Wer ein Problem hat, möchte gehört werden – sonst wendet sich die Person ab. Das gilt für private wie geschäftliche Beziehungen. Bei zweiterem sind die Folgen Kundenabwanderung, sinkende Umsätze und ein Prestigeverlust der Marke. Um das zu vermeiden, sollten Sie sich ein methodisches Vorgehen im direkten und indirekten Beschwerdemanagement aneignen. Wie Beschwerdemanagement funktioniert und welche Anlaufstellen und Prozesse Sie am besten etablieren, erfahren Sie im folgenden Artikel.

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Vorteile und Ziele des Beschwerdemanagements

Aktives Beschwerdemanagement sollte fest in der Kultur und den Prozessen des Unternehmens verankert sein. Denn wer die Probleme seiner Kunden und Kundinnen nur oberflächlich behandelt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bald über verlorene Kundschaft klagen – und das gute Image seines Unternehmens riskieren.

Nehmen Sie die Probleme Ihrer Kundschaft hingegen ernst, werden Sie nicht nur Vertrauen wiedergewinnen, sondern auch wertvolles Feedback zu Ihren Produkten und Dienstleistungen erhalten.

Die Etablierung von Beschwerdemanagement hat die folgenden Vorteile für Unternehmen:

  • Es hat Potenzial, Ihre Kundenbeziehungen zu verbessern.
  • Es trägt dazu bei, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen.
  • Es unterstützt Ihre Weiterempfehlungsquote durch Mundpropaganda.
  • Es unterstützt eine positive und kundenorientierte Reputation Ihres Unternehmens.
  • Es hilft dabei, Prozess- und Produktionsmängel zu identifizieren und zu beheben.
  • Es hilft, Ihre Prozesse zu optimieren und sorgt langfristig für Kosteneinsparungen.

Ablauf: Wie sieht der Beschwerdemanagementprozess aus?

Wer gutes Beschwerdemanagement betreibt, sieht das Thema nicht als lästigen Bestandteil des Kundenservice, sondern vor allem als Möglichkeit zur Optimierung der angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Strukturell ist es in zwei Teilbereiche gegliedert: direktes und indirektes Beschwerdemanagement.

Die für unzufriedene Kunden und Kundinnen sichtbaren Maßnahmen werden im direkten Beschwerdemanagementprozess erfasst. Dabei geben Sie Ihnen, beispielsweise über Service-Hotlines oder E-Mail-Adressen, Kontaktmöglichkeiten für die Beschwerde. Anschließend reagieren Sie methodisch und im direkten Kontakt auf diese.

Zu den wichtigsten Qualifikationen für Beschwerdemanager und -managerinnen im direkten Beschwerdemanagement zählen vor allem Empathie und die Fähigkeit, auch komplexe Situationen im Kundenkontakt angemessen zu lösen.

Das indirekte Beschwerdemanagement hingegen forscht nach den Ursachen für Beschwerden. Auf Basis der hier gewonnen Erkenntnisse können Sie Ihre Prozesse optimieren und sichern die Qualität zukünftiger Produkte oder Dienstleistungen.

Dieser Teil findet also auf einer unternehmensinternen Ebene statt, wobei die sich beschwerende Person nur indirekt betroffen ist und nicht mit dem Unternehmen in direktem Kontakt steht.

Die Prozesse und Ablauf des direkten und indirekten Beschwerdemanagements können in verschiedene Stufen aufgeteilt werden.

Aus wie vielen Stufen besteht ein gutes Beschwerdemanagement?

Direktes Beschwerdemanagement besteht aus den Stufen:

  1. Beschwerdestimulierung
  2. Beschwerdeannahme
  3. Beschwerdebearbeitung
  4. Beschwerdereaktion

Indirektes Beschwerdemanagement besteht aus den Stufen:

  1. Beschwerdeauswertung
  2. Beschwerde-Controlling
  3. Beschwerde-Reporting
  4. Informationsnutzung

Ablauf des direkten Beschwerdemanagements

Das direkte Beschwerdemanagement betrifft die unmittelbare Beziehung zu Ihrer Kundschaft. Es beschäftigt sich mit der Stimulierung, Annahme, Bearbeitung und Reaktion auf die eingereichte Beschwerde.

1. Beschwerdestimulierung

Ihre Kunden und Kundinnen benötigen Anlaufstellen, um ihre negative Erfahrung zu schildern und Hilfe zu erhalten. Kommen Sie ihnen entgegen, indem Sie diese Kontaktpunkte zum Beispiel durch eine Hotline, E-Mail-Support oder die Kommentarfunktion auf Social Media bieten. So wirken Sie einer stillen Abwanderung von Käufern und Käuferinnen entgegen und senken so die Churn Rate.

2. Beschwerdeannahme

Im zweiten Schritt geht es vor allem darum, dass die Verantwortlichkeiten nach dem Eingang der Beschwerde geklärt sind. Mit einem festen Prozess und einer klaren Aufgabenverteilung stellen Sie sicher, bereits beim Erstkontakt angemessen zu reagieren.

3. Beschwerdebearbeitung

In dieser Stufe überprüft die verantwortliche Person das Anliegen des Kunden oder der Kundin und entwickelt eine Lösung für die Beschwerde. Im besten Fall nennt sie der Person für die Bearbeitung einen Zeitpunkt, bis zu dem diese eine Antwort erhält. So kann sie sich sicher sein, dass ihre Beschwerde bearbeitet wird.

Bei der schriftlichen Kontaktaufnahme hilft eine automatisierte E-Mail, die den Kunden oder die Kundin über die zeitnahe Bearbeitung aufklärt und so beruhigt.

4. Beschwerdereaktion

Die Beschwerdereaktion umfasst den grundsätzlichen Leitfaden für die Beantwortung der Beschwerden. Darin legen Sie Verhaltensregeln sowie das Maß der Kompensation fest. Je nach Anspruch und Schweregrad können Sie Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin finanzielle (Preisnachlass), materielle (Umtausch bei Reklamation) oder immaterielle (Entschuldigung) Ausgleiche anbieten.

Ablauf des indirekten Beschwerdemanagements

Im Unterschied zum direkten Beschwerdemanagement betrifft das indirekte Beschwerdemanagement die Kundschaft nur mittelbar. Vielmehr sichert es durch Auswertung, Controlling, Reporting und Informationsnutzung das Qualitätsmanagement und die Prozessoptimierung im Unternehmen selbst.

1. Beschwerdeauswertung

Die Auswertung der Kundenbeschwerden hat sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Zunächst tragen Sie innerhalb der quantitativen Beschwerdeauswertung alle Beschwerdedaten zusammen.

Im zweiten Schritt analysieren Sie die gesammelten Daten und forschen im Rahmen der qualitativen Beschwerdeauswertung nach Ursachen. So können mögliche Prozessmängel aufgedeckt werden.

2. Beschwerde-Controlling

Das Controlling des Beschwerdemanagements wird in das Evidenz-Controlling, Aufgaben-Controlling und Kosten-Nutzen-Controlling gegliedert.

Während das Evidenz-Controlling zunächst prüft, ob die Beschwerden der Kundschaft tatsächlich angekommen sind, überwacht das Aufgaben-Controlling die Umsetzungen der Richtlinien zum Umgang mit Kundenbeschwerden. Im Kosten-Nutzen-Controlling analysieren Sie, wie sich der Beschwerdemanagement-Prozesses wirtschaftlich auswirkt.

3. Beschwerde-Reporting

Nachdem Sie die Daten über die Kundenbeschwerden ausgewertet haben, stellen Sie diese in Reportings zusammen. Dafür muss auch bestimmt werden, welche Mitarbeitende zum Entscheiderkreis gehören und in welcher Form die Daten aufbereitet werden sollen. So machen Sie die Erkenntnisse den jeweiligen Entscheidungsträgern und -trägerinnen zugänglich.

4. Informationsnutzung

Aus den zusammengestellten Reportings zieht der Entscheiderkreis folglich Rückschlüsse. Die aus dem Controlling gewonnenen Informationen dienen der Optimierung von operativen sowie strategischen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung.

Weitere Arten von Beschwerdemanagement

Neben der Unterscheidung in direktes und indirektes Beschwerdemanagement gibt es noch weitere Arten und Unterscheidungsmerkmale. Ein kurzer Überblick.

Externes vs. internes Beschwerdemanagement

Manche Definitionen setzen internes Beschwerdemanagement mit der Analyse der Kundenbeschwerden gleich – es wird dann als Synonym für indirektes Beschwerdemanagement verwendet.

Andere nutzen die Begrifflichkeit allerdings anders. Internes Beschwerdemanagement beschreibt hier ein System, bei dem Mitarbeitende ihre Gedanken, Wünsche und Probleme anbringen können. Dem gegenüber steht externes Beschwerdemanagement für die klassische Beschwerdebearbeitung von externen Kunden und Kundinnen.

Aktives vs. reaktives Beschwerdemanagement

Aktives Beschwerdemanagement bedeutet, proaktiv auf Kundschaft (oder Mitarbeitende) zuzugehen und Feedback oder Kritik einzuholen, noch bevor diese von sich aus Beschwerden äußern.

Im Gegensatz dazu reagieren Sie beim reaktiven Beschwerdemanagement erst auf Beschwerden, wenn diese bereits geäußert wurden – siehe direktes Beschwerdemanagement.

Der Unterschied zwischen Beschwerde und Reklamation

Nicht jede Beschwerde ist gleichermaßen zu kompensieren. Während sich eine Verzögerung der Lieferzeit leicht entschuldigen lässt, liegt der Fall bei defekter Ware anders. Zunächst sollten Sie feststellen, ob es sich tatsächlich um eine Beschwerde oder um eine Reklamation des Kunden oder der Kundin handelt – denn die beiden Fälle erfordern einen unterschiedlichen Umgang mit der Situation.

Bei einer Beschwerde äußert eine enttäuschte Person ihren Unmut über negative Erlebnisse mit Ihrem Unternehmen. Dies kann beispielsweise eine nicht eingehaltene Lieferzeit sein.

Beschwert sie sich hingegen über ein defektes oder anderweitig defizitäres Produkt, handelt es sich um eine Reklamation. Eine Reklamation steht immer in unmittelbarem Bezug zu einem Produkt oder einer Dienstleistung. Hier hat die Person einen gesetzlich geregelten Rechtsanspruch.

Voraussetzungen für erfolgreiches Beschwerdemanagement

Um einen reibungslosen Ablauf des Beschwerdemanagements zu garantieren, sollten Sie im Vorfeld bestimmte Richtlinien und Rahmenbedingungen etablieren. Diese betreffen das zuständige Personal, die Kommunikationskanäle und die Organisation.

Die Schulung von Mitarbeitenden stellt sicher, dass der Kundenservice angemessen auf die Beschwerden Ihrer Kundschaft eingehen kann. Wenn Sie Leitfäden und Verhaltensweisen bereitstellen, sorgt das für eine einheitliche Prozessabwicklung des Beschwerdemanagements. Erst, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über Aufgabenverteilung, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten informiert sind, können sie einen organisatorischen Rahmen des Beschwerdemanagements gewährleisten.

Sie können zudem eine Beschwerdemanagement-Software einsetzen. Damit lassen sich Beschwerden (und Reklamationen) systematisch erfassen und bearbeiten. Viele ERP- und CRM-Systeme bringen eine solche Funktionalität von Haus aus bereits mit, es gibt aber auch spezialisierte Softwares.

Als Norm für national und international anerkanntes Beschwerdemanagement gilt die Beschwerdemanagement-Norm DIN ISO 10002. Sie bietet eine Orientierung für Unternehmen, indem sie wesentliche Begriffe klärt, Prinzipien beschreibt sowie zentrale Aufgaben und konkrete Hilfsmittel des Beschwerdemanagements bietet.

Bedeutung von Beschwerdemanagement für angrenzende Bereiche

Im übergeordneten Unternehmenskontext nimmt Beschwerdemanagement also eine bedeutende Rolle ein. Es grenzt zudem an weitere Managementbereiche an, die sich im Bereich Kundenzufriedenheit und Kundenmanagement bewegen. Dazu zählen vor allem das Meinungsmanagement und Reputationsmanagement. Beide Bereiche analysieren die Rückmeldungen von Kunden und Kundinnen – wozu Beschwerden ebenfalls zählen.

Fazit: Nutzen Sie die Tipps, um Ihre Beschwerden zu managen

Häufige Kundenbeschwerden können ein ungutes Gefühl auslösen. Doch ein gutes Beschwerdemanagement ist nicht nur der Schlüssel zu einer stärkeren Kundenbindung. Es optimiert zudem unternehmensinterne Prozesse und deckt mögliche Mängel an Ihren Produkten oder Dienstleistungen auf.

Nutzen Sie daher die Einwände Ihrer Kunden und Kundinnen nicht nur als Möglichkeit, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen, sondern vor allem als wertvolles Feedback. Mit den vorgestellten Tipps kann das gelingen und Sie erhalten unter dem Strich zufriedenere Kundschaft.

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Titelbild: Traimak_Ivan / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 6. Dezember 2023, aktualisiert am Dezember 06 2023

Themen:

Kundenzufriedenheit