Über soziale Netzwerke haben Unternehmen die Chance, direkt mit ihren Kunden in Kontakt zu treten, auf deren Fragen, Wünsche oder Kritik einzugehen und so die Beziehung zu festigen. Gleichzeitig lassen sich damit auch vor den Augen der Community die eigenen Kompetenzen unter Beweis stellen, was wiederum neue Interessenten anlocken kann. Für einen überzeugenden Auftritt müssen Marketer und Mitarbeiter des Kundenservice allerdings perfekt harmonieren. Wir zeigen Ihnen, welche Unternehmen dieses Zusammenspiel beherrschen.
„Social Customer Service“ – von zentraler Bedeutung für den Unternehmenserfolg
Soziale Netzwerke gewinnen für Unternehmen jeder Branche zunehmend an Bedeutung. Einer Studie von Sprout Social zufolge nutzen Kunden mehrheitlich soziale Medien, wenn sie den Kontakt zu Unternehmen suchen (34,5 Prozent). Dahinter folgen Websites/Live-Chat (24,7 Prozent) und E-Mail (19,4 Prozent).
Die Vorteile für die Nutzer liegen auf der Hand: Über Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. können sie ihre Fragen, Probleme oder Kritikpunkte schnell und einfach an das jeweilige Unternehmen adressieren – sei es über einen Beitrag auf der Unternehmensseite oder durch eine entsprechende Verlinkung des Markennamens.
Für Unternehmen wiederum stellt diese Form der Kommunikation Chance und Herausforderung zugleich dar. Sie können in direkten Dialog mit ihren Kunden treten und Anfragen schnell und individuell bearbeiten – und den öffentlichen Dialog als Bühne nutzen, um ihre Kompetenz gegenüber der Community zu demonstrieren.
Herausforderung für Kundenservice und Marketing
Gerade das wiederum kann allerdings auch eine große Herausforderung darstellen – sowohl für kleine als auch für große B2B- und B2C-Unternehmen. Denn schließlich erwarten Nutzer entsprechend schnelle Antworten auf ihre Fragen. Laut einer Facebook-Studie wünschen sich Nutzer eine Reaktionszeit von unter 15 Minuten.
Bei Facebook etwa werden die Reaktionsquoten und -zeiten von Seitenbetreibern gemessen und angegeben. Sie bilden somit ein Gütesiegel für das Service-Level. Entsprechend reaktionsschnell müssen Unternehmen handeln.
Neben der Schnelligkeit kommt es natürlich auch im „Social Customer Service“ weiterhin auf die fachliche Kompetenz an. Weil der Kundendialog jedoch oftmals in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird, ist gleichzeitig Marketing Know-how gefragt. Denn für ein souveränes und überzeugendes Auftreten müssen Unternehmen schließlich die Eigenarten der sozialen Netzwerke berücksichtigen und die eigene Reputation im Blick behalten.
Es gilt etwa seriöse Anfragen von Trollen zu unterscheiden, Ironie zu erkennen und aktuelle Sprachspiele zu antizipieren, um richtig reagieren zu können und gar nicht erst in die Nähe von Fettnäpfchen oder Shitstorms zu geraten. Anhand von fünf positiven Beispielen zeigen wir, auf welche Aspekte es im „Social Customer Service“ besonders ankommt.
5 Vorzeige-Beispiele für Customer Service
1. Die Kunden ernst nehmen
Anliegen und Fragen von Kunden sollten stets ernst genommen werden. Das Social-Media-Team von dm zeigt, dass dies im Zweifel auch bedeutet, auf kurze Rückfragen ausführliche Antworten zu geben, dabei sachlich und höflich zu bleiben und auch auf weitere Rückfragen zu reagieren.
Im folgenden Fall bekommt die Facebook-Nutzerin beispielsweise eine ausführliche Antwort auf ihre Frage, die ihr allerdings in der Form noch nicht ausreicht. Das Unternehmen antwortet daraufhin erneut und stellt sie so zufrieden.
2. Die Kunden individuell ansprechen
Um Zeit und Kapazitäten zu sparen, neigen einige Unternehmen in der Kundenkommunikation auf sozialen Netzwerken dazu, Nutzer mit vorgefertigten Standardantworten (à la „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Unser Support kümmert sich um Ihr Anliegen.“) abzuspeisen oder kategorisch an eine Telefon-Hotline zu verweisen.
Das ist jedoch ein kapitaler Fehler! Denn in sozialen Netzwerken wirft dies ein negatives Licht auf das vermeintlich wenig engagierte Service-Team. Auf Plattformen wie Facebook und Twitter geht es gerade um das soziale Miteinander und den persönlichen Austausch zwischen den Nutzern.
Deshalb ist der positive Effekt umso größer, wenn sich Unternehmen tatsächlich Zeit für ihre Kunden nehmen und das direkte Gespräch suchen. Im Falle der Deutschen Bahn können dadurch auch Kunden bei Laune gehalten werden, die es mit Verspätungen zu tun haben.
Das Beispiel zeigt, dass Kundenservice auf Social Media als Dialog gedacht werden muss. Mit einer Standard-Antwort pro Nutzer ist es also im Zweifel nicht getan.
3. Kundendaten sensibel behandeln
Sicherlich sollte der Kundenservice in sozialen Netzwerken Probleme und Fragen so ausführlich wie möglich behandeln. Allerdings müssen Unternehmen dabei immer auch die Privatsphäre der Kunden wahren und private Daten sensibel behandeln.
Sind persönliche Informationen erforderlich, um das Anliegen zu bearbeiten, sollte der Austausch in den privaten Raum verlegt werden. Vodafone bittet etwa in folgendem Fall konkret darum, sensible Daten per Direktnachricht zu schicken und das Problem auf diese Weise weiter zu bearbeiten.
4. Handlungsschnelligkeit durch Social-Media-Monitoring
Dass sich die eingangs thematisierte Reaktionsschnelligkeit auszahlt, beweist ein Beispiel aus dem Twitter-Account der Comdirect Bank. Aus einem Gespräch mit der Sparkasse heraus adressiert ein wohl enttäuschter Kunde die Comdirect Bank und fragt, ob hier noch Neukunden erwünscht seien.
Weil die Bank prompt auf die Nennung reagiert, kann sie diese Steilvorlage gekonnt verwandeln und ist schnell mit dem Umzugsservice zur Stelle. Durch dieses Service-Gespräch konnte womöglich ein neuer Kunde gewonnen werden! Ihre Schnelligkeit im Service kann mithilfe einiger Tools optimiert werden, so zum Beispiel durch den Service Hub von HubSpot. Dieser unterstützt durch systemübergreifende Mitteilungen das Service-Team.
5. Humorvoll sein
Wenn es die Branche und Situation zulassen, sollten Unternehmen bei aller Ernsthaftigkeit allerdings auch ihren Humor nicht verlieren. Ganz im Gegenteil: Gelingt Service-Teams eine stimmige Balance aus Selbstironie und Sarkasmus, ohne dabei die eigene Professionalität zu unterwandern, können sie in der Gunst der Nutzer steigen.
Rewe und andere Unternehmen setzen dabei vor allem auf den Einsatz von GIFs. Je nach Situation kann dann ein von Natur aus eher sachlich geführtes Beratungsgespräch im Nu aufgelockert und die eigene Schlagfertigkeit unter Beweis gestellt werden.
Fazit – Guter Customer Service beginnt mit einem offenen Ohr
Social-Media-Monitoring ist die Grundlage für einen guten Kundenservice. Einerseits deshalb, um wie im Falle der Comdirect Bank schnell reagieren zu können, sobald der Unternehmensname genannt wird. Andererseits lässt sich daraus auch die eigene Kommunikationsstrategie ableiten. Unternehmen sollten daher analysieren, wie die eigene Zielgruppe kommuniziert und um welche Themen es geht, wenn Kunden und Interessenten über die eigene Marke sprechen:
- Äußern Kunden häufig die gleichen Fragen und Probleme?
- Wie viele positive und negative Kommentare gibt es?
- Wie viele Kundenanfragen gibt es generell?
Auf Basis dieser Fragen können Unternehmen zunächst festlegen, welche Ressourcen für den „Social Customer Service“ überhaupt notwendig sind. Reicht womöglich ein einzelner Mitarbeiter oder müssen Prozesse mit dem Marketing- und Service-Team aufgesetzt werden, um die Anfragen entsprechend zu bearbeiten?
Wenn immer wieder Fragen zu denselben Themen aufkommen, können Unternehmen von Synergieeffekten zwischen Service und Marketing profitieren. Gemeinsam können beide Abteilungen dann den FAQ-Bereich weiter ausbauen oder speziellen Service-Content in Form von Infografiken, Erklärvideos, Anleitungen oder ähnliches produzieren, der sich dann situativ an die Kunden ausspielen lässt.
Außerdem müssen Unternehmen immer berücksichtigen, mit welcher Tonalität Kunden kommunizieren:
- Äußern sie ihre Verärgerung aus einer Frustration heraus?
- Wird ein spezifisches technisches Problem adressiert?
- Wollen Nutzer einfach nur grundlos provozieren und das Unternehmen aus der Reserve locken?
Ein guter Kundenservice in sozialen Netzwerken profitiert hier ebenfalls von einem Zusammenspiel zwischen Service- und Marketing-Team. Gegebenenfalls können Marketer dann zunächst weniger fachliche Anfragen, Hinweise und sonstige Anmerkungen mit dem nötigen Feingefühl bearbeiten. Sobald es technisch wird, kann dann das Zepter an das Service-Team und dessen Fachkompetenz weitergereicht werden.
Obige Beispiele zeigen, wie effektvoll ein durchdachter Customer Service sein kann, um die Kundenbeziehungen in sozialen Netzwerken nicht nur zu stärken, sondern auch neue zu initiieren.