Jedes Unternehmens will das eigene Produkt erfolgreich verkaufen – das ist selbstverständlich. Weniger selbstverständlich ist allerdings, dass dieser Plan aufgeht. Das gilt insbesondere für Startups, die mit völlig neuen Produkten in den Markt eintreten. Um sicherzustellen, dass hier tatsächlich eine relevante Nachfrage besteht, müssen sie den Product-Market-Fit überprüfen.

Wie das funktioniert, was sich hinter dem Konzept verbirgt und was einen guten Product-Market-Fit ausmacht, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Product-Market-Fit: Das steckt dahinter

Startups zeichnet mehr als jedes andere Unternehmen aus, dass sie innovative Produkte kreieren. Das hält einerseits die Chance bereit, einen Markt revolutionär zu verändern. Andererseits stellt es die jungen Unternehmen aber auch vor ein zentrales Problem: Wenn es kein Vorbild für das eigene Produkt gibt, woher sollen sie dann wissen, ob es von ihrer Zielgruppe angenommen werden wird? Bedient es eine tatsächlich existierende Nachfrage? Oder geht es an den Bedürfnissen der potenziellen Kundschaft vorbei?

Betrachten wir das Beispiel Airbnb: Als das Unternehmen 2008 auf die Idee kam, die Vermietung der eigenen Wohnung an Touristen zu ermöglichen, handelte es sich um eine völlig neue Idee, die viele Fragen offenließ. Würden Privatpersonen überhaupt bereit sein, Fremden gegen Geld Ihre Wohnung zu überlassen? Und würden Touristen sich in den Privaträumen unbekannter Personen einquartieren wollen?

Diese Fragen diskutieren letztendlich, inwiefern das entwickelte Produkt und der bestehende Markt zusammenpassen – und eine Antwort liefert der Product-Market-Fit (PMF). 

Ob B2C oder B2B: Den passenden Product-Market-Fit ermitteln

Zu Beginn jedes Gründungsprojekts steht eine Lernphase. Hier lernen Unternehmen ihre Zielgruppe kennen und testen ihre Produktideen – unabhängig davon, ob sie sich an Endnutzer oder Geschäftskundschaft richten. Das kann wissenschaftlicher Forschung ähneln: Gründer und Gründerinnen stellen eine Hypothese zur Nachfrage ihres Produkts auf, die sie dann an Teilen des Marktes testen.

Hierzu bieten sich vor allem innovationsbegeisterte Early Adopter an, die gerne bereit sind, neue Produkte zu testen und ihr Feedback abzugeben. Die Rückmeldungen werden gesammelt, analysiert und das Produkt entsprechend angepasst. Der gesamte Prozess ist dabei im Idealfall iterativ: Das Vorgehen wird also mehrfach wiederholt, bis sich das Produkt bestmöglich der tatsächlichen Nachfrage angenähert hat.

Dafür müssen drei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Zielgruppe fordert tatsächlich eine neue bzw. bessere Lösung für ihr Problem. Andernfalls hätte sie keinen Grund, sich überhaupt mit dem Produkt zu beschäftigen.

  2. Das entwickelte Produkt bedient die Bedürfnisse der Zielgruppe und stellt gegenüber dem Status quo eine deutliche Verbesserung dar. Ansonsten wäre die Zielgruppe nicht motiviert, ihr Produkt statt dem eines Wettbewerbers (oder einfach gar keinem) zu kaufen.

  3. Es gibt keine nennenswerten Gründe für die Zielgruppe, das Produkt nicht zu kaufen.

Ist das Produkt einmal auf dem Markt, erkennen Sie einen guten Product-Market-Fit auch an den folgenden Metriken:

  • eine relativ hohe Konversionsrate

  • relativ niedrige Akquisitionskosten

  • eine niedrige Absprungrate (Churn Rate) der Kundinnen und Kunden

  • viele Kunden und Kundinnen empfehlen Ihr Produkt weiter

Andy Rachleff, einer der Entwickler der Idee vom Product-Market-Fit, geht sogar noch weiter: Er ist der Ansicht, dass eine optimale Passung zwischen Produkt und Markt dann gegeben ist, wenn sich das Produkt völlig ohne Marketingbemühungen verkauft. Denn wenn die Bedürfnisse der Zielgruppe exakt abgedeckt werden, sollte sich diese Botschaft von ganz alleine wie ein Lauffeuer per Mund-zu-Mund-Propaganda verbreiten.

Venture Fitting: Auch Geldgeber interessiert der PMF

Zur Finanzierung von Startups wird häufig Fremdkapital von Venture Capital Gesellschaften benötigt. Diese investieren aber am liebsten dann, wenn bereits ein Produkt-Prototyp existiert, der sich gegenüber Testkundschaft bewährt hat. Schließlich wollen Venture Capitalists durch ihr Investment einen Gewinn generieren – und dafür muss das Produkt auf dem Markt Erfolg haben.

Der PMF entscheidet also nicht nur über den finalen Erfolg des Produkts nach der Markteinführung, sondern gegebenenfalls auch darüber, ob Startups überhaupt das nötige Kapital generieren können, um an diesen Punkt zu gelangen.

Wie Sie effektiv Feedback einholen können

Ihren Product-Market-Fit zu ermitteln, ist also essenziell – und dafür benötigen Sie die Rückmeldung Ihrer Zielgruppe. Die folgenden zwei Methoden helfen Ihnen dabei, das entsprechende Feedback einzusammeln.

Der Mom-Test

Der Name dieser Methode spielt auf ein wesentliches Problem bei Zielgruppenbefragungen an: die soziale Erwünschtheit. Denn wenn Sie Ihre Mutter fragen, ob Ihr Produkt sinnvoll ist und relevante Bedürfnisse bedient, rechnen Sie vermutlich nicht mit einer absolut ehrlichen und objektiven Antwort. Denn natürlich möchte Ihre Mutter Sie bestärken und Ihnen vor allem ein gutes Gefühl geben.

Das Problem: Testkunden oder Teilnehmerinnen an Fokusgruppen verhalten sich oft ähnlich. Auf Fragen wie „Gefällt Ihnen das Produkt?“ werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein „Ja!“ als Antwort erhalten, da das die sozial verträglichere Antwort ist.

Um möglichst aussagekräftiges und ehrliches Feedback zu erhalten, sollten Sie daher anders vorgehen:

  • Sprechen Sie über das alltägliche Leben Ihrer Kundschaft (und deren Probleme) statt über Ihre Idee. Fragen Sie also lieber „Mit welchen Problemen haben Sie alltäglich zu kämpfen? Welche Lösung wünschen Sie sich?“ als „Ist dieses Produkt eine gute Lösung für Ihr Problem?“
  • Fragen Sie nach spezifischem Verhalten statt nach generischen Meinungen. Stellen Sie Fragen wie „Wie oft haben Sie das Produkt genutzt?“ oder „Welche Funktionen haben Sie am häufigsten/seltensten genutzt?“ statt „Hat Ihnen das Produkt gefallen?“
  • Lassen Sie Ihr Gegenüber reden und hören Sie zu. Stellen Sie möglichst offene Fragen, sodass Ihr Gegenüber beginnt, frei und ausschweifend über seine Erfahrungen mit dem Produkt zu reden. Je mehr Redelaune aufkommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Nachteile und Schwächen des Produkts angesprochen werden.

Der Net Promoter Score

Der Net Promoter Score (NPS) misst die Zufriedenheit und Weiterempfehlungsbereitschaft Ihrer Zielgruppe in Bezug auf Ihr Produkt. Zur Ermittlung stellen Sie die Frage „Wie wahrscheinlich ist es auf einer Skala von 0 bis 10, dass Sie das Produkt/die Marke einem Freund oder einer Kollegin empfehlen?“ Die Antworten teilen Sie dann wie folgt ein:

  • Wer eine 9 oder 10 angegeben hat, kann als Fürsprecher gewertet werden. Diese Kundengruppe ist vom Produkt überzeugt und wird positiv darüber sprechen.

  • Wer eine 7 oder 8 gewählt hat, ist eine passive Kundin. Diese sind unentschlossen, was das Produkt angeht – weder unzufrieden noch vollständig begeistert.

  • Wer sich für eine 6 oder weniger entscheidet, gilt als Kritiker, der mit dem Produkt unzufrieden ist.

Den NPS ermitteln Sie nun, indem Sie den prozentualen Anteil der Kritiker vom prozentualen Anteil der Fürsprecher abziehen. Laut Rachleff sollte der NPS bei 40 oder höher liegen, damit Unternehmen von einem ausreichenden Product-Market-Fit ausgehen können. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn auf 60 Prozent Fürsprecher nur 20 Prozent Kritiker kämen.

Das Product-Market-Fit-Canvas

Das Product-Market-Fit-Canvas ist eine nützliche Methode, um alle Erkenntnisse und Ideen zur Passung von Produkt und Markt übersichtlich grafisch festzuhalten. Entsprechende Vorlagen finden Sie zum Beispiel bei Miro oder Canvas Revolution.

Das Canvas teilt sich in zwei Hälften auf, wobei sich die linke mit der Zielgruppe / der Kundschaft und deren Bedürfnisse beschäftigt, die rechte mit dem Produkt. Die eigentliche Analyse erfordert nun, dass Sie auf jeder Seite je vier Fragen beantworten:

Denken Sie in Bezug auf Ihre Kundinnen und Kunden über die folgenden Aspekte nach:

  • Merkmale: Wer sind Ihre Kunden und Kundinnen? Wie können Sie sie gruppieren? 

  • Probleme und Bedürfnisse: Welche Probleme versuchen Sie mit dem Produkt zu lösen? Welche Bedürfnisse sprechen Sie an?

  • Kanal: Wie und wo erhält die Kundschaft Zugang zu Ihrem Produkt? Handelt es sich dabei um einen Kanal, mit dem die Zielgruppe vertraut ist?

  • User Experience: Wie wird die Buyer’s Journey im Detail aussehen? 

In der Produktspalte nehmen Sie nun auf die gegenüberliegenden Statements in der linken Spalte mit diesen Fragen Bezug:

  • Alternativen: Welche Dienstleistungen oder Produkte nutzen die Kundinnen und Kunden aktuell? Hieraus ergibt sich Ihre Konkurrenz.

  • Wesentliche Funktionen: Welche Funktionen setzen Ihr Produkt vom Wettbewerb ab und sprechen gezielt die Kundenbedürfnisse an?

  • Mehrwert für den Kanal: Inwiefern wird der entsprechende Absatzkanal davon profitieren, Ihr Produkt zu vertreiben?

  • Wesentliche Metriken: Wie werden Sie den Erfolg Ihres Produkts messen und überwachen? 

Fazit: Wirtschaftlicher Erfolg durch den Product-Market-Fit

Der Product-Market-Fit ist die absolute Grundvoraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Das gilt zwar insbesondere für Startups, die oft mit völlig neuen und beispiellosen Geschäftsideen antreten, grundsätzlich aber auch für etablierte Unternehmen, die die Einführung eines neuen Produkts planen.

Gleichzeitig sollte der Product-Market-Fit nicht nur beim Markteintritt ins Auge gefasst, sondern kontinuierlich überwacht werden. Schließlich ändern sich Marktsituation und Kundenbedürfnisse fortlaufend – und Sie sollten bereit sein, Ihr Produkt entsprechend anzupassen.

New call-to-actionTitelbild: William_Potter / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 9. März 2021, aktualisiert am März 17 2023

Themen:

Produktmanagement