Um auf einem schnelllebigen Markt auf Dauer zu bestehen, müssen Unternehmen die Entwicklungen immer im Blick behalten. Strategische Entscheidungen über Produkte, Absatzwege und Preise können nicht „nach Gefühl“ getroffen werden, sondern auf der Grundlage von Daten und Fakten. Die sogenannte Primärforschung (auf Englisch: „field research“) liefert dafür die richtigen Informationen.

Was es mit der Primärforschung auf sich hat, lesen Sie in diesem Artikel.

→ Vorlage für Ihre Wettbewerbsanalyse [Kostenloser Download]

Primärforschung: Methoden

Die Erhebung neuer, noch nicht vorhandener, Daten wird Primärforschung genannt. Die erhobenen Informationen dienen dazu, eine vorab formulierte Forschungsfrage zu beantworten. Im Geschäftsumfeld besteht das Ziel der empirischen Erhebungen darin, aktuelle Entwicklungstendenzen des Marktes zu erkennen, um eine schlüssige Marktdiagnose und -prognose vornehmen zu können.

In der primären Marktforschung wird zwischen der einmaligen und der laufenden Primärerhebung (auch Panelverfahren genannt) unterschieden. Die vier Methoden der Primärforschung werden im Folgenden erklärt:

1. Befragung

Eine Befragung kann mündlich und face-to-face, per Telefon, schriftlich oder online durchgeführt werden. Grundsätzlich gilt, dass direkte Befragungen kostspieliger sind als telefonische. Schriftliche und E-Mail-Umfragen verursachen zwar weniger Kosten und haben eine größere Reichweite, weisen aber in der Regel eine geringere Rücklaufquote auf.

Ein praktischer Vorteil von Onlinebefragungen besteht darin, dass die Ergebnisse direkt am Bildschirm eingegeben, in ein Statistikprogramm eingespeist und dadurch einfacher ausgewertet werden können.

2. Beobachtung

Bei einer reinen Beobachtung wird das Verhalten von Menschen, vorzugsweise Kundinnen und Kunden, in einer natürlichen Situation festgestellt. Beispielsweise kann Gegenstand der Beobachtung sein, ob die Kundschaft eines Supermarktes vor dem Betreten des Geschäfts die Schaufensterdekoration ansieht oder nicht.

Auch die meist eingeschlagene Lauf- und Blickrichtung durch die Regale kann Hinweise darauf geben, wo ein neuer Artikel am besten platziert werden sollte – rechts oder links, oben oder unten, vorne oder weiter hinten.

3. Experiment

Auch beim Experiment wird eine Situation beobachtet, jedoch ist diese nicht „natürlich“, sondern wird künstlich hergestellt. Üblich ist es, die künstliche Situation im Verlauf des Experiments zu verändern, um zu beobachten, welche Auswirkungen die Veränderungen haben. Es werden Laborexperimente und Feldexperimente (in der Wirklichkeit) unterschieden.

Ein einfaches Beispiel sind Verpackungen. Ausgewählte Personen bekommen unterschiedliche Verpackungen zur Auswahl, die sie nach Gefallen und Nichtgefallen beurteilen sollen. Das Filmen von Personen beim Betrachten von Websites oder beim Zeitunglesen ist beispielsweise ein Experiment, das Aufschluss darüber gibt, welche Seiten und Bereiche von vielen Menschen besonders beachtet werden. Eine Platzierung von Werbung ist an solchen Stellen meist vielversprechender.

4. Panelverfahren

Das Panelverfahren, auch laufende Primärerhebung genannt, wird über einen bestimmten Zeitraum durchgeführt. In regelmäßigen Intervallen wird dabei einer Gruppe von Haushalten oder Betrieben der gleiche Fragebogen vorgelegt. Die Veränderungen der Antworten zeigen Marktentwicklungen und den Einfluss individueller Faktoren an.

Innerhalb des Panelverfahrens gibt es zwei Varianten:

  • Beim Haushaltspanel notiert eine bestimmte Anzahl von Haushalten, welche Einkäufe gemacht werden. Daraus geht hervor, welche Geschäfte und Marken bevorzugt werden. Auch der Einfluss von Marketingaktionen auf die Kaufentscheidung kann sich in den Antworten widerspiegeln.
  • Beim Einzelhandelspanel dagegen wird eine Zahl von Einzelhändlern wiederholt zu den Veränderungen der Konsumgewohnheiten ihrer Kundschaft befragt. Eine moderne Fragestellung wäre beispielsweise, ob der Anteil unverpackter Lebensmittel zu- oder abnimmt.

Primärforschung: Vorteile und Nachteile

Die Vorteile der primären Marktforschung liegen vor allem in der Qualität und Genauigkeit der erhobenen Daten. Der Grund ist, dass der Informationsbedarf eines Unternehmens die Formulierung der Forschungsfragen bestimmt. Die Antworten beziehen sich entsprechend genau auf die spezifischen Fragestellungen des jeweiligen Betriebs.

Die Daten sind also aus erster Hand und spiegeln beispielsweise die Kundenwahrnehmung wider. Dies gilt vor allem im Vergleich zur Sekundärforschung, bei der bereits vorliegende Informationen und Datensätze verwendet werden. Sekundärdaten passen also, im Vergleich zu Primärdaten, oft nicht genau zum Forschungsgegenstand.

Ein weiterer Vorteil der Primärforschung liegt in der Aktualität der Daten. Die Primärforschung wird zu dem Zeitpunkt durchgeführt, an dem die Daten benötigt werden. Sekundärdaten sind in der Regel deutlich älter und damit weniger aktuell. Auch gilt: Während ein Unternehmen regelmäßig den vollen Zugriff auf seine Primärdaten besitzt, kann der Zugriff auf Sekundärdaten eingeschränkt sein.

Nachteilig an der Primärforschung sind die teils hohen Kosten, die die Erhebung und Analyse der Daten mit sich bringen kann. Insbesondere empirische Studien laufen überdies über längere Zeiträume und müssen sorgfältig konzeptioniert sein, während Sekundärdaten schnell verfügbar sind.

Ob ein Unternehmen sich für die Primär- oder Sekundärforschung entscheidet, ist unter anderem vom Budget und vom Zeitplan abhängig.

Primärforschung: Beispiele

An die Methoden der Primärforschung angelehnte Beispiele illustrieren, wie Unternehmen zielgerichtet Primärforschung betreiben:

  • Beobachtungen von Testpersonen im natürlichen Umfeld können persönlich oder mittels technischer Hilfsmittel, wie einer Kamera, erfolgen. Das Verhalten und die Reaktionen der beobachteten Personen geben wertvolle Hinweise auf das Kaufverhalten von Konsumierenden. Welche Kundengruppen kaufen beispielsweise welche Produkte? Unabhängig von der Auskunftsbereitschaft der Personen im Test können auch Rückschlüsse auf unbewusstes Verhalten gezogen werden.
  • Eine Umfrage aus dem Jahr 2021 zu wichtigen Produktmerkmalen eines Smartphones offenbarte, dass sich markenübergreifend über 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer robusteres Bildschirmglas und 88 Prozent eine längere Akkulaufzeit wünschen. Und der Markt reagiert: Der iPhone-Hersteller Apple beispielsweise arbeitet, nach Angaben der Digitalszene, am „unkaputtbaren“ Display.

Fazit: Die Primärforschung gibt dezidierte Hinweise auf Veränderungen am Markt

Informationen über sich laufend wandelnde Marktbedingungen sowie die Wahrnehmungen des Kundenkreises sind wichtige Hinweise für die Ausrichtung von Unternehmen. Die Primärforschung liefert genau die neuen Daten, deren Auswertung und Analyse Unternehmen Schlussfolgerungen erlauben, wie sie ihre Position am Markt verbessern können.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Primärforschung Betrieben einerseits zwar passgenaue Erkenntnisse liefert, die als Entscheidungsgrundlage geeignet sind, sie andererseits aber auch teuer und aufwändig sein kann.

New call-to-action

 New call-to-action

Titelbild: AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 3. März 2022, aktualisiert am Januar 20 2023

Themen:

Marktforschung