Sie machen immer wieder die frustrierende Erfahrung, dass Sie Ihre Unternehmensprozesse professionell durchdacht und sinnvolle Lösungen gefunden haben, diese aber nicht zum gewünschten Ziel führen? Dann bewegen Sie sich mit Ihren Lösungsansätzen vermutlich in einem falschen System. Das Cynefin Framework hilft Ihnen dabei, die Systeme in Ihrem Unternehmen zu begreifen und angemessen darauf zu reagieren.
Was ist das Cynefin Framework?
Das Cynefin Framework ist ein Modell zur Bestimmung unterschiedlicher Systeme in einem Unternehmen. Es erlaubt Rückschlüsse über die Funktionsweise und bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, individuell passende Vorgehensweisen für jede Situation zu wählen. Hierdurch gelingen Arbeitsprozesse effizienter und Betriebe können sich auf ihr Marktumfeld optimal einstellen.
Hintergrund zum Cynefin Framework
Das Cynefin Framework wurde von Dave Snowden entwickelt, einem früheren IBM-Mitarbeiter. Die Idee hinter dem Framework besagt, dass sämtliche bisherigen Ereignisse dazu geführt haben, dass ein System die Form besitzt, die es aktuell hat. Häufig ist es aber nicht möglich, sämtliche Einflussfaktoren zu kennen und zu berücksichtigen, die auf ein System Wirkung zeigen.
Snowdens Cynefin Modell teilt bestehende Situationen fünf Systemen zu, für die es jeweils andere Verhaltensweisen empfiehlt. Dave Snowden hat Cynefin im Laufe der Jahre immer weiter verfeinert und angepasst, sodass es seine heutige Form erlangt hat und für zahlreiche Projekte und Prozesse genutzt werden kann.
Aufbau der Cynefin Matrix
Die Cynefin Matrix setzt sich aus fünf unterschiedlichen Kategorien zusammen, die auch als Domänen bezeichnet werden: Einfach, Kompliziert, Komplex, Chaotisch, Gestört. Grafisch sieht das Ganze wie folgt aus:
Einfache Systeme
Einfache Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen nur wenige Variablen und Unbekannte vorkommen. Die einzelnen Elemente des Systems stehen in einem Ursache-Wirkung-Zusammenhang zueinander und sind daher gut plan- und vorhersagbar.
Sie können solche Systeme am besten steuern und managen, indem Sie sich an bestehende Regeln halten und Ihre Erfahrungen in Form von „Best Practices“ (Erfolgsrezepten) nutzen. Ein LEGO-Bauset ist ein typisches Beispiel für ein solches System.
Komplizierte Systeme
Komplizierte Systeme umfassen deutlich mehr Variablen und Unbekannte als einfache Systeme. Es liegen ebenfalls lineare Kausalzusammenhänge vor, die allerdings nicht offensichtlich sind. In komplizierten Systemen ist es nötig, umfassende Analysen durchzuführen, um die jeweiligen Beziehungen zwischen einzelnen Komponenten zu bestimmen.
Hierzu sind nur Fachleute mit großer Expertise und langjähriger Erfahrung in der Lage. Durch die Nutzung von „good practices“ – also der Entwicklung sinnvoller Pläne – ist es möglich, solche Systeme zu steuern und zu managen. Ein Auto ist ein typisches Beispiel für ein kompliziertes System.
Komplexe Systeme
In komplexen Systemen liegen viele Variablen und Unbekannte vor. Es kommt zu Rückkopplungen; lineare Kausalitäten sind jedoch nicht vorhanden. Sie haben somit keine Möglichkeit, um Entwicklungen vorherzusagen oder sinnvolle Pläne für die Lösung von Problemen und die Optimierung von Prozessen zu erstellen.
In gewissen Grenzen können Sie durch Ihre Erfahrungswerte zu gewünschten Ergebnissen kommen, eine hundertprozentige Vorhersage von Ereignissen ist aber nicht möglich. Auf komplexe Systeme reagieren Sie am besten durch trial-and-error. Hierbei führen Sie kleine, zeitlich begrenzte Stichproben durch und wählen ausgehend von den Ergebnissen die optimalen Lösungen. Das Wetter ist ein typisches Beispiel für ein komplexes System.
Chaotische Systeme
Chaotische Systeme sind vorrangig vom Zufall gesteuert. Die Zahl an Variablen und Unbekannten ist in diesem Kontext gigantisch. Diese stehen in permanenter Wechselwirkung und es kommt permanent zu Änderungen und Wandlungsprozessen.
Im Unterschied zu komplexen Systemen liegt nicht genügend Zeit vor, um durch Proben und Versuche zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen. Auf chaotische Systeme reagieren Sie am besten durch Mut zu Neuem, Projekte und entschlossenes Handeln. Die Corona-Pandemie ist ein typisches Beispiel für ein chaotisches System.
Gestörte Systeme (Zustand des Nicht-Wissens)
Gestörte Systeme sind solche, bei denen die vorhandene Ausgangslage und die gewählten Lösungsansätze nicht kongruent sind. Wenn Sie versuchen, die Herausforderungen eines chaotischen Systems mit den Lösungsansätzen für einfache Systeme zu meistern, stoßen Sie schnell an Ihre Grenzen.
Wenn es bei Ihren Prozessen somit regelmäßig zu Reibungen und Störungen kommt, sollten Sie die Cynefin Matrix heranziehen und sich bewusst machen, in welchem System und welchem Kontext Sie sich bewegen. Prüfen Sie anschließend, ob die von Ihnen gewählten Maßnahmen zu diesem System passen.
Stacey Matrix vs. Cynefin Framework
Stacey Matrix und Cynefin Framework verfolgen ähnliche Ansätze, unterscheiden sich aber in ihrer Schwerpunktsetzung.
Das Cynefin Framework fokussiert sich auf die einzelnen Systeme und bietet Lösungsansätze, wie mit diesen zu verfahren ist. Die Stacey Matrix veranschaulicht demgegenüber, in welchem Verhältnis die Anforderungen an ein Unternehmen und die verwendeten Technologien und Prozesse zueinanderstehen. Je klarer die Anforderungen und je bekannter die Technologien, desto einfacher ist das System. Je unklarer die Anforderungen und je unbekannter die Technologien, desto komplexer oder chaotischer ist das System.
Das lässt sich aus dem Cynefin Framework ableiten
Aus dem Cynefin Modell leiten Sie ab, welche Systeme in Ihrem Unternehmen vorrangig auftreten. Im aktuellen Arbeitsumfeld sind diese in einer Mehrzahl der Fälle kompliziert oder komplex. Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist es Ihnen möglich, sinnvolle Lösungen zu entwickeln und effiziente Prozesse zu etablieren.
Mit der Zeit generieren Sie so ein Erfolgsrezept zum Vorgehen, also sogenannte „Cynefin Framework Best Practices“, von denen einzelne Prozesse und Ihr Betrieb als Ganzes profitieren. Die Wirkung sind eine erhöhte Arbeitseffizienz und ein Anstieg der Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig kommt es seltener zu Störungen und Problemen in den Arbeitsabläufen.
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