Ein Bestandskunde ist für ein Unternehmen in der Regel wertvoller als ein Neukunde – das ist jedem Vertriebsmitarbeiter klar. Was dagegen nicht immer ganz ersichtlich ist: Welche Kriterien stehen für „wertvoll“? Wie schlägt sich das Kundenverhältnis auf den Ertrag eines Unternehmens nieder? Wo liegt das Kosten-Nutzen-Verhältnis? Wie müssen Sie Ihre Vertriebsstrategie anpassen? Das finden Sie mit einer Kundenanalyse heraus.
Was ist eine Kundenanalyse?
Die Kundenanalyse (englisch: Customer Analytics) bezeichnet die systematische Auswertung Ihrer Kunden und Kundengruppen. Über verschiedene Modelle können Sie den Kundenwert bestimmen. Das Ziel der Kundenanalyse ist die Verbesserung Ihrer Marketing- und Vertriebsstrategie.
Warum Sie eine Kundenanalyse betreiben sollten
Der Kunde, das unbekannte Wesen? So soll es nicht sein. Jedes Unternehmen sollte möglichst viel über seine Kunden herausfinden, um zielgerichtet handeln zu können.
Um Ihre Kunden besser verstehen zu können, ist zuerst ein breiter Blick nötig: die Marktanalyse. Damit untersuchen Sie den Markt und seine Wettbewerber (Stichwort: Wettbewerbsanalyse), danach schärfen Sie Ihren Blick mit einer Kundenanalyse.
Die Kundenanalyse dient dazu, den Wert Ihrer unterschiedlichen Abnehmer zu bestimmen. Denn Sie können nicht jeden Kunden bedienen – so viele Ressourcen haben Sie höchstwahrscheinlich nicht. Zudem fällt der Aufwand unrentabel aus: Sie verdienen mit jedem Kunden unterschiedlich viel Geld, manche Kundenbeziehungen sind für Ihr Unternehmen schlichtweg unprofitabel.
Ihre Herausforderungen sind deshalb,
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den Wert der verschiedenen Kunden zu bestimmen, mithilfe von Zahlen, Fakten und weiteren Kriterien,
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die Kundenwünsche herauszufinden und diese mit Ihren Stärken und Schwächen abzuklären,
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lukrative Bestandskunden zu halten und das Business zu intensivieren sowie
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neue, profitable Kunden oder Kundengruppen zu gewinnen.
Beachten Sie: Ihre Kunden gehören zu unterschiedlichen Zielgruppen und Segmenten. Hierbei gibt es teilweise signifikante Unterschiede. Zum Beispiel sind die Anforderungen von Geschäftskunden anders als von Endkunden. In der Regel fallen der Entscheidungsprozess und der Warenkorbwert im B2B höher als im B2C aus. Dies sollten Sie bei der Analyse bedenken.
Methoden und Tipps für Ihre Kundenanalyse im B2B
Bei der Kundenanalyse geht es darum, Ihre Kunden in verschiedene Segmente einzuordnen. Das Ziel: Klären Sie die Frage, wie „wertvoll“ jeder Kunde bzw. jedes Kundensegment für Sie ist. Das gelingt Ihnen mit folgenden Methoden und Modellen:
Pareto-Prinzip
Der italienische Ökonom Vilfredo Pareto fand heraus, dass bei vielen Analysen ein statistisches Phänomen auftritt: 80 % der Ergebnisse werden meist mit nur 20 % Aufwand erreicht. Die restlichen 20 % kosten aber 80 % des Gesamtaufwands. Dieses Pareto-Prinzip lässt sich auf Ihre Kunden übertragen. Das bedeutet:
Mit nur 20 % Ihrer Kunden erwirtschaften Sie 80 % des Umsatzes. Aber 80 % Ihres Vertriebsaufwandes stecken Sie in nur 20 % der Kunden.
Eine wichtige Aufgabe Ihrer Kundenanalyse heißt somit: Finden Sie heraus, welche Kundengruppe zu den lukrativen 20 % gehört. Wenden Sie dazu beispielsweise die nächste Methode an.
ABC-Kundenanalyse
Die ABC-Analyse erweitert das Pareto-Prinzip auf drei Kundengruppen:
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A: Mit diesen erwirtschaften Sie 80 % Ihres Umsatzes.
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B: Das sind Kunden, die ungefähr 15 % zu Ihrem Umsatz beitragen.
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C: Sie machen die restlichen 5 % aus.
Kunden in der A-Gruppe sind für Sie am wertvollsten, da sie getreu dem Pareto-Prinzip nur rund 20 % Ihres Vertriebsaufwands kosten. Auf diese sollten Sie sich konzentrieren. Ebenso interessant sind mittelstarke Kunden, die zur B-Gruppe gehören. Mit C-Kunden beschäftigen Sie sich idealerweise sehr wenig bis gar nicht.
RFMR-Methode
Bei dieser Scoring-Methode bewerten Sie Ihre Kunden anhand von drei Faktoren:
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R (Recency): Wann hat der Kunde zum letzten Mal etwas gekauft?
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F (Frequency): Wie oft kauft der Kunde Ihre Produkte?
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MR (Monetary Ratio): Wie hoch fiel die Kaufsumme bzw. der Warenkorbwert aus?
Für alle drei Faktoren vergeben Sie Punkte, zum Beispiel von 0 bis 50. Daraus können Sie für jeden Kunden einen individuellen Wert berechnen.
Kundenlebenszyklus
Auch bei den Kunden gibt es einen Lebenszyklus. Ordnen Sie Ihre Kunden diesen fünf Phasen des Kundenlebenszyklus zu, um ihren jeweiligen Stellenwert besser einordnen zu können:
1. Anbahnung
In dieser Phase des Kundenlebenszyklus haben Sie hohe Ausgaben für Marketing- und Vertriebsmaßnahmen, um einen potenziellen Kunden auf Ihr Produkt aufmerksam zu machen.
2. Gewöhnung
Es entsteht eine Kundenbeziehung. Bei dieser haben Sie immer noch hohe Ausgaben, doch der Kundenwert steigt an.
3. Wachstum
Ihre Ausgaben sinken, parallel steigt der Wert des Kunden. In dieser Phase können Sie ihm gut neue Angebote unterbreiten.
4. Reife
Die Hochphase Ihrer Kundenbeziehung: Ihre Vertriebsausgaben fallen gering aus, doch die Einnahmen bewegen sich auf einem hohen Niveau.
5. Trennung
Die Geschäftsbeziehung endet.
Customer Lifetime Value
Der CLV (Customer Lifetime Value) bildet den durchschnittlichen Wert ab, den ein Kunde während des gesamten Kundenlebenszyklus bzw. der Kundenbeziehung für Ihr Unternehmen hat. Beim CLV betrachten Sie nicht nur vergangene und aktuelle Umsätze, sondern nehmen auch Schätzungen über zukünftige Transaktionen vor.
Den Customer Lifetime Value erhalten Sie über folgende Formel:
CLV = Summe T zum Zeitpunkt T0 x (eT – aT) / (1 + i) x T)
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T: Dauer der Kundenbeziehung
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eT: erwartete Einzahlungen des Kunden
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aT: kundenspezifische Auszahlungen
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i: Kalkulationszinssatz, der sich auf die Dauer der Kundenbeziehung bezieht
Fazit: Customer Analytics ist wichtig
Im Vertrieb sollten Sie stets die Geschäftsbeziehung zu Ihren Kunden überprüfen – und damit den Wert sowie die Bedeutung der einzelnen Customer. Dies gelingt durch die Analyse Ihrer Kunden, die das Kaufverhalten der einzelnen Kundengruppen mit greifbaren Zahlen untermauert. Fokussieren Sie daher Ihre Vertriebsaktivitäten auf die wichtigsten Kunden.
Titelbild: z_wei / gettyimages