Rund 20 Arbeitstage – so viel Zeit geht deutschen Arbeitnehmern jährlich verloren, weil sie sich mit verschiedenen Zeitfressern herumärgern müssen. Nicht funktionierende und langsame Technik, komplizierte Geräte oder mangelnde Ordnung führen laut einer Studie dazu, dass jeder Büroangestellte umgerechnet durchschnittlich 38 Minuten am Tag unnötig verbraucht.
Auch in anderen Bereichen eines Unternehmens gibt es unzählige Aspekte, die sich negativ auf die Effizienz auswirken können. Um dem systematisch entgegenzuwirken, hat Toyota die 5S-Methode entwickelt. Diese kommt mittlerweile weltweit in verschiedensten Branchen zum Einsatz.
Was ist die „5S-Methode“?
Unternehmen wenden die 5S-Methode an, um der Zeitverschwendung entgegenzuwirken. Sie entstand aus einer japanischen Unternehmensphilosophie namens „Kaizen“ und half ursprünglich dabei, die Organisation des Arbeitsplatzes von Industriearbeitern zu verbessern. Ziel ist es, dass Mitarbeiter ihre Arbeit störungsfrei und damit ohne Zeitverlust verrichten können.
Im deutschsprachigen Raum ist die 5S-Methode auch als 5A-Methode bekannt.
Wie kam es zu der 5S-Methode?
In der Mitte des letzten Jahrhunderts stand der japanische Toyota-Konzern vor einem gewaltigen Umbruch: Er musste seine ineffizienten Prozesse optimieren. Um diese Herausforderung zu meistern, orientierte sich das Management an der Kaizen-Philosophie, nach der Unternehmen sich ständig verändern und verbessern sollten.
Damit dieses Vorhaben gelingt, gilt es unter anderem, Verschwendung zu vermeiden. Im Japanischen ist eine sinnlose Tätigkeit eine Art der Verschwendung. Der Begriff dafür lautet „Muda“. Taiichi Ohno, Erfinder des Toyota-Produktionsprinzips, definierte sieben „Muda“:
1) hohe Bestände durch Überproduktion
2) lange Wartezeiten
3) überflüssiger Transport
4) umständliche, nicht ergonomische Bewegungen
5) Ausschuss durch fehlerhafte Teile
6) überhöhte Lagerhaltung
7) falsche Technologien und Prozesse
Um einige der sieben „Muda“ zu vermeiden, führte Toyota die 5S-Methode ein. Die fünf S stehen für:
1) Seiri
2) Seiton
3) Seiso
4) Seiketsu
5) Shitsuke
Übersetzt ins Deutsche ergeben sich daraus ebenfalls 5S oder die 5A:
1) Sortieren / Aussortieren
2) Systematisierung / Aufräumen
3) Säuberung / Arbeitsplatz-Sauberkeit
4) Standardisierung / Anordnung
5) Selbstdisziplin / Alles erhalten und verbessern
Organisation des Arbeitsplatzes: So können Sie die 5S praktisch anwenden
Um die 5S-Methode erfolgreich umzusetzen, müssen alle Bestandteile des Methode verstanden und angewendet werden. Was es mit den einzelnen S-Phasen auf sich hat:
1) Sortieren (Seiri)
Mitarbeiter müssen die Werkzeuge und Gegenstände an ihrem Arbeitsplatz in drei Kategorien einsortieren:
1) wichtig
2) teilweise wichtig
3) unnötig
Alles, was unnötig bzw. unwichtig ist, hat an einem Arbeitsplatz nichts zu suchen.
2) Systematisierung (Seiton)
Getreu dem Motto „Ordnung ist das halbe Leben“ wird nach der 5S-Methode der Arbeitsplatz aufgeräumt.
Zum Beispiel, indem Mitarbeiter wichtige Objekte leicht greifen können oder sie diese speziell markieren, um sie besser zu finden.
3) Säuberung (Seiso)
Wenn ein Arbeitsplatz sauber ist, hilft das, sich wohlzufühlen. Außerdem macht solch ein Arbeitsplatz einen besseren Eindruck auf Besucher.
4) Standardisierung (Seiketsu)
Wurde ein Arbeitsplatz durch die ersten drei S verbessert, gilt es, das als Standard einzuführen. Das heißt, Arbeitsplätze, an denen Mitarbeiter ähnliche Tätigkeiten ausführen, sind im Unternehmen ebenso zu gestalten.
5) Selbstdisziplin (Shitsuke)
Ursprünglich bestand die Methode aus nur vier S. Shitsuke beziehungsweise Selbstdisziplin kam hinzu, damit die Mitarbeiter die vorherigen Schritte nicht vergessen. Sie müssen zu Automatismen werden, damit die 5S-Methode ihre volle Wirkung entfaltet.
5S-Methode: Beispiele zur Anwendung
Wie kann ein Werkstattmitarbeiter, der in der Wintersaison fast im Akkord Reifen wechseln muss, effizient arbeiten? Indem er sich an die 5S-Methode hält. In seinem Fall ist es wichtig, die Werkzeuge, die er ständig benötigt, in Reichweite zu haben.
Ähnlich sieht es bei einem Zahnarzt aus: Seine Assistenz legt ihm die benötigten Dental-Werkzeuge bereit, damit er seine Patienten schnell und richtig behandeln kann. Bei diesem Beispiel ist der Punkt „Sauberkeit“ wichtiger als in einer Werkstatt.
Auf vielen Bürotischen herrscht oft Unordnung. Was manche gern als „kreatives Chaos“ abtun, ist ein Effizienzkiller. Wenn ein Vertriebsmitarbeiter die Produktbroschüren in mehreren Stapeln suchen muss, kostet das unnötig viel Zeit. Und wenn ein Kollege im Kundendienst die Kundendaten auf Notizzettel schreibt, anstatt sie in einem CRM-System anzulegen, behindert das die nachgelagerten Prozesse.
Ständige Verbesserung: 5S, Kaizen und Lean-Management
Toyota entwickelte die 5S-Methode im Rahmen seiner Kaizen-Philosophie, aus der auch das Lean-Management entstand. In beiden geht es unter anderem darum, Prozesse zu optimieren, um Verschwendung zu vermeiden. Dabei müssen Unternehmen die Sicht der Kunden einnehmen.
Kunden sind in diesem Fall nicht nur externe (Geschäfts- oder Endkunden), sondern ebenso interne Kunden, zum Beispiel Mitarbeiter aus anderen Abteilungen. Wenn ein Prozess am Anfang unrund läuft, kann es später zu einem Stocken oder Stopp kommen.
In unserem letzten Beispiel bedeutet das: Da beim Kundendienst keine Ordnung herrscht – Kundendaten werden nicht in das CRM eingetragen – können andere Abteilungen wie Marketing und Vertrieb damit nicht arbeiten. Das schadet am Ende dem gesamten Unternehmen, weil beispielsweise Umsatzpotenziale ungenutzt bleiben.
Die Vor- und Nachteile der 5S-Methode
Die Vorteile der 5S-Methode liegen auf der Hand:
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Wenn Mitarbeiter nach der 5S- bzw. 5A-Methode arbeiten, können Unternehmen ihre Prozesse optimieren und beschleunigen.
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Zudem ist es ihnen möglich, strukturiert beste Ergebnisse zu erzielen. Am Ende entsteht eine Effizienzsteigerung.
Doch die 5S-Methode hat auch Nachteile:
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Die Mitarbeiter müssen die Methode verstehen und anwenden. Dafür sind eventuell Schulungen notwendig.
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Die konsequente Einhaltung der Grundsätze wie das Aufräumen und Säubern der Arbeitsplätze ist zeitaufwendig.
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Zudem lassen sich die 5S nicht auf alle Bereiche übertragen. Zum Beispiel wirken Büroarbeitsplätze ohne unnötige Gegenstände wie Familienbilder oder Topfpflanzen „steril“ und unattraktiv.
Ist 5S universell nutzbar?
Die 5S-Methode besitzt ihre Daseinsberechtigung und kann von Unternehmen für viele Geschäftsbereiche adaptiert werden. Sie ist allerdings kein Allheilmittel gegen Zeitfresser. Läuft, wie zu Beginn beschrieben, die IT in einem Unternehmen nicht rund, müssen andere Methoden und Tools zur Verbesserung greifen.
Titelbild: Jerome / Unsplash