Die Platzierung von Kaugummis vorm Kassenband ist keine zufällige Entscheidung der Supermärkte. Denn während wir in der Schlange stehen, greifen wir eher unwillkürlich zu. Dieser Vorgang ist keine Seltenheit: Kaufentscheidungen werden schätzungsweise in 95 Prozent aller Fälle unbewusst gefällt.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche unterschiedlichen Typen der Kaufentscheidung es gibt und welche Marketinginstrumente bei welchem Faktor nachhelfen können.
Welche Faktoren beeinflussen die Kaufentscheidung?
Die Kaufentscheidung ist ein vielschichtiger psychologischer Prozess, der vor allem durch Emotionen vorangetrieben wird.
Beeinflusst wird das Kaufverhalten nach Marketing-psychologischen Aspekten durch:
- extensive Faktoren
- habitualisierende Faktoren
- limitierende Faktoren
- impulsive Faktoren
Welche Kaufentscheidungstypen gibt es?
Der Homo oeconomicus scheint ausgestorben – und damit auch die Annahme, dass die meisten Menschen rational begründete Kaufentscheidungen treffen. Ein Exkurs in die gegenwärtige Neurowissenschaft zeigt, dass Emotionen und Hormone reine Logik vielfach übertölpeln.
Das liegt vor allem am limbischen System. Es ist maßgeblich für das Auslösen von Gefühlen verantwortlich und funktioniert schneller als der rationale Teil unseres Gehirnes. Der präfrontale Cortex ist für den menschlichen Verstand zuständig. Er ist mit dem limbischen System verknüpft und kann Vor- und Nachteile von Entscheidungen abwägen.
Da Gefühle jedoch nicht nur Kaufentscheidungen beeinflussen, sondern durch das Steuern von Schutzmaßnahmen auch das menschliche Überleben sichern, werden sie wesentlich schneller ausgelöst. Die Neurowissenschaft ist sich heute sicher, dass Entscheidungen in den meisten Fällen auf Basis von Gefühlen anstatt auf Basis des Verstandes getroffen werden.
Das Marketing nimmt diese Einsichten dankend an. Stärker denn je sind Kampagnen von Emotionen geprägt. Storytelling-Formate ringen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten und auch für den Vertrieb bieten sich hier wertvolle Erkenntnisse, um zukünftig noch gezielter auf die Kundenbedürfnisse eingehen zu können.
Unterschieden wird in die folgenden vier Typen der Kaufentscheidung:
1) Extensive Kaufentscheidung: Der wohlüberlegte Kauf
Bei der extensiven Kaufentscheidung zieht der Konsument für die endgültige Entscheidungsfindung eine Vielzahl von Informationsquellen heran. Im Zuge der Recherche hört er sich um und vergleicht verschiedene Anbieter, um schließlich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für sich zu ermitteln.
Dieser tendenziell eher aufwändige und zeitintensive Prozess wird vornehmlich angestrengt, wenn Interessenten mit einem hochpreisigen Produkt liebäugeln. So ist beispielsweise die Anschaffung eines Autos ein klassischer Fall für die extensive Kaufentscheidung.
Von Seiten des Anbieters kann der Konsument beim Entscheidungsprozess durch ein hohes Beratungsangebot begleitet werden. Dazu eignen sich Content- sowie Service-Angebote wie beispielsweise:
- Broschüren
- Whitepaper
- E-Books
- Case Studies
- Beratungsstellen
- Kundenservice
Doch obwohl diese Art der Entscheidung stark rational getrieben ist, ist sie nicht ganz frei von Emotionen. Auch hier können Anbieter Erfolge verzeichnen, indem sie Kunden unterstützend zur Seite stehen und so deren Vertrauen und Sympathie gewinnen.
2) Habitualisierte Kaufentscheidung: Der Kauf aus Gewohnheit
Eben einen Coffee-to-go auf dem Weg zur Arbeit geholt: Und täglich grüßt das Murmeltier. Käufe aus Gewohnheit werden im Marketing-Jargon als habitualisierte Kaufentscheidungen bezeichnet. In diese Kategorie der Entscheidungsfindung fallen vor allem Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfes. Eine effiziente Gestaltung des Point of Sale wirkt sich positiv auf diese Kaufentscheidungsprozesse aus.
So sollte ein Supermarkt beispielsweise die Milch seiner Hausmarke in der Mitte des Kühlregals platzieren, sodass sich der Konsument nicht bücken muss, und Selbstbedienungskassen errichten, um das Einkaufserlebnis besonders flüssig zu gestalten.
Käufe, die Grundbedürfnisse befriedigen und somit immer wieder durchgeführt werden, verlangen keinen hohen Erklärungsbedarf. Doch umso weniger Steine dem Konsumenten während der Kaufabwicklung in den Weg gelegt werden, desto gewillter ist er, zurückzukehren.
3) Limitierte Kaufentscheidung: Der Wiederholungskauf
Der Kunde steht vorm Schokoladen-Regal: Höchstwahrscheinlich greift er zur Marke, die ihm als erstes ins Bewusstsein gerufen wird. Ist die Tafel dann noch im 2-für-1-Angebot, liegt die Entscheidung auf der Hand.
Der dritte Typ der Kaufentscheidungen ist durch ein sehr niedriges Involvement des Konsumenten charakterisiert:
„Her mit den Eckdaten, ich habe keine Zeit.“
So in etwa könnte die Motivlage dieser Entscheidungsvariante formuliert werden.
Besonders ausschlagend für limitierte Kaufentscheidungen ist das Consideration Set. Für den Kauf werden nur Marken oder Produkte in Betracht gezogen, die der Kunde bereits kennt. Um in das Bewusstsein des Konsumenten vorzudringen, sollten sich weniger bekannte Unternehmen daher bemühen, ihre Reichweite durch Marketinginstrumente zu erhöhen.
4) Impulsive Kaufentscheidung: Der Spontankauf
84 Prozent aller Konsumenten weichen von ihrem Einkaufszettel ab und legen spontan Produkte in ihren Warenkorb. Der impulsive Kauf verkörpert am stärksten die Erkenntnisse der Neurowissenschaften zum Thema Entscheidungsfindung, denn diese Kauf-Variante ist vollkommen von Emotionen getrieben.
Ein typisches Beispiel ist eine Rabattierung als besonders verlockendes Angebot: Der Verbraucher wird auf die (vermeintliche) Gelegenheit zum Sparen aufmerksam und kann nicht widerstehen. Kontrolle und Logik sind nicht in der Lage, die Entscheidung auszubremsen. Weitere Gründe für Spontan-Käufe sind Zeitdruck während der Entscheidung oder ein plötzlich auftretendes Bedürfnis.
Marketer versuchen zunehmend, durch emotionale Inhalte genau jene spontanes Reaktionen auszulösen. Das Mittel der Wahl sind in diesem Zusammenhang oftmals zeitlich befristete Sonderaktionen oder spezielle Angebote.
Sichtbarkeit durch prominente Platzierung ist hier der Schlüssel: Sowohl stationär als auch digital werden auf diese Weise Begehrlichkeiten bei den Kunden ausgelöst.
Bild: Zalando
Den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen
Das Neuromarketing hat längst Einzug in den Marketing-Alltag erhalten. Vor allem Storytelling-Formate streben danach, den Konsumenten emotional anzusprechen und seine Entscheidungsfindung auf diese Weise zu lenken.
Auch Influencer-Marketing und Empfehlungsmarketing bedienen sich dieser psychologischen Mechanismen: Denn Gefühle werden nicht zuletzt auch durch andere Menschen ausgelöst. Sehen wir diese mit einem Produkt interagieren oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen, werden die Spiegelneuronen in unseren Gehirnen aktiv. Den gezeigten Gegenstand oder das auftretende Unternehmen finden wir demnach unmittelbar sympathischer und interessanter, Sonderaktionen wenn es im Kontakt mit Menschen präsentiert wird.
Hinzu kommt, dass Bedürfnisse immer auch an gesellschaftliche Normen angepasst werden. Für Unternehmen ist es daher wichtig, den Zeitgeist im Auge zu behalten, sodass mit Marketing-Maßnahmen auf aktuelle Strömungen – wie aktuell beispielsweise das Thema „Nachhaltigkeit“ – reagiert und der Weg für erfolgreiche Verkäufe bereitet werden kann.
Für die Marketing-Abteilung bedeutet das Wissen über die verschiedenen Typen der Kaufentscheidung ganz klar zu definieren, in welches Raster das angebotene Produkt oder die Dienstleistung fällt. Dies bestimmt die konkreten Werbebestrebungen, angefangen bei der Produktplatzierung im Supermarkt bis hin zu groß angelegten Influencer-Kampagnen.
Egal, ob hohes oder niedriges Involvement beim Entscheidungsprozess: Das Neuromarketing hat längst erkannt, dass Emotionen der Schlüssel zum Erfolg sind. Marken müssen es daher schaffen, sich entlang des gesamten Kaufentscheidungsprozesses ins Bewusstsein der Käufer zu rufen und ein positives Gefühl auszulösen – egal, wie hoch das emotionale Involvement des Kunden ist.
Headerbild: Justin Lim / Unsplash