„Deutschland ist Frustweltmeister“: Das titelte SPIEGEL Online im Frühjahr 2020. Der Grund: Wie eine Studie zeigte, geht rund ein Viertel der deutschen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unmotiviert zur Arbeit. Die Folge sind Frust, viele Krankheitstage und häufige Kündigungen.
Demotivierte Mitarbeitende bremsen das Vorankommen von Unternehmen aus und kosten viel Geld. In großen Firmen mit Tausenden Angestellten gehen die Schäden in die Millionenhöhe. Wie könnten Betriebe dieses Problem mildern? Unter anderem durch Job Crafting.
Definition: Was ist Job Crafting?
Job Crafting bedeutet übersetzt ins Deutsche so viel wie „Gestaltung der Arbeit“ oder „Arbeitsplatzgestaltung“. Das heißt: Sie als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin passen Ihren Job so an, dass er Ihnen mehr Freude und weniger Frust bringt.
Wie funktioniert Job Crafting?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie zu mehr Spaß bei der Arbeit kommen. Zum Beispiel machen Sie durch Anpassungen Ihre Tätigkeiten leichter.
Oder Sie arbeiten an Ihrem Mindset, also an Ihrer inneren Einstellung. Derart bekommen Sie eine intrinsische Motivation, Dinge bei Ihrem Job zu verändern. Auch das sogenannte Power Posing kann helfen, Aufgaben und andere Aspekte Ihrer Arbeit engagierter anzugehen.
Eine weitere Möglichkeit, Ihre Einstellung zu Ihrem Job durch Job Crafting positiv zu beeinflussen: Sie finden einen Sinn in Ihrer Tätigkeit. Oder Sie schaffen künstlich einen Mehrwert, den es vorher noch nicht gab.
Woher stammt der Begriff?
Die Bezeichnung „Job Crafting“ geht wohl auf Amy Wrzesniewski und Justin Berg zurück, die zusammen mit Jane Dutton in einer wissenschaftlichen Untersuchung herausfanden, dass manche Menschen aus eigenem Antrieb heraus ihre Aufgaben im Beruf anpassen, und zwar so, dass die Arbeit mehr zu den persönlichen Zielen, Interessen und auch Stärken passt. Sie gestalten (auf Englisch: „to craft“) ihren Job, was am Ende zu besseren Leistungen führt.
Bei ihrer Untersuchung fanden Wrzesniewski, Dutton und Berg zudem heraus, dass viele Führungskräfte sich des Job Crafting ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht bewusst waren. Bemerkten sie jedoch das Gestalten und Anpassen, kam es teilweise zum Ausbremsen und Verhindern der Maßnahmen.
Was bringt das Job Crafting mit sich?
Wenn Sie demotiviert oder gar frustriert von Ihrer Arbeit sind, weckt das Job Crafting ganz neue Energien. Sie übernehmen Selbstverantwortung und überlegen sich Strategien, wie Sie Ihre Aufgaben besser gestalten könnten. Das sorgt für einen Schub an Motivation. Zudem steigt Ihre Zufriedenheit am Arbeitsplatz, da Sie diesen in gewissem Rahmen gestalten und nach Ihren Vorstellungen anpassen.
Sind Sie zufrieden und motiviert, sinkt Ihr Frust- und Stresspegel. Das hat langfristige Effekte: Sie sind weniger krank und verringern das Burnout-Risiko — oder das Boreout-Risiko, denn auch Langeweile kann Erschöpfungssymptome mit sich bringen.
Ein weiterer Vorteil des Job Crafting ist, dass Sie positiver gestimmt auf Ihre Kollegen und Kolleginnen zugehen. Ihre „Good Vibrations“ können dafür sorgen, dass auch andere Mitarbeitende mit dem Job Crafting beginnen.
Welche Vorteile hat das für Ihr Unternehmen?
Wenn Angestellte gern zur Arbeit kommen und motiviert ihre Aufgaben ausführen, erhöht das die Effizienz. Daraus resultieren bessere Ergebnisse, welche unter Umständen den Umsatz und den Gewinn steigern.
Das Job Crafting kann auch ungeahnte Potenziale wecken: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entwickeln neue Ideen und Konzepte, um beispielsweise Prozesse optimaler zu gestalten.
Auch die Beziehung untereinander lässt sich derart verbessern: Das Verhältnis zwischen Führungskräften und ihren Teammitgliedern wie auch zwischen Kollegen und Kolleginnen entspannt sich.
Die einzelnen Bausteine sorgen dafür, dass Angestellte länger im Unternehmen verbleiben und die Fluktuation sinkt. Das ist ein Aspekt, der in Zeiten des Fachkräftemangels und den damit verbundenen hohen Recruitingkosten immer wichtiger wird.
Beispiele für Job Crafting
Die Umgestaltung und Verbesserung der Arbeit können verschiedene Facetten haben. Diese sehen beispielsweise so aus:
- Eine Lehrerin arbeitet sich in die IT-Technik ein und übernimmt zusätzlich die Rolle der Systemadministratorin.
- Eine Reinigungskraft nimmt sich die Zeit, die Nöte der Kollegen und Kolleginnen anzuhören, und erfüllt somit auch eine seelsorgerische Rolle.
- Ein Marketingspezialist findet Freude am Schreiben und betreibt in seiner Freizeit gern den Firmenblog.
- Der Vertrieb bekommt eine bessere Umsatzübersicht, weil eine studentische Mitarbeiterin nebenher eine Lösung für Excel entwickelt.
So können Sie selbst Job Crafting vornehmen
Möchten Sie aus eigenem Antrieb und in Selbstverantwortung Ihre Arbeit angenehmer gestalten? Dann stellen Sie sich unter anderem diese Fragen:
- Welche Frustfaktoren am Arbeitsplatz kann ich selbst aus dem Weg schaffen?
- Welche zusätzlichen Aufgaben, die mir gefallen, könnte ich übernehmen?
- Mit welchem Kollegen oder welcher Kollegin möchte ich intensiver zusammenarbeiten?
- Was sind meine Stärken, die ich in meinen Beruf noch einfließen lassen kann?
- Wie kann ich unliebsame Aufgaben beschleunigen oder loswerden?
Unterstützen Sie das Job Crafting
Sind Sie als Führungskraft tätig, sollten Sie sich die Relevanz und den Sinn des Job Crafting bewusst machen. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die darin stecken. Fördern Sie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die bereits ihre Arbeit umgestalten oder anpassen.
Versuchen Sie, Hindernisse und Hürden aus dem Weg zu räumen, um mehr Job Crafting zu ermöglichen, zum Beispiel, indem Sie daran mitarbeiten, die internen Hierarchien flacher zu gestalten und die Selbstorganisation zu unterstützen. Vielleicht gelingt es Ihnen so, dass es zumindest in Ihrem Unternehmen weniger „Frustweltmeister“ gibt.
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