Viele Vertriebsmitarbeitende wissen nicht, was ihre Kundschaft wirklich will. Ich habe auch selbst schon erlebt, wie ich mit gut zurechtgelegten Argumenten für etwas überzeugt werden sollte, was ich nicht brauche. Aber: So funktioniert das oft eben nicht.
Eine gut durchdachte Bedarfsanalyse im Vorfeld schafft Abhilfe und gestaltet ein Gespräch für beide Seiten deutlich angenehmer. Ich zeige Ihnen, wie Sie vorgehen und welche Fragen Sie besser vermeiden.
Was ist eine Bedarfsanalyse?
Eine Bedarfsanalyse ist ein Instrument im Vertrieb, um die konkreten Vorstellungen einer Person im Verkaufsgespräch zu ermitteln. Damit das gelingt, ist es wichtig, gezielte Fragen zu stellen und aktiv zuzuhören. So können Vertriebsmitarbeitende ihren Kundinnen und Kunden maßgeschneiderte Angebote bieten, die einen hohen Nutzen versprechen und den Bedarf decken.
Der konkrete Bedarf beschreibt in diesem Zusammenhang den Wunsch eines Konsumenten oder einer Konsumentin nach einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung.
Definition, Zweck und Anwendungsgebiete einer Bedarfsanalyse
Viele Verkäufer und Verkäuferinnen setzen meiner Erfahrung nach ihren Fokus auf die Präsentation ihrer Produkte oder Lösungen, ohne zu wissen, was ihr Gegenüber überhaupt benötigt. Der Zweck der Bedarfsanalyse ist es, die Motivation, Entscheidungswege und Kaufbereitschaft der Kundschaft zu ermitteln – das erhöht letzten Endes auch die Abschlusschancen.
Eine Bedarfsanalyse, oft auch Bedarfsermittlung genannt, kommt dabei nicht nur im Vertrieb zum Einsatz. Auch im Projektmanagement und in der Produktion gibt es entsprechende Verfahren.
Ich konzentriere mich in diesem Beitrag auf den Einsatz im Sales. Es ist hier besonders wichtig, zu ermitteln, was eine Kundin oder ein Kunde braucht – nur so kann sie oder er auch zufriedengestellt werden.
In Zeiten, in denen die Zufriedenheit der Kundschaft mit Firmen laut KPMG-Studie weiter sinkt, ist das eine Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben.
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Die Methoden der Bedarfsanalyse
Spezielle Fragetechniken und aktives Zuhören sind essenzielle Bestandteile einer Bedarfsanalyse. Bei der Fragetechnik geht es einerseits um die Wahl der richtigen Themen und andererseits um die besten Fragearten.
Ich gebe Ihnen eine Faustregel mit, die ich ebenfalls in Gesprächen befolge: Der Redeanteil der Kundschaft sollte etwa 70 Prozent und der des Sales-Mitarbeitenden circa 30 Prozent ausmachen.
Tipp: Hören Sie immer genau zu und stellen Sie konkrete, weiterführende Fragen, um für sich ein inhaltlich korrektes und umfassendes Profil Ihrer Kundin oder Ihres Kunden erstellen zu können.
Fragebogen entwickeln: Die verschiedenen Fragen in der Bedarfsanalyse
Die Bedarfsanalyse ist gut vorbereitet und plötzlich blockt Ihr Gegenüber im Gespräch? Das liegt möglicherweise daran, dass die Person sich mit den falschen Fragen in die Enge getrieben, nicht verstanden oder überrumpelt fühlt. Zu Fragetechniken existieren verschiedene Ansätze, wie beispielsweise die Spin-Selling-Strategie von Neil Rackham.
Um generell im Termin nicht ins Stocken zu geraten, sollte sich ein guter Verkäufer bzw. eine gute Verkäuferin mit unterschiedlichen Fragetypen, von denen ich Ihnen drei im Folgenden genauer vorstellen, auskennen:
1. Geschlossene Fragen
Geschlossene Fragen lassen sich mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Mit dieser Frageart können Sie Fakten überprüfen, erhalten dabei jedoch keine weiteren detaillierten Informationen, da es nur zwei Antwortmöglichkeiten gibt.
Beispiel: Haben Sie schon einmal mit einem Webdesigner zusammengearbeitet?
2. Offene Fragen
Diese Fragen beginnen häufig mit „Was“, „Wie“ oder „Warum“. Mit offenen und den richtigen Fragen können Sie als Verkäuferin oder Verkäufer gleich zu Beginn des Gesprächs eine angenehme Atmosphäre schaffen, da sich Ihr Gegenüber direkt ins Gespräch einbringen kann.
Auch im weiteren Verlauf sind offene Fragen sehr hilfreich. Sie sorgen für ausführliche Antworten und liefern jede Menge Hintergrundinformationen über die Person und ihre Anforderungen und Probleme.
Beispiel: Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit einer Webdesignerin vor?
3. Alternativfragen
Alternativfragen sind ebenfalls geschlossene Fragen. Sie bieten die Wahl zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten. Unentschlossene Kundschaft kann damit zu einer Entscheidung gebracht werden.
Beispiel: Präferieren Sie den Entwurf X oder den Entwurf Y?
Beispiele für Fragen, die in der Bedarfsanalyse nicht gestellt werden sollten
Natürlich gibt es ebenso auch Fragen, die Sie besser nicht stellen sollten. Für mich gehören folgende Fragen zu den No-Gos, wenn Sie einen Fragebogen für die Bedarfsanalyse entwickeln.
Beispiele:
- Was ist Ihr Budget?
- Sind Sie mit Ihrem aktuellen Dienstleister zufrieden?
- Warum nutzen Sie unser Produkt noch nicht?
- Welche Leistungen unserer Konkurrenz A, B und C nutzen Sie?
Die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig. Sie gibt Ihnen aber ein Gefühl dafür, eher etwas feinfühliger zu sein und nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
Was gehört in eine Bedarfsanalyse? Diese Punkte sollten enthalten sein
Was genau in die Bedarfsanalyse kommt, ist nicht immer einheitlich oder gar starr geregelt. Sie sollten sich aber trotzdem vorher Gedanken machen, was Sie von Ihrer Kundschaft brauchen bzw. wissen möchten. Aus meiner Sicht ist es vor allem wichtig, dass Sie Ihr Gegenüber kennenlernen, seine Ziele herausfinden und was er finanziell zu leisten imstande ist.
Hier sind einige Punkte, die in der Bedarfsanalyse auf jeden Fall vorkommen sollten:
- Mit offenen Fragen die Kundschaft und deren Hintergründe kennenlernen
- Fragen zu den Zielen und Plänen der Kundschaft stellen
- Bei interessanten Punkten weiter ins Detail gehen und dem Kunden mögliche Konsequenzen aufzeigen
- Erfassung des Ist-Zustands und Abgleich mit dem Soll-Zustand
- Verschiedene Lösungen präsentieren und diese mit der Kundin besprechen
- Nach gewünschter, weiterer Vorgehensweise fragen
Haben Sie diese Informationen ermittelt, entwickelt sich das Gespräch darauf basierend in eine „flexible Richtung“. Zur besseren Orientierung gehe ich nachfolgend auf unterschiedliche Schritte ein.
Bedarfsanalyse erstellen und richtig durchführen
Halten Sie sich an die folgenden sechs Schritte, wenn Sie eine Bedarfsanalyse erstellen und durchführen - so sind Sie auf der sicheren Seite:
1. Schritt: Die Kundschaft kennenlernen
Zu Beginn des Gesprächs gilt es, Vertrauen aufzubauen und die Situation der Kundschaft zu ergründen. Für ein bestmögliches Kennenlernen sollten Sie offene Fragen stellen.
Ihr Gegenüber muss gleich am Anfang die Gelegenheit haben, möglichst viel über sich und seine Bedürfnisse zu sprechen. Gerade zu Beginn bedeutet das für Sie: Hören Sie intensiv zu und zeigen Sie Interesse.
2. Schritt: Die Ziele der Kundschaft ergründen
Verlief der erste Schritt erfolgreich, haben Sie einerseits eine gute Vorstellung über den Charakter der Kundin oder des Kunden. Andererseits hat Ihr Gegenüber bemerkt, dass Sie sich ausführlich über ihre individuelle Situation informiert haben und ihre persönliche Lage somit besser einschätzen können.
Im nächsten Schritt sollten Sie dann die Ziele und Pläne ergründen. Auch hier sollte Ihre Kundschaft ausreichend Zeit dafür haben, ihre Ziele im Detail zu schildern. Bei wichtigen Punkten steigen Sie mit ein, zeigen die Konsequenzen der zur Auswahl stehenden Entscheidungen auf und wie sich diese auf die persönlichen Ziele der Kundin oder des Kunden auswirken könnten.
3. Schritt: Erfassung der finanziellen Lage der Kundschaft
Im nächsten Schritt geht es um die finanzielle Lage Ihres Gegenübers. Sie erhalten dabei Informationen über dessen Möglichkeiten und können sich auf deren Basis entsprechende Lösungen überlegen.
4. Schritt: Lösungsmöglichkeiten vorstellen
Sie haben die Person mit ihren Hintergründen und klaren Zielen kennengelernt und wissen über ihre finanzielle Situation Bescheid. Nun sind Sie an der Reihe, der Kundschaft maßgeschneiderte Lösungen vorzustellen, mit denen diese ihre Ziele erreichen kann. Die verschiedenen Lösungsvorschläge werden dabei diskutiert und das Gegenüber nach seiner Meinung gefragt.
5. Schritt: Der Kundschaft bei der Entscheidung helfen
In diesem Schritt fragen Sie die Kundschaft nach verschiedenen Faktoren, die die Kaufentscheidung beeinflussen. Dadurch können Sie die Person optimal bei der Entscheidung unterstützen, um gemeinsam die beste Kundenlösung zu finden. Nur so lässt sich die Kundschaft langfristig ans Unternehmen binden.
6. Schritt: Die weitere Vorgehensweise festlegen
Nach Ende des Gesprächs fragen Sie die Kundin oder den Kunden nach der gewünschten weiteren Vorgehensweise. Dabei kann der nächste Schritt ein weiteres Gespräch, etwas Bedenkzeit oder die sofortige Entscheidung für eine der präsentierten Lösungen sein.
Wichtig: Während des gesamten Gesprächs sollten Sie das Gesagte mitschreiben, um beispielsweise noch im Termin ungeklärte Punkte aufzugreifen oder in der Nachbereitung alle Details bei der Angebotserstellung zu berücksichtigen. So lässt sich eine Möglichkeit finden, die den Kundenvorstellungen bestmöglich entspricht.
Was sind die Vorteile einer Bedarfsanalyse?
Sie profitieren von folgenden Vorteilen, wenn Sie im Vorfeld eine Bedarfsanalyse durchführen:
- Vertrieb kann Kundenbedürfnisse, Kaufmotive und Ziele der Kundschaft ermitteln
- Entscheider bzw. Entscheiderinnen und Kundentypen können erkannt werden
- Vertrauen der Kundschaft wird gestärkt
- Individuelle Lösungen können pro Kunde bzw. Kundin angeboten werden
- Das Unternehmen hebt sich von der Konkurrenz ab
- Umsatz des Unternehmens wird gesteigert
- Effektive und langfristige Kundenbindung
Damit Sie als Vertriebsmitarbeiter oder -mitarbeiterin das Verkaufsgespräch optimal planen können, sollten Sie Ihre Kundschaft bereits bei der Terminvereinbarung fragen, was sich diese vom Verkaufsgespräch erhofft. Anschließend können Sie das Gespräch bereits grob auf den Bedarf des Kunden bzw. der Kundin ausrichten.
Fazit: Timing der Bedarfsanalyse im Verkaufsgespräch ist alles
Die Bedarfsanalyse ist ein effektives Instrument, um die Motivation und die genauen Bedürfnisse einer Person zu ermitteln, da diese dabei im Mittelpunkt steht. Sie können somit ein Produkt finden, das individuell auf die Person abgestimmt ist. Damit steigen gleichermaßen der Umsatz des Unternehmens und die Kundenzufriedenheit.
Ein letzter Tipp von mir: Das Timing der Bedarfsanalyse im Verkaufsgespräch ist entscheidend. Starten Sie die Analyse nicht zu früh und nicht zu spät im Gespräch. Bauen Sie zu Beginn Vertrauen auf, halten Sie etwas Smalltalk und stellen Sie allgemeine Fragen.
Die Bedarfsanalyse folgt dann in der mittleren Phase des Gesprächs. Halten Sie sich an diesen Aufbau, steht einer erfolgreichen Kundenanalyse und dem Verkaufserfolg nichts mehr im Wege – viel Glück dabei.
Titelbild: HubSpot