Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die Lebensmittel im Kühlregal oder das neue Lieblingsoberteil keine runden Preise haben? Zahlen wie „1,99 Euro“ oder „12,95 Euro“ sollen das Produkt günstiger erscheinen lassen und uns so mit versteckten Preisstrategien unterbewusst zum Kauf animieren. Richtig eingesetzte Preispsychologie hat oft Erfolg.
Was für das B2C-Geschäft gilt, funktioniert auch im B2B-Bereich. Erfolgreiche Vertriebler nutzen im Verhandlungsgespräch bewusst die psychologische Preisgestaltung.
In diesem Beitrag erläutern wir, was es mit der Preispsychologie auf sich hat und geben Ihnen praxisnahe Tipps und Methoden zur gezielten Nutzung mit auf den Weg.
Was ist Preispsychologie?
Der Begriff der Preispsychologie ist stark emotional behaftet und beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Wahrnehmung und dem Verhalten von Menschen in Bezug auf Preisentscheidungen.
Vereinfacht gesagt gibt die Preispsychologie also Aufschluss darüber, welche psychologische Wirkung die Gestaltung von Preisen bei einem potenziellen Kunden hervorruft.
Die Nutzung der Preispsychologie im B2B-Geschäft zielt im Wesentlichen darauf ab,
- unentschlossene Einkäufer von einem Produktkauf zu überzeugen oder
- einen höheren Preis für ein bestimmtes Produkt durchzusetzen.
Was löst die Preispsychologie aus?
Die Preispsychologie ist neben den vielen rationalen Kriterien wie den technischen Merkmalen, dem Design und der Verarbeitung eines Produkts ein wichtiger emotionaler Faktor bei der Kaufentscheidung.
Diesen Faktor können sich Vertriebler in der Verhandlung zunutze machen. Einer Studie zufolge haben preisoptische Maßnahmen wie die Angaben von Rabatten in Prozentwerten oder das Durchstreichen eines Preises einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Konsumenten und deren Preiswahrnehmung.
Laut dem Mediziner und Neurowissenschaftler Christan Elger liegt das vor allem daran, dass Rabatte tief im menschlichen Gehirn das Belohnungssystem aktivieren und einen Weckreiz auslösen:
„Prozentzeichen führen zur Ausschüttung von Botenstoffen, die ein Wohlgefühl erzeugen“, begründet der Experte den Effekt psychologischer Preise.
Preispsychologie richtig einsetzen
Den Preis niedriger wirken lassen, ohne ihn tatsächlich zu senken – das ist die hohe Kunst der Preispsychologie. Die vielversprechendsten Methoden stellen wir im Folgenden kurz mit praxisnahen Beispielen vor:
1) Keine geraden Zahlen verwenden
Über 70 Prozent der Preise im Lebensmittelhandel enden auf die Ziffer neun. Zucker zum Preis von 1,00 Euro wirkt auf den Verbraucher recht teuer. Mit nur einem Cent Unterschied ändert sich alles: Zucker für 0,99 Euro überschreitet die Schwelle von einem Euro nicht und wirkt daher günstig.
Auch Einkäufer im B2B-Geschäft neigen dazu, sich für die anstehende Preisverhandlung eine Preisschwelle zu setzen. Diese Preispsychologie können Sie sich zunutze machen, indem Sie gezielt Preisangebote unter runden Werten verwenden.
2) Paketpreise statt einzelner Preise
Gerade im B2B-Bereich entfaltet der sogenannte „Komplett-Preis-Effekt“ seine Wirkung: Durch die Nennung eines Gesamtpreises für ein ganzes Paket an Produkten beziehungsweise Dienstleistungen können Sie die Einzelpreise „verwischen“ und sind dadurch weniger angreifbar in Bezug auf die Preisgestaltung.
Zudem können Sie sich den Komplett-Preis im Verhandlungsgespräch argumentativ zunutze machen, indem Sie darauf verweisen, welche Produkte oder Dienstleistungen im Preis enthalten sind:
Wenn Sie eine Software verkaufen, inkludieren Sie in der jährlichen Lizenz auch umfangreiche Service-Leistungen wie einen Support oder regelmäßige Updates.
3) Der Ankereffekt
Der Ankereffekt zielt darauf ab, einen Preis durch die Nennung eines wesentlich höheren Referenz-Preises als besonders günstig erscheinen zu lassen.
Im Einzelhandel setzen Verkäufer dabei meist auf die „unverbindliche Preisempfehlung“ (UVP). Diese wird zwar üblicherweise selbst beim Launch des Produkts nicht vom Kunden gefordert, setzt aber einen „Anker“, an dem sich der Kunde orientieren kann.
Im B2B-Verhandlungsgespräch können Sie den Ankereffekt nutzen, indem Sie beispielsweise hohe Referenz-Preise aus anderen Projekten nennen.
4) Nennung des alten Preises
Eine beliebte Methode der Preispsychologie ist die gezielte Angabe des alten Preises. So finden Kunden in Prospekten oder im Internet häufig durchgestrichene, wesentlich höhere Preise, die dann durch einen neuen, besonders attraktiv wirkenden Preis ersetzt werden.
Durch die visuelle Hervorhebung des Preisunterschieds gelingt es, Anreize im Gehirn des potenziellen Käufers zu setzen und seine Preiswahrnehmung positiv zu beeinflussen.
5) Der Einstiegseffekt
Hersteller, die neben einem Investitionsprodukt auch Verbrauchsprodukte verkaufen, nutzen häufig den preispsychologischen Einstiegseffekt.
Ein typisches Beispiel dafür ist die Kapselmaschine für Kaffee: Die Maschine gibt es im Handel relativ günstig, um den Kunden zum Kauf zu verleiten. Das Geld wird dann über mehrere Jahre mit den vergleichsweise teuren Kaffeekapseln verdient.
Auch im B2B können Sie von dieser Methode profitieren, indem Sie den Verkauf einer Maschine beispielsweise an einen Wartungsvertrag knüpfen.
6) Die Knappheit des Produkts
Die Methode der Verknappung kommt vor allem zum Einsatz, um unentschlossene Kunden für sich zu gewinnen.
Ein prominentes Beispiel für diese Strategie sind die Shows im Verkaufsfernsehen. Dabei zählt ein Countdown die vermeintlich schwindende Stückzahl und die auslaufende Angebotszeit auf dramatische Art und Weise herunter. Käufer entscheiden sich durch die Verknappung des Produkts und den Zeitdruck dann häufig dazu, das Produkt zu kaufen.
Preispsychologie und Professionalität
Und welche Preisstrategie ist nun die richtige? Dafür bedarf es einer umfassenden Analyse der angestrebten Ziele sämtlicher Abteilungen. Oft führt dies zu Zielkonflikten. Um dem gerecht zu werden, kann das Unternehmen versuchen, verschiedene Preisstrategien zu mischen.
Preispsychologie ist ein Thema, welches ein Unternehmen nicht unterschätzen und trotzdem mit Vorsicht anwenden sollte. Ein nicht professionelles Verhalten oder übertriebene Angebote wirken auf die Kunden eventuell abschreckend. Richtig eingesetzt können Unternehmen mit passenden Preisstrategien jedoch erfolgreich ihren Umsatz steigern und neue Kunden gewinnen.
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