Leere Straßen, verwaiste Geschäfte und purzelnde Preise: Düstere Visionen prägten anfänglich die Vorstellungen stationärer Händler beim Gedanken an die Auswirkungen des Online-Handels auf ihr Geschäft. Doch haben sich die Alpträume des stationären Handels bewahrheitet? Und hat der Online-Handel es andererseits geschafft, die Betriebe vor Ort zu ersetzen? Die Antwort lautet in beiden Fällen: Nein. Stattdessen gibt es den ROPO-Effekt.

Was es damit auf sich hat und was der Trend zu mobiler Internetnutzung damit zu tun hat, erfahren Sie hier.

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Was bedeutet ROPO?

ROPO ist ein Akronym, bei dem jeder Buchstabe für ein Wort steht. Aus den vier Wörtern ergibt sich folgende Bedeutung:

  • Research Online meint die Informationsbeschaffung des Konsumenten im Internet. Potenzielle Kunden informieren sich online über Produkte und ihre Eigenschaften, Preise und Bewertungen.

  • Purchase Offline heißt, dass die Konsumenten nach erfolgreicher Recherche einen lokalen Händler aufsuchen, wo sie Ihren Kauf tätigen. Der Online-Shop geht in diesem Fall leer aus.

Der ROPO-Effekt beschreibt also einen Kauf, der sich in zwei Phasen und mithilfe zweier verschiedener Vertriebswege, nämlich online und offline, vollzieht.

Der umgekehrte ROPO-Effekt

Auch der umgekehrte ROPO-Effekt spiegelt ein verändertes Kaufverhalten der Konsumenten wider, nur eben anders herum: In diesem Fall geht der Konsument in ein Geschäft, schaut sich Produkte an, nimmt sie in die Hand und probiert sie, soweit möglich, aus. Danach geht er wieder nach Hause und tätigt den Kauf online, beispielsweise aufgrund besserer Preise. In diesem Szenario macht letztlich der Online-Handel das Geschäft, während der stationäre Händler nicht zum Kaufabschluss kommt.

ROPO-Effekt: Die Statistik zeigt den wachsenden Einfluss mobiler Internetnutzung

Wie eine Studie des deutschen Einzelhandelsverbands feststellt, steigen die Zahlen mobiler Einkäufe mit dem Smartphone rasch an. Mittlerweile werden annähernd 30 Prozent des Onlineumsatzes durch Geschäftsabschlüsse mit dem Smartphone generiert.

Die zügige Eroberung des Marktes durch Smartphone-Käufe wirkt sich sowohl auf das Online- als auch auf das Offline-Kaufverhalten der Kunden aus: Der ROPO-Effekt erhält eine neue Dimension, nämlich die Gleichzeitigkeit der Nutzung von Online- und Offline-Angeboten durch die Kunden.

Das Kaufverhalten vieler Kunden ist heutzutage dadurch geprägt, dass immer öfter auch Smartphones während der Offline-Shoppingtour zum Einsatz kommen. Vor allem für Preisvergleiche wird kurz vor Ort das Handy herangezogen. Aber auch die Verfügbarkeit von Produkten und weiteren Größen in anderen Filialen oder Geschäften sowie deren Lokalisierung kann zum Teil bereits während des Offline-Einkaufs überprüft werden.

Solche digitalen Angebote, die der stationäre Handel vermehrt präsentiert, deuten auf eine stärkere Vernetzung zwischen Online- und Offline-Handel hin. Der Vorsprung, den der Online-Handel durch die schnelle und selbstständige Möglichkeit der Informationsbeschaffung des Kunden bislang innehatte, wird durch diesen Trend möglicherweise ausgeglichener, während sich der ROPO-Effekt verstärken könnte.

Mit einem Umsatzwachstum von 11 Prozent allein in 2019 zeigt sich der Online-Handel bislang aber ausnehmend stabil gegenüber dem ROPO-Effekt.

Strategien stationärer Händler, die den ROPO-Effekt für sich nutzen

Den veränderten Ansprüchen der Konsumenten im Vorfeld des Kaufs kommen stationäre Händler bereits in einigen Bereichen entgegen, die ursprünglich aus dem Online-Handel stammen. Sie erlauben dem Kunden durch die Online-Präsentation ihres Warenportfolios Einblicke in Marken, Qualität, Preise und Produkteigenschaften.

Verlinkungen zu Bewertungsportalen wie „Proven Expert“, die direkt auf der Webseite platziert werden können, geben dem Kunden Einsicht in die Meinung anderer Kunden und liefern damit wertvollen Social Proof. Chat-Möglichkeiten zur individuellen Beratung in Echtzeit ergänzen die digitalen Möglichkeiten um den persönlichen Kontakt und die Beantwortung individueller Anliegen.

Diese Strategien stationärer Händler nutzen den ROPO-Effekt für ihren Umsatz:

  • Das Konzept Click and Collect beruht auf dem Online-Kauf, der dann als physische Ware im Geschäft abgeholt wird.

  • Beim Click and Reserve kann der Kunde die Ware beispielsweise anprobieren oder anfassen, was traditionell als wichtiger Kaufgrund gilt. Bei Nichtgefallen muss der Kunde die Ware nicht abnehmen.

  • Die Verfügbarkeitsprüfung hilft dem Kunden, unnötige Wege zu vermeiden.

  • Die virtuelle Sortimentserweiterung erlaubt es dem Kunden im Geschäft, mittels vorinstallierter Tablets weitere Produktangebote zu sehen, die aufgrund der begrenzten Lagerkapazitäten nicht ausgestellt werden können.

Der ROPO-Effekt verstärkt sich bei jüngeren Konsumenten

Auch die Demografie ist in diesem Zusammenhang eine treibende Kraft. Laut HDE-Online-Monitor werden trotz aller Mobilität Smartphones von den über 50-Jährigen vorwiegend von zu Hause aus zum Shoppen eingesetzt. Den rasant wachsenden Online-Handel mit Lebensmitteln, der traditionell den stationären Händlern vorbehalten war, befeuern beispielsweise inzwischen auch Kunden über 60 Jahre, die den Online-Handel in den letzten Jahren für sich entdeckt haben. Dort liegen für den digitalen Handel Wachstumspotenziale, die der ROPO-Effekt weniger berührt.

Die unter 50-jährigen Konsumenten wiederum nutzen zum Einkaufen ihr Smartphone vermehrt von anderen Orten als von zu Hause aus, zum Beispiel auf dem Weg zum Geschäft oder direkt vor Ort im Geschäft. Der demografische Faktor kann also Online- wie auch Offline-Händlern wichtige Hinweise darauf liefern, wie ihr Marketing digitale Angebote im Internet zukünftig aufziehen sollte.

Das Kaufverhalten der Konsumenten hat sich den Angeboten des Offline- und Online-Handels angepasst und nutzt die Vorteile beider Systeme. Dem dynamischen Wachstum des Online-Handels in allen Altersklassen tut diese Entwicklung keinen Abbruch. Insbesondere die Nutzung von Smartphones durch jüngere Käufergruppen lassen die Grenzen zwischen Online- und Offline-Handel jedoch immer weiter verschwimmen.

Der ROPO-Effekt, aber auch der umgekehrte ROPO-Effekt, stellen sich als aktuelle Spielarten des geänderten Kaufverhaltens der Konsumenten dar. Als Händler tun Sie gut daran, das veränderte Kaufverhalten der verschiedenen Altersgruppen und die unterschiedlichen Marketing-Bedürfnisse dieser Kundensegmente in Ihre Überlegungen einzubeziehen.

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Titelbild: simpson33 / Getty Images

Ursprünglich veröffentlicht am 10. Dezember 2020, aktualisiert am März 31 2023

Themen:

E-Commerce