Kunde ist nicht gleich Kunde. Wenn jemand in einem Autohaus neue Scheibenwischerblätter kauft, hat er oder sie für das Unternehmen eine andere Relevanz als eine Person, die ein neues Auto erwirbt. Der Fokus der Kundenpflege sollte darauf liegen, letztere zu umwerben, ohne erstere zu vernachlässigen. Hierfür ist ein Kundenportfolio ein nützliches Werkzeug. Erfahren Sie, wie Sie damit Starkunden erkennen, bewerben und für sich gewinnen.
Was ist ein Kundenportfolio?
Ein Kundenportfolio ist eine Übersicht aller Kunden und Kundinnen, die regelmäßig Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens kaufen. Es dient als Grundlage für Marketingkonzepte und die Vertriebsplanung. Ein solches Portfolio setzt sich immer aus quantitativen und qualitativen Merkmalen zusammen.
Als Ergebnis ordnen Unternehmen verschiedene Kunden anhand ihrer Attraktivität 4 Kundengruppen zu: Starkunden, Ertragskunden, Brot- und Butterkunden sowie Fragezeichenkunden.
Die Bedeutung des Kundenportfolios für Unternehmen
Zielgerichtete Marketingmaßnahmen, die die Kunden und Kundinnen individuell ansprechen und zu hohen Umsätzen und Gewinnen führen, sind für ein Unternehmen von großer Bedeutung. Damit dies gelingt, ist es wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe möglichst genau kennen und wissen, wie diese tickt und was sie sich von Ihrem Unternehmen sowie Ihren Produkten und Dienstleistungen wünscht. Nur dann können Sie einen hohen Kundennutzen generieren und haben die Chance, sich mit einem ansprechenden und vielfältigen Portfolio an Produkten eine verlässliche Kundschaft zu erarbeiten, die regelmäßig hohe Umsätze generiert.
Das Kundenportfolio zeigt Ihnen, welche Kunden und Kundinnen für Ihren Betrieb besonders relevant sind und die höchsten Umsätze generieren. Diese Kundengruppen sollten Sie gezielt ansprechen und Werbemaßnahmen auf sie zuschneiden, um eine optimale Kundenbeziehung zu erreichen.
So erzeugen Sie einerseits eine hohe Kundenbindung und geben kein Geld für wenig zielführende Marketingmaßnahmen aus. Sie nutzen Ihr Marketingbudget dann nicht nach dem Gießkannenprinzip für alle Kunden und Kundinnen gleich, sondern mit Fokus auf die Gruppen, die Ihnen den meisten Umsatz bringen.
So erstellen Sie eine praxistaugliche Kundenportfolio-Analyse
In der Praxis hat sich eine BCG-Matrix für die Erstellung von Kundenportfolio-Analysen und die Untersuchung der Kundenstruktur bewährt. Hierbei legen Sie ein Koordinatensystem mit x- und y-Achse (y-Achse: Kundenwert, x-Achse: Umsatz) an und gliedern das so entstehende Feld in vier Quadranten.
Diese weisen Sie den unterschiedlichen Kundentypen zu. Nun tragen Sie Ihre Kunden und Kundinnen in die einzelnen Kategorien ein und gewinnen so einen guten Überblick über Ihre Kundenstruktur und den jeweiligen Kundenwert.
Starkunden
Hierbei handelt es sich um Kunden und Kundinnen mit hoher Unternehmensbindung, die regelmäßig Aufträge erteilen beziehungsweise Produkte und Dienstleistungen kaufen. Sie spielen hohe Umsätze ein und haben somit einen hohen Kundenwert. Starkunden stehen in einer BCG-Matrix oben rechts (hoher Kundenwert und hoher Umsatz).
Ertragskunden
Ertragskunden bringen Ihrem Unternehmen gute, verlässliche Umsätze, wenn auch nicht in der Höhe und im Umfang der Starkunden. Sie dienen als zuverlässige Basis Ihres Unternehmens und verdienen es, dass Sie sie pflegen und bewerben. In der BCG-Matrix stehen Ertragskunden unten rechts (hoher Umsatz, aber niedriger Kundenwert).
Brot- und Butterkunden
Dies sind Kunden und Kundinnen, die das Tagesgeschäft am Laufen halten, aber nur überschaubare Umsätze erwirtschaften. Sie sind für das Kerngeschäft wichtig, rechtfertigen aber keine teuren, aufwendigen Marketing- und Vertriebsprogramme.
Wenn diese Kunden und Kundinnen eine abgespeckte Kundenbetreuung akzeptieren, sind sie für Ihren Betrieb von Nutzen; ansonsten sollten Sie sich aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit von ihnen trennen. Brot- und Butterkunden stehen in der BCG-Matrix unten links (geringer Kundenwert und geringer Umsatz).
Fragezeichenkunden
Fragezeichenkunden sind zumeist neu oder lassen sich aufgrund bestimmter Voraussetzungen (noch) keiner der anderen Gruppen zuordnen. Hier müssen Sie Daten sammeln und Analysen durchführen, um einschätzen zu können, ob und in welchem Rahmen sich Investitionen in eine verbesserte Kundenbindung und Kundenbetreuung lohnen. Fragezeichenkunden stehen in der BCG-Matrix oben links (geringer Umsatz, aber hoher Kundenwert).
Die Kundenpotenzial-Analyse hilft zudem bei der Einschätzung der Kundenattraktivität und der Herstellung einer guten Kundenbeziehung. Diese betrachtet nicht nur den Ist-Zustand bei den Umsätzen, den Marktanteilen und den Deckungsbeiträgen, sondern auch die noch zu erreichenden Potenziale.
Hierbei genügt es nicht, vergangene Werte heranzuziehen – Sie müssen ebenso Prognosen für die Zukunft erstellen. Dafür spielen die Unternehmensgröße, die Unternehmensführung, die Wettbewerbssituation sowie die Konjunkturabhängigkeit Ihrer Kunden und Kundinnen eine entscheidende Rolle.
Beispiel für eine Kundenportfolio-Analyse
Ein Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Platinen spezialisiert hat, untersucht seinen Kundenstamm hinsichtlich der Kundenattraktivität. Zu diesem Zweck erstellt es eine BCG-Matrix, um die Kunden und Kundinnen einzelnen Kategorien zuzuordnen und ihre Bedeutung für den Betrieb einzuschätzen.
Ein Großunternehmen bestellt bei dem besagten Betrieb, handelt hierbei aber hohe Rabatte und Sonderkonditionen aus. Die Umsätze sind eher gering. Daher gehört dieser Kunde zu den Brot- und Butterkunden. Auf der anderen Seite gibt es ein Unternehmen, das zum ersten Mal bei der Firma bestellt hat. Da nicht klar ist, wie sich die Kundenbeziehung in Zukunft entwickeln wird, ist dieser Kunde den Fragezeichenkunden zuzuordnen.
Ein weiteres Unternehmen kauft regelmäßig einen überschaubaren Satz Platinen. Die Umsätze sind regelmäßig, aber durchschnittlich. Da dieser Kunde den Betrieb am Laufen hält, ohne sich jedoch weiterzuentwickeln, zählt er zu den Ertragskunden. Ein Kunde schließlich benötigt immer wieder Spezialplatinen in hoher Qualität und ist bereit, hierfür große Summen auszugeben. Da dieses Unternehmen regelmäßig hohe Umsätze generiert, zählt es zu den Starkunden.
Vor- und Nachteile eines Kundenportfolios
Kundenportfolios bringen verschiedene Vor- und Nachteile mit sich:
Vorteile
- gute Übersichtlichkeit
- leicht zu erstellen
- erlaubt individuelle Kundenansprachen
- abteilungsübergreifend einsetzbar
- erleichtert die Gestaltung von Marketing- und Vertriebskonzepten
- kann auf einzelne Bereiche wie Umsatz, Kundenbindung, Deckungsbeitrag usw. spezialisiert werden
- leichte Vergleichbarkeit verschiedener (unterschiedlich großer) Kundentypen
- hoher Kommunikationswert
Nachteile
- recht grobe Einteilung
- aufgrund der vereinfachten Darstellungen können Sie nicht alle Kriterien berücksichtigen
- Interdependenzen werden nicht aufgezeigt
- allgemeine Lösung, die sich nicht immer auf Spezialfälle anwenden lässt
Der Weg zu mehr Starkunden
Es gibt verschiedene Strategien, um mehr Starkunden zu generieren. Gelegentlich genügt es, Marketingmaßnahmen zu ergreifen, um Ertragskunden über bestimmte Angebote und Leistungen im Portfolio des Unternehmens zu informieren. Diese kaufen dann mehr oder häufiger ein und entwickeln sich so zu Starkunden.
Ebenso sollten Sie Zeit und Energie investieren, um Ihre Fragezeichenkunden besser kennenzulernen. Durch Werbemaßnahmen erkennen Sie schnell, ob sich diese Kundengruppe begeistern und zu Käufen animieren lässt. Falls ja, entwickeln sie sich zu Stammkunden.
Falls nicht, müssen Sie sich nicht weiter um sie kümmern. Nicht zuletzt sollten Sie arbeitsintensive, aber umsatzschwache Kunden und Kundinnen gehen lassen, um Ressourcen freizuhaben, die Sie in die Pflege Ihrer Star- und Ertragskunden investieren können.
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