Erfahrene Fach- und Führungskräfte sind in vielen Unternehmen eine entscheidende Ressource. Wenn sie ihr Unternehmen verlassen, kann dies einen enormen Wissensverlust zur Folge haben. Mit einem strukturierten Wissenstransfer können Sie dem entgegenwirken. In diesem Artikel erfahren Sie, mit welchen Methoden Sie erfolgreich Wissen und Erfahrungen auf neue oder unerfahrene Mitarbeitende übertragen können.
Wie funktioniert Wissenstransfer?
Wissenstransfer ist der Austausch und die Weitergabe von relevanten Informationen zwischen Einzelpersonen, Teams und Abteilungen in einem Unternehmen. Dies kann über Prozessbeschreibungen, Handbücher, Checklisten, Workshops, (moderierte) Gespräche, Websites, Wikis und vieles mehr erfolgen.
Voraussetzung dafür ist einerseits eine entsprechende Unternehmenskultur, die zum offenen Transfer von Wissen motiviert und Herrschaftswissen vermeidet, andererseits eine zielgerichtete, strukturierte Vernetzung an den relevanten Schnittstellen.
Warum ist Wissenstransfer wichtig?
Wenn Wissen von erfahrenen Mitarbeitenden auf neue Teammitglieder übertragen und in Datenbanken gespeichert wird, bleibt relevantes Wissen dauerhaft im Unternehmen. Neue Mitarbeiterinnen werden schneller zu Expertinnen – dies führt zur intensiveren Verbundenheit zum Unternehmen und steigert nachhaltig Produktivität.
Werden Erfahrungen von Älteren und Fachwissen von Jüngeren kombiniert, erhöht dies zudem die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens. Ein erfolgreicher Wissenstransfer spart auch Kosten für Weiterbildungen. Die Schaffung von Wissensdatenbanken lässt weiterhin leichter erkennen, wo es Wissenslücken gibt, die dann mit Hilfe verschiedener Maßnahmen geschlossen werden können.
Grundsätzliche Methoden für den Wissenstransfer
Man unterscheidet zwei grundlegende Ansätze für den Wissenstransfer: den personifizierten Wissenstransfer und den kodifizierten Wissenstransfer.
Beim personifizierten Wissenstransfer werden Wissen und Erfahrungen von Person zu Person weitergegeben. Dies erfolgt sowohl spontan, etwa in zwanglosen Gesprächen am Schreibtisch oder in der Büroküche, als auch strukturiert, etwa in Workshops oder anhand von Checklisten.
Beim kodifizierten Wissenstransfer wird Wissen über eigens dafür eingerichtete Datenbanken gespeichert und weitergegeben, etwa in Form von internen Wikis oder Prozessbeschreibungen.
So gelingen Wissenstransfer und Wissensmanagement im Unternehmen
Für den personifizierten und den kodifizierten Wissenstransfer gibt es verschiedene bewährte Methoden. Zunächst zum personifizierten Ansatz, bei dem der Austausch zwischen zwei oder mehreren Menschen erfolgt:
Altersgemischte Teams
Ältere, erfahrene Mitarbeiterinnen und jüngere Kollegen arbeiten in dieser Methode zusammen in einem Team. Die Idee: Durch die tägliche Arbeit miteinander findet ein natürlicher, spontaner Wissenstransfer statt, indem die älteren Beschäftigten den jüngeren ihre Erfahrungen mitteilen.
Im Gegenzug bringen die Jüngeren ihre aktuell erlernten (theoretischen) Kenntnisse ein – so profitieren beide Seiten, die Zufriedenheit aller steigt und das Unternehmen kann produktiver arbeiten.
Lerntandems
Ähnlich wie in den altersgemischten Teams soll ein spontaner Wissenstransfer dadurch gelingen, dass Mitarbeitende mit unterschiedlichem Erfahrungsschatz zusammenarbeiten. Im Lerntandem sind dies zwei Kollegen bzw. Kolleginnen, die für eine begrenzte Zeit gemeinsam vorab definierte Aufgaben bearbeiten. Lerntandems können schnell und unkompliziert gebildet und flexibel eingesetzt werden.
Mentoring
Auch beim Mentoring werden ein erfahrener und ein unerfahrener Mitarbeiter vernetzt. Sie arbeiten jedoch nicht gemeinsam an den Aufgaben. Vielmehr begleitet die erfahrene Mentorin ihre Kollegin und steht ihr als ständige Ansprechpartnerin bei Problemen und Fragen zur Verfügung.
So kann sichergestellt werden, dass auch der weniger erfahrene Mitarbeitende von Beginn an eigene Erfahrungen sammeln kann. Die Mentorin kann hierbei auch unternehmensfremd sein, etwa in Form eines Spezialisten aus kooperierenden Unternehmen oder einer Unternehmensberatung.
Moderierte Übergabegespräche
Vor allem wenn Fach- oder Führungskräfte ein Unternehmen verlassen, bietet sich die Form der moderierten Übergabegespräche zum Wissenstransfer an. Die erfahrene Kraft, ihre Nachfolgerin und eine Moderatorin kommen dabei zusammen, um in einem strukturierten Gespräch Wissen und Erfahrungen auszutauschen.
Durch die Moderation sollen insbesondere diejenigen Aspekte des Arbeitsalltags herausgearbeitet werden, die der erfahrenen Mitarbeiterin womöglich als selbstverständlich erscheinen. Hierbei geht es um Rollenverständnisse, Netzwerke, Traditionen oder Kommunikationsstile. Das Wissen darüber kann der Nachfolgerin den Einstieg, auch abseits von fachlichen Aspekten, wesentlich vereinfachen.
Workshops
In sogenannten Lessions-Learned-Workshops geht es darum, einen bewussten Blick zurückzuwerfen, etwa auf abgeschlossene Projekte. Ziel dabei ist es, alle positiven und negativen Erfahrungen zu sammeln, diese gemeinsam zu diskutieren und daraus Lehren für künftige Projekte zu ziehen. Wenn diese Erkenntnisse entsprechend im Wissensmanagement dokumentiert werden, können einmal gemachte Fehler in neuen Projekten vermieden werden.
Beim kodifizierten Wissenstransfer geht es um den Austausch zwischen einem Menschen und einem Informations- oder Kommunikationssystem, mit dem Ziel, Wissen zu vermitteln. Bewährte Methoden sind dabei:
Gelbe-Seiten-Verzeichnis
Ähnlich den Gelben Seiten, einem nach Branchen oder Fragestellungen sortiertes Adress- und Telefonbuch, können auch Unternehmen Ansprechpartnerverzeichnisse anlegen.
So finden Mitarbeiterinnen insbesondere in großen Firmen schnell Hilfe bei Fragestellungen, die über ihre alltäglichen Aufgaben hinausgehen. Ein gut geführtes und logisch aufgebautes Firmenadressbuch hilft so, schnell auf Kompetenzen und Erfahrungen der internen Expertinnen zugreifen zu können.
FAQ-Listen
Frequently asked questions (FAQ; engl. für häufig gestellte Fragen) sind eine Sammlung von oft gestellten Fragen und den dazugehörigen Antworten. Zentral im Intranet gespeichert, können gepflegte FAQ-Listen einen schnellen und intuitiven Wissenstransfer ermöglichen.
Unternehmens-Wiki
Wikis sind Websites, auf denen Userinnen Inhalte nicht nur lesen, sondern direkt auch selbst erstellen können. So können Wissen und Erfahrungen dank Schwarmintelligenz in einer großen Gruppe von Menschen gesammelt und dokumentiert werden.
So ist mit wikipedia.org das wohl umfangreichste Onlinelexikon entstanden. In ähnlicher Weise können auch Unternehmen das kollektive Wissen ihrer Belegschaft in einem Wiki sammeln (lassen), eine Wissensdatenbank aufbauen und so neuen Mitarbeitenden zur Verfügung stellen.
Wissenstransfer in Zeiten der digitalen Transformation
Im digitalen Zeitalter werden immer mehr Informationen gesammelt, aus unterschiedlichsten Quellen. Seien es Kundendaten, Unternehmensdaten oder eben auch Wissen von Mitarbeiterinnen, Teams und Kunden oder Lieferanten.
Je größer die Anzahl der Quellen, desto unübersichtlicher kann die Speicherung des Wissens werden. Daher ist es für ein Unternehmen von immenser Bedeutung, sämtliches dokumentiertes Wissen in einer gut organisierten Struktur zu pflegen.
Nur wenn Informationen schnell gefunden werden, ist das gespeicherte Wissen auch nutzbar. Es gilt daher, Insellösungen abzuschaffen, Datensilos aufzulösen, deren Content allen (berechtigten) Mitarbeiterinnen zugänglich zu machen und den digitalen Wissensaustausch mittels geeigneter Datenbanksysteme zu vereinfachen.
Fazit: Effizienter Wissenstransfer schafft nachhaltigen Erfolg
Dank eines strukturierten Wissenstransfers, sowohl auf persönlicher als auch auf systemischer Ebene, bleibt Wissen im Unternehmen. Dies hilft nicht nur bei der Einarbeitung neuer Fachkräfte, es fördert auch deren Bindung. Wenn Wissen effizient gemanagt und übertragen wird, erhöht dies letztlich die Produktivität und Innovationskraft eines jeden Teams und bildet so die Basis für nachhaltigen Erfolg.
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