„Warum hat eigentlich noch nie jemand diese Idee verfolgt?“ Wenn Sie ein Unternehmen gründen möchten, haben Sie sich diese Frage wahrscheinlich schon mehrmals gestellt. Denn geben wir es zu: Es gibt zahlreiche Ideen, die uns allen im Kopf herumschwirren, aus der einen oder anderen ließe sich sogar ein Geschäftsmodell machen. Trotzdem kommt das innovative Geschäftsmodell, so wie wir es uns vorstellen, nicht am Markt vor.
Warum? Ein Grund sind Markteintrittsbarrieren, welche die Umsetzung einer Idee oder eines Konzeptes behindern oder gar unmöglich machen.
Was ist ein Markteintritt?
Markteintritt bedeutet, Ihr Unternehmen bringt sein Produkt in einem Markt heraus. Das kann einerseits die Einführung eines neuen Produktes in einem Markt sein, in dem Ihr Unternehmen bereits aktiv ist. Andererseits zählt zum Markteintritt die Veröffentlichung eines schon bestehenden Produktes in einen neuen Markt. Zu letzterem gehört beispielsweise die Expansion ins Ausland.
Was sind Markteintrittsbarrieren?
Der plakative Begriff Marktschranke ist auch als Marktbarriere oder Markteintrittsbarriere bekannt. Hiermit sind Hindernisse und Hemmnisse gemeint, die es Unternehmen erschweren, ein Produkt in einen Markt einzuführen. Oft werden Markteintrittsbarrieren verkürzt als Eintrittsbarrieren bezeichnet.
Welche Markteintrittsbarrieren und Marktschranken gibt es?
Es bestehen zahlreiche Barrieren. Die Fachliteratur unterscheidet unter anderem zwischen staatlichen, rechtlichen, politischen, strukturellen, eintrittssperrenden, natürlichen, ökologischen, technologischen, ressourcenbedingten, sozialen, endogenen und strategischen Eintrittsbarrieren.
Jede Markteintrittsbarriere können Sie immer aus zwei Perspektiven betrachten:
Aus der Sicht der Angreifer
Start-ups wie auch etablierte Unternehmen sind sogenannte „Newcomer“. Sie möchten ihre Produkte in einem für sie neuen Markt platzieren und anbieten. Dafür müssen sie ihren Markteintritt vorbereiten, die Barrieren überwinden und sich dem Wettbewerb stellen.
Aus Sicht der etablierten Unternehmen
Diese Anbieter haben den Markt besetzt und kennen ihre Konkurrenz. Da sie keinen härteren Wettbewerb möchten, fordern sie strengere Eintrittsbarrieren. Oder sie sorgen selbst dafür, dass Markteintrittsbarrieren aufgebaut werden.
Beispiele für Markteintrittsbarrieren
Besonders für junge Unternehmen stellt die ressourcenbedingte Markteintrittsbarriere ein essenzielles Hindernis dar. Sie benötigen Ressourcen in Form von Kapital, Personal oder bestimmten Rohstoffen, um ihr Produkt herzustellen und zu vertreiben. Und das zu Kosten, die wettbewerbsfähig sind.
Skaleneffekte können ebenso den Markteintritt erschweren. Denn Unternehmen, die schon viele Jahre in einem Markt oder einer Branche aktiv sind, haben einen Kostenvorteil: Sie können ihre Produkte in großen Mengen günstiger pro Einheit als die neuen Wettbewerber anbieten.
Zu den rechtlichen Eintrittsbarrieren gehören Zölle. Sie „behindern“ für ausländische Unternehmen den Vertrieb ihrer Produkte in einen Binnenmarkt, da sie Aufschläge bezahlen müssen. Diese Zölle machen die Produkte künstlich teurer und damit unattraktiver. Zudem müssen die „angreifenden“ Unternehmen oft einen hohen Verwaltungsaufwand betreiben, um ihre Produkte zu exportieren beziehungsweise in ein fremdes Land zu importieren.
Die Einführung von Zöllen oder der staatlich regulierte Zugang zu Ressourcen sind zwei Beispiele für politische Markteintrittsbarrieren. Sie dienen dazu, einen Markt zu regulieren und nicht den Kräften der freien Marktwirtschaft zu überlassen.
Ökologische Standards und Naturschutzgesetze sind Barrieren, die im Bereich der ökologischen Markteintrittsbarrieren vorkommen. Sie sorgen dafür, dass beispielsweise giftige oder umweltschädliche Produkte schwer oder gar nicht eingeführt werden dürfen. Ebenso sind lange und komplizierte Genehmigungsverfahren eine Eintrittsbarriere, die es Unternehmen erschweren, in einem Markt Fuß zu fassen.
Emotionen und soziale Bindungen kommen bei den sozialen Markteintrittsbarrieren vor. Für neue Anbieter kann es schwer sein, in eine neue Branche vorzudringen, weil die Zielgruppen bereits seit langer Zeit eine enge Beziehung zu einem Produkt oder Unternehmen haben. Das Image ist dabei zum Beispiel stärker als die Vorteile einer Innovation.
Um ein Produkt zu entwickeln, ist unter Umständen ein hoher Aufwand im Bereich der Forschung nötig. Dafür sind Fachkräfte erforderlich, die über ein spezifisches Know-how verfügen. Diese Herausforderungen zählen zu den technologischen Barrieren beim Markteintritt.
In Märkten kann es auch spezifische Markteintrittsbarrieren geben. So kommt es vor, dass es für Start-ups schwer sein kann, in bestehende B2B-Vertriebskanäle hineinzugelangen oder diese aufzubrechen.
Was gehört zu den strategischen Markteintrittsbarrieren?
Manche Arten von Barrieren entstehen zufällig oder unbewusst und wachsen historisch. Dagegen werden die strategischen Markteintrittsbarrieren künstlich geschaffen, beispielsweise von den bestehenden Anbietern auf einem Markt. Sie sorgen mit durchdachten Maßnahmen dafür, dass neue Konkurrenten es schwer haben, am Wettbewerb teilzunehmen.
Hierfür können sie verschiedene Maßnahmen anwenden:
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die Begrenzung von wichtigen Informationen
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das Verkomplizieren von Vorgaben
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ein harter Preiskampf
Zu letzterem zählt unter anderem die Ausnutzung der bereits genannten Skaleneffekte beziehungsweise Betriebsgrößenersparnisse, die ein neuer Marktteilnehmer in der Regel nicht hat. Die Folge: Bei ihm fallen höhere Kosten für seine Produkte an, die etablierten Anbieter nutzen ihre Kostenvorteile strategisch aus.
Analyse der Markteintrittsbarrieren: Deshalb ist sie so wichtig
Wie aufgezeigt, besteht eine große Vielfalt an Barrieren, die es Ihnen schwer machen, in einen neuen Markt oder eine Branche einzutreten. Aus diesem Grund sollten Sie niemals blauäugig (quasi ohne Analyse und Strategie) ein Produkt veröffentlichen. Ansonsten droht die Gefahr, dass Ihr Markteintritt extrem lange dauert und damit kostspieliger als gedacht ausfällt.
Geld und Zeit sind aber Ressourcen, die besonders Start-ups selten haben. Sie müssen aufgrund ihrer finanziellen Lage schnell erste Erfolge und damit Umsätze vorweisen. Ebenso wichtig ist die Skalierung des Geschäftsmodells, um einen überlebenswichtigen Cashflow und die nötige Rentabilität zu gewährleisten.
Lassen Markteintrittsbarrieren die Einführung eines Produktes stocken, kann dies unter Umständen das schnelle Aus bedeuten. Deshalb sollten Sie sich vor dem Launch mit dem Fünf-Kräfte-Modell von Porter und mit einer Wettbewerbsanalyse beschäftigen.
Das Fünf-Kräfte-Modell
Der US-amerikanische Professor und Ökonom Michael E. Porter entwickelte Porter‘s Five Forces, das auch als Fünf-Kräfte-Modell bekannt ist. Es dient dazu, das Konkurrenzverhalten und damit die Attraktivität eines Marktes beziehungsweise einer Branche einzuschätzen. Ebenso können Sie daraus die Rentabilität ableiten.
Das Fünf-Kräfte-Modell nach Porter besteht aus diesen Elementen:
- Zulieferer: Wie viele Lieferanten agieren in einem Markt? Besteht ein Polypol, ein Oligopol oder beherrschen wenige Monopolisten die Lieferketten? Monopolisten bestimmen meist die Preise und treiben so die Kosten in die Höhe.
- Abnehmer: Ähnlich wie bei den Zulieferern können auch bei den Abnehmern verschiedene Strukturen vorherrschen. Das bedeutet: Existieren viele potenzielle Kunden und Kundinnen in dem Markt oder eher wenige? Wenn Sie Ihre Produkte an wenige Abnehmer verkaufen möchten, müssen Sie hart verhandeln.
- Ersatzangebote: Bestehen Angebote, die Ihr Produkt leicht substituieren? Wie schnell sind die Fortschrittszyklen? Selbst Produkte und Geschäftsmodelle, die jahrzehntelang etabliert waren, geraten durch Innovationen und Disruptionen unter Druck.
- Mitbewerber: Haben Sie Konkurrenten, die kürzlich in den Markt eingetreten sind oder es bald vorhaben? Aus welchen Branchen oder Märkten stammen die neuen Mitbewerber? Unter Umständen rollen die neuen Anbieter einen bestehenden Markt auf.
- Rivalität: Durch die vier Kräfte entsteht eine Konkurrenzsituation, welche eine gewisse Intensität hat. Diese kann sich verstärken oder durch Verschiebungen auch entlasten.
Sie sehen: Das Fünf-Kräfte-Modell von Porter eignet sich gut für eine Marktanalyse beziehungsweise Branchenanalyse und somit für eine Wettbewerbsanalyse.
Was macht eine Wettbewerbsanalyse aus?
Wenn Sie einen Markt oder eine Branche im Gesamten betrachten, spricht man von Marktanalyse. Dabei untersuchen Sie über die Marktforschung die Gegebenheiten des Marktes (beispielsweise die Marktgröße) und die darin tätigen Unternehmen.
Wie verhalten sich die Unternehmen, welche Produkte bieten sie an, welche Vertriebsstrategien wenden sie an? Diese und weitere Fragen klären Sie mit der Wettbewerbsanalyse.
Sammeln Sie gezielt Fakten und Zahlen über einzelne direkte sowie indirekte Mitbewerber, nennt sich das Konkurrenzanalyse. Hierbei fokussieren Sie sich auf die individuellen Kennzahlen sowie auf die Stärken und Schwächen der Konkurrenten.
Was gibt es für Markteintrittsstrategien?
Wie können Sie in einen Markt eintreten? Und wie gelingt es Ihnen, die Markteintrittsbarrieren leichter zu überwinden? Dafür gibt es keine immer gültige Patentlösung, sondern eine breite Palette an Möglichkeiten. Hier ein paar Beispiele, wie Sie als neuer Anbieter einen Markt „erobern“ können:
Lizenznahme
Sie reduzieren die Hürden und Herausforderungen, indem Sie ein bekanntes Geschäftsmodell oder ein bestehendes Produkt als Lizenznehmer übernehmen, beispielsweise als Franchising. Hierbei nutzen Sie die Vorteile einer Marke, können aber in einem gewissen Rahmen frei agieren. Derart lässt sich ein Markt und seine Wettbewerber gut kennenlernen.
Akquisition
Ihr Unternehmen übernimmt ein etabliertes Unternehmen oder fusioniert mit ihm. Dieser Vorgang nennt sich Mergers & Acquisition (kurz M&A). Dafür benötigen Sie allerdings selbst ein starkes Unternehmen und eine gewisse Finanzkraft. Zudem ergeben sich durch die rechtlichen Vorgaben neue Markteintrittsbarrieren, weil durch den Zukauf unter Umständen ein Monopolist entsteht.
Joint Venture
Wenn Sie mit einem Unternehmen kooperieren, das bereits im Zielmarkt agiert, entsteht eine besondere Art der Zusammenarbeit. Dies bewerkstelligen Sie mit recht wenig Kapitaleinsatz, zudem bleiben alle beteiligten Firmen unabhängig. Im Rahmen eines Joint Ventures haben Sie die Möglichkeit, ein neues, drittes Unternehmen zu gründen, das als Bindeglied zwischen den Einheiten dient.
Interne Ventures
Für den Markteintritt gründen Sie kein neues Unternehmen mit einem geschäftlichen Partner, sondern lediglich eine eigene, interne Organisationseinheit. So etwas entsteht zum Beispiel durch Intrapreneurship.
VC-Beteiligung
Beteiligt sich Ihr Unternehmen finanziell an einem Start-up und bekommt dafür Unternehmensanteile, investieren Sie Venture Capital (VC, übersetzt Wagniskapital) in die Entwicklung und Förderung eines verheißungsvollen Produktes. Und damit in die Aussicht, in einen neuen Markt einzutreten.
Lizenzvergabe
Die Lizenzvergabe ist das Gegenteil der Lizenznahme. In diesem Fall sind Sie der Lizenzgeber. Über Ihre Lizenznehmer stoßen Sie in neue Branchen oder internationale Märkte vor.
Tochterunternehmen
Expandieren Sie ins Ausland, haben Sie die Möglichkeit, eine Tochtergesellschaft zu gründen. Diese ist für den Markteintritt in den neuen Markt zuständig. Jene Strategie fällt in der Regel sehr aufwendig und teuer aus.
Was sind hohe Austrittsbarrieren?
Lohnt sich Ihr Einsatz in einem Markt nicht mehr? Ist der Druck des Wettbewerbs zu hoch? Oder möchte sich Ihr Unternehmen auf andere Geschäftsmodelle fokussieren? Dann liegt ein Marktaustritt nahe. Doch dieser ist wie ein Markteintritt eventuell mit Herausforderungen und Barrieren gespickt.
Zu den Marktaustrittsbarrieren zählen unter anderem:
- Der Marktaustritt beschädigt massiv das Image Ihres Unternehmens oder die Marke eines Produktes.
- Das Produkt oder der Markt mag unrentabel sein, doch die Synergieeffekte zahlen insgesamt positiv auf Ihre geschäftlichen Tätigkeiten ein.
- Sie müssten teure Investitionen wie den Bau eines Werkes im Ausland abschreiben, weil eine Weiternutzung oder ein Verkauf nicht möglich ist.
- Ihr Unternehmen hat lang anhaltende Förderungen oder Subventionen erhalten, die an Ihr Produkt gebunden sind. Bei einem Marktaustritt müssten Sie diese teilweise oder komplett zurückzahlen.
- Eine weitere Marktaustrittsbarriere sind zudem hohe Zahlungen für vorzeitige Vertragsauflösungen, Abfindungen oder Sozialpläne.
- Wenn Sie sich aus einem Markt zurückziehen, könnte der vorherige Markteintritt als eklatanter Management-Fehler angesehen werden.
Ein Markteintritt sollte gut überlegt sein
Henry Ford sagte einmal: „Fast jeder kann sich eine Idee ausdenken. Was wirklich zählt, ist die Entwicklung zu einem praktischen Produkt.“ Damit hatte der visionäre Autobauer recht. Zudem gibt es eine weitere Leistung, die Sie erbringen müssen: Mit Ihrer Idee, aus der ein Produkt entsteht, müssen Sie ebenso einen Platz im Markt finden.
Dafür gilt es, die zahlreichen Markteintrittsbarrieren zu meistern. Welche das in Ihrem Fall sind, müssen Sie durch eine saubere Analyse und Beobachtung des Marktes, der Wettbewerber und der Konkurrenten herausfinden.
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