte Filterblase gehört, beschreibt den Effekt, wie Menschen durch Medieninhalte in ihren Handlungen gesteuert werden. Vor allen in den sozialen Netzwerken sorgen algorithmische Prozeduren dafür, dass immer wieder Inhalte ausgespielt werden, die zu den Interessen der Nutzer und Nutzerinnen passen. Das sorgt dafür, dass das Weltbild durch die Botschaften und Bilder maßgeblich beeinflusst wird.

4. Response Priming

Beim Response Priming werden Antworten auf spezielle Fragen sehr schnell von den Testpersonen abgefragt. Die Assoziationen sorgen für eine verfälschte Wahrnehmung. Das prominenteste Beispiel lautet wie folgt:

Frage: Welche Farbe hat Schnee?
Antwort: „Weiß.“

Frage: Welche Farbe hat die Wand?
Antwort: „Weiß.“

Frage: Welche Farbe haben Wolken?
Antwort: „Weiß.“

Zielfrage: Was trinkt die Kuh?
Zielantwort: „Milch.“

Merken Sie, was an dieser Antwort falsch ist und warum die Zielperson falsch geantwortet hat? Richtig – das Priming auf die Farbe „weiß“ hat eine Assoziation zum Begriff „Milch“ verursacht.

Wie funktioniert Priming?

Priming kann als eine Art Manipulationstechnik verstanden werden, die auf neurologische Aspekte zurückgreift. Der Priming-Prozess läuft in der Regel unterbewusst ab, weshalb es schwierig ist, die genaue Verarbeitung nachzuzeichnen.

Fest steht jedoch, dass der Priming-Effekt durch den Cue (Hinweisreiz) ausgelöst wird. Dieser Reiz sendet die Botschaft ans Gehirn. Schließlich wird ein Zielreiz hervorgerufen, welcher wiederum unter Beeinflussung des vorangegangenen Reizes steht. Möglich ist der Priming-Effekt durch die assoziativen Prozesse im menschlichen Gehirn.

Vom Florida-Effekt bis zur Eiswerbung

Priming ist längst kein Geheimtipp mehr, sondern lässt sich in vielen Lebensbereichen erkennen. Das von John Bargh durchgeführte Experiment (bekannt als Florida-Experiment) ist nur ein Beispiel, wie Worte die Verhaltensweisen von Menschen beeinflussen. Priming lässt sich beispielsweise auch einsetzen, um gezielte Lernerfolge zu erzielen.

Doch auch die Eiswerbung, die vor jedem Blockbuster auf den Kinoleinwänden läuft, nutzt den Priming-Effekt für sich. Es ist nämlich kein Zufall, dass zur Pause des Films eine Eisverkäuferin oder ein Eisverkäufer den Saal betritt und genau jenes Eis anbietet, das zuvor im Werbespot zu sehen war. Die Besucher und Besucherinnen werden durch den ersten Reiz bereits darauf vorbereitet und sind nach einem attraktiven Werbefilm gewillter, die Eiscreme zu kaufen.

Negatives Priming vs. Positives Priming

Obwohl Priming eine Art der Manipulation ist, sind die Effekte, die damit erzielt werden, nicht immer negativ. So zeigen Studien, dass allein der Gedanke an Bewegung die körperliche Fitness prägt. Mentales Training wird somit zu einer wichtigen Komponente, wenn es um die Wahrnehmung des eigenen Körpers geht.

Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass negative Affirmationen ebenfalls dazu führen können, dass Menschen von einem negativen Mindset heimgesucht werden. Erleiden wir stets schlimme Erfahrungen, werden unsere Zielreaktionen in Assoziation dazu geprägt.

Wie sich Priming im Marketing nutzen lässt

Anwenden lässt sich der Priming-Effekt auch im Marketing: Bereits die Eiswerbung zeigt, wie ein einfacher, bahnender Reiz die Kinokasse klingeln lässt. Doch bietet Priming nicht nur in der Werbebranche unzählige Möglichkeiten.

Websites, die positiv konnotierte Begriffe wie „gewinnen“ oder „profitieren“ als Call-to-Actions integrieren, werden vermutlich mehr Klicks generieren als Landingpages, die mit schweren Begriffen wie „arbeiten“ oder „lernen“ um sich werfen. Selbst Bilder, Farben und der Aufbau einer Website beeinflussen in großem Maße, wie Nutzer und Nutzerinnen mit der Website interagieren. Die Inhalte werden als Trigger-Elemente verwendet, um die Customer Journey gezielt zu beeinflussen.

Priming-Effekt Beispiel: Website-Trigger gezielt auswerten

Ob Priming im Marketing wirklich erfolgreich ist, lässt sich dank messbarer Kennzahlen genau nachweisen. Mit einem A/B-Test können Unternehmen herausfinden, ob ihre Landingpage mit der Wortgruppe „Profitieren Sie von der CRM-Software“ tatsächlich erfolgreichere Conversion-Zahlen erzielt als eine zweite Seite, die die Wortgruppe „Lernen Sie, wie eine CRM-Software funktioniert“ verwendet.

Neben den Conversions helfen Ihnen Klickzahlen, Verweildauer, Bounce Rate und der Klickpfad dabei, die Psyche der User und Userinnnen nachzuvollziehen. Der Priming-Effekt hilft Ihnen somit nicht nur, Personen zu beeinflussen, sondern auch ganz gezielt die Bedürfnisse und Assoziationen zu verstehen.

Fazit: Priming-Effekt kann auch positiv manipulieren

Der Priming-Effekt ist nicht zuletzt wegen seiner manipulativen Methode umstritten. Doch lassen sich die Anwendungsgebiete auch positiv nutzen, beispielsweise um die eigenen Webseitenbesucher oder Kundinnen zu verstehen und somit ein Nutzungserlebnis zu schaffen, das genau den Anforderungen der Zielgruppe entspricht. Probieren Sie es mithilfe von A/B-Testing doch einfach mal an Ihrer Website aus.

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Titelbild: Urupong / iStock / Getty Images Plus

Themen: Neuromarketing

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