Messenger-Marketing ist eine junge Disziplin im Online-Marketing. In diesem Beitrag erklärt Florian Hieß von swat.io, was es mit diesem Trend auf sich hat, wie und wofür man ihn einsetzen kann und wieso Messenger-Marketing eine Gefahr für Social Media sein könnte.
MySpace und StudiVZ wurden von Facebook verdrängt, Streaming-Dienste wie Netflix machen dem Fernsehen das Leben schwer und die SMS wurde längst von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten abgelöst. Natürlich wirken sich diese Veränderungen auch auf das Marketing aus. Da es die Kernaufgabe des Marketing ist, die richtige Zielgruppe zu erreichen, müssen Marketer ihre Strategien ständig überprüfen und neu ausrichten.
Zurzeit befinden wir uns wieder in einer Situation, die einen Wendepunkt im Online-Marketing darstellen könnte. Verantwortlich dafür sind Instant-Messaging-Apps wie WhatsApp, Facebook Messenger und Snapchat. Sie machen die Kommunikation so einfach wie selten zuvor, was auch dazu geführt hat, dass E-Mails in der privaten Kommunikation kaum noch eine Rolle spielen. 79 Prozent der Deutschen besitzen mittlerweile ein Smartphone und fast jeder nutzt einen oder mehrere Messenger-Dienste.
Facebook hat diesen Trend rechtzeitig erkannt. Nicht nur in Anbetracht der Übernahme von WhatsApp, sondern vor allem, weil Facebook seinen Messenger vom sozialen Netzwerk abgekoppelt hat und auch als eigenständigen Service anbietet.
Ende 2017 hatte der Facebook Messenger 1,3 Milliarden aktive Nutzer pro Monat. Das sind mehr Nutzer als Twitter, Instagram und Snapchat zusammen haben. WhatsApp bringt es aktuell auf 1,5 Milliarden Nutzer und ist vor allem in Deutschland sehr beliebt. In Asien bzw. China hingegen hat WeChat die Nase vorne und zählt zurzeit etwa 980 Millionen aktive Nutzer.
Bei den 260 Millionen Gesprächen, die täglich über den Facebook Messenger geführt werden, geht es längst nicht mehr nur um Privates. Die Zahl der geschäftlichen Konversationen nimmt stetig zu, und das Messenger-Marketing macht sich genau dieses enorme Potenzial zunutze. Dafür werden die bei der Zielgruppe beliebtesten Instant-Messaging-Apps zur individuellen Kommunikation („One-to-One“ oder „One-to-Many“) genutzt.
Diese moderne Form des Online-Marketing unterscheidet sich damit in zwei wesentlichen Punkten von klassischen Medien. Zum einen wird nicht auf eine Massenkommunikation gesetzt, wie es zum Beispiel bei Radiospots oder Video-Anzeigen der Fall ist, sondern man wendet sich persönlich an einzelne oder kleine Gruppen von Interessenten oder Kunden.
Weil dies über eine Messenger-App und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, wird hier gelegentlich auch von „Dark Social“ (etwa: intransparente soziale Kanäle) gesprochen. Zum anderen findet diese Art der Kommunikation, anders als beispielsweise bei E-Mails, in Echtzeit statt.
Für Unternehmen eröffnen sich durch Messenger-Marketing neue Möglichkeiten, die Kundenorientierung, -zufriedenheit und damit letztlich auch die Kundenbindung zu steigern.
Diese Erfolgsfaktoren für Unternehmen werden auch durch das Beschwerdemanagement beeinflusst, das durch den persönlichen 1:1-Kontakt über Messenger-Apps verbessert werden kann. Studien haben herausgefunden, dass unzufriedene Kunden, deren Kritik ernst genommen und lösungsorientiert bearbeitet wird, eher zu loyalen Stammkunden werden, als Kunden, die weder Grund zur Beanstandung noch zum Lob haben.
Das Beschwerdemanagement ist nur ein Beispiel für den Einsatz von Messenger-Marketing, denn die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. So lässt sich ganz klassisch Traffic für Inhalte und (Lead-)Kampagnen generieren, man kann aber auch Beratung und Kundenservice bieten. Im E-Commerce können Instant-Messaging-Apps zum Beispiel zur Übermittlung von Transaktions-Nachrichten wie Bestellbestätigungen und zur Sendungsverfolgung genutzt werden.
In Zeiten des Fachkräftemangels muss der Fokus nicht nur auf der Akquise von Neukunden liegen – der Einsatz von Messenger-Apps kann auch für die Gewinnung neuer Mitarbeiter hilfreich sein. Personalmarketing wird in immer mehr Branchen und Betrieben immer wichtiger.
Das Messenger-Marketing ist hier besonders hilfreich, denn es senkt die Hemmschwelle für den ersten Kontakt und steigert deshalb die Chancen auf gute Leads.
Ein ideales Umfeld für Messenger-Marketing ist die Hotellerie. Hotels können ihren Gästen kurz nachdem diese ausgecheckt haben eine Nachricht senden und sich per WhatsApp-Chatbot für deren Aufenthalt bedanken. In diesem Zuge bitten sie um eine schnelle Bewertung des Aufenthalts, beispielsweise auf einer Skala mit ein bis fünf Sternen. Fällt das Ergebnis mit vier oder fünf Sternen gut bis sehr gut aus, bedankt man sich bei den Kunden und freut sich auf ihren nächsten Besuch.
Idealerweise lässt man die Kunden zusätzlich wissen, dass sie ihren nächsten Aufenthalt gern auch direkt über den Chat buchen können. Das erleichtert ihnen die Buchung und ist möglicherweise der ausschlaggebende Grund, warum sie das nächste Mal nicht über irgendein Vergleichsportal reservieren, sondern direkt beim Hotel.
Fällt das Urteil schlechter aus, sollte man nachfragen, was genau der Grund für die Bewertung ist. Das zeigt den Kunden, dass man sich wirklich für ihre Kritik interessiert und gibt dem Hotel die Gelegenheit, den Mangel schnellstmöglich zu beheben. Je nachdem wie schwerwiegend eine Beanstandung ist, kann man sich nicht nur mit Worten bei den Kunden entschuldigen, sondern auch mit einem Restaurant Gutschein, Rabatten für die nächste Buchung oder gar der Erstattung der Hotelkosten.
Das Gute am Messenger-Marketing ist, dass man es in weiten Teilen automatisieren kann. In unserem Anwendungsbeispiel kann die Dankes-Nachricht samt Umfrage problemlos von einem Chatbot verschickt werden. Erst wenn die Kunden tatsächlich Anlass zur Beschwerde haben, müssen Mitarbeiter eingeschaltet werden. Diese können dann individuell auf die Kritik reagieren. Der Kontakt mit echten Ansprechpartnern bringt zudem Pluspunkte und sollte deshalb für die Kunden klar erkennbar sein.
Einen einfachen Einstieg ins Messenger-Marketing bietet beispielsweise ManyChat. Der Bot für den Facebook Messenger ist in der Basisversion kostenlos und ermöglicht sowohl die Anlage und Verwaltung von Empfängerlisten, als auch die Gestaltung und Aussendung von Nachrichten. Dank des Baukasten-Prinzips und der Live-Vorschau, die anzeigt, wie Nachrichten auf dem Smartphone aussehen werden, macht ManyChat die Messenger-Kommunikation zum Kinderspiel.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das Messenger-Marketing zur Monetisierung seines Business zu nutzen. Aufgrund der hohen Öffnungs- und Klickraten ist es bestens für die Lead-Generierung geeignet.
Wer beispielsweise ein digitales Produkt über diese Plattform verkaufen will, sollte allerdings auch hier nicht zu aggressiv vorgehen. Besser ist es, die Beziehungen zu den Interessenten zunächst durch eine kostenlose Content-Serie zu stärken und die Empfänger anhand weiterer Interaktionen zu segmentieren. Auch wenn die Akzeptanz von Messenger-Marketing noch sehr hoch ist, sollte man es hier nicht übertreiben.
Die zunehmende Konzentration auf Messenger-Marketing ist ein konsequenter Schritt, wenn man sich die kontinuierlich steigenden Nutzerzahlen ansieht. Messenger-Marketing ist dank der guten Performance eine ernstzunehmende Ergänzung zur klassischen Social-Media-Kommunikation und bezahlten Anzeigen, die ein hohes Umsatzpotential birgt. Der Wert liegt dabei nicht in der Größe der Empfängerliste, sondern in der Beziehung zu den Kunden.
David Marcus, VP Messaging Products bei Facebook, hat in einem Artikel klargemacht, wohin Facebook mit seinem Messenger will. Der Dienst soll fester Bestandteil des Marketing werden und E-Mail und Telefon als bisher zentrale Bestandteile im Kundenservice ablösen. Um das zu erreichen, lädt Facebook Unternehmen ein, ihre Kunden dort abzuholen, wo sie ohnehin schon viel Zeit verbringen: im Messenger.