Sprache, ob verbal oder nonverbal, ist eines der mächtigsten Werkzeuge der Menschen und hat großen Einfluss darauf, wie das Gegenüber eine Situation interpretiert. Umso wichtiger ist eine gewaltfreie Kommunikation, die den Raum für alle Perspektiven öffnet und so einen diplomatischen und harmonischen Austausch fördert. In diesem Guide erfahren Sie, wie Konfliktlösung durch gewaltfreie Kommunikation funktioniert und erhalten zudem hilfreiche Beispielsätze, die Sie im Arbeitskontext anwenden können.

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Gewaltfreie Kommunikation nach Marshal Rosenberg

Der von Marshall Rosenberg entwickelte Kommunikations- und Konfliktlösungsprozess wurde durch die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie inspiriert. Die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg beschäftigt sich damit, inwieweit unsere Sprache zu Gewalt beiträgt, und zielt auf einen klaren, vertrauten und freundlichen Austausch ab.

In seinen Seminaren und Vorträgen stellte Rosenberg die gewaltfreie Kommunikation durch Giraffe und Wolf symbolhaft dar:

  • Giraffensprache: Die Giraffe symbolisiert die gewaltfreie Kommunikation, da sie durch ihren langen Hals eine bessere Perspektive auf Konflikte hat und durch ihr großes Herz die Gefühle und Bedürfnisse der Menschen wahrnimmt.
  • Wolfssprache: Der Wolf symbolisiert die gewaltvolle Kommunikation und kann durch seine niedrigere Position Situationen nur mit Mühe aus einer anderen Perspektive wahrnehmen. Er tendiert eher dazu, sich zu verteidigen, andere zu beschuldigen oder zu bestrafen.

Warum ist gewaltfreie Kommunikation am Arbeitsplatz wichtig?

Menschen verbringen in der Regel einen großen Teil des Tages am Arbeitsplatz, wodurch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Bedürfnisse sowie Zeit- und Leistungsdruck großes Konfliktpotential entstehen kann. Wollen Sie am Arbeitsplatz Konflikte lösen, kann durch gewaltfreie Kommunikation viel erreicht werden:

  • Konstruktive Konfliktlösung ohne Schuldzuweisung und Kritik
  • Positives Arbeitsklima durch einen respektvollen und unterstützenden Umgang
  • Bessere Zusammenarbeit mit Verständnis und Empathie
  • Persönliche Weiterentwicklung durch bessere Selbstreflexion

Wie funktioniert gewaltfreie Kommunikation?

Selbstverständlich ist gewaltfreie Kommunikation nicht nur im Arbeitskontext nützlich, sondern auf sämtliche Konflikte anwendbar, ob im diplomatischen Konflikt oder im Beziehungsstreit. Rosenberg definierte für die gewaltfreie Kommunikation vier Schritte.

Schritt 1: Beobachtung

Zunächst wird die Situation, die den Konflikt ausgelöst hat, ohne persönliche Interpretation beschrieben.

  • Ich sehe, dass …
  • Ich habe gehört, dass …
  • Ich erinnere mich an eine Situation, in der …
  • Mir ist aufgefallen, dass …
  • Ich nehme wahr, dass …

Schritt 2: Gefühle

Im Anschluss werden die Emotionen, die durch die Situation entstanden sind, benannt. Dabei kann es sich um ein einzelnes oder mehrere Gefühle handeln.

  • Ich fühle mich …
  • Mir geht es schlecht mit …
  • Ich bin gerade …
  • Die Situation macht mich …

Beispiele für Gefühle: traurig, entmutigt, frustriert, nicht wertgeschätzt, übergangen, gehetzt, enttäuscht, wütend, etc.)

Schritt 3: Bedürfnis

Aus dem kommunizierten Gefühl kann nun ein Bedürfnis abgeleitet werden.

  • Ich brauche …
  • Mir fehlt …
  • Mir ist … wichtig
  • Ich sehne mich nach …
  • Ich suche nach …
  • Ich möchte gerne …

Schritt 4: Bitte

Ist das Bedürfnis deutlich geworden, kann darauf eine Bitte formuliert werden, die im Idealfall eine Handlungsaufforderung darstellt.

  • Bitte …
  • Ich wünsche mir …
  • Würden Sie ….
  • Was halten Sie davon, wenn …
  • Ich frage mich, ob Sie vielleicht …
  • Könnten Sie bitte …

Gewaltfreie Kommunikation: Beispiele für den Arbeitsalltag

Am Arbeitsplatz werden Auseinandersetzungen oft zusätzlich durch hierarchische Strukturen bestimmt. Dabei ist hier ein harmonischer Austausch besonders wichtig, um unternehmerische Ziele zu erreichen und die Betriebskultur zu stärken.

GfK: Beispiel für Kolleginnen und Kollegen

Beobachtung: „Ich habe bemerkt, dass Sie in den letzten Meetings oft das Wort übernommen haben.“

Gefühl: „Das macht mich etwas frustriert.“

Bedürfnis: „Ich würde sehr gerne die Möglichkeit haben, meine Gedanken und Ideen mit dem Team zu teilen.“

Bitte: „Könnten Sie zukünftig mehr Raum für mich und andere lassen?“

GfK: Beispiel mit Vorgesetzten

Beobachtung: „Mir ist aufgefallen, dass die Deadlines für dieses Projekt sehr eng gesetzt sind.“

Gefühle: „Das setzt mich unter Druck.“

Bedürfnisse: „Ich würde gerne die notwendige Zeit in das Projekt stecken, um qualitativ hochwertige Ergebnisse zu bekommen.“

Bitte: „Könnten wir über eine mögliche Fristverlängerung sprechen?“

GfK: Beispiel mit Arbeitnehmer

Beobachtung: „Ich sehe, dass Sie in den letzten Monaten einige Fristen verpasst haben.“

Gefühle: „Das macht mich besorgt.“

Bedürfnisse: „Es ist wichtig, dass wir für den Projektfortschritt den Zeitplan einhalten.“

Bitte: „Können Sie bitte einen Plan erarbeiten, wie Sie zukünftige Fristen besser einhalten?“

Gewaltfreie Kommunikation: Diese Fehler sollten Sie vermeiden

Bei der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg geht es nicht nur um den wohlwollenden Austausch, sondern auch darum, negative Verhaltensmuster in Konfliktsituationen abzulegen. Dazu gehört, das Gegenüber oder die Situation zu beobachten, anstatt zu bewerten. Nur so kann ein Perspektivwechsel stattfinden, der zur Lösung des Konflikts notwendig ist.

Desweiteren sollten in der GfK folgende Verhaltensweisen vermieden werden: belehren, beschimpfen, befehlen, warnen, drohen, predigen, ablenken, herunterspielen, urteilen und beschämen. Eine unvoreingenommene Haltung hingegen ermöglicht Ihnen, lösungsorientiert auf den Konflikt zu blicken und öffnet Raum für konkrete Handlungen.

Gewaltfreie Kommunikation in der Kritik

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation hat selbstverständlich nicht nur Befürwortende, sondern muss sich auch berechtigter Kritik stellen. Selbst wenn diese Form der Konfliktlösung innerhalb des Arbeitsplatzes eingeführt wird, benötigt ein offenes und ehrliches Aussprechen der Gefühle und Bedürfnisse oft viel Mut.

Gleichzeitig ist von der anderen Seite ein großes Maß an Empathie notwendig, um die individuellen Empfindungen vorurteilsfrei nachvollziehen zu können. Auch die nonverbale Kommunikation darf hier nicht zu kurz kommen, da Mimik und Gestik einen großen Einfluss darauf haben, wie Situationen und Aussprachen wahrgenommen werden.

Denn gewaltfreie Kommunikation ohne Kritik und Urteil funktioniert nur dann, wenn die innere und äußere Haltung authentisch ist. Zuletzt beeinflussen auch die patriarchalen Strukturen in unserer Gesellschaft die Art und Weise, wie wir Gefühle und Bedürfnisse kommunizieren. Besonders Unternehmen sollten diese Punkte in Betracht ziehen und sich nicht ausschließlich auf GfK als Mittel zur Konfliktlösung konzentrieren.

Fazit: Mehr Achtsamkeit durch gewaltfreie Kommunikation

Zwar hat gewaltfreie Kommunikation auch ihre Schwächen, doch der friedliche Austausch trägt oft zur Lösungsfindung bei. Je größer das Team ist, desto mehr Meinungen, Ideen und Perspektiven treffen aufeinander, was das Konfliktpotenzial entsprechend befeuert.

Wer es hier schafft, gewaltfreie Kommunikation als gängige Gesprächsform einzuführen, baut die Grundlage für ein positives und unterstützendes Arbeitsklima. Daher liegt es vor allem an Führungskräften, ihre Vorbildfunktion einzusetzen, um eine achtsame Kommunikation zur Tagesordnung zu machen.

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Titelbild: Cecilie_Arcurs / iStock / Getty Images Plus

Ursprünglich veröffentlicht am 30. August 2023, aktualisiert am August 30 2023

Themen:

Konfliktmanagement