Wird in Ihrem Unternehmen auch vor jedem Geschäftsjahr oder Quartal ganz aufgeregt gerechnet? Dann stehen sicherlich wieder neue Strategien mit neuen Zielen und neuen Kennzahlen an. Diese gelten dann als Vorgaben für die kommenden Monate oder Jahre.
Wie wissen Sie vor einem Quartals- oder Jahresabschluss, ob Sie Ihre Zielgrößen erfüllen können? Das finden Sie mit einer Gap-Analyse heraus.
Was ist die Gap-Analyse?
Die Gap-Analyse dient dazu, die Soll-Vorgaben mit den voraussichtlichen Entwicklungen zu vergleichen. Bei der Gegenüberstellung entsteht oft eine Lücke (Englisch: Gap), weshalb die Gap-Analyse auch Lückenanalyse heißt.
Wie sieht eine einfache Lückenanalyse aus?
Eine einfache Gap-Analyse besteht aus zwei Kurven: Die oberste Kurve beschreibt Ihre strategischen Ziele als Soll-Vorgaben. Die untere Kurve steht für das zu erwartende Ergebnis, wenn das Business so wie aktuell prognostiziert weiterläuft.
Für die Auswertung können Sie verschiedene Kennzahlen heranziehen, zum Beispiel den Umsatz, die Marge, die Anzahl der Kundinnen und Kunden oder den Gewinn. Welche Zahlen Sie für die Gap-Analyse verwenden, hängt von Ihren Zielen und der Art der Betrachtung ab.
Zwischen den beiden Kurven entsteht je nach Situation und Kenngröße eine große oder kleine Abweichung. Das ist die namensgebende „Gap“, die Lücke.
Was bietet eine differenzierte Lückenanalyse?
Bei der differenzierten Gap-Analyse fügen Sie eine dritte Kurve hinzu. Diese zeigt, was Sie erreichen könnten, wenn Sie Leistungssteigerungen anstoßen.
Aus den drei Kurven entstehen zwei Lücken: die strategische und die operative Lücke.
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Die operative Lücke beschreibt das Potenzial, das Ihr Unternehmen hat, wenn Sie an operativen Maßnahmen alles geben – zum Beispiel, indem Sie Hindernisse aus dem Weg räumen und Prozesse beschleunigen.
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Die strategische Lücke können Sie nur verkleinern oder schließen, wenn Sie Ihre Strategie verändern. Eine Möglichkeit wäre eine überarbeitete Wachstumsstrategie.
Wie entstehen die Lücken?
Die Gap-Analyse dient dazu, den Ist-Wert mit einem Soll-Wert zu vergleichen. Der Ist-Wert stellt Ihr aktuelles Basisgeschäft dar. Hierbei nehmen Sie an, dass sich die Aktivitäten und Maßnahmen Ihres Unternehmens ohne große interne Veränderungen oder äußere Einflüsse weiterentwickeln. Das bedeutet, Sie bleiben bei Ihren bestehenden Geschäftsfeldern und verkaufen mit der derzeitigen Strategie Ihre Produkte.
Dieser Praxis (der prognostizierten „Realität“) steht die Theorie (die Soll-Vorgabe) gegenüber.
Aus der Betrachtung ergeben sich folgende Vor- und Nachteile bei der Gap-Analyse:
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Die Gap-Analyse dient einer groben Übersicht, welche Entwicklungen in Ihrem Unternehmen stattfinden. Sie stellt eine Art Frühwarnsystem dar, wenn sich eine unerwartete oder gar große Lücke zeigt. Zudem lassen sich Potenziale für Verbesserungen einbauen und deren Auswirkungen abschätzen.
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Bei Ihren Berechnungen handelt es sich um Prognosen. Oft stellen sich kurzfristig erhobene Zahlen als zu ungenau heraus. Ebenso wissen Sie nicht, was die Zukunft wirklich bringen wird – und welche Lücken sich dann noch ergeben oder sogar schließen werden.
Gap-Analyse durchführen: Ein Beispiel
Eine Lückenanalyse ist ein Instrument des Controllings. Aber auch andere Abteilungen können diese durchführen, zum Beispiel der Vertrieb. Dafür müssen Sie Zugriff auf alle relevanten Kennzahlen haben.
Möchten Sie eine derartige Analyse für Ihre Vertriebsaktivitäten vornehmen und eventuelle Lücken feststellen, können Sie folgendermaßen vorgehen:
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Definieren Sie die Zielgrößen für einen Zeitraum X.
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Ermitteln Sie den aktuellen Jahresumsatz und rechnen Sie hoch, wie er sich in den kommenden Jahren bei gleicher Vorgehensweise verändert.
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Zusätzlich nehmen Sie an, welche Steigerungen in Ihrem Umsatz möglich sind, wenn Sie Ihre Marketing- und Vertriebsausgaben erhöhen.
Gap-Analyse in Excel eintragen
Tragen Sie die gesammelten Zahlen zum Beispiel in eine Excel-Liste ein. Das könnte vereinfacht dargestellt so aussehen:
Jahr 1 | Jahr 2 | Jahr 3 | |
Soll-Vorhaben un Euro | 100.000 | 150.000 | 180.000 |
Prognostizierter Ist-Zustand in Euro | 60.000 | 100.000 | 140.000 |
Umsatz mit neuen Marketing-/Vertriebsausgaben in Euro | 80.000 | 130.000 | 170.000 |
Diese Tabelle wandeln Sie dann mit Excel in ein Diagramm um, um die Kurven und die entsprechenden Lücken darzustellen.
Wie schließen Sie die Lücke?
Um die Lücke zu schließen, gibt es zwei grundlegende Wege:
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Sie passen Ihre Zielgrößen so an, dass es zu einer Schließung der Gap kommt. Das bedeutet, Sie senken die Erwartungen.
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Sie ergreifen operative und strategische Maßnahmen, um die Ist- und Soll-Werte anzugleichen.
Weg Nummer 2 lässt sich zum Beispiel so gehen:
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Sie überprüfen Ihr Business über eine SWOT-Analyse und eine BCG-Matrix. So erkennen Sie, was die größten Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens sind und welche Produkte das meiste Potenzial besitzen.
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Auf Basis Ihrer Erkenntnisse nehmen Sie Veränderungen vor. Mögliche Maßnahmen können sein, dass Sie Ihre Abläufe optimieren, Ihre Preisstrategie überdenken und Kosten minimieren.
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Sie erstellen zudem eine Strategy Map, um einen weiten Blick zu erhalten. Und über die sogenannte Ansoff-Matrix finden Sie heraus, dass Sie unter Umständen in neue Märkte oder Marktlücken mit neuen Produkten vordringen sollten.
Wo sind die Grenzen der Gap-Analyse?
Die Lückenanalyse betrachtet nur messbare Zahlen, also quantifizierbare Ergebnisse. Zudem gleicht der Blick in die Zukunft ein wenig der „Glaskugelleserei“, denn Sie können nur bedingt voraussagen, wie die Entwicklungen Ihres Geschäfts wirklich aussehen werden.
Die Corona-Pandemie hat sehr eindrücklich gezeigt, wie schnell sich Marktgegebenheiten verändern können. Dementsprechend sollten Sie jede Gap-Analyse mit einer Portion Skepsis betrachten.
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