Szenariotechnik im Projektmanagement

Zukunft des Marketings in EMEA
Annekatrin Zywietz
Annekatrin Zywietz

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Was heute noch gilt, kann morgen schon ganz anders aussehen. Jede Projektmanagerin und jeder Projektmanager muss damit rechnen, dass es Veränderungen gibt, die ein Projekt stärker oder schwächer beeinflussen. Szenarios sind Vorstellungen davon, wie es in der Zukunft einmal aussehen könnte. Mithilfe der gleichnamigen Technik können Sie solche Zukunftsbilder systematisch entwickeln und sich auf Veränderungen vorbereiten.

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In unserem Artikel beschreiben wir die Methode, ihre Phasen und geben Beispiele zur Anwendung.

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Die Szenariotechnik als Werkzeug der Zukunftsanalyse

Immer schon haben sich Menschen bemüht, mit der Zukunft verknüpfte Risiken und Unsicherheiten vorwegzunehmen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Auch im Projektmanagement werden zu diesem Zweck Prognosemethoden verwendet, die mögliche Zukunfts-Szenarien entwerfen. Eine dieser Methoden ist die Szenariotechnik. 

Mögliche Szenarien und Entwicklungen sichtbar machen

Eine Kristallkugel ist sie nicht: Bei der Szenariotechnik geht es nicht darum, die Zukunft möglichst detailgenau vorherzusagen, sondern die verschiedensten möglichen Entwicklungen und Einflussfaktoren zu Bildern der Zukunft zusammenzufügen. Im Grunde beantwortet die Szenariotechnik die Frage: „Was wäre, wenn…?“.

Beschreibung der Methode: Ein Trichter auf einer Zeitleiste

Die Szenariotechnik, die aus den Wirtschaftswissenschaften stammt, setzt auf Bilder. Für die Visualisierung mehrerer alternativer Vorstellungen der Zukunft und der Wege dorthin wird bei der Szenariotechnik als Ausgangspunkt ein liegender Trichter verwendet. 

Stellen Sie sich vor, die momentane Ausgangssituation bei Ihrem Projekt ist der schmale Teil des Trichters. Die Lage dort ist relativ klar und überschaubar. Nun wenden Sie den Blick vom Ist-Zustand der Gegenwart hin zum breiter werdenden Teil des Trichters, der Zukunft. Die nicht vorhersehbaren Einflüsse und Entwicklungen nehmen naturgemäß in der Zukunft zu, was sich im wachsenden Radius des Trichters ausdrückt.

Szenariotechnik mithilfe eines trichters veranschaulichtUm die vielfältigen zukünftigen Szenarien darstellen zu können, werden in der Regel zwei Extremszenarien, und zwar der „Best Case“ (die bestmögliche Entwicklung), der „Worst Case“ (die schlechteste mögliche Entwicklung) sowie das sogenannte „Trendszenario“ (eine Verlängerung der Gegenwart) entworfen. Das Trendszenario liegt in der Mitte des Trichters.

Szenariotechnik-Phasen: So gehen Sie vor

Um über die Zukunft Ihres Projekts ins Gespräch zu kommen, ist die Szenariotechnik sehr gut geeignet. Bringen Sie Ihre Stakeholder zunächst durch eine kurze, allgemeine Einführung zum Projekt und dem Zweck des Meetings auf den gleichen Stand.

Nun beginnen Sie mit der Durchführung der Phasen. Beziehen Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer laufend in die Arbeit ein, denn ihre Expertise kann wertvollen Input darstellen.

  1. In Phase Eins stellen Sie die konkrete Ausgangssituation, Aufgabenstellung und die Zielsetzung des Projektes dar. Im betriebswirtschaftlichen Fachjargon wird die Phase auch Definition des Untersuchungsfelds oder IST-Beschreibung genannt. Konkret dreht sich Schritt eins um die Fragen: Um was geht es im Projekt, wo liegen die Herausforderungen und wie ist die jetzige Situation?

  2. Phase Zwei hat Einflussfaktoren und eine Wirkungsanalyse zum Inhalt. In diesem Schritt geht es darum, Einflussgrößen zu sammeln und ihren Einfluss auf das Projekt zu bestimmen. Was fördert Ihr Projekt, was wirkt hemmend? Beispiele wären Kosten, Personalressourcen und Mitbewerber. Priorisieren Sie die Einflussgrößen. Eine Mindmap ist eine einfache und übersichtliche Art der Visualisierung der Einflussfaktoren und ihrer Beziehungen. Farbliche Kennzeichnungen „warm=besser“ „kalt=schlechter“ können Ihnen dabei helfen, die Struktur übersichtlich zu halten.

  3. In Phase Drei geht es darum, Trends und Kenngrößen zu sammeln. Dem in Phase zwei erstellten Modell fügen Sie nun konkrete Zahlen, Daten und Fakten hinzu. Diese werden auch als Deskriptoren bezeichnet. Das Ziel dieser Phase ist, das Modell mit Fakten so anzureichern, dass eine Entwicklung über einen Zeitverlauf erkennbar wird. Die dazu notwendige Datenrecherche kann durch Arbeitsteilung verkürzt werden.

  4. Phase Vier ist das Kernstück der Methode. Hier geht es um die Szenarioentwicklung. Ausgehend von den vorigen Schritten, entwickeln Sie jetzt zwei Extremszenarien: ein positives und ein negatives. Das Trendszenario ist das „business as usual“-Szenario und ist deshalb in der Szenarioanalyse weniger interessant als die beiden anderen. Die Darstellung der Szenarien sollte so anschaulich wie möglich sein. Ob Präsentation, Storytelling, Kurzvideo, Bild oder Rollenspiel – erlaubt ist alles, was in den Zeitrahmen passt. 

  5. In Phase Fünf bewerten Sie die Szenarien. Welche sind die wahrscheinlichsten? Welche sind äußerst unwahrscheinlich? Legen Sie eine Rangfolge fest und bestimmen Sie, mit welchen Szenarien Sie in der letzten Phase weiter arbeiten.

  6. Die letzte Phase besteht darin, Maßnahmen und Aktivitäten aus den wahrscheinlichen Szenarien abzuleiten. Interpretieren Sie dazu die vorliegenden Szenarien, indem Sie Ansatzpunkte finden, um die skizzierte Entwicklung zu beeinflussen. Was kann wer konkret tun, um die Entwicklung in Ihrem Sinne voranzutreiben?

Szenariotechnik im Überblick

Drei idealtypische Szenariotechniken und ihre Untergruppen und Kombinationen stellen laut Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung den Hauptteil der Szenario-Methodik in der Zukunftsforschung dar. Die Ursache für die Vielfalt ist vermutlich die zunehmende Bandbreite an Zielsetzungen und Funktionen, die die Technik abdecken soll. Wir haben die Wichtigsten für Sie zusammengestellt:

Szenariotechnik Praxisbeispiel: Elektromobilität

Angesichts der gestiegenen Sensibilität gegenüber Emissionen hat sich das renommierte Fraunhofer-Institut mit der Frage: „Wohin entwickelt sich die Autoindustrie?“, beschäftigt und verschiedene Szenarios zur Elektromobilität bis zum Jahr 2025 ausgearbeitet.

Über die Situationsanalyse (Dieselfahrzeuge in Innenstädten sind zum Teil nicht mehr erlaubt), Einflussfaktoren (Benzin und KfZ-Steuern werden immer teurer) und Trends (Gesetzgebung wird klimafreundlicher) haben die Forschenden vier Szenarios entwickelt, die die angenommene Entwicklung darstellen.

Hybride Elektromobilität, stadtgerechte Mobilität, modulare Elektromobilität sowie Wasserstoff-betriebene Mobilität sind die wahrscheinlichsten Szenarien, die die Fraunhofer-Gesellschaft erarbeitet hat.

Alternative zur Szenariotechnik

Simulationen stellen eine Alternative zur Szenariotechnik dar, wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen möchten. Bei der Simulation geht es um ein möglichst realitätsnahes Nachbilden der Wirklichkeit. Durch Abstraktion wird ein Modell erzeugt, mit dem gezielt experimentiert werden kann. Abschließend werden die Ergebnisse aus der Simulation wieder auf das reale Projekt übertragen. 

Fazit: Mit der Szenariotechnik strategisch auf Veränderungen vorbereiten

Die Arbeit mit Szenarios ist ein verbreitetes Instrument zur Darstellung möglicher Zukunftsversionen. In der Projektarbeit dient sie dazu, eine vorausschauende Entscheidungshilfe zu leisten, Chancen und Risiken einzuschätzen und konstruktiv mit diesen umgehen zu können. Gleichzeitig fördert die Szenariotechnik das vernetzte Denken durch die Vorwegnahme von Veränderungen. Eine Herausforderung bei der Szenariotechnik besteht darin, aus unzähligen möglichen Szenarien diejenigen herauszufiltern, die am wahrscheinlichsten zum Tragen kommen werden.

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Titelbild: gradyreese / E+ / Getty Images Plus

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