Wenn Sie große Ziele in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Abteilung haben, hilft es meist, die Effizienz zu steigern. Doch irgendwann ist jeder Prozess bis aufs Letzte optimiert. Wie bekommen Sie dann noch mehr Leistung? Indem Sie den Hawthorne-Effekt ausnutzen und damit die Produktivität Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen steigern.
Was ist der Hawthorne-Effekt?
Wenn Menschen unter Beobachtung stehen oder sie soziale Wertschätzung erfahren, kann ihre Produktivität deutlich ansteigen. Dies belegte eine Studie, die in den 1920er-Jahren in den namensgebenden Hawthorne-Werken von General Electric durchgeführt und seitdem mehrfach überprüft wurde. Ein anderer Begriff für den Hawthorne-Effekt ist Beobachter-Effekt.
Hawthorne-Studien: So lief das Hawthorne-Experiment ab
Wie lässt sich die Produktivität erhöhen? Diese große Frage bewegt Manager und Managerinnen schon immer. Um eine oder mehrere Antworten zu finden, gaben die US-amerikanische Elektrizitätsindustrie und das National Research Counsil mehrere Experimente in Auftrag. Diese führten die Hochschullehrer Elton Mayo, William J. Dickson und Fritz J. Roethlisberger in einem Werk der Western Electric Company von 1924 bis 1932 durch.
Die Forschenden fanden unter anderem heraus, dass die Arbeitsleistung der Arbeiter und Arbeiterinnen anstieg, wenn sie die Lichtverhältnisse verbesserten. Es kam die Vermutung auf, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Licht und Produktivität gäbe. Doch diese Annahme stellte sich als falsch heraus, weil auch Mitarbeitende ohne bessere Lichtverhältnisse plötzlich bessere Ergebnisse lieferten.
In weiteren Experimenten gaben die Forschenden einem Teil der Arbeitnehmenden mehr Gehalt, verkürzten die Arbeitszeiten und die Vorgesetzten pflegten einen direkten Kontakt zu den Arbeitern und Arbeiterinnen. Das Ergebnis: Die Produktivität der Probanden und Probandinnen stieg um 30 Prozent an.
Welche Erkenntnisse lassen sich aus den Hawthorne-Studien ableiten?
Die Forschenden wie auch Psychologen und Psychologinnen konnten aus den Hawthorne-Experimenten wichtige Erkenntnisse ableiten. Zwei davon prägen bis heute das Bild der Studien:
Zum einen ist das soziale Gefüge rund um einen Arbeitsplatz extrem wichtig. Das Arbeitsklima hat einen direkten Einfluss auf die Produktivität: Wenn Menschen sich wertgeschätzt fühlen, wirkt sich das positiv auf die Arbeitsleistung aus.
Zum anderen verändert sich das Verhalten von Mitarbeitenden, wenn Sie wie bei den Experimenten unter Beobachtung stehen. Sie wecken ungeahnte oder versteckte Kräfte, was in einer besseren Produktivität mündet. Daher hat der Hawthorne-Effekt auch seinen Namen Beobachter-Effekt.
Hawthorne-Effekt vs. Taylorismus: Was beide unterscheidet
Wie lässt sich ein Betrieb so verbessern, dass er maximal wirtschaftlich arbeitet? Dieser Frage ging Frederick Winslow Taylor Ende des 19. Jahrhunderts nach. Er kam zum Beispiel zu der Erkenntnis, dass sich der Output einer Fabrik steigern lässt, wenn man die Produktion in viele kleine Schritte unterteilt. Dieser sogenannte Taylorismus sorgte dafür, dass die Arbeitenden die immergleichen, spezialisierten Arbeitsschritte ausführten.
Der Taylorismus sorgte zwar für eine Steigerung der Produktivität, doch diese war irgendwann ausgereizt. Deshalb kam es zu den Hawthorne-Studien, um weitere Faktoren zu finden, die die Arbeitsleistung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen optimiert.
Die Untersuchung brachte ans Licht, dass beispielsweise eine Produktion mehr als nur die Aneinanderreihung von Prozessen ist. Wenn Menschen zur Erzeugung beitragen, haben soziale Faktoren einen hohen Einfluss auf die Ergebnisse.
Das bedeutet: Beim Taylorismus wird der Einfluss von Wertschätzung, Betriebsklima oder Zufriedenheit nicht bedacht. Stattdessen stehen hier rein nüchterne Aspekte im Fokus. Über die Hawthorne-Experimente lernte man, dass Faktoren für das menschliche Miteinander ebenso wichtig sind, um die Produktivität und Effizienz zu steigern.
Der Einfluss des Hawthorne-Effekts auf heutige Unternehmen
So wie Unternehmen bei Bewerbenden auf die Hard Skills und Soft Skills schauen, so blicken auch Mitarbeitende auf die „weichen” Faktoren Ihres Arbeitgebenden. Diese Erkenntnis brachten unter anderem die Hawthorne-Studien.
Daraus können Sie für Ihre Firma beispielsweise diese Maßnahmen und Verbesserungen ableiten:
- Zeigen Sie jedem und jeder Angestellten Ihre Wertschätzung.
- Pflegen Sie auf eine gute Beziehung zwischen Vorgesetzten und Arbeitnehmenden.
- Pochen Sie nicht auf Prozesse und Vorgaben, sondern achten Sie auch auf die zwischenmenschlichen Interaktionen.
So können flache Hierarchien mit mehr Mitspracherechten und einem Austausch auf Augenhöhe für motivierte Mitarbeitende sorgen. Auch die Gestaltung des Arbeitsplatzes und eine faire Entlohnung tragen zur Produktivität bei.
Trotz vieler Freiheiten kann es nicht schaden, die Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen in gewissem Maße unter Beobachtung zu stellen – beispielsweise durch Leistungsbeurteilungen. Ebenso sollte es in Ihrem Unternehmen eine klare Führung geben, um fachliche Vorgaben und gemeinsame Werte vorzugeben und die Umsetzung zu kontrollieren.
Hawthorne-Effekt: Ein Beispiel für die Anwendung
Viele Start-ups haben das Problem, dass sie nur niedrige Löhne bezahlen können. Trotzdem geben die Mitarbeitenden gerne ihr Bestes. Warum? Weil die jungen Unternehmen mit anderen wichtigen Aspekten punkten:
Die Freiheit, Eigenverantwortung zu übernehmen und Business-Experimente durchzuführen, ist reizvoll. Auch das gemeinsame Feierabendbier oder eine Runde Mario Kart an der Konsole in der Mittagspause sorgen für eine höhere Zufriedenheit.
Arbeit ist mehr als nur Arbeit
Was die verschiedenen Untersuchungen zeigten: Menschen sind keine Roboter, die stumpf einer Tätigkeit nachgehen und dabei stets produktiv bleiben. Besonders die modernen Mitarbeitenden haben hohe Anforderungen an ihren Arbeitsplatz. Bewegungen wie „New Work” zeigen, dass Aspekte wie eine ausgewogene Work-Life-Balance extrem wichtig sind.
Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Hawthorne-Studien gewinnen in Zeiten des Fachkräftemangels und neuer Arbeitsweisen wieder an Bedeutung. Lernen Sie daraus, um Ihr Unternehmen attraktiver zu gestalten. Und kitzeln Sie die versteckten Leistungsreserven Ihrer Angestellten heraus!
Titelbild: Klaus Vedfelt / iStock / Getty Images Plus