
Das Wichtigste in Kürze
KI-Influencer mögen technisch beeindruckend sein, aber sie untergraben das, was Marketing wirklich ausmacht: echte menschliche Verbindung. In Zeiten von AI-Sloppification brauchen Marken mehr Authentizität, nicht weniger.
- Das Problem: KI-Influencer wie Lil Miquela oder Aitana Lopez simulieren Persönlichkeit, verstärken aber Stereotype und entfernen Menschlichkeit aus dem Marketing
- AI-Sloppification: Digitale Inhalte werden durch KI-Müll verwässert – Menschen sehnen sich mehr denn je nach Echtheit und authentischen Verbindungen
- HubSpot-Ansatz: Echte Mitarbeiter als Thought Leader, Zusammenarbeit mit Business Creatoren und Partnerschaften auf Basis echter Erfahrung
- Kern-Message: Menschlichkeit ist nicht optimierbar – wer Menschen erreichen will, sollte auf Menschen setzen, nicht auf digitale Nachahmungen
Lesezeit: 7 Minuten
Vor kurzem bin ich über einen LinkedIn-Post gestolpert: Ein kleines Unternehmen stellte stolz seine neue KI-Influencerin vor. Präsentiert wurde sie als Innovation, als strategischer Meilenstein, als Antwort auf die steigenden Anforderungen im Content-Marketing. Und ja, ich gebe zu: Das ist beeindruckend.
Aber gleichzeitig hat mich dieser Post nachdenklich gemacht. Nicht, weil die Technologie per se schlecht wäre – sie ist erstaunlich weit gekommen. Sondern, weil ich in diesem Moment realisiert habe, wie bereitwillig wir echte Verbindung im Marketing gegen Simulation eintauschen. Also: Was machen wir da eigentlich? Und kann eine KI wirklich das leisten, was gute Influencer:innen ausmacht – Nähe, Vertrauen und echte Haltung?
Wenn Algorithmen Persönlichkeit simulieren
Ich arbeite seit Jahren im Marketing und habe den Aufstieg von KI hautnah miterlebt. Bei HubSpot nutzen wir täglich mehrere Tools, wir optimieren Prozesse und leben das Motto: KI ersetzt keine Marketer. KI ersetzt Marketer, die sich nicht anpassen.
Als Werkzeug? Großartig. Für Effizienz? Unschlagbar. Aber eine Künstliche Intelligenz mit einem Gesicht, die mir in die Augen schaut und mir erzählt, warum ich Produkt X kaufen soll? Da werden Grenzen überschritten.
Schauen wir uns die bekanntesten Beispiele an:
- Lil Miquela (@lilmiquela) mit 2,4 Millionen Follower:innen, Kampagnen für Prada und Calvin Klein.
- Lu do Magalu (@magazineluiza), Brasiliens bekannteste „Influencerin“ mit über 8 Millionen Follower:innen.
- Aitana Lopez (@fit_aitana), das hypersexualisierte „IT-Girl“ aus Spanien, das monatlich Werbeverträge für Dessous oder Lifestyle-Produkte kassiert.
- Oder ganz aktuell: Vodafone Deutschland, die mit einer eigenen KI-Influencerin experimentieren.
Das Problem liegt nicht in der Technologie selbst, sondern in ihrer Inszenierung. Diese Figuren werden dargestellt, als hätten sie Träume, Erfahrungen und eine Seele. Dabei fehlt ihnen genau das, was Influencer-Marketing eigentlich ausmacht: Echte Persönlichkeit, Einzigartigkeit und Haltung. Wir vergessen, dass KI-Systeme Inhalte zwar mit Leichtigkeit erschaffen, diese Inhalte jedoch eine Kopie von der Kopie von der Kopie sind. Wenn wir als Menschen keine authentischen Inhalte mehr entwickeln, dann kann die KI es auch nicht mehr.
Eine aktuelle Studie zeigt sogar, dass KI-Influencer-Marketing ein besonderes Risiko für Brand Trust birgt, besonders wenn es mal schiefgeht. Denn ein Mensch kann irren und trotzdem glaubwürdig bleiben. Eine KI dagegen, so perfekt sie wirkt, trägt den Fehler sofort als Makel der Marke. KI-Influencer wirken dann eher wie ein schlechtes Produkt einer Marke und nicht wie eine missglückte Kampagne.
Das Authentizitäts-Paradox: AI-Sloppification
Hier liegt der Kern des Problems: Wir leben in einer Zeit, in der Menschen nach Echtheit dürsten wie nie zuvor. Denn wir erleben AI Sloppification – die komplette Verwässerung digitaler Inhalte durch KI-Müll. Schauen Sie doch jetzt mal in Ihre Instagram oder TikTok For-you-Page. Wie viele richtig schlechte KI-Inhalte sind da zu finden? Und wie sind die Kommentare unter “guten” KI-Inhalten? Nicht gut, oder?
In letzter Zeit begegnen uns im Web entweder glatte, saubere und perfekte oder schnelle, übertriebene und künstliche Inhalte ohne Seele. Und jetzt wollen wir dem auch noch ein
Ein Beispiel: The Velvet Sundown auf Spotify – ein KI-„Künstler“ mit kompletter Backstory und Millionen Streams. Klingt beeindruckend, aber dahinter steckt nichts: kein Herzschmerz, keine echten Erfahrungen.
Ann-Katrin Schmitz hat es auf der DMEXCO 2025 treffend formuliert: „Content war noch nie so schnell produziert, aber auch noch nie so generisch und austauschbar.“ Und genau hier liegt das Problem von KI-Influencern: Sie verstärken diese Entwicklung und geben ihr sogar ein Gesicht. Eine echte Verbindung zu erschaffen ist schwer und dauert lang, kommt aber besser an und ist nachhaltiger. Als einfaches Beispiel zeigte Ann-Katrin Schmitz auf der Bühne den Vergleich des Engagements auf TikTok: Ein Beitrag war von einer KI-Influencerin und der andere kam von einer echten Creatorin.

The State of Marketing Report 2025
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Rückschritt statt Fortschritt
Besonders kritisch wird es, wenn wir uns die Ästhetik vieler KI-Influencer anschauen. Aitana Lopez (@fit_aitana) zum Beispiel verkörpert stereotype Schönheitsideale: perfekte Kurven, makelloses Gesicht, immer verfügbar, nie widersprechend.
Das steht im direkten Widerspruch zu den Bemühungen der letzten Jahre, mehr Diversität, Body Positivity und authentische Repräsentation in die Werbung zu bringen. Die Vergangenheit und Studien wie die von Buolamwini und Gebru haben bereits gezeigt, wie diskriminierend KI-Systeme sein können. Trotzdem setzen Marken 2025 auf digitale Personas, die eindimensionale Stereotype reproduzieren.
Kurzfristig klingt es für Brands attraktiv: KI-Influencer sind skandalfrei, jederzeit verfügbar, perfekt kontrollierbar und skalierbar. Aber das ist kurzfristig gedacht. Denn Menschen spüren den Unterschied – und sie merken, wenn Authentizität fehlt.
Immer mehr Menschen merken den Unterschied. Nicht nur, weil man es sieht, sondern Studien wie die von Duffek et al. zeigen, dass Nahbarkeit und emotionale Glaubwürdigkeit den größten Einfluss auf Kaufentscheidungen haben – nicht perfekte Präsentation, makellose Avatare oder die neuesten Marketing-Technologien.
Der HubSpot-Weg: Echte Menschen, echte Erfolge
Wir bei HubSpot gehen bewusst einen anderen Weg. Statt KI-Avatare einzusetzen, investieren wir in echte Menschen:
- Wir machen unsere eigenen Mitarbeiter:innen zu Thought Leadern.
- Wir arbeiten eng mit Business Creatorn zusammen.
- Wir bauen Partnerschaften auf, die auf echter Erfahrung beruhen.
Unsere Leader wie Yamini Rangan, Kipp Bodnar oder Dharmesh Shah werden bewusst so platziert, dass sie HubSpot authentisch nach außen repräsentieren. Business Creatoren wie Laura Lewandowski oder Benjamin Diedering promoten unseren Content oder machen einfach mal einen Take-over des HubSpot DACH Instagram-Channels und brigen immer ihre persönliche Expertise und eine einzigartige Perspektive mit.
Das Ergebnis? Authentizität, die wirkt. Weil echte Menschen über echte Erfahrungen sprechen – und weil Vertrauen nicht simuliert werden kann.
Fazit: Mehr Mensch, weniger Maschine
Meine Überzeugung ist klar: Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch strategisch sinnvoll. Gerade im Zeitalter der KI brauchen wir mehr menschliche Perspektiven, echte Stimmen und authentische Haltungen.
Denn Menschlichkeit ist nicht optimierbar.
KI-Influencer:innen mögen effizient, skalierbar und jederzeit verfügbar sein. Aber sie können keine echte Verbindung aufbauen.
Was sie nicht können:
- Echte Erfahrungen mit Produkten machen
- Authentische Emotionen zeigen
- Haltung zu gesellschaftlichen Themen einnehmen
- Fehler machen und daraus lernen
Was sie stattdessen tun:
- Marketing effizienter machen
- Stereotype verstärken
- Vertrauen untergraben
- Menschlichkeit aus dem Marketing entfernen
Wer Menschen erreichen will, sollte auf Menschen setzen – nicht auf ihre digitalen Nachahmungen.
Influencer-Marketing