Die Pharmaindustrie ist eine der Branchen mit dem größten Umsatz weltweit. Allein in Deutschland erzielten Pharmaprodukte 2018 einen Umsatz von über 41,5 Milliarden Euro. Die Pharmaindustrie hat allerdings schon seit vielen Jahren mit astronomischen Entwicklungskosten zu kämpfen.
Der Vertrieb von Pharmaunternehmen steht daher unter besonderem Druck, denn die enormen Ausgaben müssen durch entsprechende Verkäufe refinanziert werden. Wie in vielen Branchen befinden sich die Pharmavertriebswege aktuell im Wandel – mit Folgen für viele Angestellte. Doch wie kann sich der klassische Pharmareferent auf das Umfeld des 21. Jahrhunderts anpassen?
Was macht der Vertrieb in der Pharmaindustrie?
Der Pharmavertrieb beschäftigt sich mit der Vermarktung von Medikamenten, die die verschiedenen pharmazeutischen Unternehmen unter eigenem Namen vertreiben. Der Markt ist in diesem Bereich höchst kompetitiv, da viele Pharmahersteller die gleichen Wirkstoffe (eigentliche wirksame Komponenten) in unterschiedlichen Präparationen (Tabletten, Pflaster, Spritzen etc.) verkaufen.
In der pharmazeutischen Industrie spielt sich der Vertrieb (wie in den meisten anderen Branchen auch) hauptsächlich noch auf persönlicher Ebene ab, es gibt aber zudem einen wachsenden Onlinemarkt mit enormem Potenzial. Der wohl bekannteste – und nach wie vor wichtigste – Job im pharmazeutischen Vertrieb ist daher der Pharmareferent.
Der Pharmareferent und seine Aufgaben
Die Aufgabe des Pharmareferenten ist es, sich vor Ort mit potenziellen Käufern von Pharmaprodukten zu treffen und diese über die Eigenschaften der Produkte des Unternehmens zu informieren. Es handelt sich also um eine klassische Aufgabe im Außendienst. Am Ende eines solchen Gesprächs steht im besten Fall ein Geschäftsabschluss.
Da pharmazeutische Produkte komplexe Wirkungen aufweisen können und zudem streng reguliert sind, suchen Pharmakonzerne häufig studierte Naturwissenschaftler (Chemiker, Biologen, Mediziner) oder natürlich Pharmazeuten für den Job als Pharmareferent. Diese Mitarbeiter sind gut bezahlt, haben aber oft einen vollen Kalender mit bis zu acht Terminen pro Tag.
Es gibt jedoch auch andere Aufgabengebiete im Pharmavertrieb, die nicht dem des Pharmareferenten entsprechen, beispielsweise die Verwaltung von Onlineshops, im Marketing oder in der Kundenbetreuung.
Die klassischen Kunden für den pharmazeutischen Vertrieb sind Ärzte, Apotheker und Kliniken. Mit einigen Krankenkassen gehen Pharmakonzerne auch Partnerverträge ein. Für einen Pharmareferenten stellen Ärzte allerdings mit Abstand die am häufigsten besuchte Kundengruppe dar: Über 200 Arbeitstage im Jahr sind Referenten mit Praxisbesuchen beschäftigt. Dabei bewerben und informieren sie meist über neu auf dem Markt erschienene Produkte, die noch wenig bekannt sind. Bereits etablierte Medikamente kaufen Ärzte und Apotheker vorwiegend vom Pharmagroßhandel, der seine Bestände wiederum von den einzelnen Pharmaunternehmen erhält.
Pharmareferent oder Pharmaberater?
Neben dem Beruf des Pharmareferenten gibt es außerdem noch den des Pharmaberaters. Die Tätigkeitsfelder dieser beiden Berufe sind im Grunde sehr ähnlich, der Pharmaberater muss jedoch über eine ausführlichere Ausbildung verfügen – besonders im Hinblick auf juristische Sachverhalte.
Herausforderungen im Pharmavertrieb
Für den klassischen Job des Pharmareferenten haben sich in den letzten Jahren einige Schwierigkeiten ergeben. Eine der wichtigsten Funktionen des Referenten ist die Beratung von Ärzten und das Aufklären über Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Ärzte können sich heutzutage allerdings ausreichend selbstständig über offizielle Datenbanken mit solchen Informationen versorgen.
Ebenso sind Informationen über das Produkt des eigenen Unternehmens und der Produkte der Wettbewerber heute viel leichter verfügbar als noch vor 20 Jahren. Informationen gelangen auch schneller von Kunde zu Kunde. Dadurch sind Apotheker heute deutlich besser mit Krankenkassen, Ärzten und Krankenhäusern vernetzt.
Zudem haben sich in den letzten Jahren immer mehr Kooperationen und Netzwerke von medizinischen Versorgern gebildet. Demnach kann es sein, dass Krankenkassen die Verwendung von bestimmten Präparaten für ihre Leistungen vorschreiben. Ein Arzt könnte das Produkt eines Pharmareferenten also unter Umständen gar nicht kaufen, da er durch seinen Vertrag mit einer dritten Partei nicht dazu in der Lage ist.
Sehr zum Unmut der Pharmaindustrie gibt es heute immer mehr Mediziner, die Besuchsbeschränkungen für Pharmavertreter erlassen oder den Besuch sogar komplett untersagt haben. Dies hat sicherlich unter anderem mit den oben genannten Gründen zu tun, die den klassischen Pharmareferenten (und auch den Pharmaberater) teilweise überflüssig machen.
Wie viele andere Berufsgruppen muss der Vertrieb in der Pharmaindustrie daher mit der Zeit gehen und sich gegenüber neuen Vertriebsstrategien öffnen.
Tipps für den Vertrieb im Bereich Pharma
Zunächst sind Vertriebswege für pharmazeutische Produkte deutlich vielfältiger geworden. Es ist daher empfehlenswert, eine gute Mischung aus verschiedenen Vertriebswegen (online, klassisch, über Partner, Versorgerverträge etc.) für das eigene Produkt zu schaffen.
Bei den digitalen Vertriebswegen gibt es sicherlich in vielen Firmen noch Ausbaupotenzial. Eine neue interessante Option ist zum Beispiel der Vertrieb über Social Media. Dieser Bereich eignet sich besonders für das direkte Ansprechen der Konsumenten bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Da sich immer mehr Patienten und Ärzte heute selbstständig im Internet über verfügbare Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel informieren, sollten Pharmaunternehmen ihre eigene Website pflegen, beispielsweise alle relevanten Informationen in einem ansprechenden Rahmen bereitstellen und eine Keyword-Optimierung durchführen.
CRM (Customer Relationship Management) sollte auch im Pharmavertrieb kein Fremdwort mehr sein. Aktuelle CRM-Systeme bieten enorme Vorteile bei der Verwaltung sowie Betreuung von Kunden und unterstützen den Vertrieb beim intensiven Key-Account-Management, das im Pharmavertrieb besonders wichtig ist.
Fazit: Der klassische Pharmareferent ist nicht mehr in Mode
Es ist zu erwarten, dass sich auch die Vertriebswege der Pharmaindustrie in den kommenden Jahren immer weiter in den digitalen Raum verschieben. Betroffene Firmen müssen sich auf den Wandel ein- und ihren Vertrieb entsprechend aufstellen. Der klassische Pharmareferent hat mit zunehmenden Problemen zu kämpfen, vor allem mit Besuchsbeschränkungen. Es gibt aber immer noch viele Ärzte, die den direkten Kontakt mit einem Pharmareferenten zu schätzen wissen. Eine Daseinsberechtigung besteht für den Pharmareferenten daher auch heute noch.
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