Female Leadership: Führen Frauen anders?

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Josephine Wick Frona
Josephine Wick Frona

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In einer Welt, in der sich Frauen in Führungspositionen noch immer mit Vorurteilen und Hindernissen konfrontiert sehen, stellt sich mir die Frage: Gibt es tatsächlich ein sogenanntes „Female Leadership“? In diesem Artikel möchte ich einen Blick darauf werfen und erörtern, ob Frauen wirklich anders führen als Männer. Ich beleuchte inspirierende, weibliche Führungspersönlichkeiten und analysiere wichtige Debatten zur Frauenquote.

Frau mit verschränkten Armen vor Meetingraumtisch symbolisiert Female Leadership

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Was ist Female Leadership?

Female Leadership ist die Art, wie Menschen Führung übernehmen und sie in Einklang mit ihren weiblichen Fähigkeiten bringen. Female Leadership beschreibt nicht nur die Art, wie Frauen in Führungspositionen ihre Mitarbeitenden anleiten und führen. Der Begriff steht auch für ein Umdenken und Ausbrechen aus alten Strukturen, in denen Männern Stärke und Führungskraft nachgesagt wird, während Frauen als „zu soft“ gelten.

Für mich kann Female Leadership eine vielfältigere und inklusivere Arbeitskultur schaffen. Ich glaube aber, dass im Prinzip jeder Female Leadership adaptieren kann. Auch eine männlich gelesene Person. Der Begriff Female Leadership beschreibt für mich einen Führungsstil basierend auf stereotypisch weiblichen Attributen wie Empathie, Intuition und Kreativität. Aber warum sollen nicht auch Männer „weiblich“ führen können?

Den einen Tag, an dem Female Leadership entstand, gibt es nicht. Es ist vielmehr eine Bewegung, die aus vielen Ereignissen entstanden ist. Der Jahrtausendwechsel und die damals aufstrebende Digitalisierung brachte neue Jobs zutage. Mit ihnen kam auch die zunehmende Komplexität und die Erkenntnis, dass diverse, heterogene Führungsteams wünschenswert sein können.

In der modernen, männlich geprägten Arbeitswelt waren (und sind) weibliche Führungsqualitäten allerdings nicht immer gefragt. Jedoch wurde mit der Zeit erkannt: weibliche, vermeintliche weichere, Qualitäten können ein Team genauso schnell und effizient zum Ziel bringen.

Doch was sind Eigenschaften, die als weiblich oder männlich angesehen werden? Zunächst einmal möchte ich erwähnen, dass diese Merkmale mit der Zeit von der Gesellschaft vorgegeben bzw. einem Geschlecht auferlegt wurden. Einem Mann müssen aufgrund seines Geschlechts nicht zwingend Merkmale X oder Y zugeschrieben werden.

Dennoch gibt es stereotype Eigenschaften, die im Allgemeinen als typisch männlich oder typisch weiblich angesehen werden:

So wird Männern, wie bereits erwähnt, oftmals (körperliche) Stärke nachgesagt. Aber auch Dinge wie Willensstärke, Tapferkeit, Beharrlichkeit, Risikobereitschaft oder Durchsetzungsvermögen.

Weiblichere Eigenschaften beziehen sich eher auf Nachgiebigkeit, Hingabe, Umsicht, Kooperation, Einfühlungsvermögen oder die vermeintliche weibliche Intuition.

In einer Welt, die von Schnelligkeit geprägt und im Wandel war bzw. immer noch ist, wurden diese Eigenschaften nicht oder zumindest wenig akzeptiert. Hinzukommt eine nicht vorhandene Chancengleichheit durch die Kinderbetreuung, die in vielen Beziehungen noch immer bei den Frauen liegt.

Zudem fallen Frauen durch ihre Schwangerschaft, zumindest für ein paar Wochen aus, können die Karriereleiter nicht erklimmen und werden demnach nur selten als Führungskraft ernannt. Selbst auch dann, wenn eine Frau nicht einmal Kinder bekommen möchte. Die generellen gesellschaftlichen Strukturen sind also entscheidend. Daraus ergibt sich automatisch die Frage des nächsten Kapitels.

Gibt es auch Male Leadership?

Die Krux an der Frage, ob es auch Male Leadership gibt, ist folgende: In der Wahrnehmung vieler Menschen ist jede Form von Leadership Male Leadership. Das wird auch bei einem Blick auf die reinen Zahlen deutlich.

Der AllBright-Bericht 2023 untersucht beispielsweise den Anteil von Frauen in den Vorständen deutscher DAX-, MDAX- und SDAX-Konzernen. Das Ergebnis: Nur 17,4 Prozent der Stellen sind mit weiblichen Führungskräften besetzt. Die Tendenz zeigt zwar nach oben, aber es geht – gerade im internationalen Vergleich – nur sehr schleppend voran.

Vielerorts dominieren noch immer die angesprochenen alten Strukturen. Dass wir überhaupt über Female vs. Male Leadership diskutieren, wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Die Gender-Expertin Louka Goetzke stellt in ihrem Artikel für die „Neue Narrative“ die aus meiner Sicht richtige Frage: „Braucht Führung ein Geschlecht?“ Sie geht darauf ein, dass Female Leadership gerade deswegen so viel Aufmerksamkeit bekommt, weil die Gesellschaft „auf der Suche nach alternativen Werten“ ist.

Mir ist aber natürlich auch bewusst, dass es diese Diskussionen weiterhin braucht. Im Jahr 2022 war laut des Statistischen Bundesamtes nur rund jede dritte Führungskraft eine Frau. Damit liegt Deutschland übrigens EU-weit auf dem 21. von 27 Plätzen. Bei den „Fortune 500“, also den 500 umsatzstärksten Unternehmen der USA, liegt die Quote gerade einmal bei knapp über zehn Prozent. Klingt wenig, ist aber ein Meilenstein. Diese Zahl gab es bislang noch nie.

Und genau das ist der Grund, warum wir darüber sprechen und warum Female Leadership als Gegenentwurf zum klassischen, seit Jahrzehnten gefestigten, männlich dominierten Führungsstil gefragt ist.

Drei bekannte und erfolgreiche weibliche Führungskräfte, die mich inspirieren

Mittlerweile gibt es glücklicherweise immer mehr Frauen in Führungspositionen, auch wenn es wie beschrieben schleppend vorangeht. Ich stelle Ihnen drei starke Persönlichkeiten vor, die mich inspirieren.

1. Yamini Rangan, HubSpot

Die erste Frau auf meiner Liste ist Yamini Rangan, gewissermaßen meine „Chefin“ bei HubSpot. Sie leitet seit September 2021 als CEO die Geschicke unseres Unternehmens. Sie hat bereits früh bei Unternehmen wie Workday und Dropbox in Führungspositionen gearbeitet und macht sich zum Beispiel als LinkedIn Top Voice für mehr weibliche Führungskräfte stark.

Sie steht für Authentizität. Sie möchte widersprüchliche Standpunkte aufspüren, anhören und umsetzen. Außerdem vertraut sie in ihr Team: „Meine Aufgabe ist es, unsere Führungskräfte und unser Team zu coachen, damit sie ihre Arbeit machen können, und nicht versuchen, ihre Arbeit für sie zu erledigen“, so Yamini Rangan im Interview.

2. Belén Garijo López, Merck

Eine echte Pionierin ist die Spanierin Belén Garijo López. Sie hat geschafft, was keiner Frau vor ihr gelungen ist: die erste DAX-CEO in Deutschland zu werden. Seit Ende Mai 2021 ist die spanische Medizinerin Geschäftsleitung des im DAX gelisteten Unternehmens Merck KGaA.

2022 und 2023 wurde die Vorsitzende der Geschäftsleitung in die Liste der mächtigsten Frauen von Fortune sowie Forbes aufgenommen. Das hat sie nicht nur ihrer Position zu verdanken, sondern auch ihrem Engagement außerhalb des Jobs. So setzt sie sich unter anderem für Vielfalt und Chancengleichheit ein, wofür sie im Oktober 2022 den Ehrenpreis des German Diversity Awards bekam.

Generell vertritt die Medizinerin eindeutige Werte. Unter anderem wolle sie in ihrem Unternehmen Innovationspotenziale nutzen, große Ideen durch die richtige Kultur und Führung erreichen und langfristige Werte durch Nachhaltigkeit schaffen, zitiert Merck sie auf der Unternehmenswebsite.

3. Mary Barra, General Motors

Ähnlich wie López ist auch Mary Barra eine der ersten (und bis heute wenigen) Frauen, die bei einem Weltkonzern seit 2014 die Leitung übernimmt. Als CEO von General Motors zählte sie laut Forbes beispielsweise im Jahr 2016 zu den fünf einflussreichsten Frauen der Welt. Heute liegt sie auf Platz neun – den ersten Platz sichert sich übrigens Ursula von der Leyen.

Mary Barra baut ebenfalls stark auf ihr Team. „Einer der Führungsgrundsätze, an die ich fest glaube, ist die Zusammenarbeit, das Miteinander“, sagte sie einst in einem Interview. Sie lege großen Wert auf regelmäßige Mitarbeiterumfragen und hat sich zum Ziel gesetzt, die „Köpfe und Herzen unserer Mitarbeiter zu gewinnen“. Nur so könne man erfolgreich sein.

Fünf Tipps, wie Sie als Female Leader erfolgreich sind

Klar: Nicht jede Frau hat das Ziel, CEO eines Großkonzerns zu werden. Darum geht es meiner Meinung nach auch nicht. Es beginnt mit der Geschäftsführerin des 20-Personen-Industriebetriebs um die Ecke oder die CFO eines Mittelständlers.

Für mich gibt es einige wichtige Merkmale, die Sie als Frau beachten können, um als (Female) Leader erfolgreich zu sein:

  1. Bauen Sie ein solides Netzwerk aus Kontakten in Ihrer Branche auf. Eventuell kann es auch sinnvoll sein, außerhalb der Branche zu schauen. Wichtig dabei: Verbinden Sie sich mit Frauen und Männern.
  2. Suchen Sie nach Mentorinnen und Mentoren, die Sie unterstützen und fördern können.
  3. Investieren Sie in Ihre persönliche und berufliche Weiterbildung. Sie können Ihren Führungsstil verfeinern und lernen, wie Sie am besten im Team kommunizieren. Ein persönlicher Tipp von mir: Empathie ist hier wichtig.
  4. Definieren Sie nicht nur für Ihr Team oder Ihre Projekte klare Ziele, sondern auch für sich selbst. Arbeiten Sie strategisch darauf hin, diese Ziele auch zu erreichen.
  5. Bleiben Sie ruhig und resilient, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Claudia Eder, die sich für Female Leader einsetzt und selbst eine weibliche Führungskraft ist, beobachtet, dass sie mit männlichen Kollegen sachlich bleibe und mit Frauen oftmals emotionaler sei.

Sollte es zu emotional sein, rät sie: „Besser sich nicht zur Emotionalität verleiten lassen, sondern durchatmen und wenn möglich, sich nicht im Thema verbeißen, sondern es ruhen lassen und eine Nacht drüber schlafen. Schon oft bin ich abends aus Meetings mit drei unpassenden Lösungswegen hinausgegangen und am nächsten Morgen war die vierte, richtige Lösung da.“

Braucht es eine Frauenquote in Führungsetagen?

Ich möchte Ihnen noch eine spannende Studie ans Herz legen. Der Leadership Circle hat die Ergebnisse aus Tests von über 84.000 Führungskräften ausgewertet und dabei die männlichen mit ihren weiblichen Pendants verglichen.

Frauen schneiden dabei in den gemessenen Kategorien des effektiven Leaderships besser ab als Männer. Zu den Kategorien zählten unter anderem Beziehungspflege, Selbstwahrnehmung, Authentizität, System-Bewusstsein oder das Erreichen von selbstgesteckten Zielen.

Braucht es also eine Frauenquote, damit sich zum einen der Trend verstärkt und zum anderen die Fähigkeiten von Female Leadership gefördert werden? Es gibt hier sowohl Pro- als auch Contra-Argumente.

Jennifer Lapp, Head of DE Growth bei HubSpot, meint: „Eine Frauenquote öffnet Türen für talentierte Frauen, die sonst übersehen werden könnten, und fördert eine Kultur der Gleichberechtigung. Jedoch birgt sie auch das Risiko, dass Qualifikationen in den Hintergrund rücken und die Auswahlverfahren weniger auf Leistung basieren.“

Für mich wäre eine konsequente Einhaltung einer Quote ein richtiger Schritt. Denn: Es verändert sich trotz vieler Versprechungen nicht wirklich etwas in den Führungsetagen hierzulande – zumindest in der Privatwirtschaft, wie die bereits erwähnten Zahlen zeigen.

Auf Bundesebene gibt es immerhin Initiativen wie das „Zweite Führungspositionen-Gesetz“, das den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf Bundesebene erhöhen soll. Darin ist unter anderem verankert, dass es in der Privatwirtschaft ein Mindestbeteiligungsgebot geben muss. Besteht ein Vorstand eines börsennotierten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, muss der Vorstand aus mindestens einem Mann und einer Frau bestehen.

Mitglieder der Geschäftleitung bekommen zudem die Möglichkeit für eine Auszeit – ob im Zuge der Mutterschaft, Elternzeit oder bei der Pflege eines Angehörigen. Nach Ablauf besteht weiterhin ein Anspruch auf eine erneute Bestellung als Mitglied der Geschäftsleitung.

Dass Veränderung nötig ist, sieht auch Dr. Elke Holst, Research Director of Gender and Diversity Studies der DIW Econ, so: „Ich habe Vorträge bei Unternehmen gehalten, bei denen der Tenor war: Wir sind schon über 100 Jahre erfolgreich – ohne Frauen im Vorstand. Warum sollen wir uns ändern?“

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sieht das ähnlich: „Vielen gilt der Mann immer noch als Ernährer, während die Frau den Haushalt schmeißt, sich um die Kinder kümmert und höchstens in Teilzeit arbeitet. Die Lebensrealität in Deutschland ist inzwischen aber sehr viel bunter.

Es gibt übrigens Untersuchungen, die zeigen, dass Berufe, die zunehmend von Frauen ausgeübt werden, im Lauf der Zeit geringer entlohnt werden. Gleichzeitig zeigt sich, dass Männer diese Berufe immer weniger ergreifen, weil sie schlechtere Verdienst- und Karrierechancen bieten. Das gilt zum Beispiel für das Grundschullehramt oder in der Buchhaltung.“

Fazit: Ist gute Führung abhängig vom Geschlecht?

Zum Abschluss ist für mich wichtig zu betonen: Ich glaube nicht, dass gute Führung vom Geschlecht abhängt. Es gibt genauso Männer, die gut führen. Aber eben auch Frauen, die schlecht führen.

Die US-Amerikanische Geschäftsfrau Sheryl Sandberg schrieb in ihrem Buch „Lean In: Woman, Work, and the Will do Lead“ einst, dass es in Zukunft keine Female (oder Male) Leader mehr geben werde, sondern nur noch Leader. Denn welche (Soft) Skills benötigt eine Führungskraft?

Meines Erachtens sind das Dinge, wie Verlässlichkeit, Vertrauen, gute Kommunikationsfähigkeiten, Empathie oder vorausschauendes Planungstalant. Keine dieser Eigenschaften ist männlich oder weiblich konnotiert. Es braucht also die richtige Führungsperson, das heißt den richtigen Menschen der vor einer Belegschaft steht.

Das bestätigt auch meine Kollegin Franziska Kolbe, Principal Manager DACH Partner Sales bei HubSpot. Für sie bedeutet Leadership, unabhängig vom Geschlecht: „Ich stehe nicht über meinem Team, sondern mittendrin. Mein Erfolg definiert sich durch den Erfolg meines Teams und der einzelnen Team-Mitglieder. Indem ich die Priorität auf ihr Wohlergehen und ihre Entwicklung lege, Hindernisse aus dem Weg schaffe und sie aktiv in strategische Themen involviere, erreichen wir die besten Ergebnisse.“

Und letztlich ist es noch viel wichtiger, dass jede und jeder die gleiche Chance bekommt. Doch leider zeigt uns der Alltag noch zu häufig: Frauen bekommen weniger Chancen als Männer. Das hat nicht zuletzt auch etwas mit dem gesellschaftlichen Konstrukt zu tun: Denn viele Frauen wünschen eine bessere Vereinbarkeit von Kind und Karriere.

Zu oft sind sie es, die dafür verantwortlich sind. Eine Quote könnte daher Sinn ergeben – nur so scheint Female Leadership in der Breite ankommen zu können.

Call-To-Action als Bild zum Thema erfolgreiche Führung

Titelbild: HubSpot

Themen: Leadership

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