Mit der boomenden Digitalisierung und dem Aufkommen unzähliger Onlineshops mit vergleichbaren Angeboten ist der Konkurrenzdruck für Unternehmen in der Vergangenheit stark gestiegen. Um sich von anderen Anbietern abzuheben, galt es lange als Ziel, die Erwartungen der Kundschaft zu übertreffen.

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Dieser Ansatz legt die Messlatte jedoch ständig höher und stößt irgendwann zwangsläufig an seine Grenzen. Abhilfe aus dieser Endlosschleife bietet die sinnvolle Steuerung von Kundenerwartungen. Hier erfahren Sie, wie das geht.

Kundenerwartungen: Kundenbedürfnisse lenken, statt hochschrauben

Immer höhere Erwartungen erfüllen zu müssen, kann ein Unternehmen schnell überfordern. Im schlimmsten Fall führt der Anspruch an die eigene Perfektion sogar dazu, dass ganz grundlegende Mindestanforderungen von Kundinnen und Kunden an das Produkt oder das Unternehmen zugunsten einer Kultur der hochgeschraubten Erwartungen zu kurz kommen.

Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein attraktives Produkt im Internet gesehen zu haben. Nach einer hervorragenden Beratung durch einen Sales-Mitarbeiter haben Sie es reibungslos bestellt und bequem bezahlt. Ein nützlicher Merchandise-Artikel sowie ein Rabatt wurden Ihnen dabei auch noch gewährt, die Lieferzeit wurde mit zwei bis drei Werktagen angegeben.

Die Tage verstreichen, doch Ihr Paket ist noch nicht da. Nach einer Woche werden Sie langsam ungeduldig und versuchen herauszufinden, wo Ihr Produkt bleibt. Plötzlich ist niemand mehr zu erreichen.

Telefon-Hotlines verwandeln sich in Dauerwarteschleifen, E-Mail-Adressen erweisen sich als schwierig zu finden und Kontaktaufnahmen bleiben unbeantwortet. Dann kommt das Paket endlich. Es ist zerdrückt und der Inhalt beschädigt. Ihre Reklamation wird zur nächsten Herausforderung.

Nach der überragenden Customer Experience am Anfang bricht die Leistung des Unternehmens nach dem Kauf plötzlich ein. Zuerst wurden Ihre Erwartungen übertroffen, aber dann kann das Unternehmen nicht einmal mehr grundlegende Anforderungen erfüllen.

So etwas kann geschehen, wenn das Unternehmen einen besonderen Schwerpunkt auf den Verkauf setzt. Eine Lösung für solche Diskrepanzen besteht darin, Kundenerwartungen auf ein realistisches Niveau zu bringen und Schwerpunkte für besondere Highlights zu setzen.

Kundenerwartungen: Beispiele für Basiserwartungen

Jede erfahrene Vertrieblerin weiß, dass es nicht möglich ist, jeden Kunden zu jeder Zeit zufriedenzustellen. Dennoch gibt es einige Mindestanforderungen an Produkte und Services, die Unternehmen erfüllen sollten, um ihren Erfolg zu sichern.

Diese Beispiele zeigen, welche Art von Standards gemeint sind:

  • Wenn Sie einen Onlineshop führen, sollte Ihre Website einen hohen Page Speed haben. Lange Ladezeiten führen zu einer eklatant höheren Abbruchrate und schmälern nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern langfristig auch Ihren Umsatz. Ein verlässliches Bezahlsystem mit verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten sowie mehrere Kontaktkanäle gehören ebenfalls zur Grundausstattung. Vorgeschrieben ist im Übrigen ein Impressum.
  • In Restaurants, Bistros und Catering-Unternehmen gelten die Vorschriften des Gesundheitsamts. Kundinnen und Kunden müssen sich auf die Einhaltung verlassen können.
  • Fluggesellschaften können den besten Bordservice bieten – wenn das Gepäck verschwindet, ist eine Mindesterwartung der Fluggäste nicht erfüllt.

So steuern Sie Kundenerwartungen: Sechs hilfreiche Tipps

Die Mindestanforderungen Ihrer Branche sollten Sie immer erfüllen, doch dadurch heben Sie sich nicht zwangsläufig von der Konkurrenz ab. Hier erhalten Sie nützliche Tipps, mit denen Sie die Erwartungen Ihrer Kundinnen und Kunden erfolgreich steuern und so an bestimmten Touchpoints der Customer Journey als Anbieter besonders herausstechen.

1. Teilen Sie Ihre Ressourcen gezielt ein

Nachdem Sie die grundlegenden Kundenerwartungen gesichert haben, legen Sie die Bereiche fest, in denen Sie die Erwartungen heben oder senken möchten. Das bedeutet, Sie entscheiden bewusst darüber, wo Sie Ihre Schwerpunkte setzen und in welchen Bereichen Sie tendenziell „underperformen“.

Die Idee, nicht überall unübertroffen zu sein, mag zunächst einmal erschreckend klingen, wird aber von einigen sehr erfolgreichen Unternehmen konsequent umgesetzt. Amazon etwa hat noch nie viel Wert auf einen visuell ansprechenden Onlineshop gelegt.

Nutzerfreundlichkeit und Angebotsvielfalt werden hingegen großgeschrieben. Die finanziellen Mittel für einen überragenden Web-Auftritt spart Amazon sich, das Unternehmen „underperformed“ in diesem Bereich sichtlich, während das Sortiment und die Personalisierung beispiellos sind. Bei diesen Aspekten „overperformed“ die Firma. Amazon-Kundinnen und Kunden akzeptieren diese Strategie und haben ihre Erwartungen angepasst.

2. Finden Sie Ihre Strategie

Die meisten Unternehmen positionieren sich entlang einer der folgenden drei Strategien: Kostenführerschaft, Differenzierung oder Nischen. Die Kostenführerschaft setzt auf günstige Preise, wie etwa der Lebensmitteldiscounter Lidl. Bei der Differenzierung liegt der Fokus auf einem Alleinstellungsmerkmal, welches das Produkt von anderen abhebt, wie etwa bei Apple. Nischen fokussieren einen speziellen Kundentyp oder Markt wie etwa Tesla als Hersteller von Elektrofahrzeugen.

3. Richten Sie Ihre Unternehmensaktivitäten auf Ihre Strategie aus

Damit Sie die Erwartungen Ihrer Kundinnen erfüllen, ist es wichtig, Ihre Unternehmensaktivitäten an Ihre gewählte Strategie anzupassen. Amazon beispielsweise zielt bei seiner Strategie auf eine große Auswahl und schnelle Lieferung ab.

Dafür braucht das Unternehmen viele Zulieferer und ein leistungsfähiges Logistiksystem. Prüfen Sie, welche Erwartungen Ihrer Kundschaft besonders im Vordergrund stehen sollten, und richten Sie Ihre Wertschöpfungskette darauf aus.

4. Kommunizieren Sie Ihre Schwerpunkte

Bei der Umsetzung Ihrer Strategie ist es essenziell, dass Sie die passenden Botschaften an Ihr Zielpublikum vermitteln. Für eine erfolgreiche Kundenkommunikation benötigen Sie eine gute Kenntnis Ihres Kundenstammes.

Vermarkten Sie Ihre Stärken und formen Sie so die Vorstellung Ihrer Kundinnen von Ihren Leistungen. Ihre Garantien, wie zum Beispiel eine 24/7-Erreichbarkeit, müssen zwingend erfüllt werden, damit Sie Ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen Ihrer Kunden behalten.

5. Bestimmen Sie Ihre Key Performance Indicators (KPIs)

Ob Sie sich für schnelle Lieferung, die besten Preise oder den optimalen Kundenservice als Schwerpunkt entscheiden, liegt bei Ihnen. Wichtig ist, dass Sie in diesen Bereichen Metriken erheben, mit denen Sie Ihre Performance messen und tracken können. Transparenz hinsichtlich der gesammelten Daten gegenüber Ihren Mitarbeitenden ist sinnvoll, um die strategischen Ziele noch stringenter zu verfolgen.

6. Sorgen Sie für Einheitlichkeit

Überall in Deutschland, Österreich und Schweiz werden die Menschen bei McDonald’s auf dieselbe Art und Weise begrüßt: „Willkommen bei McDonald’s, Ihre Bestellung bitte“. Die Räumlichkeiten, der Dresscode der Mitarbeitenden, die Speisen – Gäste wissen, was sie erwartet und spüren durch das unverwechselbare Markenerlebnis eine gewisse Vertrautheit.

Durch diese Kontinuität werden ihre Erwartungen vorab gelenkt und voll erfüllt. Überlegen Sie sich, in welchen Bereichen Einheitlichkeit sowohl Ihren Kundinnen als auch Ihrem Unternehmen einen Mehrwert bietet.

Fazit: Die Steuerung von Kundenerwartungen bringt Vorteile für Unternehmen und Kundschaft

Mit der Steuerung von Kundenerwartungen schaffen Unternehmen eine gesunde Grundlage für deren Erfüllung. Durch die strategische Positionierung stechen Sie als Anbieter an ausgewählten Touchpoints besonders hervor. So optimieren Sie die Customer Experience Ihrer Kundschaft und werden mit einem positiven Image und einer hohen Kundenbindung belohnt.

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Titelbild: SolStock / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 27. September 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Kundenorientierung