19 Milliarden US-Dollar, umgerechnet 14 Milliarden Euro, gab Facebook 2014 aus, um WhatsApp zu kaufen. Vor der Übernahme war WhatsApp für die Nutzer ein Jahr kostenlos, danach betrug die Jahresgebühr lediglich einen Dollar. War der Milliarden-Kaufpreis gerechtfertigt? Um diese Frage zu beantworten, sollten Sie wissen, welche Verfahren und Methoden es für die Unternehmensbewertung gibt.
Was ist eine Unternehmensbewertung?
Der Unternehmenswert beschreibt den Wert eines Unternehmens in einer Geldeinheit wie Dollar oder Euro. Diese Einschätzung ist meist subjektiv.
Wichtig: Der Unternehmenswert entspricht nicht unbedingt dem Kaufpreis eines Unternehmens, wenn es beispielsweise veräußert wird. Der Verkaufspreis kann über oder unter dem ermittelten Unternehmenswert liegen. Er hängt unter anderem davon ab, wie viel der Käufer ausgeben möchte.
Wann lassen Sie den Unternehmenswert berechnen?
Möchten Sie den Wert Ihres Unternehmens ermitteln, kann es dafür verschiedene Auslöser geben:
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Unternehmensverkauf: Sie verkaufen das gesamte Unternehmen, zum Beispiel an einen Mitbewerber
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Liquidation: Ihr Unternehmen soll aufgelöst werden, beispielsweise wegen einer Insolvenz
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EXIT: Investoren veräußern ihre Anteile an einem Start-up
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Geldaufnahme: Benötigt Ihr Unternehmen eine Finanzspritze wie einen Bankkredit, dient der Unternehmenswert als Berechnungsgrundlage
Wer führt die Unternehmensbewertung durch?
Das kommt darauf an, wie groß Ihr Unternehmen ist und wie hoch die Bewertung ausfällt. Bei kleinen Firmen kann die Unternehmensbewertung der Geschäftsführer bzw. der Finanzverantwortliche selbst durchführen. Bei größeren Unternehmen oder wichtigen Wertermittlungen (zum Beispiel bei einer Übernahme) kommen Experten zum Einsatz.
Das sind unter anderem:
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Steuerberater
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Unternehmensberater
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Wirtschaftsprüfer
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Banken
Aktuelle Probleme bei der Unternehmensbewertung
Wie erwähnt kann eine Unternehmensbewertung subjektiv ausfallen, besonders, wenn der strategische Wert eines Unternehmens im Fokus steht. So war es bei WhatsApp: Obwohl das Start-up damals nur rund 50 Mitarbeiter hatte, keine besonderen Vermögenswerte wie Maschinen besaß und auch keinen nennenswerten Umsatz machte, gab Facebook für die Übergabe einen zweistelligen Milliardenbetrag aus. Denn Mark Zuckerberg und sein Team sahen in der Kaufsumme eine wichtige strategische Bedeutung.
Solche Einschätzungen können Unternehmensbewertungen nach oben treiben. Somit hängt beispielsweise der Kaufpreis stark von aktuellen Trends und Entwicklungen ab. Das macht Unternehmensbewertungen unbeständig und kann zu überzogenen Erwartungen am Markt führen. Das war ein Grund für das Platzen der überhitzten Internet-Blase zu Beginn der 2000er-Jahre.
Unternehmensbewertung: Methoden und Möglichkeiten
Es gibt verschiedene Wege, wie Sie den Wert Ihres Unternehmens herausfinden können. Viele der Methoden und Verfahren werden zusammengefasst in Einzelbewertungs-, Gesamtbewertungs- sowie Mischverfahren. Wir stellen Ihnen folgend ein paar exemplarisch vor:
Substanzwertverfahren (Englisch: Asset Value)
Bei dieser Einzelbewertungsmethode betrachten Sie die Vermögenswerte Ihres Unternehmens. Dabei erfassen Sie entweder den Preis für eine Neuanschaffung (Reproduktionswert) oder den Liquidationswert (was ein Verkauf der einzelnen Vermögenswerte bringen würde).
Ertragswertverfahren
Hierbei blicken Sie in die Zukunft, indem Sie den potenziellen Jahresgewinn – den Ertragswert – ermitteln. Die Berechnung vom Ertragswertverfahren basiert auf der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung.
Discounted-Cash-Flow (DCF)
Häufig wird die DCF-Methode angewendet. Bei dieser Ermittlung sind der Cashflow (Ihre Zahlungsströme) und seine Diskontierung wichtig. Beim Discounted-Cash-Flow gibt es unterschiedliche Ansätze der Berechnung: den Entity-, den Equity- und den APV-Ansatz (APV = Adjusted present value).
Trading Multiples
Bei diesem Bewertungsverfahren setzen Sie Ihr Unternehmen mit mehreren ähnlichen, börsennotierten Unternehmen gleich. Sie ermitteln daraus einen Mittelwert, der mit einem branchenüblichen Multiplikator versehen wird.
M&A Multiples
Sie orientieren sich an den Verkaufspreisen ähnlicher Unternehmen, die im Rahmen von M&A (Mergers & Acquisitions) veräußert wurden. Dabei ist zu beachten, dass bei Verkaufspreisen unter anderem das Verkaufsgeschick, Gewährleistungen und andere Faktoren eine Rolle spielen, die schwer auf Ihr Unternehmen übertragbar sind.
Deal Multiples
Bei diesem Verfahren nehmen Sie das EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) oder EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) Ihres Unternehmens und multiplizieren es mit einem Faktor. Beispielsweise ist EBIT x 2 eine übliche Berechnungsmethode.
Venture-Capital-Methode
Start-ups machen in den ersten Jahren wenig Umsatz und besitzen auch geringe Vermögenswerte, dementsprechend etablierte sich bei VC-Investoren die Venture-Capital-Methode. Bei dieser sind das Marktpotenzial sowie das Unternehmenspotenzial basierend auf dem möglichen Umsatz, Gewinn und der machbaren Marge im Fokus.
Welche Kennzahlen sollten Sie zur Unternehmensbewertung heranziehen?
Das kommt darauf an. Möchten Sie den Wert eines Start-ups ermitteln, sind andere Kennzahlen als bei der Ermittlung eines mittelständischen Unternehmens oder eines Weltkonzerns zu betrachten.
So ist der Ertragswert einer Neugründung nur mit einem Blick in die Glaskugel machbar, bei einem gestandenen Unternehmen aufgrund von jahrelang ermittelten wirtschaftlichen Kennzahlen dagegen gut berechenbar.
Ähnlich unterschiedlich sieht es beim Substanzwertverfahren aus: Ein Softwareunternehmen besitzt in der Regel immaterielle Güter, deren Wert sich mit einem bestimmten Verfahren meist nur subjektiv ermitteln lässt. Anders bei einem Maschinenbauunternehmen: Das hat handfeste Güter mit einem klaren Wert im Besitz.
Unternehmensbewertung: Welche Methode ist am besten?
Klären Sie das mit einem Profi, zum Beispiel mit einem Wirtschaftsprüfer oder Unternehmensberater. Er weiß, worauf es ankommt – unter anderem bei Bankterminen oder Verkaufsgesprächen.
Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: War der Milliarden-Kaufpreis von WhatsApp gerechtfertigt? Ja, aus Sicht von Facebook war er das.
Das soziale Netzwerk sah in dem Messenger-Dienst ein derart hohes Potenzial, dass Kennzahlen wie eben Umsatz oder Substanzen in den Hintergrund rückten. Am Ende ist ein Unternehmenswert das, was ein Dritter darin sieht.
Titelbild: sutlafk / Getty Images
Ursprünglich veröffentlicht am 19. November 2020, aktualisiert am Januar 19 2023
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