In einer Zeit, in der die Wahrnehmung von Unternehmen für deren Wettbewerbsfähigkeit immer entscheidender wird, darf eine inhaltliche Markengestaltung nicht zu kurz kommen. Der inhaltliche Mehrwert wird zunehmend gleichbedeutend mit dem eigentlichen Wettbewerbsvorteil von Produkten oder Dienstleistungen. Sowohl „Hidden Champions“ aus dem B2B-Sektor als auch große Konzerne stehen vor der Herausforderung, in einer globalisierten, digitalisierten Welt ein klares und attraktives Profil zu behalten.
Bisher schienen sich die europäischen „Big Player“ und etablierten Unternehmen jedoch allein auf ihren Kernkompetenzen auszuruhen. Die fortschreitende Entwicklung von Industrienationen sowie Mega-Regionen und deren zum Teil aggressive, interkontinentale Markterschließung werden viele Kompetenzen hierzulande jedoch redundant machen – sollten jene Firmen nicht bald die europäische Wohlfühlecke verlassen und sich proaktiv inhaltlich positionieren.
Wie sich B2B-Unternehmen nicht nur durch die Digitalisierung ihrer Produktions-, sondern auch ihrer Marketing- und Vertriebsprozesse im Wettbewerb positionieren können, wird daher zur Schlüsselfrage. Gemäß einer Studie des Marktforschungsunternehmens Forrester recherchieren rund 74 % aller B2B-Einkäufer online, bevor sie sich für einen Zulieferer entscheiden. Man kann also nicht mehr davon ausgehen, dass Unternehmen im B2B-Bereich langfristig einzig und allein mit Beziehungsmarketing erfolgreich sein können.
Dies geht einher mit einem steigenden Fachkräftemangel, auch im Vertrieb von komplexen B2B-Produkten und -Dienstleistungen, der ja häufig von spezialisierten Experten übernommen wird. Eine Marktexpansion durch die Einstellung zusätzlicher Angestellter im Vertriebsteam oder die Eröffnung weiterer nationaler und regionaler Büros ist gar nicht mehr so einfach. Da liegt es nahe, Lösungen zu kreieren, die sich digital skalieren und grenzüberschreitend ohne Ressourcenengpässe anbieten lassen. Voraussetzung hierfür ist ein umfassendes Verständnis der digitalen „Customer Journey“.
Wie können sich B2B-Unternehmen in der Customer Journey positionieren?
Die Antwort auf diese Frage klingt zunächst einmal simpel: „Thought Leadership“. Dabei wird mittels hochwertiger Inhalte und deren Verbreitung eine entsprechende Reichweite bei relevanten Zielgruppen generiert, über die letztendlich gewinnbringende Interaktionen auf der eigenen Website entstehen.
Eine solche Vordenkerrolle ist essenziell im B2B-Bereich, denn es geht um Vertrauen in die Qualität und Innovationskraft eines Unternehmens. Ausnahme bilden Waren, bei denen ausschließlich der Preis eine Rolle spielt.
Das gelingt aber nur durch exzellente Inhalte, welche auf die Erhöhung der eigenen Reichweite ausgerichtet sind und so nicht nur einen Beitrag zur Kundenbindung, sondern auch zur Generierung hochwertiger Leads und einem ökonomischen Lead-Nurturing beitragen. Gerade bei umfangreicheren Investitionen gibt es einen intensiveren Entscheidungsprozess, der eine sehr detaillierte Erklärung der Dienstleistungen und Produkte erfordert.
Durch den inhaltlichen Mehrwert ist eine qualitative Auseinandersetzung mit den Produkten und Dienstleistungen erst möglich, und Unternehmen können so indirekt Vertrauen in die eigene Marke aufbauen und langfristig kultivieren – ein Effekt, der durch Kommunikationsmittel wie Google-Anzeigen oder andere werbliche Inhalte gerade im B2B kaum möglich ist. Auch aufgrund des Fachkräftemangels im B2B-Vertrieb führt kein Weg am Content-getriebenen Marketing vorbei. Content-Marketing ist ein essenzieller Bestandteil der B2B-Customer-Journey.
Was ist Content-Marketing?
Content-Marketing ist der strategische, zielführende Einsatz von Inhalten, um die Bedürfnisse von Kunden anzusprechen, Vertrauen in ein Unternehmen aufzubauen und profitable Beziehungen zu ausgewählten Zielgruppen zu festigen.
Die B2B-Customer-Journey ist komplex. Doch wer sich auf die Intention der Nutzer fokussiert, kann ermessen, welche Inhalte zu welchem Zeitpunkt die gewünschte Wirkung und damit die gewünschten Ergebnisse generieren. Dabei sollte eine ganzheitliche Kommunikation stattfinden; nachhaltigen Kundenbeziehungen basieren auf einem sich ständig wiederholendem Kreislauf aus Content- und Performance-Marketing-Maßnahmen.
Jedoch müssen B2B-Unternehmen sich inhaltlich frühzeitig positionieren: Die Zeit rennt und die Konkurrenz schläft nicht! Entscheidungsträger im B2B-Bereich entwickeln zunehmend ein Bewusstsein für die Relevanz von Content-Marketing-Maßnahmen. Laut der „State of B2B Digital Marketing“-Studie von Demand Wave planen 41 % der befragten Unternehmen mehr Budget für Suchmaschinen- und Social-Media-Inhalte ein. Zudem schätzten rund 30 % der befragten Unternehmen einer Content-Marketing-Studie von Suxeedo die Bedeutung von Content-Marketing für die Zukunft als „hoch“ bis „sehr hoch“ ein. Laut einer Saxoprint-Studie zum Marketing im technischen Mittelstand liegt der Anteil an Content-Marketing-Ausgaben bei den profitabelsten Unternehmen im Durchschnitt um 13 % höher. Insgesamt steigen die Investitionen aller Unternehmen in Content-Strategien.
Kommunikationsebenen in der B2B-Customer-Journey
In seinem Buch „Spin Selling“ fasst Neil Rackham das Erfolgsprinzip von Content-Marketing wie folgt zusammen: Unternehmen, die Geschäftsabschlüsse aggressiv verfolgen, werden am Ende weniger Erfolge erzielen. Laut Rackham haben die proaktiven und direkten Versuche von Vertriebsmitarbeitern, potenzielle Kunden zu einem Kaufabschluss zu bewegen, einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg von Vertriebsgesprächen.
Kundenanrufe mit im Durchschnitt nur 1,4 solchen Versuchen haben eine Erfolgsquote von bis zu 70 %. Anrufe mit im Durchschnitt 5,8 Versuchen erzielen jedoch bloß in 37 % der Fälle erfolgreiche Abschlüsse. Auf den Punkt gebracht: Wer „pushy” ist, verprellt die Kunden.
Um in den digitalen Medien Berührungspunkte zwischen Unternehmen und ihren Zielgruppen zu schaffen, müssen alle Kommunikationskanäle separat und auf ihre Wirkungsweise hin betrachtet werden. So können entsprechende Potenziale identifiziert und strategisch genutzt werden. Beispielsweise suchen Nutzer in den sozialen Medien nicht nach transaktionsbasierten Inhalten, um einen Kauf abzuschließen. Vielmehr befinden sie sich in diesem Stadium in einem „Browsing-Modus“ und wollen unterhalten werden und Neues entdecken. Dennoch können sich B2B-Unternehmen auch hier positionieren – sofern sie die richtigen Themen und Formaten bedienen.
Grundsätzlich gilt es in der B2B-Kommunikation den Kontext der Customer Journey zu berücksichtigen:
Der Prozess wird von der Nutzerintention bestimmt: Die Customer Journey und die Ziele, die auf jeder Stufe verfolgt werden, sind wesentlich von den Bedürfnissen der Nutzer geprägt.
Kommunikation entlang der Customer Journey: Die Nutzerintention ist das Maß aller Dinge
Der digitale Vertriebstrichter (Sales Funnel) ist an den Kaufprozess angelehnt, den Nutzer durchlaufen, wobei die einzelnen Phasen vor allem durch die Nutzerintention geprägt sind. Searchmetrics hat bereits mehrfach postuliert, dass rund 80 % des gesamten Internet-Traffic durch die Informationsbedürfnisse der Nutzer generiert werden. Dementsprechend sollten die Inhalte im B2B-Content-Marketing ausgerichtet und gewichtet werden.
Angefangen mit der Bewusstseinsphase (Awareness) und gefolgt von der Überlegungsphase (Consideration) entsteht ein großer Trichter, über den die B2B-Zielgruppe abgeholt werden kann. Die transaktionsbasierten Bedürfnisse der Nutzer bauen auf ihren Informationsbedürfnissen auf, betreffen jedoch bloß 20 % des gesamten Traffic. Für den Erfolg sind hier andere Faktoren wie beispielsweise eine optimierte „User Experience“ (UX, Nutzererlebnis) entscheidend – jene Komponenten, welche die Entscheidungsfindung unterstützen. In der Entscheidungsphase wird der inhaltliche Diskurs mit den Nutzern wieder aufgenommen und der Kreislauf bis hin zur Transaktion beginnt von vorn.
Bild: searchmetrics
Die Mehrheit des gesamten Internet-Traffic entsteht durch die Informationsbedürfnisse der Nutzer. So sollten auch Unternehmen sich inhaltlich positionieren, um an das enorme Potential der Suche nach Informationen anzuknüpfen.
1) Awareness: Die Nutzer durch Inhalte aufmerksam machen
In der Bewusstseinsphase (Awareness) werden Nutzer zunächst auf ein Thema aufmerksam, bzw. möchten mehr zu einem bestimmten Thema erfahren. Der Erkenntnisgewinn in dieser Phase bildet das Fundament für die weiteren Handlungsschritte in den darauffolgenden Phasen.
- Die Intention in der Bewusstseinsphase ist, sich erst einmal mit Herausforderungen und Chancen auseinanderzusetzen, die mit einem Produkt oder einer Dienstleistung einhergehen. Die Nutzer beschäftigen sich beispielsweise damit, wie man Qualität und Kosteneffizienz beim Bau einer Chemiefabrik im Ausland sicherstellen kann, aber nicht damit, proaktiv eine Beratungsfirma dafür zu suchen.
- Wichtig ist, dass die Intentionalität in der Bewusstseinsphase sinnvoll mit den Unternehmenszielen verknüpft wird. Das Ziel kann in der Bewusstseinsphase nicht der Abverkauf sein. Es geht darum, die Kunden durch die weitaus höhere Reichweite in der Bewusstseinsphase schon dann zu erreichen, wenn sie über Lösungen nachdenken, um sich dort als Marke im Bewusstsein der Kunden zu verankern.
Tipp: Die meisten Unternehmen sind in ihren Botschaften sehr auf sich selbst fokussiert, sie positionieren ihre Produkte und Dienstleistungen als Antwort auf alle Fragen, die potenzielle Kunden haben. Dabei sollten erst einmal die übergeordneten Herausforderungen inhaltlich adressiert werden, bevor mit der Produktwerbung begonnen wird.
2) Consideration: Den Nutzern proaktiv Entscheidungshilfen geben
In der Überlegungsphase (Consideration) verfügen Nutzer bereits über ein gewisses Grundwissen und spielen nun mit dem Gedanken, einen Kauf zu tätigen. Sie suchen nach Argumenten, um die bestmögliche Option ermitteln zu können.
- In der Überlegungsphase haben Kunden Interesse an leistungsbezogenen Themen, um den Nutzen von Produkten / Dienstleistungen einschätzen zu können. So beschäftigt sich beispielsweise der CTO einer Airline mit der Kostenersparnis, welche ein mit künstlicher Intelligenz gesteuerter Buchungsalgorithmus hervorbringen kann. Aber aufgepasst: Er sucht zu diesem Zeitpunkt noch nicht nach spezifischen Softwareherstellern, die einen solchen Algorithmus anbieten.
- Was die Unternehmensziele betrifft, kann man neben der Ausrichtung auf Reichweite und Branding das schon konkrete Interesse der Kunden nutzen, um mit vertiefenden Inhalten wie einem Whitepaper den Kundenkontakt zu erhalten. Mit entsprechendem Nurturing werden diese Kontakte zu Leads (abverkaufsrelevant).
Tipp: Die Bewusstseins- und Überlegungsphasen sind in der Praxis häufig nicht einfach inhaltlich voneinander zu differenzieren. Deswegen sind sie hinsichtlich der Unternehmensziele ähnlich anzugehen.
3) Transaction: Den Nutzern lohnende Transaktionen signalisieren
In der Transaction-Phase möchten Nutzer einen Kauf tätigen. Sie wissen bereits, was sie wollen. Long-Form-Inhalte sind an dieser Stelle daher irrelevant. Stattdessen suchen sie nach Portalen, in denen das Produkt oder die Dienstleistung ansprechend angeboten werden.
- Die Kundenintention in dieser Phase ist im B2B-Bereich spezieller als im B2C-Bereich. Da die Lösungen komplexer und die Budgets viel höher sind, geht es in erster Linie darum, glaubwürdig die Vorteile zu kommunizieren und diese im Detail zu erklären. Hier gilt es auch, Herausforderungen der Kunden zu thematisieren und tiefer in die Lösungen vorzudringen. Es sollte also nicht nur thematisiert werden, dass eine angebotene Maschine effizienter ist, wenn sie 200.000 Euro kostet. Zielführender ist es, aufzuzeigen, dass sie einfacher funktioniert und dadurch Trainingskosten einspart; dass sie weniger Fehler produziert, weil sie präziser ist; dass sie Energie einspart usw.
- Das Unternehmensziel in dieser Phase ist die Lead-Gewinnung und der Abverkauf. Leads sind – im Gegensatz zu Kontakten – direkt an einer Zusammenarbeit interessiert. Hier ist es wichtig, dass das Zusammenspiel zwischen dem digitalen Marketing und dem (Offline-)Vertrieb funktioniert. Entsprechende Prozesse müssen etabliert sein.
Tipp: Die Transaction-Phase ist die Lieblingsphase der meisten Unternehmen, schließlich geht es hier vor allem um ihre Produkte und Dienstleistungen. Wer sich jedoch nur auf sie beschränkt, generiert zu wenige Leads. Für eine möglichst effiziente Lead-Generierung werden die vorherigen Phasen benötigt.
4) Loyalty/Engagement: Nutzer nachhaltig an die Marke binden
Kundentreue und die Pflege von Kundenbeziehungen haben wir hier einmal zusammengelegt. Der Grund ist, dass sich das Nurturing eines Erstkontakts und die Pflege eines bestehenden Kontakts sehr ähneln. Letztlich geht es darum, durch eine Kombination von redaktionellen und werblichen Inhalten einen Bedarf zu wecken und zu erfüllen.
- In dieser Phase suchen Kunden nach konkreten Tipps, die im B2B-Bereich im Kern meist mit effizienteren Prozessen und Maßnahmen zur Steigerung der Profitabilität bzw. Produktivität zu tun haben. Dabei muss man nicht auf der operativen Ebene bleiben, sondern kann auch auf die strategische oder inspirative Ebene gehen.
- Hier können multiple Ziele verfolgt werden. Bei neuen Kontakten geht es erst einmal um das Nurturing, bei existierenden Kunden um Kundenbindung und Upselling.
Tipp: Häufig arbeitet man in der Loyalty/Engagement-Phase mit Newslettern. Gerade bei neuen Kontakten kann es sinnvoll sein, statt einem regulären Newsletter eher eine Serie von Newslettern zu einem bestimmten Thema und mit einem klaren Verlauf (und Ende!) zu verwenden. So kann gleichzeitig die Aufmerksamkeit für den jeweiligen Newsletter erhöht und die Abonnement-Barrieren können gesenkt werden. Laut der „State of B2B Digital Marketing”-Studie von Demand Wave bewerten 72 % der befragten B2B-Entscheidungsträger E-Mails als wirksamsten Marketingkanal, um Abverkäufe zu steigern – sofern sie Teil einer Multichannel-Strategie sind.
Die Formate: Berührungspunkte und Intention als Rahmen
Content-Formate sind vor allem vom jeweiligen Kanal abhängig. Auf Social Media funktioniert sogenannter „snackable Content” (Memes, Stories, Videos, Grafiken, etc.) gut. Wenn Nutzer bei Google nach Antworten zu einem Sachverhalt suchen, erwarten sie hilfreiche Ratgeber-Inhalte. Deren Komplexität und Umfang sind dabei vom jeweiligen Keyword abhängig. Publikationen auf externen Portalen wie Branchenmagazinen müssen dem Profil der Leserschaft und der Tonalität des Magazins entsprechen.
Aus der Operationalisierung der digitalen B2B-Customer-Journey ergibt sich folgende Systematik:
Fokus auf Content-Marketing: Für die Awareness-, Consideration- und Loyalty-Phasen funktionieren alle Formate, die Nutzern durch relevante Informationen einen inhaltlichen (und damit nicht rein werblichen) Mehrwert bieten– abhängig von Kanal und Phase der Customer Journey. Dazu zählen:- „Content Hubs“ (Magazine oder Blogs) mit Fachartikeln, News-Artikeln, Stories, Videos und Grafiken. Die Aufbereitung dieser Formate hängt von der jeweiligen Plattform ab, für die sie konzipiert werden – Social Media oder Suchmaschinen. Laut einer Saxoprint-Studie zum Marketing im technischen Mittelstand setzen 82 % der befragten Unternehmen vor allem auf Artikel, die auf der eigenen Website publiziert werden – gefolgt von visuellen Inhalten (77 %).
- „Hero Content“ sind Inhalte, die für sich stehen und eine eigene Strahlkraft entfalten. Dies eignet sich für eine proaktive Verbreitung mittels Seeding sowie für die Lead-Generierung. Beispiele sind Whitepaper, Rechner, Studien, oder Infografiken. Laut der „State of B2B Digital Marketing”-Studie von Demand Wave betrachten übrigens 61 % der befragten B2B-Entscheidungsträger Whitepaper als das Top-Format, um Leads zu generieren – Nutzer also aus einem inhaltlichen Interesse heraus in den Kaufprozess zu ziehen.
- Im Zusammenhang mit den Inhalten sollten an strategischer Stelle immer Calls-to-Action platziert werden, um die Konversion anzuregen, beispielsweise durch Downloads, Banner oder Kontaktformulare.
Kanäle und Plattformen: Die Nutzer an der richtigen Stelle abholen
Häufig wird im B2B-Marketing die Frage nach der Plattform gestellt. Dies ergibt Sinn, da sich die wirkungsvollen Plattformen je nach B2B-Lösung dramatisch voneinander unterscheiden können. Google ist als Plattform von zentraler Relevanz, um Reichweite zu erzeugen. Bei Social-Media-Kanälen sind Facebook, Instagram und Pinterest tendenziell weniger geeignet – abgesehen von einer Nutzung zu Recruiting-Zwecken – weil dort potenziell komplexe Lösungen inhaltlich im Wettbewerb zu emotional aufgeladenen Inhalten stehen.
Die Chancen, die Zielgruppe dort effizient zu erreichen, sind je nach Branche relativ gering. Digital-Marketer als B2B-Zielgruppe sind durchaus auf Facebook und Instagram ansprechbar. Hingegen eignet sich LinkedIn auch über den Recruiting-Kontext hinaus als Social-Media-Kanal für den B2B-Bereich über verschiedenste Branchen hinweg. Von Social Media bis hin zu Publikationen in externen Magazinen sollten für eine erfolgreiche Marketingstrategie allerdings alle Kanäle bespielt werden, über die potenzielle Kunden effizient angesprochen und in den Kaufprozess gezogen werden können.
Awareness und Consideration:
In den Awareness- und Consideration-Phasen befindet sich Nutzer entweder im Browsing- oder im Suchmodus. Sie informieren sich und recherchieren in vor allem über Suchmaschinen. Dies bedeutet: Entweder entdecken sie die gewünschten Informationen oder suchen proaktiv danach. Für die B2B-Zielgruppe spielt der Kontext in dieser Phase eine große Rolle. Während sie sich privat vielleicht eher auf Instagram oder Facebook bewegt, eignet sich der professionelle Kontext von LinkedIn sehr gut, um relevante, geschäftliche Informationen zu finden.
Über LinkedIn werden laut den Angaben der befragten Marketing-Entscheidungsträger in der „State of B2B Digital Marketing”-Studie übrigens die meisten Kontakte generiert: 59 % sehen in LinkedIn den effektivsten Kanal. Insgesamt bewerten 92 % der Befragten LinkedIn als Top-Social-Media-Kanal für ihr Unternehmen. Darüber hinaus bewerten insgesamt 93 % der befragten B2B-Entscheidungsträger Social Media als einen der wichtigsten Kanäle ihres Marketing-Mixes.
YouTube ist ein im B2B-Bereich häufig unterschätzter Kanal. Jedoch verwenden immer mehr Nutzer YouTube, um gezielt Informationen zu suchen. Laut der JIM-Studie von 2018 etabliert sich YouTube gerade bei der jüngeren Generation als ein Medium für die Informationssuche – seien es Nachrichtenformate, Erklärvideos oder Stories von Youtubern, in welchen Sachverhalte aus der persönlichen Perspektive erklärt werden. Hier können sich Unternehmen mit Ratgebern, Testimonials und Storytelling positionieren, um ihr Content-Marketing erlebbar zu gestalten.
Twitter hingegen eignet sich in Deutschland vor allem, um auf persönlicher Ebene als Vordenker (zum Beispiel C-Level-Repräsentant eines Unternehmens) in den Austausch mit anderen Nutzern zu treten. Häufiger Kontext dazu sind aktuelle Ereignisse oder Events. Weniger gut eignet sich Twitter auf Firmenebene, weil die Informationen weniger authentisch und häufig zu generisch sind. Prägnante Standpunkte vertreten eher Einzelpersonen.
Zu guter Letzt ist natürlich auch Google ein sehr wichtiger Kanal, um gezielte Suchanfragen aus der B2B-Zielgruppe zu bedienen. Die Suchmaschinenoptimierung von Fachartikeln ist daher sehr wichtig, um für die Nutzer-Zielgruppe in den Suchergebnissen sichtbar und präsent zu sein. Eine Analyse von Shareholic zeigt, dass Suchmaschinenmarketing beim Thema Seitenzugriffe insgesamt als gewichtiger einzuschätzen ist als Social Media.
Suchanfragen generieren mehr relevante Seitenzugriffe als Social Media. Unternehmen sollten ihren Fokus auf die Sichtbarkeit innerhalb der Suchergebnisse setzen, um wahrgenommen zu werden und nachhaltiges Vertrauen bei der Zielgruppe aufzubauen.
Gerade hier wird im B2B-Umfeld häufig Potenzial vergeben, weil sich Social-Media-Plattformen einfacher pflegen und optimieren lassen. Doch die Investition in den Aufbau einer nachhaltigen Sichtbarkeit zu relevanten Keywords lohnt sich.
Customer Loyalty und Engagement:
Hier werden Nutzer ebenfalls primär über Content-Marketing-Maßnahmen angesprochen. Im Hinblick auf die Kanäle ist der Schwerpunkt jedoch ein anderer: Die Nutzer haben bereits einen Kauf getätigt und sind bestenfalls über Dialogmarketing direkt ansprechbar. So können gezielt Inhalte an sie ausgespielt werden, die die initiale Interaktion (Transaktion) mit dem Unternehmen ergänzen und hilfreiche Informationen für weitere Transaktionen vermitteln. Zudem können Nutzer durch Social-Media-Marketing adressiert werden.
Newsletter sowie die Verbindung über Social Media, allen voran über LinkedIn, stellen in dieser Phase die besten Kommunikationsplattformen dar, um das Upselling voranzutreiben. Dialogmarketing hat sich für B2B-Entscheidungsträger ebenfalls als wirksam erwiesen. Laut der „State of B2B Digital Marketing”-Studie von Demand Wave betrachten immerhin 95 % der befragten B2B-Marketer E-Mails als ihren wichtigsten Kanal des Marketing-Mixes.
Transaction:
Nutzer werden in dieser Phase vor allem über das Performance-Marketing anvisiert. Ziel ist eine Optimierung der Konversionen – beispielsweise mittels Anzeigen bei Suchmaschinenanbietern. Durch A/B-Testing kann evaluiert werden, welche Anzeigen am besten performen. Gleiches gilt für Social Media.
Google sowie LinkedIn sind die beiden stärksten Kanäle, um im B2B transaktionsbezogene Inhalte zu platzieren – sei es durch Anzeigen in Suchmaschinen oder auf Social Media. Kein Wunder, schließlich vereint LinkedIn nicht nur das relevante B2B-Klientel, sondern bietet auch ein paar interessante Tools für das B2B-Marketing. Eines davon sind dynamische Anzeigen mit integriertem Lead-Generierungsformular: Dabei werden den Nutzern je nach Profil für sie relevante Inhalte in der Seitenleiste gezeigt – beispielsweise ein Whitepaper oder ein exklusiver Fachartikel. Die Ansprache kann dabei personalisiert und an die Jobs und Fähigkeiten der Nutzer angepasst werden. Um darauf zugreifen zu können, müssen sich die Nutzer jedoch zunächst registrieren und werden so zu Leads für den Content-Anbieter. Darüber hinaus sind gerade auf dem LinkedIn-Kanal native Anzeigenformate und „Sponsored InMails“ wirksame Formate, um die B2B-Zielgruppe effektiv anzusprechen.
Fazit
Durch Social Media sowie die Digitalisierung des Verlagswesens hat eine Demokratisierung der Medien stattgefunden: Jeder Nutzer besitzt Zugang zu allen Informationen, kann noch schneller und besser gezielt Inhalte recherchieren oder gar selbst publizieren – seien es Ausschnitte auf Social Media oder ausführlichere Inhalte auf dem eigenen Blog. Ebenso sind die Resonanz, das Feedback und die Reaktion der Rezipienten auf die Inhalte anderer Medien transparenter. Eine eingleisige Kommunikation ist nicht mehr zeitgemäß, stattdessen mischt die Zielgruppe mit und sorgt für einen inter-medialen Austausch. Die Absichten und dementsprechend die Erwartungen an Inhalte sind dabei je nach Kommunikationskanal andere. Daher muss je nach Kanal eine differenzierte Kommunikation stattfinden, um die Erwartungen der Nutzer punktgenau zu treffen und einen echten Mehrwert bieten zu können.
Dies ist ein Gastbeitrag von Fionn Kientzler, Managing Partner bei der auf Content-Marketing und Seeding spezialisierten Berliner Agentur Suxeedo.