Somatische Marker: Die körperlichen Signale des Unbewussten

Leitfaden Marketing-Psychologie
Leslie Boadum
Leslie Boadum

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Marketing ist mehr als nur die bloße Analyse von Zahlen, das Ausarbeiten von Alleinstellungsmerkmalen und die akribische Aufarbeitung von Touchpoints. Seit einigen Jahren mischt vor allem Neuromarketing die Marketingwelt auf. Dank Psychologie und Hirnforschung können so Marketingmaßnahmen optimiert werden. Eine der wichtigsten Begriffe dabei: somatische Marker. Doch was ist das eigentlich?

Familie in Supermarkt reagiert auf somatische Marker beim Einkauf

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Wie wirken somatische Marker?

Ein somatischer Marker legt den Grundstein für eine rationale Entscheidung. Auf Basis der Körperwahrnehmungen trifft er eine Vorentscheidung und drängt die finale Entscheidung unbewusst in eine Richtung. Solche Marker äußern sich bei jedem Menschen unterschiedlich. Während dem einen zum Beispiel heiß wird, bekommt die andere kalte Hände.

So funktionieren somatische Marker nach Damásio

Der Begriff der somatischen Marker wurde vom portugiesischen Neurowissenschaftler António Rosa Damásio in den 90er-Jahren geprägt. Worthistorisch stammt die Bezeichnung aus dem Griechischen – „soma“ heißt Körper. Damásio hat diese körperlichen Signale des Unbewussten im Rahmen verschiedener Forschungen festgehalten.

Er nimmt an, dass alle Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht, in einem emotionalen Erinnerungsgedächtnis gespeichert werden. Tritt eine ähnliche Situation wieder auf, werden diese in positive und negative Erinnerungen (Marker) unterteilten Erlebnisse wieder abgerufen und tragen unbewusst zu einem Entscheidungsprozess bei.

Meist geht es dabei um Ja oder Nein, Sie können sich dieses emotionale Erinnerungsgedächtnis also wie eine Ampel vorstellen. Kommen Sie in eine Situation, die Sie bereits durchlebt haben, meldet sich Ihr Unterbewusstsein.

War die damalige Situation und Erfahrung positiv? Dann schaltet Ihre emotionale Ampel auf Grün. Das kann sich beispielsweise durch ein Kribbeln, eine gewisse Entspannung oder Ähnliches äußern. Ist die Erinnerung negativ, tritt das Gegenteil ein: Die Ampel schaltet auf Rot und es äußert sich ein negativer somatischer Marker.

So geben somatische Marker basierend auf emotionalen Erfahrungen unterbewusst und unbeabsichtigt die Richtung einer Entscheidung vor. Im Neuromarketing sind somatische Marker eine wichtige Entscheidungsgrundlage für einen Kauf. Je mehr dieser Marker ein Mensch sammelt, desto mehr und schneller trifft er eine Kaufentscheidung.

Ein Beispiel: Sie laufen durch die Parfümerie und möchten sich einen neuen Duft kaufen. Zahlreiche Reize, vor allem Düfte, prasseln auf Sie ein. Als Sie an einem nach Pfirsich duftenden Parfüm vorbeigehen, aktiviert dieser Reiz einen somatischen Marker: Ihr emotionales Gedächtnis meldet sich mit einer emotionalen Erinnerung an Pfirsicharomen aus Ihrer Kindheit.

Das löst ein gutes Gefühl (somatischer Marker) bei Ihnen aus, das sich mehr oder weniger deutlich äußert. Es kann auch vollkommen im Unbewussten bleiben. Ihr Gehirn trifft jedoch auf diesem Marker basierend bereits eine Kaufvorentscheidung für das Pfirsichparfum.

 

Einführung in die Marketing-Psychologie

Erzählen Sie uns etwas von sich, um in wenigen Klicks auf den Leitfaden zuzugreifen:

  • Grundprinzipien Psychologie
  • Psychologische Effekte
  • Psychologie im Marketing
  • Beispiele aus der Praxis

 

Training mit somatischen Markern

Somatische Marker bilden nicht nur eine Grundlage für Kaufentscheidungen, sondern Entscheidungen im Allgemeinen. Sie können sogar trainiert werden. Schreiben Sie als Experiment mehrere verschiedene Begriffe auf einen Zettel oder betrachten Sie einige Lebensmittel nacheinander.

Beobachten Sie daraufhin, wie Sie reagieren, und beschreiben Sie Ihr Gefühl:

  • Warm oder kalt?
  • Enge oder Weite in der Brust?
  • Leicht oder schwer?
  • Hell oder dunkel?
  • Weich oder hart?

So trainieren Sie bewusst Ihre „Ampelschaltungen“ und somatischen Marker. Je besser Sie diese erkennen, desto eher treffen Sie bewusste Entscheidungen, die sowohl rationale als auch emotionale Aspekte berücksichtigen, also quasi Kopf und Bauch.

Positive und negative somatische Marker in der Übersicht

Bei jedem Menschen äußern sich somatische Marker unterschiedlich. Während der eine ein entsprechendes Gefühl als euphorisierend oder beängstigend bezeichnet, spürt die andere gar nichts.

In der Forschung gibt es jedoch eine Reihe typischer Marker, die bei vielen Menschen vorkommen. Wir stellen sie Ihnen vor.

Positive Marker

Im Neuromarketing werden bei Kaufentscheidungen vor allem folgende positiven somatischen Marker beobachtet:

  • Kitzeln oder Kribbeln im Bauch
  • Warmes, wohliges Gefühl im Bauch
  • Lächeln und angehobene Mundwinkel
  • Freude
  • Leichtigkeit und Klarheit im Kopf
  • Ruhe in der Brust

Sie merken: All das sind – mit Ausnahme des Lächelns – keine rationalen Bewegungen oder sichtbaren Körpersignale. Das Unterbewusstsein bleibt meist versteckt.

Negative Marker

Wie auch bei positiven Markern äußern sich die negativen somatischen Marker von Mensch zu Mensch unterschiedlich:

  • Kloß im Hals
  • Enge im Hals oder Kopf
  • Weiche Knie
  • Zittern an den Beinen, Händen oder am ganzen Körper
  • Hochgezogene Schultern
  • Muskelverkrampfungen
  • Unwohlsein im Magen, Übelkeit
  • Angst

Erkennen Sie sich in den Markern wieder? Falls nicht: Möglicherweise äußert sich Ihr emotionales Gedächtnis auf anderem Wege – oder gar nicht. Auch das kann normal sein und es kann dem, falls gewünscht, durch ein entsprechendes Training entgegengewirkt werden.

Fazit: Somatische Marker beeinflussen Kaufentscheidungen

Für Marketingverantwortliche bietet die Theorie der somatischen Marker nach Damásio und weiteren renommierten Wissenschaftlern und Forscherinnen spannende Möglichkeiten. So können Sie beispielsweise bei vielen Menschen vorkommende positiv-emotionale Reize in Produkte oder Dienstleistungen einbauen, damit somatische Marker aktiviert werden.

Die Erforschung von neuronalen Mechanismen steckt im Vergleich zu vielen anderen Wissenschaften noch in den Kinderschuhen. Wer sich jedoch schon heute das Bekannte in der Werbepsychologie zunutze machen will, kommt an Grundlagen des Neuromarketings wie Priming, dem Halo-Effekt oder eben somatischen Markern nicht vorbei.

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Titelbild: Prostock-Studio / iStock / Getty Images Plus

Themen: Neuromarketing

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