Sie haben ein innovatives Produkt oder eine ansprechende Dienstleistung, wissen aber nicht, wie viel Sie dafür verlangen dürfen? Dann sollten Sie eine Berechnung der kalkulatorischen Kosten vornehmen. Diese hilft Ihnen dabei, Ihr unternehmerisches Risiko zu senken und bei der Preiskalkulation mit dem Wettbewerb auf Augenhöhe zu agieren. Hierbei müssen Sie keine handels- und steuerrechtlichen Vorschriften beachten.
Was sind kalkulatorische Kosten?
Kalkulatorische Kosten sind fiktive Kosten, denen kein oder kein gleichwertiger Aufwand gegenübersteht. Sie umfassen verschiedene Kostenarten wie Miete, Zinsen, Wagnisse, Abschreibungen oder den Unternehmerlohn und setzen sich insgesamt aus Zusatzkosten und Anderskosten zusammen.
Ein Merkmal kalkulatorischer Kosten ist, dass sie auf keinem konkreten Zahlungsvorgang beruhen, der durch eine Rechnung oder einen Vertrag entsteht.
Kalkulatorische Kosten helfen Betrieben bei ihrer Preiskalkulation, bei der Bestimmung des Werteverzehrs sowie der Senkung des unternehmerischen Risikos. Sie werden in die Kostenrechnung aufgenommen, tauchen aber in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht auf.
Wozu dienen kalkulatorische Kosten?
Indem Sie kalkulatorische Kosten ermitteln und somit einen theoretischen Aufwand bestimmen, erleichtern Sie sich die Preiskalkulation für Ihre Waren und Dienstleistungen. Zudem verdeutlichen Sie sich Ihren tatsächlichen Werteverzehr und können besser einschätzen, welche und wie viele Ressourcen Sie für Ihre Arbeit im Allgemeinen und bestimmte Projekte im Speziellen benötigen. Hierdurch fällt es Ihnen leichter, eine passgenaue Kostenrechnung zu erstellen sowie das interne und externe Rechnungswesen und die Buchhaltung zu verbessern.
Arten von kalkulatorischen Kosten
Kalkulatorische Kosten setzen sich aus zwei großen Teilen zusammen: den Anderskosten und den Zusatzkosten. Anderskosten sind Kosten, denen ein Aufwand in nicht gleicher Höhe gegenübersteht. Zusatzkosten sind Kosten, bei denen es zu keinem Aufwand kommt. Diese Einteilung wurde erstmals von dem ehemaligen BWL-Lehrstuhlinhaber Erich Kosiol vorgenommen. Die folgende Grafik veranschaulicht die kalkulatorischen Kosten:
Beispiele für kalkulatorische Kosten
Im Folgenden stellen wir Ihnen verschiedene Beispiele für kalkulatorische Kosten vor.
Anderskosten
- Zu den Anderskosten zählen unter anderem kalkulatorische Wagnisse. So müssen Unternehmen beispielsweise Kosten tragen, wenn es zu Bränden, Diebstählen, Explosionen, notwendigen Nachbesserungen, Preisverfällen, Unfällen oder einer Verschlechterung von Waren kommt. Solche kalkulatorischen Kosten dürfen Sie aber nur veranschlagen, wenn sie nicht durch eine Versicherung abgedeckt sind. Eventuelle Kosten, die durch das unternehmerische Risiko entstehen, dürfen ebenfalls nicht einfließen.
- Kalkulatorische Abschreibungen und sonstige Zinsen sind weitere Bestandteile der Anderskosten. Hierbei muss eine klare Unterscheidung zwischen kalkulatorischen Abschreibungen (Schätzung in der Kostenrechnung) und bilanziellen Abschreibungen (Buchführung anhand der Anschaffungs- oder Herstellungskosten) erfolgen. Die kalkulatorischen Kosten nehmen die tatsächliche Nutzungsdauer in den Blick und orientieren sich an den voraussichtlichen Wiederbeschaffungskosten. Sie eignen sich somit besser, den tatsächlichen Werteverzehr zu veranschaulichen, und unterstützen Ihre Preiskalkulation.
Zusatzkosten
- Ein Beispiel für Zusatzkosten sind die kalkulatorischen Zinsen. Hierbei handelt es sich um theoretische Zinsen, die ein Unternehmen mit seinem Eigenkapital erwirtschaften könnte. Als Grundlage zur Berechnung dieser Zusatzkosten wird zumeist der marktübliche Zinssatz herangezogen.
- Die kalkulatorische Miete zählt ebenfalls zu den Zusatzkosten. Wenn die Betriebsstätten und Büroräume Ihrem Unternehmen selbst gehören, müssen Sie keine Mieten an einen Vermieter bezahlen. Dennoch sollten Sie die kalkulatorische Miete in die Kostenrechnung aufnehmen, um eine höhere Vergleichbarkeit mit den Kostenrechnungen anderer Betriebe zu erreichen. Das ist für die Preiskalkulation wichtig. Grundlage hierfür sind üblicherweise lokale Vergleichsmieten.
- Der kalkulatorische Unternehmerlohn wird ebenfalls den Zusatzkosten zugerechnet. Die Geschäftsführung bekommt zwar kein Gehalt, dafür anteilige Zahlungen, die vom erwirtschafteten Gewinn des Betriebs abhängen. Grundlage der Berechnung ist ein fiktives Gehalt, das sich am Gehalt eines Unternehmers oder einer Unternehmerin in vergleichbarer Position in einem vergleichbaren Unternehmen im selben Marktsegment orientiert.
Kalkulatorische Kosten berechnen
Für die Berechnung der kalkulatorischen Kosten im Rahmen der Finanzbuchhaltung gibt es verschiedene Formeln und Rechenbeispiele. Im Folgenden finden Sie einige davon:
Kalkulatorische Zinsen
Wenn Sie Ihr Unternehmen mit Eigenkapital finanzieren, entgehen Ihnen die marktüblichen Zinsen. Um die Höhe der kalkulatorischen Zinsen berechnen zu können, bietet sich die folgende Rechnung an:
Betriebsnotwendiges Anlagevermögen |
9.500 € |
+ Betriebsnotwendiges Umlaufvermögen |
4.000 € |
- Abzugskapital |
1.500 € |
= Betriebsnotwendiges Eigenkapital |
12.000 € |
Bei einem marktüblichen Zinssatz von 3 Prozent (0,03 x 12.000 Euro) entspricht das in Folge kalkulatorischen Kosten von 360 Euro.
Kalkulatorische Wagnisse
Für die Berechnung der kalkulatorischen Wagnisse müssen Sie den sogenannten Zuschlagssatz berechnen. Hierfür greifen Sie auf Erfahrungswerte der letzten Jahre zurück. Wenn sich beispielsweise gezeigt hat, dass jeder sechste Auftrag trotz einer intensiven Vorbereitung platzt, können Sie dies für die Berechnung des Zuschlagssatzes nutzen.
Die Kosten für die Vorbereitung (zum Beispiel 800 Euro) stellen Sie dann dem Bezugspreis (zum Beispiel 1.500 Euro) gegenüber. Hieraus ergibt sich folgende Rechnung (Ergebnis gerundet):
800 €(6 x 1.500 €) = 0,089
Diesen Wert multiplizieren Sie dann mit dem Bezugspreis. Hieraus ergeben sich die Kosten für die kalkulatorischen Wagnisse:
0,089 x 1.500 € = 133,50 €
Kalkulatorische Abschreibungen und sonstige Zinsen
Anhand dieser kalkulatorischen Kosten ist es Ihnen unter anderem möglich, Laptops und Firmenfahrzeuge abzuschreiben. Die Berechnung dieser Kosten erfolgt stets mit folgender Formel:
Kalkulatorische Abschreibungen= Wiederbeschaffungswert-Schrottwert
geteilt durch: Nutzungsdauer
Darum sind kalkulatorische Kosten für Unternehmen relevant
Über die kalkulatorischen Kosten nehmen Sie eine möglichst exakte Preiskalkulation Ihres Betriebs vor. Sie blenden hierbei die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften aus, die sich auf Ihre Unternehmenskosten auswirken, und nehmen auch keine bilanzpolitischen Maßnahmen in den Blick.
Auf diese Weise erhalten Sie in der Kostenrechnung den tatsächlichen Werteverzehr. Um unternehmerische Risiken und die Selbstkosten nicht zu niedrig anzusetzen, ist eine exakte Berechnung der kalkulatorischen Kosten von Bedeutung.
Titelbild: Everyday better to do everything you love / iStock / Getty Images Plus